Zusammenfassung
- Definition:Ein Ganglion ist eine Zyste mit viskösem, geleeartigem Inhalt, die von einer Gelenkkapsel oder einer Sehnenscheide ausgeht.
- Häufigkeit:Ganglien sind relativ häufig zu beobachten, insbesondere auf dem Handrücken. Betroffen sind vor allem Frauen.
- Symptome:Es liegt eine Schwellung bzw. ein Knoten vor – meist im Bereich des Handgelenks – der kaum oder keine Beschwerden hervorruft.
- Untersuchung:Die Zysten haben in der Regel einen Durchmesser von 1–2 cm und imponieren bei der Palpation fest und leicht druckschmerzhaft.
- Diagnostik:Ergänzende Untersuchungen sind nur selten erforderlich; ggf. kann eine MRT durchgeführt werden.
- Therapie:In der Regel symptomlos und nur Beobachtung nötig. Bei Kompression benachbarter Strukturen, wie Nerven, Sehnen oder Gefäßen, ist eine chirurgische Exzision indiziert.
Allgemeine Informationen
Definition
- Zyste mit viskösem, geleeartigem Inhalt, die von einer Gelenkkapsel oder einer Sehnenscheide ausgeht.1
- Häufige Lokalisationen sind das Handgelenk und das Gewebe im Bereich der Fingergelenke.
- unilokuläres oder multilokuläres Auftreten möglich2
- Mitunter kann ein Ganglion zu Beschwerden führen oder die Gelenkfunktion stören, sodass eine Behandlung indiziert ist.
Häufigkeit
- Ganglien machen 50–70 % aller Weichteiltumoren der Hand und Handgelenke aus.2
- Sie entstehen häufig spontan in der Altersgruppe von 10–40 Jahren.2-3
- Frauen sind häufiger betroffen (3:1).4
Ätiologie und Pathogenese
- Es gibt viele verschiedene Hypothesen, am ehesten akzeptiert:2-3
- degenerative oder durch Mikrotrauma ausgelöste Perforation der Sehnenscheide oder Synovialmembran der Gelenkkapsel
- Füllung der gebildeten Aussackung mit Mukopolysacchariden, insbes. Hyaluronsäure
- bindegewebiger Umbau der umgebenden Hülle.
- Aus der Läsion kann geleeartige Flüssigkeit aspiriert werden.
- Ganglien können als deutlich sichtbare Schwellungen in Erscheinung treten oder sich nur in okkulter Form mit (Hand-) Gelenkschmerzen äußern.
Klinische Anatomie
- Dorsale Handgelenksganglien
- Meist zwischen Os scaphoideum und Os lunatum, machen den Großteil der Ganglien im Bereich des Handgelenks und der Hand aus.3
- enge Nachbarschaft und damit Gefährung der Strecksehnen der Hand
- Meist zwischen Os scaphoideum und Os lunatum, machen den Großteil der Ganglien im Bereich des Handgelenks und der Hand aus.3
- Palmare Handgelenksganglien
- meist am distalen Radius 3
- enge Nachbarschaft und damit Gefährdung des N. medianus
- meist am distalen Radius 3
- Beugesehnenscheiden-Ganglien
- eher selten
- An den Fingern ist vor allem das distale Interphalangealgelenk betroffen.
- an dieser Lokalisation häufig mit arthrotischen Veränderungen assoziiert4
Prädisponierende Faktoren
- Ganglien können infolge wiederholter Beanspruchung entstehen, insbesondere, wenn sich das Handgelenk dabei an der Grenze seines Bewegungsausmaßes befindet.
ICPC-2
- L87 Bursitis/Tendinitis/Synovitis NNB
ICD-10
- M67 Sonstige Krankheiten der Synovialis und der Sehnen
- M67.4- Ganglion
- M76.44 Ganglion : Hand (Finger, Handwurzel, Mittelhand, Gelenke zwischen diesen Knochen)
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Typischer klinischer Befund
Differenzialdiagnosen
- Sehnenscheidenentzündung
- Lipom
- Arthrotische Veränderungen, Osteophyten
- Gefäßmalformation, Aneurysma
- Sarkom (extrem selten an der Hand)
Anamnese
- Meist asymptomatische Schwellung, die zufällig entdeckt wird.
- Teilweise Beschwerden, wenn sich das Handgelenk in einer Endstellung befindet.
- Die Größe kann variieren.
Klinische Untersuchung
- Meist Durchmesser von 1–2 cm
- In der Regel verschieblich und eindrückbar3
- Lichtdurchlässig 3
- Unterscheidung zu soliden Tumoren
- Generell an jedem Gelenk und jeder Sehnenscheide möglich
- besonders gehäuft am dorsalen Handgelenk
Diagnostik beim Spezialisten
- Bei Patienten mit okkulten Schmerzen im Handgelenk lassen sich die meisten Ganglien mithilfe einer MRT von anderen Tumorveränderungen abgrenzen.5
- Auch eine Sonografie ist in solchen Fällen nützlich.6
Indikationen zur Überweisung
- Bei symptomatischem Ganglion durch Kompression benachbarter Strukturen
- Bei Unsicherheit bezüglich der Abgrenzung zu Tumoren anderer Genese
Therapie
Therapieziele
- Eine spontane Besserung abwarten oder das Ganglion zur Symptomlinderung entfernen.
Allgemeines zur Therapie
- Ganglien können sich spontan zurückbilden oder rezidivieren.
