Uterusmyome

Zusammenfassung

  • Definition:Gutartige hormonabhängige Neubildung im Muskelgewebe der Gebärmutter. Häufigster gutartiger Tumor der Frau.
  • Häufigkeit:Die Häufigkeit nimmt mit steigendem Alter bis zu den Wechseljahren zu. Tritt bei 1/3 der Frauen in der Altersgruppe von 40–60 Jahren auf.
  • Symptome:Viele Patientinnen haben keine Beschwerden, der oder die Myome werden zufällig bei einer gynäkologischen Untersuchung entdeckt. Häufige Symptome sind Menorrhagie, Metrorrhagie, Dysmenorrhö, Schwere- und Druckgefühl im Unterleib, Probleme bei der Harn- und Darmentleerung.
  • Befunde:Bei der gynäkologischen Untersuchung können die Muskelknoten als einer oder mehrere feste Knoten in der Uteruswand getastet werden; manchmal Anämie.
  • Diagnostik:Die Diagnose wird durch Ultraschall bestätigt.
  • Therapie:Wird nur bei Beschwerden behandelt. Medikamentöse, operative oder interventionelle Behandlungsmöglichkeiten.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Gutartige hormonabhängige Neubildung in der Gebärmutter, die von der glatten Muskulatur ausgeht (auch Leiomyom genannt).
  • Viele Myome sind asymptomatisch und fallen zufällig auf, aber je nach Lokalisation, Anzahl und Größe der Myome kann es zu den unterschiedlichsten Beschwerden kommen.
  • Myome werden nach ihrer Lokalisation klassifiziert:1
    • subseröses Myom
    • submuköses Myom
    • intramurales Myom
    • gestieltes Myom.

Häufigkeit

  • Myome sind die häufigsten gutartigen Tumoren der Frau und kommen bei 80–90 % der Frauen vor, klinisch relevante Myome finden sich bei etwa 25–30 % aller Frauen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren.1
  • Die Häufigkeit steigt mit dem Alter bis zur Menopause an und sinkt dann wieder ab.2-3
  • Myome wurden 2,2-mal so häufig bei Verwandten 1. Grades festgestellt.4

Ätiologie und Pathogenese

  • Die genaue Ursache ist noch nicht geklärt, Hormone wie Östrogen und Progesteron, Wachstumsfaktoren, Zytokine und die extrazelluläre Matrix haben Einfluss auf die Entstehung und das Wachsen von Myomen.1
    • Myome wachsen während des fertilen Alters der Frau und haben die Tendenz, in der Schwangerschaft größer zu werden.2
    • Eine postmenopausale Hormonsubstitution mit Östrogenen kann das Wachstum von Myomen stimulieren.5
  • Genetische Faktoren sind wahrscheinlich.
    • Myome kommen familiär gehäuft vor.
    • Frauen afroamerikanischer Herkunft sind häufiger betroffen.6
    • Bei Gensequenzierungen konnten inzwischen eindeutig Mutationen einer Myombildung zugeordnet werden.7

Pathophysiologie

  • Die auftretenden Symptome hängen von der Größe und Lokalisation der Myome ab, manche Patientinnen habe keine Symptome.
  • Blutungsstörungen sind das häufigste Symptom bei Myomen, meist kommt es zu Hypermenorrhö, auch eine Menorrhagie oder Dysmenorrhö können auftreten.8
    • Manchmal fällt ein Myom erst durch eine Anämie auf.
  • Schmerzen
  • Infertilität
    • Myome kommen als Ursache für Infertilität in Betracht.2
    • Submuköse und intramurale Myome können wohl auch eine In-vitro-Fertilisierung erschweren.9
  • Schwangerschaft
    • Myome können ab einer bestimmten Größe in der Schwangerschaft zu einer Frühgeburt oder einer Lageanomalie des Kindes führen, die Sektiorate und die Rate an postpartalen Blutungen ist erhöht.1,10

