Zusammenfassung
- Definition:Epidermoidzysten sind runde und bewegliche Hautzysten, die mit Epidermis ausgekleidet sind.
- Häufigkeit:Sie kommen relativ häufig vor.
- Symptome:Die Zyste kann viele Jahre lang klein bleiben, kann aber auch schnell wachsen.
- Befunde:Epidermoidzysten sind rund und verschieblich, in der Größe von wenigen Millimetern bis zu mehreren Zentimetern. Oft haben sie einen zentralen Punkt.
- Diagnostik:Zusatzuntersuchungen sind nicht erforderlich.
- Therapie:Ggf. Exzision.
Allgemeine Informationen
Definition
- Häufige, unter verschiedenen Namen geführte Hornzysten der Haut, unterschiedlicher Genese (traumatisch, entzündlich, naevoid) mit Horn- und Talgretention sowie epidermaler Verhornung der Zystenwand1
- Synonyme: Epidermiszysten, Epidermoidzysten, Retentionszysten, Retentionszyste, Atherom, epidermoidale Hornszyste, Hornzyste, Hautzyste, Steatom, Steatome, Talgretentionszysten, Follikelzysten, Follikelzyste, epidermale Zysten, epidermale Zyste, Epidermiszyste, Epithelzysten, Epithelzyste1
- Es handelt sich um eine runde und verschiebliche Hautzyste.
- Wurde früher auch als „Talgzyste“ bezeichnet, Talgdrüsen sind jedoch an diesen Zysten nicht beteiligt.2
Ätiologie und Pathogenese
- Häufiger bei Männern als bei Frauen (Verhältnis 2:1)
- Tritt meist zwischen dem 20. und dem 50 Lebensjahr auf.
- Primäre Epidermalzyste: Entstehen am Infundibulum der Haarfollikel.
- Sekundäre Epidermalzyste: traumatisch induziert oder im Zusammenhang mit Komedonen einer Akne conglobata.3
- In den meisten Fällen durch Obstruktion des Follikelostiums entstehende Retentionen, die sekundär zur Proliferation des Follikelepithels führen.
- Die Zysten sind mit Keratin gefüllt und mit einer Schicht Plattenepithel bedeckt. Sie stehen über kleine, runde, keratingefüllte Ausläufer mit der Haut in Verbindung, was makroskopisch als kleiner Punkt zu erkennen ist.
- Gehäuftes Auftreten bei Patient*innen mit einer medikamentösen Therapie mit BRAF-Inhibitoren.4
ICPC-2
- S79 Benigne/unklare Neubildung Haut
-
ICD-10
- L72 Follikuläre Zysten der Haut und der Unterhaut
- L72.0 Epidermalzyste
Diagnostik
Differenzialdiagnosen
- Gardner-Syndrom
- Kinder mit Epidermoidzysten oder Erwachsene mit Epidermoidzysten an ungewöhnlichen Stellen können unter dem Gardner-Syndrom leiden, einer Variante der familiären adenomatösen Polyposis.5
- Morbus Favre-Racouchot: aktinische Komedonen, fazial durch langandauernde Sonnenexposition6
- Gorlin-Syndrom: genetische Erkrankung, autosomal-dominant vererbt, mit multiplen Basalzellkarzinomen, Kieferkeratozysten und diversen Skelettanomalien7
- Dermoidzyste
- Sukutane, kongenitale Zyste, die aus ektodermalen Zellen entsteht. Darin befinden sich häufig Haarfollikel, Haut und Schweißdrüsen. Lokalisation überwiegend an Kopf, Hals oder Ovar. Differenzierung von Epidermoidzyste nur histologisch möglich.8
- Pilarzyste
- Lipom
- Abszess
- Neurom
- Bösartige Hauttumoren
- Hautmetastasen
- Pilomatrixom
- Neurofibrom
- Ganglionzyste
- Pilonidalzyste
- Kutane Kalzinose
- Sebozystom
- Pachyonychia congenita4
Anamnese
- Die Zyste kann viele Jahre lang klein sein, oder sie kann schnell wachsen.
