Schock

Bei einem Schock handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand, der z. B. als Komplikation eines akuten Herzinfarkts, einer schweren Infektion oder eines großen Blutverlusts bzw. eines Unfalls mit Verletzung innerer Organe auftreten kann. Es kommt zu einem akuten Kreislaufversagen mit inadäquater Sauerstoffverwertung durch die Zellen.

Was ist ein Schock?

Ein Schock ist ein Kreislaufversagen, das heißt ein Zustand, in dem die Durchblutung und damit die Sauerstoffversorgung nicht ausreicht, um den Bedarf aller Organe des Körpers zu decken. Es entsteht ein Missverhältnis zwischen Sauerstoffangebot und Sauerstoffbedarf.

Häufigkeit

Bis zu 1/3 der Patient*innen auf Intensivstationen erleben einen Schock. Am häufigsten ist der Schock durch Blutvergiftung (septischer Schock), gefolgt von Schockformen durch Herzerkrankungen (kardiogener Schock), Blutverluste und Austrocknung (hypovolämischer Schock).

Ursachen

Es gibt mehrere Ursachen, die zu Kreislaufversagen führen können und damit einen Sauerstoffmangel in den Körperorganen auslösen. Folgende Umstände können zu einem Schock führen und auch kombiniert auftreten.

Hypovolämischer Schock

Das zirkulierende Blutvolumen ist reduziert, aufgrund von:

  • akuten Blutungen (z. B. Stichverletzung)
  • Blutungen mit zusätzlichen Gewebeschädigungen (z. B. Polytrauma)
  • Gewebeschädigungen mit gleichzeitiger Freisetzung von Signalstoffen, die zum Schock beitragen (z. B. Verbrennungen).
  • erhöhter Körpertemperatur (Hyperthermie)
  • unzureichender Flüssigkeitszufuhr
  • einem Darmverschluss.

Kardiogener Schock

Herzerkrankungen mit der Folge, dass das Herz zu wenig Blut durch den Körper pumpt, z. B. bei:

  • akutem Herzinfarkt
  • Herzrhythmusstörungen
  • Herzmuskelerkrankungen
  • Herzmuskelentzündung
  • Herzklappenerkrankung.

Obstruktiver Schock

Durch Verschluss/Verlegung/Verstopfung/Einengung innerhalb oder außerhalb des Herzens:

Distributiver Schock

Die Blutgefäße stellen sich weit. Dadurch sinkt der Widerstand in den Gefäßen und der Blutdruck sinkt. Die Blutgefäße sind dann auch weniger dicht, sodass Blutbestandteile aus den Blutgefäßen austreten und das Blutvolumen abnimmt. Die Pumpfunktion des Herzens wird durch diese Reaktionen zusätzlich beeinträchtigt. Diese Schockform tritt auf bei:

  • Blutvergiftung (septischer Schock)
  • schwerer allergischer Reaktion (Anaphylaxie)
  • schweren Störungen des zentralen Nervensystems, z. B. Verletzungen des Rückenmarks (neurogener Schock).

Folgen

Das Blut transportiert Sauerstoff und Nährstoffe. Bei einem Schock erhalten die Zellen der verschiedenen Körpergewebe zu wenig Sauerstoff und Nährstoffe. Gehirn und Nieren sind besonders anfällig für eine zu geringe Durchblutung. Das Bewusstsein wird daher geschwächt und fällt schließlich ganz aus, und die herabgesetzte Nierenfunktion führt dazu, dass die Urinproduktion ganz oder teilweise eingestellt wird. Der Körper versucht in einer solchen Situation, möglichst viel Blut an die wichtigsten Organe zu verteilen. Die Haut ist ein weniger wichtiges Organ und erhält daher wenig Blut, weshalb sie bei den meisten Schockformen kalt, bleich und klamm wird. Das Herz versucht, das wenige Blut schneller durch den Körper zu pumpen, weshalb der Puls zunächst steigt. Der Blutdruck ist der Druck, den das Blut auf die Wände der Blutgefäße ausübt (innerhalb der Arterien). Bei einer schlechten Blutzirkulation und einem zu geringen Blutvolumen sinkt daher der Blutdruck.

Diagnosekriterien

Die Diagnose Schock beruht auf verschiedenen Kriterien. Die Haut ist beim Schock kalt und marmoriert (in der Anfangsphase auch warme Haut möglich). Drückt man Betroffenen auf das Nagelbett, so ist die Wiederdurchblutung nach dem Loslassen verzögert (verlängerte kapilläre Füllungszeit). Außerdem ist die Urinausscheidung reduziert. Ein laborchemischer Parameter ist das Serum-Laktat. Hier gilt ein Grenzwert von über 2 mmol/l. Der Blutdruck ist häufig vermindert, aber dieses Kriterium ist nicht obligat.