Disponierende Faktoren

  • Nulliparae leiden häufiger an Myomen, viele Schwangerschaften reduzieren das Risiko.
  • Übergewicht

ICPC-2

  • X78 Uterus myomatosus

ICD-10

  • D25 Leiomyom des Uterus
    • D25.0 Submuköses Leiomyom des Uterus
    • D25.1 Intramurales Leiomyom des Uterus
    • D25.2 Subseröses Leiomyom des Uterus
    • D25.9 Leiomyom des Uterus, nicht näher bezeichnet

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Bei entsprechender Anamnese kann der Verdacht auf ein Myom durch eine gynäkologische Untersuchung, Ultraschall und ggf. weiterführende Bildgebung bestätigt werden.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Häufig asymptomatisch11
    • 50 % werden bei einer Routineuntersuchung entdeckt, ohne Symptome verursacht zu haben.

Häufige Symptome

Klinische Untersuchung

  • Gynäkologische Untersuchung mit Spekulum und bimanueller Palpation

Ergänzende Untersuchungen 

Labor

Ultraschall

  • Transvaginal und abdominal 
  • Kann auch zur Wachstumskontrolle eingesetzt werden.

MRT

  • Selten indiziert zur genauen Beurteilung der Anzahl, Größe, Lokalisation und Durchblutung der Myome1

Histologie

  • Bei schnell wachsenden Myomen und untypisch erscheinendem Sonografiebefund soll eine histologische Abgrenzung zu einem malignen Tumor (Leiomyosarkom) angestrebt werden.12

Therapie

Therapieziel

  • Beschwerden lindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Myome sollten von erfahrenen Gynäkolog*innen behandelt werden.
  • Die Behandlung von Myomen bei symptomfreien Frauen oder bei Frauen mit tolerierbaren Beschwerden wird nicht empfohlen.13
  • Zur Behandlung symptomatischer Myome stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung:14
    • medikamentöse Therapie
    • operative Therapie
      • minimalinvasiv und organerhaltend
      • Hysterektomie
    • interventionelle Technik
      • Embolisation der Arteria uterina
      • hoch-fokussierter Ultraschall.
  • Die Wahl der Behandlungsmethode soll individuell erfolgen unter Berücksichtigung:
    • der Größe 
    • der Wachstumsgeschwindigkeit
    • der Symptomatik
    • eines möglicherweise bestehenden Kinderwunsches
    • des Wunsches, die Gebärmutter zu erhalten.
  • Eine vergleichende Studie zeigt einen guten therapeutischen Effekt bei Hysterektomie, Myomektomie und Embolisierung der A. uterina.15

Medikamentöse Therapie

Selektive Progesteronrezeptormodulatoren (SPRM)

  • Ulipristalacetat 5 mg (1 x tgl. für 3 Monate) ist zugelassen für ein Behandlungsintervall zur präoperativen Behandlung mittlerer bis starker Symptome durch Gebärmuttermyome bei erwachsenen Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter, für die eine Operation vorgesehen ist; oder als Intervalltherapie mittlerer bis starker Symptome, wenn eine Operation nicht infrage kommt.16
    • Laut Rote-Hand-Brief vom 01.02.2021 wurde die Indikation wegen der Gefahr schwerer Leberschädigungen eingeschränkt.
      • Nur noch zur Intervalltherapie mittlerer und starker Symptome vor der Menopause, wenn Embolisation und chirurgischer Eingriff nicht geeignet oder fehlgeschlagen sind.
    • Das Arznei-Telegramm rät angesichts der potenziellen Schäden von Ulipristal gegen Uterusmyome ab (Juni 2021).17
    • kontraindiziert in Schwangerschaft und Stillzeit
    • kontraindiziert bei Lebererkrankungen
      • Vor und während der Behandlung sollen regelmäßig Leberfunktionstests durchgeführt werden und bei klinischen Anzeichen einer Leberschädigung (Müdigkeit, Asthenie, Übelkeit und Erbrechen, Schmerzen unterhalb des rechten Rippenbogens, Anorexie oder Gelbsucht) soll die Behandlung sofort abgebrochen werden.16

GnRH-Analoge

  • 3 x 3,75 mg Leuprorelin als Monatsdepot reduzieren die Größe der Myome und verbessern die Symptome, eignen sich aber aufgrund der Nebenwirkungen ebenfalls nicht für eine Langzeitbehandlung.
    • Der Effekt ist reversibel und eignet sich deshalb nur zur Volumenreduktion vor einer Operation.