-
- Eiter kann entweder an der Oberfläche drainiert oder langsam resorbiert werden.
Klinische Untersuchung
- Epidermoidzysten sind rund und verschieblich, in der Größe von wenigen Millimetern bis zu mehreren Zentimetern.
- Eine entzündete und möglicherweise infizierte Zyste kann, wenn sie „reift“, platzen und unangenehm riechendes käseartiges Material entladen.
- Die Zysten treten am häufigsten an Stellen auf, die reich an Talgdrüsen sind, wie an der Kopfhaut, im Gesicht, hinter den Ohren und am Rumpf.
Diagnostik bei Spezialist*innen
- Bei Exstirpation der Zyste in einer ruhigen Phase besteht häufig keine Notwendigkeit einer histologischen Untersuchung.
Therapie
Therapieziele
- Beobachtung
- Exzision aus kosmetischen Gründen, wegen Beschwerden oder bei rezidivierenden Infektionen
- Ggf. Behandlung von Sekundärinfektionen, meist Besiedelung mit Keimen der Hautflora
Medikamentöse Therapie
- In der Regel liegt keine Notwendigkeit vor, nach der chirurgischen Behandlung Antibiotika zu verabreichen.
Weitere Therapiemöglichkeiten
Operation
- Wenn die Zyste entzündet ist, kann sie durch Inzision entleert werden.
- Enthält die Zyste reichlich Material, sollte die Inzisionsöffnung einige Tage lang durch Einlage einer kleinen Drainage offen gehalten werden.
- Nach der ersten Entleerung kann abgewartet werden, bei Rezidiv sollte jedoch eine chirurgische Exzision erfolgen.
- Schäden an der Zystenwand erhöhen das Risiko eines Rezidivs.
- Eine chirurgische Exzision der Zyste im Ganzen wird empfohlen.3
- Alternativ wird eine kleine Inzision in die Haut und die Zyste vorgenommen, deren Inhalt drainiert und die Zystenwand entfernt, um ein Rezidiv zu vermeiden.9
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Zysten können jahrelang klein bleiben oder sich langsam zu subkutanen Noduli oder zystischen Tumoren entwickeln.
- Sie können zum Sitz einer akuten Entzündung oder schwerer Fremdkörperreaktionen werden.
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?
- Dass es sich um gutartige und harmlose Knoten in der Haut handelt.
- Epidermoidzysten können sich entzünden.
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Literatur
- Altmeyer P. Epidermalzysten. Enzyklopädie Dermatologie, Springer 2021. Last updated Jan 2018. www.altmeyers.org
- Luba MC, Bangs SA, Mohler AM, Stulberg DL. Common benign skin tumors. Am Fam Physician 2003; 67: 729-38. American Family Physician
- Fromm LJ. Epidermal inclusion cyst. Medscape, last updated Sept 17, 2020. emedicine.medscape.com
- Weir CB, St.Hilaire NJ. Epidermal Inclusion Cyst. last updated Sept 03, 2020 www.ncbi.nlm.nih.gov
- Goldstein BG, Goldstein AO. Overview of benign lesions of the skin. UpToDate, last updated Aug 1, 2013. UpToDate
- Plewig G., Kligman AM. Aktinische Komedonen (Morbus Favre-Racouchot). Akne und Rosazea 1994. doi.org
- Lo Muzio PL. Gorlin-Syndrom, Orphanet. Last updated Mai 2019 www.orpha.net
- Sorenson EP, Powel JE, Rozzelle CJ et al.. Scalp dermoids: a review of their anatomy, diagnosis, and treatment. Childs Nerv Syst 2013; 29: 375-380. doi:10.1007/s00381-012-1946-y DOI
- Zuber TJ. Minimal excision technique for epidermoid (sebaceous) cysts. Am Fam Physician 2002; 65:1409-12. American Family Physician
Autor*innen
- Susanne Schlesinger, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Freiburg
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).