Periodisches Fiebersyndrom (PFAPA, Periodic Fever, Aphthous Stomatitis, Pharyngitis, Cervical Adenitis)

Zusammenfassung

  • Definition:Regelmäßig wiederkehrende Fieberepisoden in 4- bis 6-wöchigem Intervall. Ätiologie und Pathogenese sind unbekannt. 
  • Häufigkeit:In einer kleinen norwegischen Studie wurde eine Inzidenz von 3,5 pro 10.000 Kinder unter 5 Jahren pro Jahr festgestellt. Zahlen für Deutschland liegen nicht vor.
  • Symptome:Regelmäßig auftretendes hohes Fieber begleitet von Pharyngitis oder Tonsillitis, von zervikaler Lymphadenitis und in den meisten Fällen von Aphthen.
  • Befunde:Typische klinische Befunde sind zervikale Lymphadenitis, Tonsillitis/Pharyngitis, aphthöse Stomatitis.
  • Diagnostik:Es sind Untersuchungen zum Ausschluss von Infektionen und anderer periodischer Fiebersyndrome indiziert.
  • Therapie:Die Erkrankung geht ohne Behandlung vorüber. Antibiotika haben keine Wirkung. In manchen Fällen sind Steroide oder eine Tonsillektomie indiziert.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Erkrankung bei Kindern mit regelmäßig auftretendem hohem Fieber in ca. 4- bis 6-wöchigem Intervall, begleitet von Pharyngitis/Tonsillitis, zervikaler Lymphadenitis und in den meisten Fällen von Aphthen.
  • Üblicherweise mit dem Akronym PFAPA (Periodic Fever, Aphthous Stomatitis, Pharyngitis, Cervical Adenitis) bezeichnet. 1-4
  • Es kommen auch andere periodische Fiebersyndrome mit anderen klinischen Merkmalen vor, die bei den Differenzialdiagnosen beschriebenen sind.

Häufigkeit

  • In einer kleinen norwegischen Studie wurde eine Inzidenz von 3,5 pro 10.000 Kinder unter 5 Jahren pro Jahr festgestellt.1
  • Für Deutschland liegen keine epidemiologischen Daten vor.
  • Scheint bei Jungen häufiger als bei Mädchen vorzukommen.5
  • Das durchschnittliche Manifestationsalter wird in der Literatur unterschiedlich angegeben und variiert zwischen 12 Monaten, 1,9 Jahren und 2,8 Jahren.1,5
  • Ein Auftreten des periodischen Fiebersyndroms bei Erwachsenen ist nicht bekannt.4
  • Die Erkrankung ist wahrscheinlich unterdiagnostiziert.2

Ätiologie und Pathogenese

  • Ätiologie und Pathogenese bei dem periodischen Fiebersyndrom PFAPA sind unbekannt.6
  • Immunologisch bedingt mit einer Fehlregulation der proinflammatorischen Zytokine3,7
  • Autoinflammatorische Erkrankung
    • Das periodische Fiebersyndrom wird als autoinflammatorische Erkrankung angesehen.
    • Autoinflammatorische Erkrankungen sind seltene Ursachen für Fieber unbekannter Ursache und sollen erst in Betracht gezogen werden, wenn häufigere Ursachen für Fieber ausgeschlossen sind.

Prädisponierende Faktoren

  • Es sind keine bekannt.

ICPC-2

  • A03 Fieber

ICD-10

  • D89 Sonstige Störungen mit Beteiligung des Immunsystems
    • D89.8 Sonstige näher bezeichnete Störungen mit Beteiligung des Immunsystems, anderenorts nicht klassifiziert

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Periodisches Fiebersyndrom sollte in Betracht gezogen werden, wenn bei Kindern mindestens 3 Episoden mit regelmäßig wiederkehrendem hohem Fieber auftreten, ohne dass Anzeichen für eine andere spezifische Infektion bestehen.1,4
  • Es gibt keine allgemein akzeptierten Kriterien, aber wichtige Punkte in der Anamnese sind die folgenden:4
    • Vorhandensein von
      • mehr als 3 dokumentierten Fieberepisoden, die typischerweise 2–7 Tage andauern und in regelmäßigen Intervallen auftreten.
      • Pharyngitis und schmerzhaften zervikalen Lymphknoten oder aphthösen Wunden.
      • normalem Wachstum und normaler Entwicklung sowie gutem Allgemeinzustand zwischen den Episoden.
    • Fehlen von