Operative Therapie

  • Eine organerhaltende Operation (Myomentfernung) ist v. a. bei bestehendem Kinderwunsch unbedingt anzustreben.
    • Myome bis zu 12 cm können minimalinvasiv laparoskopisch entfernt werden.
    • Das Risiko der Uterusruptur nach Myomenukleation bei einer Spontangeburt liegt bei 1–10 %.1
  • Bei Patientinnen mit abgeschlossener Familienplanung und symptomatischen Myomen kommt eine Hysterektomie als geeignetes Therapieverfahren infrage.

Interventionelle Therapie

Magnetresonanz-geführter fokussierter Ultraschall (MRgFUS)18

  • Thermoablatives, organerhaltendes, nichtinvasives Verfahren19
  • Durch fokussierten Ultraschall wird unter ständiger MR-tomografischer Kontrolle in einzelnen kleinen Schritten das zu behandelnde Gewebe erhitzt, um es zu denaturieren.
  • Kann ambulant durchgeführt werden.
  • Myombedingte Beschwerden werden vermindert und die Myome verkleinert, diese verschwinden aber nicht komplett.
  • Wird nur in wenigen spezialisierten Zentren durchgeführt.
  • Fallberichte zeigen nach erfolgter Behandlung eingetretene Schwangerschaften, Daten diesbezüglich fehlen.

Embolisierung der Arteria uterina

  • Die Myomembolisation ist eine gute Alternative bei multiplen oder sehr großen Myomen, Patientinnen mit eingeschränkter Operabilität oder mehrfachen Voroperationen im Bauchraum.1
  • Vorteile sind geringen Blutverlust und der kurze Zeitaufwand.
  • Als Nachteil gilt eine höhere Re-Interventionsrate zwischen 15 und 30 % gegenüber der primären Operation.20-21

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Häufig langsame Progression
  • Kann in einzelnen Fällen zu enormer Größe anwachsen, und das Wachstum kann u. U. sehr schnell erfolgen.
  • Nach der Menopause stagniert das Wachstum, die Myome können atrophieren.

Komplikationen

  • Die akute Nekrose eines Myoms kann zu Schmerzen und Fieber führen.
    • Kommt vor allem während der Schwangerschaft und bei der Einnahme oraler Kontrazeptiva vor.
  • Infertilität 
  • Nach Hysterektomie
    • postoperative Komplikationen wie Infekt oder Wundheilungsstörungen22
    • Inkontinenz23

Bei Schwangerschaft und Geburt

Prognose

  • Im Normalfall gute Prognose
  • Ob ein Myom ein erhöhtes Risiko für ein Uteruskarzinom bedeutet, ist noch nicht abschließend geklärt.
    • Das Leiomyosarkom, die maligne Variante, macht 1,3 % aller Uteruskarzinome und 0,1 % aller Myome aus.25
    • Schnelles Wachstum der Myome kann normal sein und ist nicht zwangsläufig ein Anzeichen für eine Sarkomentwicklung.26

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Myome im Uterus
Myome im Uterus

Quellen

Literatur

  1. Boosz AS, Reimer P, Matzko M, Römer T, Müller A. Konservative, operative und interventionelle Therapieoptionen uteriner Myome. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 877–83. www.aerzteblatt.de
  2. Evans P, Brunsell S. Uterine fibroid tumors: diagnosis and treatment. Am Fam Physician 2007; 75: 1503-8. PubMed
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Autor*innen

  • Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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