Spondylolyse und Spondylolisthesis bei Kindern

Die Spondylolyse bezeichnet die Lockerung eines Wirbels aufgrund einer Spaltbildung im Wirbelbogen. Dies kann in einigen Fällen dazu führen, dass der Wirbelkörper im Verhältnis zu den übrigen Wirbeln der Wirbelsäule nach vorne gleitet. In diesem Fall liegt ein Wirbelgleiten (Spondylolisthesis) vor.

Was ist Spondylolyse/Spondylolisthesis?

Bei der Wirbelsäule handelt es sich um eine Säule aus Knochen, die das Achsenskelett bildet. Dieses Gerüst dient als starke und doch flexible Stütze des Oberkörpers sowie als Schutz des leicht verwundbaren Rückenmarks innerhalb des Wirbelkanals.

Die Wirbelsäule besteht aus 33 vertikal übereinander angeordneten Wirbeln. Jeder Wirbel besteht aus einem Wirbelkörper und einem Wirbelbogen. Die Wirbel sind durch die Wirbelbogengelenke (sogenannte Facettengelenke) an der Rückseite der Wirbelsäule miteinander verbunden. Diese Verbindungen ermöglichen die Bewegung zwischen den Knochen der Wirbelsäule. Die Wirbel sind durch Bänder stabilisiert und werden durch die Bandscheiben, die zwischen allen Wirbeln liegen und als Stoßdämpfer fungieren, voneinander getrennt. Darüber hinaus sind sie von Bindegewebe und Muskulatur umschlossen.

Spondylolyse

Eine Spondylolyse ist eine Verletzung des kompakten Knochens des Wirbelbogens, entweder nur in einem Bogen oder in beiden Bögen. Der Wirbelbogendefekt tritt in der Regel in einem oder mehreren Wirbeln der Lendenwirbelsäule auf. Bei Kindern ist diese Fehlbildung häufig angeboren und bedingt eine Schwachstelle am Knochen im Bereich des Bogens. Diese Schwachstelle ist unter Belastung anfällig für Brüche. Ein derartiger Bruch verhält sich wie ein künstliches Gelenk im Wirbelbogen, sodass sich der vordere Wirbelteil in Relation zum hinteren Abschnitt bewegen kann.

Bei bis zu 11,5 % der Bevölkerung wird eine Spondylolyse vermutet. Über die Hälfte der Betroffenen hat keine Beschwerden. Die Diagnose wird häufig im Jugendalter mit durchschnittlich 15 Jahren gestellt.

Spondylolisthesis (Gleitwirbel)

Spondylolisthesis

Eine Spondylolisthesis (Gleitwirbel) entsteht, wenn ein Wirbelkörper in Relation zu den darunter liegenden Wirbeln nach vorne gleitet. Dieses Wirbelgleiten tritt am häufigsten in der unteren Lendenwirbelsäule auf und stellt eine Komplikation der Spondylolyse dar.

Die Spondylolisthesis wird in zwei Hauptformen unterteilt: Bei der am häufigsten auftretenden Art des Gleitwirbels entsteht auf beiden Seiten des Wirbelbogens ein Ermüdungsriss. Bei der selteneren Art tritt der Wirbel aus den Fugen der hinteren Wirbelbogengelenke. Dies kommt vor allem bei älteren Menschen mit Verschleiß der Bandscheiben vor.

Bei bis zu 15 % der Patienten mit Spondylose entsteht ein Gleitwirbel, meist während des Wachstumsschubs in der Pubertät.

Symptome

Eine Spondylolyse verläuft zunächst symptomfrei, wird sie jedoch zur Ursache für ein Wirbelgleiten, kann dieses Gleiten Beschwerden verursachen. Die Symptome können plötzlich oder nach für nach auftreten. Sie zeigen sich häufig erstmals im Wachstumsschub während der Pubertät. Kinder mit einem mäßig ausgeprägten Wirbelgleiten verspüren häufig keine Beschwerden. Schmerzen sind häufig in der unteren Lendenwirbelsäule lokalisiert und können in manchen Fällen bis zur Rückseite der Oberschenkel und in die Unterschenkel ausstrahlen. Gelegentlich können sich die Beine taub anfühlen. Die Schmerzen werden häufig durch das Überstrecken des Rückens hervorgerufen. In manchen Fällen nimmt die Schmerzintensität beim Gehen und Stehen zu, während sie in sitzender Position abnimmt. Bei einem ausgeprägten Wirbelgleiten sind Veränderungen in der natürlichen Krümmung der Wirbelsäule zu erkennen.

Ursachen

Wie bereits erwähnt, ist eine Spondylolyse in der Regel auf eine angeborene Schwäche des Wirbelbogens zurückzuführen. Die Erkrankung tritt innerhalb von Familien gehäuft auf. Der Defekt des Wirbelbogens kann auch infolge eines Ermüdungsbruchs auftreten, der durch wiederholte mechanische Belastung verursacht wird. Dieser Wirbelbogendefekt ist wiederum der häufigste Grund dafür, dass ein Wirbel in Relation zu einem anderen gleitet, was als Spondylolisthesis (Gleitwirbel) bezeichnet wird. 

