Bedeutung von Screening und Case Finding
- Ein generelles Screening auf alkoholbezogene Störungen wird in der S3-Leitlinie „Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen“1 empfohlen. Begründet wird das mit der nach wie vor hohen Zahl nicht-diagnostizierter Fälle, der daraus resultierenden Unterbehandlung und den erheblichen gesundheitlichen und sozialen Folgeschäden.
- Regelmäßiges Screening aller Patient*innen anhand von:
- Fragebogentests (AUDIT, AUDIT-C, Näheres s. u.)
- klinischen Markern (z. B. Bluttests)
- Case Finding
- Im Lauf der Untersuchung ergeben sich klinische, psychische oder soziale Hinweise auf eine alkoholbezogene Störung.
- Daraufhin werden Screening- und Diagnostik-Maßnahmen eingeleitet.
Leitlinie: Screening und Diagnostik1
- Zum Screening von riskantem Alkoholkonsum, schädlichem
Alkoholgebrauch oder Alkoholabhängigkeit- sollen Fragebogenverfahren eingesetzt werden (Ia/A).
- soll der Alcohol Use Disorders Identification Test (AUDIT) eingesetzt werden (Ia/A).
- Die Kurzform des AUDIT (AUDIT-C), wenn der AUDIT zu aufwendig ist.
- AUDIT oder AUDIT-C für alle Behandelten in allen medizinischen und psychosozialen Settings
- Nachweis akuter Alkoholkonsum
- Es sollen Zustandsmarker* (EtOH in der Atemluft und im Blut, EtG und EtS im Urin) in verschiedenen Kontexten, unter anderem in der hausärztlichen Praxis, eingesetzt werden. (Ib/A)
- Nachweis chronischer Alkoholkonsum
- Es soll eine geeignete Kombination von indirekten Zustandsmarkern* (z. B. GGT&MCV&CDT, Antilla Index, Alc Index) zur Erhöhung der Sensitivität und Spezifität in verschiedenen Kontexten, unter anderem in der hausärztlichen Praxis, eingesetzt werden. (Ia/A)
- Screening chronischer Alkoholkonsum
- Wenn ein Screening auf chronischen Alkoholkonsum erfolgt, sollte der AUDIT und eine geeignete Kombination von indirekten Zustandsmarkern* eingesetzt werden. (Ib/A)
- Erhebung der Trinkmenge
- Wenn der Alkoholkonsum exploriert werden soll, dann sollen Verfahren zur Ermittlung eines Menge-Frequenz-Indexes (getrennte Fragen zur Häufigkeit und Menge des üblichen Konsums) sowie Häufigkeit und Menge höheren Alkoholkonsums oder tageweise rückblickende Anamnesen (Timeline-Followback) eingesetzt werden.
- Diagnosestellung
- Zur Diagnosestellung von Alkoholabhängigkeit oder schädlichem Gebrauch sollen validierte Instrumente eingesetzt werden, welche die Kriterien der ICD abbilden.
*Näheres zu Zustandsmarkern des Alkoholkonsums s. Artikel übermäßiger Alkoholkonsum
Anamnese
- Bei Verdacht auf Alkoholmissbrauch könnte ein Gespräch mit der betreffenden Person folgendermaßen beginnen:
- Ein Grund für Ihr Gesundheitsproblem kann sein, dass Sie vielleicht mehr Alkohol trinken, als gut für Sie ist. Trinken Sie überhaupt Alkohol?
Falls die Person bejaht
- Darf ich Ihnen ein paar Fragen zu Ihren Trinkgewohnheiten stellen?
- Wann haben Sie zuletzt Alkohol getrunken?
- Welche Art von Alkohol war das: Bier, Wein oder Schnaps?
- Ist das die Art Alkohol, die Sie am liebsten trinken?
- Wie viel Alkohol haben Sie bei dieser Gelegenheit getrunken?
- Ist das eine normale Menge für Sie?
- An wie vielen Tagen haben Sie in den vergangenen zwei Wochen überhaupt keinen Alkohol getrunken?
AUDIT und AUDIT-C
- Der Fragebogentest AUDIT und die Kurzversion AUDIT-C sind die am besten untersuchten Verfahren zur Erkennung einer alkoholbezogenen Störung.1
- auch in jüngeren Populationen und bei Älteren valide und reliabel
- Das gilt für andere Verfahren wie den CAGE-Test nicht.
- AUDIT-C
-
- AUDIT-Fragen 1–3
- Korreliert gut mit der AUDIT-Vollversion.
- Bei einem Score von 5 oder höher sollten Maßnahmen zur Einschränkung des Alkoholkonsums erwogen werden.
- auch in jüngeren Populationen und bei Älteren valide und reliabel
Erweitertes Gesprächsangebot
- Wünscht die Person mehr Informationen, z. B. darüber, wie viel Alkohol für die meisten Menschen zu viel ist oder wie Alkohol Gesundheitsprobleme verursachen oder verstärken kann?
- Informationen zu den Risikogrenzen für Alkohol finden Sie im Artikel Was Sie über Alkohol wissen sollten.
- Ggf. konkretere Informationen zu dem jeweiligen Gesundheitsproblem der betroffenen Person bereitstellen.
- Wichtig ist, das Thema Alkoholkonsum anzusprechen und mit dem Gesundheitsproblem in Zusammenhang zu bringen.
- Wenn die Person unmotiviert oder ablehnend erscheint: Befragung beenden.
- Wünschen die Betroffenen Hilfe: Kurzintervention zur Alkoholentwöhnung als erster Behandlungsschritt.
Weitere Informationen
Quellen
Leitlinien
- Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie. Alkoholbezogene Störungen: S3-Leitlinie Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen. AWMF-Leitlinie Nr. 076-001, Stand 2016. www.awmf.org
Literatur
- Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie. Alkoholbezogene Störungen: S3-Leitlinie Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen. AWMF-Leitlinie Nr. 076-001, Stand 2016. www.awmf.org
Autoren
- Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg