Sprunggelenksfraktur

Der häufigste Verletzungsmechanismus bei Knöchelverletzungen ist ein Umknicken nach einem Schritt oder Sprung.

Brüche des Sprunggelenks (Sprunggelenksfrakturen) machen etwa 15 % aller Sprunggelenksverletzungen aus. Am häufigsten ist der Außenknöchel betroffen. Sprunggelenksfrakturen sind vor allem bei jüngeren und älteren Menschen weit verbreitet.

Sprunggelenk

Die Sprunggelenke sind sehr anfällig für Verletzungen, da sie eine hohe Beweglichkeit aufweisen und das gesamte Körpergewicht tragen müssen.

Das Gelenk ist aus fünf Knochen aufgebaut: Schienbein (Tibia), Wadenbein (Fibula), Fersenbein (Calcaneus), Sprungbein (Talus) und Kahnbein (Os naviculare). Der Knöchel wird durch die Gelenkgabel und die Bänder an der Innenseite (medial), Außenseite (lateral) und zwischen den zwei Knochen des Unterschenkels stabilisiert. Das Syndesmoseband hält die beiden Knochen, Schienbein und Wadenbein, zusammen.

Das Sprunggelenk wird vorwiegend in einem Gelenkbereich, der aus Schienbein und Sprungbein besteht, auf- und abbewegt. Drehbewegungen nach außen (Supination) und nach innen (Pronation) erfolgen zwischen Sprungbein und Fersenbein (Subtalargelenk).

Verletzungstypen

Man unterscheidet bei Sprunggelenksfrakturen drei Haupttypen nach der Weber-Klassifikation: Typ A, B und C. Die Einteilung richtet sich danach, auf welcher Höhe des Wadenbeins der Bruch lokalisiert ist. Je höher am Unterschenkel der Wadenbeinbruch lokalisiert ist, desto größer ist das Risiko einer Verletzung des Syndesmosebandes und eines Stabilitätsverlust des Sprunggelenks.

Die Typ A-Fraktur bezeichnet einen Knöchelbruch mit Verletzung des Wadenbeins unterhalb des Syndesmosebandes. Bei diesem Typ wird selten ein Riss des Bandes zwischen Schienbein und Wadenbein beobachtet.

Die Typ B-Fraktur bezeichnet einen Knöchelbruch mit Verletzung des Wadenbeins auf Höhe des Syndesmosebandes. Das Syndesmoseband kann ebenfalls verletzt sein.

Bei der Sprunggelenksfraktur Typ C liegt ein Knöchelbruch und ein Bruch des Wadenbeins über dem Syndesmoseband vor. Das Syndesmoseband ist bei der Verletzung immer beteiligt, gelegentlich auch die Muskelmembran.

Verletzungsmechanismen

Der häufigste Verletzungsmechanismus bei Knöchelverletzungen ist ein Umknicken mit übermäßiger Inversion nach einem Schritt oder Sprung. Der Fuß knickt dabei nach innen ab bei gleichzeitiger Auswärtsdrehung.

Die entgegengesetzte Bewegung, Eversion, besteht aus gleichzeitiger Auswärtsdrehung, Außenrotation und Aufwärtsstreckung des Fußes. Stabilität und Widerstandsfähigkeit des Sprunggelenks sind wesentlich höher gegenüber Eversionsverletzungen als gegenüber Inversionsverletzungen.

Weitere Verletzungsmechanismen können ein Sprung oder Sturz aus großer Höhe oder eine direkte Verletzung durch Krafteinwirkung sein.

Bei einem Drittel der Verletzungen sind Beeinträchtigungen durch Alkoholkonsum und ein rutschiger Untergrund beteiligt. Übergewicht ist ein Risikofaktor für schwere Sprunggelenksverletzungen.

Diagnostik

In der Regel entsteht die Verletzung infolge eines Umknickens. Eine genaue Beschreibung der Fußstellung zum Zeitpunkt der Verletzung und zum Unfallhergang kann hilfreiche Hinweise geben. Nachdem die Verletzung eingetreten ist, treten rasch Schmerzen, Schwellung und Funktionsverlust auf. Anzeichen für einen Bruch sind u. a. Fehlstellung, Schwellung, Druckempfindlichkeit bei Druck auf den Knochen und Blutergüsse. Die verletzten Patienten sind nicht in der Lage, den Fuß zu belasten.

Der Arzt tastet den Knöchel ab und beurteilt die Beweglichkeit im Sprunggelenk. Die Untersuchung ist jedoch aufgrund der Schmerzen häufig erschwert. Darüber hinaus werden Kniegelenk und Fuß untersucht sowie etwaige Anzeichen einer Beteiligung von Nerven oder Blutgefäßen abgeklärt.

Bei Verdacht auf einen Bruch werden Röntgenaufnahmen des Sprunggelenks aus unterschiedlichen Richtungen gemacht. Häufig wird auch der gesamte Unterschenkel geröntgt. Nicht selten liegen mehrere Frakturen oder Verletzungen vor. Bei schweren Verletzungen kann eine Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) sinnvoll sein.

Therapie

Therapieziel ist die Ausheilung der Verletzung und die Wiederherstellung der Funktion. Die Therapie soll so früh wie möglich (siehe Erste-Hilfe-Maßnahmen) eingeleitet werden, um Komplikationen zu vermeiden und eine rasche Wiederherstellung zu gewährleisten. Die Therapie von Sprunggelenksfrakturen ist meist kompliziert und eine Operation ist häufig unvermeidbar, eine konservative Therapie der Verletzung ist in manchen Fällen möglich.

Erste-Hilfe-Maßnahmen

Kühlen, Hochlagern des Fußes, Kompression und Ruhe sind wichtige Sofortmaßnahmen. Die verletzte Person erhält Schmerzmittel, des Weiteren wird die Verletzung auf eine mögliche Beteiligung von Nerven und Blutgefäßen untersucht. Der Bruch wird stabilisiert und es wird versucht, das Sprunggelenk in einer möglichst neutralen Position ruhig zu stellen. Ein offener Bruch wird mit sterilen Bandagen abgedeckt.

Konservative Therapie

Brüche in einem oder beiden Knöcheln (Malleoli) in Verbindung mit einem Wadenbeinbruch unterhalb des Syndesmosebandes, d. h. mit unbeschädigtem Syndesmoseband und günstiger Position der Brüche, können konservativ behandelt werden. Brüche des Wadenbeins auf Höhe des Syndesmosebandes können ebenfalls konservativ behandelt werden, wenn sie durch eine unmittelbare Schädigung des Knochens verursacht wurden und darüber hinaus keine übermäßige Verschiebung vorliegt. Bei älteren Patienten (> 65 Jahre) und Vorerkrankungen, die gegen eine Operation sprechen, wird ebenfalls eine konservative Therapie bevorzugt.

Das Sprunggelenk wird in einem gespaltenen Unterschenkelgips, Cast, Stützverband oder einer Vakuumschiene bis zum Abschwellen des Gewebes für 6 Wochen ruhiggestellt. Die Patienten erhalten in dieser Zeit Medikamente zur Vorbeugung von Thrombosen. Anschließend kann der Fuß im Gips oder Stützverband wieder teilweise belastet werden. Zum Gehen werden Unterarm-Stützen verwendet. Frühzeitige Physiotherapie und selbstständige Übungen werden empfohlen, um die Funktion des Sprunggelenks wiederherzustellen. 

Operation

Ein Wadenbeinbruch mit umfassenden Verschiebungen, Knöchelbruch mit Verschiebung in mindestens einem Knöchel, Abriss des Syndesmosebandes oder hoher Wadenbeinbruch sollten immer operiert werden. Auch offene Brüche und Brüche mit Gefäß- oder Nervenverletzungen werden mit einer Operation behandelt.

Nach Möglichkeit sollte die Operation innerhalb von 6–8 Stunden nach der Verletzung erfolgen. Wenn zu viel Zeit verstrichen ist und/oder eine zu große Schwellung vorliegt, wird der Bruch gerichtet und mit einer Haltevorrichtung fixiert. Die Operation wird in diesem Fall aufgeschoben, bis die Schwellung zurückgegangen ist.

Brüche in den äußeren Knöcheln werden mit Schrauben oder Platten fixiert. Brüche in den inneren Knöcheln werden mit einer oder mehreren Schrauben, Stiften oder Draht fixiert. Bei Abriss des Syndesmosebandes erfolgt eine Fixierung mit Schrauben vom Wadenbein in das Schienbein. 

Nach der Operation wird den Patienten ein Gips oder Stützverband angelegt, gefolgt von einem behutsamen zunächst physiotherapeutisch angeleitetem Training ähnlich wie bei der konservativen Therapie.

Komplikationen

Bei Brüchen mit umfassenden Verschiebungen besteht die Gefahr von Hautschäden (Nekrose), wenn sie nicht rechtzeitig behandelt werden. Ein offener Bruch ist immer mit einem Infektionsrisiko verbunden. Starke Schwellung und hoher Gewebedruck können die Blutversorgung unterbinden und eine Schädigung von Muskeln, Nerven und Sehnen nach sich ziehen (sogenanntes Kompartmentsyndrom). Eine unzureichende Heilung ist gelegentlich mit einem instabilen Sprunggelenk, chronischen Schmerzen und Steifheit verbunden. Auch vorzeitiger Gelenkverschleiß (Arthrose) ist möglich.

Prognose

Die Prognose ist in der Regel gut, vorausgesetzt, dass die Verletzung richtig diagnostiziert und behandelt wird. Komplizierte, offene Frakturen mit erheblichen Weichteilverletzungen haben eine weniger günstige Prognose. Ein Knöchelbruch ohne Verschiebung hat eine gute Prognose und heilt häufig ausgezeichnet aus. Ein individuell angepasstes Training reduziert das Risiko von zukünftigen Beschwerden.

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Fußknochen von hinten
Fußknochen von hinten

Autoren

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden
  • Marie-Christine Fritzsche, Ärztin, Freiburg

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Sprunggelenksfraktur. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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