Differenzialdiagnosen

  • Die Erkrankung ist in der Regel leicht von häufigen viralen Atemwegsinfektionen zu unterscheiden. Kinder mit solchen Infektionen haben oft andere klinische Symptome und Befunde, die bei periodischem Fiebersyndrom nicht vorkommen, und die Fieberschübe treten auch nicht in einem regelmäßigen Intervall auf. 1-4
  • Zyklische Neutropenie4
    • Ist eine autosomal-dominante Erkrankung.
    • Manifestiert sich meistens im Alter unter 1 Jahr, ist aber viel seltener als das periodische Fiebersyndrom.
    • Die Fieberepisoden dauern 5–7 Tage und wiederholen sich typischerweise in einem Zyklus von 21 Tagen.
    • Niedrige Anzahl neutrophiler Granulozyten. Die Erkrankung wird durch Messung neutrophiler Leukozyten 3-mal pro Woche innerhalb von 6 Wochen ausgeschlossen.8
    • Häufige Symptome sind Läsionen an der Mundschleimhaut, Parodontitis, Gingivitis, Sepsis und andere seltene Infektionen.
  • Familiäres Mittelmeerfieber9
    • Ist eine autosomal-rezessive Erkrankung, am häufigsten bei Personen, die aus dem östlichen Mittelmeerraum stammen.
    • Manifestiert sich in der Regel vor dem 5. Lebensjahr.
    • Die Fieberepisoden dauern 1–3 Tage lang an.
    • erhöhte Akute-Phase-Proteine über 3–5 Tage
    • Häufige Symptome sind Bauchschmerzen, Brustschmerzen, Arthritis, Gelenkschmerzen.
  • Hyper-IgD-Syndrom 9
    • Ist eine autosomale rezessive Erkrankung, am häufigsten bei niederländisch- und französischstämmiger Bevölkerung.
    • Mehr als 2/3 der Fälle manifestieren sich im 1. Lebensjahr.
    • Die Fieberepisoden dauern 4 Tage.
    • erhöhte Akute-Phase-Proteine und erhöhtes IgA und IgD
    • Häufige Symptome sind Entwicklungsverzögerung, Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall, Hepatosplenomegalie.
  • Tumor-Nekrose-Faktor-Rezeptor-assoziiertes periodisches Syndrom (TRAPS)9
    • Ist eine autosomal-dominante Erkrankung, am häufigsten bei irisch- und schottischstämmiger Bevölkerung und im Mittelmeerraum.
    • Manifestiert sich bei der Hälfte der Betroffenen vor Abschluss des 10. Lebensjahres, kann aber auch erst im Erwachsenenalter auftreten.
    • Die Fieberepisoden dauern 5–14 Tage.
    • erhöhte Akute-Phase-Proteine
    • Häufige Symptome sind Muskelschmerzen, Bauchschmerzen, Konjunktivitis, periorbitales Ödem.
  • Rückfallfieber
    • Infektion mit Borrelien
    • Der endemische Typ wird durch Zeckenstiche, der epidemische durch Läuse übertragen.
    • Die Erkrankung kommt in Entwicklungsländern vor und kann bei Touristen in tropischen und subtropischen Gebieten auftreten.

Anamnese

  • Regelmäßige, annähernd identische Fieberepisoden über einen längeren Zeitraum
    • Bei den meisten Kindern, die am periodischen Fiebersyndrom erkrankt sind, treten die Fieberepisoden im Intervall von 21–36 Tagen auf, am häufigsten sind 28 Tage. Die Kinder zeigen oft ein sehr regelmäßiges Muster.
    • Das Fieber tritt meistens plötzlich auf, ist hoch (39–41 °C). Schüttelfrost und ein verschlechterter Allgemeinzustand sind üblich.4,6
    • Das Fieber dauert 2–7 Tage lang an.
  • Aphthöse Läsionen
    • Treten üblicherweise an den Lippen oder der Mundschleimhaut auf und kommen bei etwa 70 % der Patienten vor. 4
    • Es kann sein, dass nur einige wenige Aphthen auftreten, sodass sie leicht zu übersehen sind.
  • Halsbeschwerden
    • Injektion/Irritation im Rachen oder an den Tonsillen und vergrößerte und schmerzende Halslymphknoten
  • Andere Symptome
    • Während der Episoden hat das Kind hohes Fieber, einen verschlechterten Allgemeinzustand und außer evtl. Befunde im Hals keine anderen klinischen Anzeichen einer Infektion der Atemwege.
    • Zusätzliche Symptome kommen häufig vor. Die häufigsten sind Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Bauchschmerzen und Übelkeit4
  • Typisch ist, dass die Kinder schnell einen normalen Allgemeinzustand und eine Normalisierung der übrigen Befunde nach der Fieberperiode erlangen.
  • Die Patienten sind zwischen den Episoden völlig frei von Symptomen und zeigen ein normales Wachstum und eine normale Entwicklung.4

