Bakterielle Zoonose, eine Erkrankung primär von Tieren, die aber in selten Fällen auch beim Menschen auftritt. Wird durch einen Zeckenstich (Ixodes ricinus) übertragen.
Anaplasma phagocytophilum kommt in Nordamerika, aber zunehmend auch in Asien und Europa (auch in Deutschland) vor. Ehrlichia chaffeensis ist hauptsächlich in Nord- und Südamerika verbreitet.2
In Europa sind bislang nur wenige Fälle von humaner granulozytärer Anaplasmose dokumentiert (vorwiegend in Polen, Schweden und Slowenien), die Fallzahlen in den USA liegen wesentlich höher.3
Die häufigsten Fälle werden in den USA beobachtet.
Schätzungen der Seroprävalenz bei Europäern reichen von 6,2– 21 %.3
Deutschland
Untersuchungen von Zeckenpopulationen in Bayern und Baden-Württemberg und Seroprävalenzstudien von Bevölkerungsgruppen in den entsprechenden Gebieten zeigen, dass der Erreger der HGE auch in Deutschland vorkommt. Während in Süddeutschland 14 % der Waldarbeiter spezifische Antikörper aufwiesen, lag die Antikörperprävalenz bei Blutspendern bei 1–2,6 %.4
Die Antikörperprävalenz bei Waldarbeitern oder Patienten mit Lyme-Borreliose belegt das auch in Deutschland bestehende Infektionsrisiko, obwohl gesicherte Erkrankungsfälle bisher äußerst selten sind.2
Ätiologie und Pathogenese
Die HME wird durch Ehrlichia chaffeensis verursacht.
Die HGA (früher HGE) wird durch das Bakterium Anaplasma phagocytophilum verursacht.
Es handelt sich um kleine, obligat intraleukozytär lebende Bakterien, die enge Beziehungen zu den Rickettsien aufweisen.2
Anaplasma phagocytophilum wurde erstmals 1932 in Schottland als Verursacher einer fiebrigen Erkrankung bei Schafen beschrieben.3
Kommen bei Hunden, Katzen, Pferden, Rindern und Schafen vor (Zeckenfieber).
Das Bakterium wird vom Tier auf den Menschen mit der Zecke als Vektor übertragen.
Anaplasma phagocytophilum wird in Mitteleuropa durch die Schildzecke Ixodes ricinus, in Nordosteuropa durch Ixodes persulcatus übertragen. Ehrlichia chaffeensis wird durch die Hundezecke Rhipicephalus sanguineus übertragen.2
Nachweis spezifischer Antikörper im IFT (Immunfluoreszenztest) (4-facher Titeranstieg im Abstand von 14 Tagen)2
Antikörper werden erst verzögert nachweisbar, eine zweite Untersuchung wird nach 2–4 Wochen empfohlen.1
Nachweis einer intrazellulären Bakterienansammlung in den Blutzellen im Blutausstrich
In vielen Fällen sind im Blutausstrich (Giemsa-Färbung) Morulae in den Monozyten (HME) bzw. Granulozyten (HGA) erkennbar.2
In Speziallaboratorien kann ein Erregernachweises mittels PCR oder die Anzucht versucht werden. Beratung und Spezialdiagnostik ist z. B. im Konsiliarlaboratorium für Ehrlichia am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit verfügbar.
Therapie
Allgemeines
Antibiotikabehandlung bei Symptomen
Medikamentöse Therapie
Doxycyclin ist das Mittel der ersten Wahl und wird in einer Dosierung von 200 mg/Tag über 14 Tage verabreicht.
Das Robert-Koch-Institut empfiehlt Doxycyclin für mindestens eine Woche, evtl. auch Rifampicin.2
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie empfiehlt bei Ehrlichiose mit ZNS-Beteiligung:
Tetracyclin bei Erwachsenen und Kindern > 8 Jahre: 20–30 mg/kg/d p. o. oder 10–20 mg/kg KG/d i. v. – oder –
Doxycyclin: 100–200 mg/d, initial i. v., nach Stabilisierung p. o. – oder –
In einer Umgebung mit einem häufigen Auftreten von Zecken sollte nackte Haut bedeckt werden. Tragen Sie deshalb lange Hosen und Stiefel. Zecken leben häufig in hohem Gras oder in niedrigen Büschen. Die Verwendung von Mückenspray auf der Haut und Kleidung reduziert die Anzahl der Zecken, die sich festsaugen. Insektenspray auf der Kleidung ist ebenfalls wirksam (Permethrin empfohlen).
Nach einem Aufenthalt in einer Umgebung mit einem häufigen Auftreten von Zecken sollten Sie am Abend die Haut, insbesondere von Kindern, untersuchen. Eine Dusche ist ggf. auch empfehlenswert. Eine Zecke ist 1–10 mm groß, je nachdem, wie viel Blut sie gesaugt hat.
Suchen Sie die Kleidung innen und außen ab. So vergewissern Sie sich, dass sich eine Zecke später nicht festsaugen kann. Eine Zecke lässt sich am einfachsten auf heller Kleidung entdecken.
Zecken werden am besten mit einer Pinzette oder mit den Fingern herausgezogen. Nicht Einschmieren mit Fett, Lack, Äther o. Ä. Es ist nicht schlimm, wenn Reste der Bisswerkzeuge in der Haut stecken bleiben. Zecken, die innerhalb von 24 Stunden entfernt werden, geben in der Regel keine möglichen Bakterien in die Haut ab.
Untersuchen Sie ggf. auch Hunde. Hunde werden durch einen evtl. Stich nicht krank, aber die im Fell sitzende Zecke kann auf ein Familienmitglied übertragen werden.
Meldepflicht
Keine krankheits- oder erregerspezifische Meldepflicht nach dem IfSG2
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Die Erkrankung verläuft üblicherweise symptomlos oder mit leichten grippeähnlichen Symptomen.5
Unbehandelt kann die Erkrankung mehrere Wochen anhalten.
Die nachfolgende Genesungsphase kann langwierig sein.
Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Atypische erregerbedingte Meningoenzephalitiden. Leitlinie der DGN. S1, Stand Sept. 2012, gültig bis 29.9.17. www.dgn.org
Literatur
Sexton DJ. Human ehrlichiosis and anaplasmosis. UpToDate, last updated Mar 03, 2014. UpToDate
Robert-Koch-Institut. Ehrlichiose / Anaplasmose (Humane monozytäre Ehrlichiose, Humane granulozytäre Anaplasmose). In: Steckbriefe seltener und importierter Infektionskrankheiten. Stand 2011. www.rki.de
Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Atypische erregerbedingte Meningoenzephalitiden. Leitlinie der DGN. S1, Stand Sept. 2012, gültig bis 29.9.17. www.dgn.org
Autoren
Birgit Wengenmayer, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Freiburg
Ingard Løge, spesialist allmennmedisin, universitetslektor, institutt for sammfunsmedisinske fag, NTNU, redaktør NEL
Bertil Christensson, professor och överläkare, Infektionskliniken, Skånes universitetssjukhus (Medibas)
Definition:Bakterielle Zoonose, die in seltenen Fällen auch beim Menschen auftritt. Wird durch Zeckenstich übertragen. Häufigkeit:Selten. Schätzungen der Seroprävalenz bei Europäern reichen von 6,2–21 %.
Infektionen
Anaplasmose
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