- Sofern die Schwellung keine Schmerzen verursacht oder die Funktion beeinträchtigt, ist es deshalb sinnvoll, eine abwartende therapeutische Haltung einzunehmen.
- Liegen Symptome vor, stehen die folgenden Therapiemöglichkeiten zur Wahl:
- Aspiration
- operative Therapie.
- Es kommt häufig zu Rezidiven, nach der operativen Therapie jedoch seltener als nach der Aspiration.
Konservative Therapie
Ruhigstellung
- Immobilisation in Schiene und ggf. Gabe von NSAR
- Sollte der erste Therapieversuch bei symptomatischen Ganglien sein.2
Zertrümmern
- Ein geschlossenes Zertrümmern mit schwerem Gegenstand ist heute obsolet.
- hohe Rezidivrate und Gefahr von Frakturen2
Aspiration
- Multiple Punktion und Aspiration
- vorher Lokalanästhesie
- Beispielsweise 5-ml-Spritze mit großer Kanüle, sodass die sehr visköse Masse aspiriert werden kann.
- am besten Aspiration an der Basis des Ganglions möglich
- einmalige Durchführung mit 13 % Heilungsrate, nach 3 Anwendungen bis zu 85 % Heilungsrate2
- Sinnvoll ist eine anschließende Ruhigstellung in einer Schiene für einige Tage.
- Kortisoninfilatration ohne zusätzlichen Benefit2
- In einer Studie benötigten knapp 20 % der Patienten, die auf diese Weise behandelt wurden, später eine operative Therapie.7
Hyaluronidase-Injektion?
- Der Effekt variiert stark und die Evidenz ist nicht ausreichend, um dieses Vorgehen zu empfehlen.8
Operative Therapie
- Es wird empfohlen, vor einer etwaigen operativen Therapie die o. g. Methoden auszuschöpfen.
- Chirurgische Entfernung des Ganglions ist offen oder arthroskopisch möglich.
- Nach Möglichkeit eine arthroskopische Entfernung anstreben.
- bessere Beurteilung der intraartikulären Strukturen, kleinere Narben9
- Nach Möglichkeit eine arthroskopische Entfernung anstreben.
- Bei vollständiger Resektion des Ganglions Heilungsrate von 60–87 %4
- Erhöhung der Heilungsrate auf 96 % durch zusätzliche ringförmige Exzision der Gelenkkapsel/Sehnenscheide4
- Defektverschluss in der Kapsel/Sehnenscheide wird in der Regel nicht durchgeführt, da ein Risiko der Bewegungseinschränkung besteht.4
- In der Regel postoperativ 10–14 Tage Handgelenksorthese mit frühfunktioneller Beübung2
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Ganglien rufen bei den meisten Patienten kaum Beschwerden hervor und erfordern in der Regel keine Behandlung.
- Sie können in ihrer Größe variieren und verschwinden nach einigen Monaten häufig von allein.
Komplikationen
- In seltenen Fällen kann das Ganglion Druck auf den N. ulnaris oder den N. medianus ausüben und so zu Parästhesien und Paresen führen.
Prognose
- Etwa die Hälfte aller Ganglien verschwindet spontan.
- Bei nicht korrekt durchgeführter Resektion der Ganglien rezidivieren bis zu 40 %.4
- Palmare Ganglien rezidiveren dabei deutlich häufiger als dorsale.9
- Es gibt heutzutage exzellente Ergebnisse für die operative Entfernung von symptomatischen Ganglien.10
Illustrationen
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Quellen
Literatur
- Tallia AF, Cardone DA. Diagnostic and therapeutic injection of the wrist and hand region. Am Fam Physician 2003; 67: 745-50. PubMed
- Cothran VE. Ganglions. Medscape, last updated Oct 15, 2018. emedicine.medscape.com
- Genova R. Ganglion Cyst. Medscape, last updated Aug 27, 2018. emedicine.medscape.com
- Thornburg LE. Ganglions of the hand and wrist. J Am Acad Orthop Surg 1999;7:231-8. PubMed
- Ergun T, Lakadamyali H, Derincek A, Cagla Tarhan N, Ozturk A. Magnetic resonance imaging in the visualization of benign tumors and tumor-like lesions of hand and wrist. Curr Probl Diagn Radiol. 2010 Jan-Feb. 39(1):1-16. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Backhaus, M, Schmidt, WA, Mellerowicz, H, et al. Technique and diagnostic value of musculoskeletal ultrasonography in rheumatology. Part 6: ultrasonography of the wrist/hand. Z Rheumatol 2002; 61: 674. PubMed
- Stephen AB, Lyons AR, Davis TR. A prospective study of two conservative treatments for ganglia of the wrist. J Hand Surg Br 1999; 24: 104. PubMed
- Keyser FD. Ganglion cysts of the wrist and hand. UpToDate, last updated Oct 2016. www.uptodate.com
- Chloros GD, Wiesler ER, Poehling GG. Current concepts in wrist arthroscopy. Arthroscopy 2008; 24(3): 343-54. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Kuliński S, Gutkowska O, Mizia S, et al. Dorsal and volar wrist ganglions: The results of surgical treatment. Adv Clin Exp Med 2019; 28(1): 95-102. www.ncbi.nlm.nih.gov
Autoren
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
- Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
- Arild Aamodt, overlege/professor, Ortopedisk avdeling, Lovisenberg Sykehus, Oslo