Bei den meisten Patienten entwickelt sich die Spondylolyse in der Kindheit und Jugend, Beschwerden treten häufig in der Pubertät auf. Eine Lockerung der Wirbel aufgrund von Verschleißerscheinungen kann bei Personen über 60 Jahren vorkommen.

Sportler scheinen häufiger an einem Gleitwirbel zu leiden. Dies ist dadurch zu erklären, dass der Rücken bei derartigen Aktivitäten konstanten und relativ starken Belastungen ausgesetzt ist, die zur Entwicklung einer Spondylolyse beitragen können. Risiko-Sportarten sind Wurfsportarten, Fußball, Handball, Turnen, Rudern, Schwimmen, Tauchen, Ringen, Gewichtheben, Volleyball, Tennis und Ballett.

Diagnostik

Ihre Ärztin/Ihr Arzt stellt Fragen zu Ihren Beschwerden und untersucht den Rücken. Bei Verdacht auf Spondylolyse werden Sie an eine Fachärztin/einen Facharzt für Orthopädie überwiesen.

Die Diagnose wird mithilfe von Röntgenbildern der Lendenwirbelsäule gestellt. Wenn eine konservative Behandlung nicht ausreicht und eine Operation geplant wird, wird eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder Computertomografie (CT) durchgeführt.

Behandlung

Die Wahl der Behandlungsmethode hängt von der Art und Dauer der Symptome, dem Röntgenbefund und dem Alter der Patienten ab. Patienten unter 20 Jahren, die seit 2–4 Wochen unter unverändert starken Rückenschmerzen leiden, sollten zur weiteren Beurteilung Ärzten vorgestellt werden, die auf die Behandlung von jungen Patienten mit Rückenproblemen spezialisiert sind.

Bei einem mäßig ausgeprägten Wirbelgleiten und mäßigen Symptomen sollte der Rücken weitestgehend entlastet werden. Den Jugendlichen wird empfohlen, für einige Monate auf die Ausübung von Freizeitsport zu verzichten und gleichzeitig ein eigens von Orthopädietechnikern angefertigtes Stützkorsett zu tragen. Diese Behandlungsmethode wird häufig angewendet, wenn die Symptomdauer weniger als 3–6 Monate beträgt, die Patienten bei spezifischen Tests eine Schmerzintensivierung verspüren, die Röntgenuntersuchungen eine ausgeprägte Spondylolyse zeigen und die Patienten jünger als 16–17 Jahre alt sind. Während des Entlastungszeitraums wird gemeinsam mit einer Physiotherapeutin/einem Physiotherapeuten ein Trainingsprogramm zur Stabilisierung der Muskulatur im Bauch- und Rückenbereich sowie zur Dehnung der Hüftmuskulatur aufgenommen. Daran anschließend orientiert man sich an den üblichen Prinzipien der Rehabilitation nach einer Verletzung, unter anderem in Bezug auf die Beweglichkeit der Gelenke, Krafttraining, Training von Koordination und Gleichgewicht, Konditionstraining und sportartspezifisches Training. Übungen, die mit einer Überstreckung des Rückens einhergehen, sollten vermieden werden.

Ältere Jugendliche und Erwachsene mit schwach ausgeprägtem Röntgenbefund sollten 4–8 Wochen keinen Sport treiben. Sind die Patienten nach dem Entlastungszeitraum noch nicht schmerzfrei, werden die oben genannten Behandlungsmöglichkeiten empfohlen. Rücken- und Bauchmuskeln sollten ebenfalls trainiert werden.

Bei einem stärker ausgeprägten Wirbelgleiten, anhaltenden Schmerzen trotz Behandlung von mindestens 3 Monaten oder Anzeichen von Nervenbeteiligung wird ein operativer Eingriff empfohlen. Bei Kindern wird häufig der Defekt im Wirbelbogen „repariert", während bei Erwachsenen die Wirbelsäule im betroffenen Abschnitt versteift und stabilisiert wird.

Prognose

Obwohl eine Spondylolyse angeboren sein kann, treten bis zur Pubertät selten Symptome auf. Als Komplikationen können Gleitwirbel und Beschwerden aufgrund einer Nervenreizung auftreten. Das Wirbelgleiten ist in Zeiten des schnellen Wachstums, vor allem während der Wachstumsschübe der Pubertät, tendenziell am stärksten ausgeprägt.

Eine frühe Behandlung der Spondylolyse führt mit konservativen Maßnahmen oft zu guten Ergebnissen, vor allem bei jungen Patienten. Auch bei einem Gleitwirbel ist die Prognose in der Regel gut, und die Erkrankung kann meist ohne Operation behandelt werden.

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  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Spondylolyse und Spondylolisthesis. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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