Vorschläge für eine diagnostische Strategie

  • Typische Kennzeichen bei periodischem Fiebersyndrom (Untersuchung während der Fieberanfälle)
  • Zusätzliche Symptome, die in Zusammenhang mit den o. g. Differenzialdiagnosen auftreten können.
  • Evtl. den ethnischen Hintergrund mit einbeziehen.

Klinische Untersuchung

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • CRP
    • War in der norwegischen Studie oft erhöht, ähnlich hohe Werte sind ansonsten in der Literatur nicht beschrieben.1
  • Urinuntersuchungen
  • Rachenuntersuchung
  • Leukozyten
  • Immunglobuline
    • IgG, IgA, IgM und IgD

Diagnostik beim Spezialisten

  • Nicht indiziert

Indikationen zur Überweisung

  • Die Erkrankung kann in den meisten Fällen in der Hausarztpraxis behandelt werden.
  • Bei Unsicherheit in Bezug auf die Diagnose und die Therapie evtl. an Pädiatrie oder zum HNO überweisen.

Therapie

Therapieziele

  • Übertherapie mit Antibiotika vermeiden.
  • Symptome lindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Kindern sollten keine Antibiotika auf der Grundlage eines erhöhten CRP-Wertes verabreicht werden, ohne dass eine bakterielle Infektion wahrscheinlich ist.1
  • Antibiotika haben beim periodischen Fiebersyndrom keine Wirkung auf das Fieber oder die Dauer der Episoden.2-3
  • Paracetamol und nichtsteroidale entzündungshemmende Mittel haben nur eine leichte und vorübergehende Wirkung auf das Fieber.4

Medikamentöse Therapie

  • Die Erkrankung geht ohne Behandlung vorüber, und in den meisten Fällen ist keine Art der medikamentösen Behandlung erforderlich.4
  • Systemische Steroide?
    • Sollen angeblich innerhalb weniger Stunden eine Wirkung sowohl auf das Fieber als auch auf die damit verbundenen Symptome haben.4-5
    • In der Regel werden 1–2 mg Prednisolon pro kg als Anfangsdosis am ersten Fiebertag verabreicht.4
    • Die Behandlung bewirkt eine rasche Fiebersenkung, verhindert aber das Auftreten neuer Schübe nicht.
    • Kann in manchen Fällen zu häufigeren Fieberepisoden führen.4,10
    • Es wurden keine kontrollierten Studien durchgeführt.
    • Bei der Verwendung von Steroiden wird wegen der ungünstigen Auswirkungen auf das Wachstum bei Kindern zur Vorsicht geraten.
  • Cimetidin?
    • In einigen kleineren Studien wurde gezeigt, dass Cimetidin in einigen Fällen das Risiko von Rückfällen vermindern kann.11
    • Die Behandlung erfolgte dort mit Cimetidin 20–40 mg/kg pro Tag, verteilt auf 2 Dosen, mit einer Behandlungszeit von bis zu 6 Monaten.
    • Die Evidenz ist schwach und eine möglicher Effekt scheint gering zu sein.
  • Vitamin D
    • In einer Studie wurden Vitamin-D-Mangel oder niedrige Werte bei allen Patienten nachgewiesen, und ein Versuch einer Substitution führte zu einer Verringerung der Anzahl neuer Episoden.12
    • Die Evidenz ist vorläufig nicht ausreichend.