Symptome

Bei einer raschen Entwicklung des Schocks kann das Bewusstsein von Betroffenen wegen der verminderten Durchblutung des Gehirns eingeschränkt sein; dadurch ist die Anamnese erschwert. Die Fragen des ärztlichen Personals zielen auf die Vorgeschichte und die aktuellen Beschwerden ab, um die Ursache des Schocks möglichst schnell zu klären.

Beschwerden bei verschiedenen Schockarten:

Untersuchungen

Bei der körperlichen Untersuchung fallen eine kühle, kaltschweißige, blasse und eventuell marmorierte Haut auf. Puls, Blutdruck und Sauerstoffversorgung werden kontinuierlich überwacht. Außerdem wird die Körpertemperatur gemessen und eine gründliche körperliche Untersuchung durchgeführt. Gestaute Halsvenen, Wassereinlagerungen und Aszites (Flüssigkeit in der Bauchhöhle) sind Zeichen eines Herzversagens. Um die Urinausscheidung stündlich zu messen, ist ein Blasendauerkatheter notwendig. Zum Standard gehört auch eine Röntgenaufnahme der Lungen.

Ergänzend kommen weitere apparative Verfahren zur Ursachenklärung und Verlaufsbeurteilung zum Einsatz, wie die EKG-Untersuchung oder ein Herz-Ultraschall. Durch spezielle Gefäßkatheter lassen sich zudem die Funktion des Herzens sowie diverse Parameter zu Blutdruck in Arterien und Venen, Sauerstoffversorgung, Flüssigkeitsverteilung im Körper etc. fortlaufend bestimmen. Diese Untersuchung sind für die differenzierte Behandlung des Schockzustands wichtig. Bluttests können weitere wichtige Hinweise liefern. Beim Schock wird das ärztliche Personal Ihre Nieren- Leber und Gerinnungswerte bestimmen, die Elektrolyte und den Säure-Base-Haushalt überprüfen und ggf. weitere Bluttests anordnen. Ein wichtiger Wert ist das Laktat, ein Parameter für mangelnden Sauerstoff im Gewebe.

Behandlung

Kreislaufversagen erfordert eine rasche Behandlung im Krankenhaus, denn es besteht akute Lebensgefahr. Je länger der Schock andauert, desto größer ist die Schädigung der Zellen im Körper. Diese Zellschäden können schädliche Reaktionen im Körper auslösen, die in mehreren Organen zur Bildung von Blutgerinnseln, zu Blutungen und Schwellungen führen können, ein Teufelskreislauf sozusagen. Dies kann zu einem Versagen lebenswichtiger Organe wie Herz, Niere, Lunge, Leber und Gehirn führen (sog. Multiorganversagen).

Die Behandlung mit Flüssigkeit mittels Infusion (über einen Venenkatheter in die Venen) ist von zentraler Bedeutung. Darüber hinaus werden verschiedene Medikamente verabreicht, die das Herz stärken und den Blutdruck steigern. Ebenso wird Sauerstoff gegeben; in den meisten Fällen müssen die Patient*innen mechanisch (künstlich) beatmet werden.

Ein septischer Schock erfordert eine Behandlung mit Antibiotika. Je nach anderen Schockursachen sind weitere Maßnahmen nötig, z. B. bei Blutungen – Stoppen der Blutung/Bluttransfusionen, bei Organverletzungen – Operation, bei Herzinfarkt – Therapie per Herzkatheter zur Wiederherstellung der Blutversorgung oder bei einer Lungenembolie – Entfernung des Blutgerinnsels.

Im zeitlichen Verlauf kann die Behandlung des Schocks in 4 Phasen eingeteilt werden:

  1. Wiederbelebungsphase
    • Erreichen eines lebenserhaltenden Blutdrucks und Herzschlagvolumens pro Minute
    • Durchführung lebensrettender Maßnahmen (z. B. Herzkatheter bei Herzinfarkt)
  2. Optimierungsphase
    • Sicherstellung eines ausreichenden Sauerstofftransports
    • Monitoring und Optimierung von Herzfunktion, Sauerstoffversorgung und Laktat
  3. Stabilisierungsphase
    • Unterstützung der Organfunktionen
    • Minimierung von Komplikationen
  4. Deeskalation
    • Entwöhnung von speziellen Medikamenten
    • Höhere Flüssigkeitsausfuhr- als einfuhr.

Verlauf und Prognose

Trotz der modernen Möglichkeiten der Intensivmedizin ist die Prognose beim Schock weiterhin schlecht. Knapp 60 % der Patient*innen mit Schock aufgrund einer Blutvergiftung versterben. Die Sterblichkeitsrate von Patient*innen mit Schock aufgrund von Herzerkrankungen geht zurück, sie liegt aktuell bei unter 50 %.

Weitere Informationen

Autor*innen

  • Hannah Brand, Cand. med., Berlin
  • Susanne Meinrenken, Dr. med., Bremen

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Schock. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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