Weitere Therapien

  • Tonsillektomie als Therapieoption
    • Ein Cochrane-Review berichtet von einer signifikanten und schnellen Wirkung auf die Symptome und von einer deutlichen Verringerung der Zahl und der Schwere evtl. folgender Episoden.13
    • Die Analyse basiert auf nur zwei randomisierten Studien mit relativ wenigen Patienten.
    • Eine kontrollierte Studie mit 39 Patienten zeigte 63 % Heilung bei Adenotonsillektomie gegenüber 5 % Heilung in der Placebo-Gruppe nach 18 Monaten Follow-up.14 
  • Die Indikation zur Tonsillektomie soll mit der guten Prognose der Erkrankung und mit möglichen Nebenwirkungen der Behandlung abgewogen werden.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Die durchschnittliche Dauer bis zum Ende der Fieberepisoden liegt bei 4,5–8 Jahren. 3-4
  • Es wird berichtet, dass die Intervalle zwischen den Fieberepisoden etwas zunehmen können, bevor die Episoden ganz aufhören.4
  • Sollte das Auftreten der Fieberepisoden bis zum Jugendalter andauern, gibt es Berichte, dass es die Episoden tendenziell seltener und kürzer werden.4

Prognose

  • Das periodische Fiebersyndrom PFAPA ist eine harmlose Krankheit, die normalerweise in der späten Kindheit von selbst endet.1,4

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Literatur

  1. Øymar K, Klæboe Kristoffersen E. Periodisk feber-syndrom hos barn. Tidsskr Nor Lægeforen 2007; 127: 1651-3. www.ncbi.nlm.nih.gov
  2. Long SS. Distinguishing among prolonged, recurrent and periodic fever syndromes: approach of a pediatric infectious diseases subspecialist. Pediatr Clin North Am 2005; 52: 811-35. PubMed
  3. Padeh S. Periodic fever syndromes. Pediatr Clin North Am 2005; 52: 577-609. PubMed
  4. Padeh S. Periodic fevers with aphthous stomatitis, pharyngitis and adenitis (the PFAPA syndrome). UpToDate 2018. www.uptodate.com
  5. Tasher D, Somekh E, Dalal I. PFAPA syndrome - new clinical aspects revealed. Arch Dis Child 2006; 91: 981-4. PubMed
  6. Wekell P, Karlsson A, Berg S, Fasth A. Review of autoinflammatory diseases, with a special focus on periodic fever, aphthous stomatitis, pharyngitis and cervical adenitis syndrome. Acta Paediatr 2016; 105: 1140-51. pmid:27811147 www.ncbi.nlm.nih.gov
  7. Stojanov S, Hoffmann F, Kery A et al. Cytokine profile in PFAPA syndrome suggests continuous inflammation and reduced anti-inflammatory response. Eur Cytokine Netw 2006; 17: 90-7. PubMed
  8. Amundsen HF, Stray-Pedersen A, Tjønnfjord GE et al. Kronisk nøytropeni - inndeling og behandling Tidsskr Nor Lægeforen 2003; 123: 624-6.
  9. Nigrovic PA. Periodic fever syndromes and other autoinflammatory diseases: An overview. UpToDate, last updated Apr 23, 2018 www.uptodate.com
  10. Soon GS, Laxer RM. Approach to recurrent fever in childhood. Can Fam Physician 2017; 63: 756-62. pmid:29025800 www.ncbi.nlm.nih.gov
  11. Feder HM, Salazar JC. jr. A clinical review of 105 patients with PFAPA (a periodic fever syndrome). Acta Paediatr. 2010;99(2):178 PubMed
  12. Stagi S, Bertini F, Rigante D, Falcini F. Vitamin D levels and effects of vitamin D replacement in children with periodic fever, aphthous stomatitis, pharyngitis, and cervical adenitis (PFAPA) syndrome. Int J Pediatr Otorhinolaryngol 2014; 78: 964-8. pmid:24746456 PubMed
  13. Burton MJ, Pollard AJ, Ramsden JD, et al. Tonsillectomy for periodic fever, aphthous stomatitis, pharyngitis and cervical adenitis syndrome (PFAPA). Cochrane Database Syst Rev. 2019 Issue 12; Art. No.: CD008669. DOI: 10.1002/14651858.CD008669. pub3. www.cochranelibrary.com
  14. Garavello W, Romagnoli M, Gaini RM. Effectiveness of adenotonsillectomy in PFAPA syndrome: a randomized study. Pediatr 2009; 155: 250-3. PubMed

Autoren

  • Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München (Übernahme der NEL-Revision)
  • Silje Folven Barlindhaug, spesialist i allmennmedisin, redaktør NEL
  • Kurt Østhuus Krogh, Facharzt für Kinderkrankheiten, Barne- og ungdomsklinikken, St. Olavs Hospital, Trondheim
  • Ingard Løge, spesialist allmennmedisin, universitetslektor, institutt for sammfunsmedisinske fag, NTNU, redaktør NEL

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