Juckreiz bei Lebererkrankungen

Bei verschiedenen Lebererkrankungen kann es zu einem unangenehmen Juckreiz kommen.

Was ist Juckreiz bei Lebererkrankungen?

Die Leber hat eine ganze Reihe unterschiedlicher Aufgaben, unter anderem die Reinigung des Bluts von Abbauprodukten. Diese Abbauprodukte werden mithilfe der Gallenflüssigkeit ausgeschieden, die in den Darm abgegeben wird. Aus unterschiedlichen Gründen kann dieser Vorgang gehemmt werden, sodass dieser Ausscheidungsvorgang nicht funktioniert und nicht alle Abbauprodukte entfernt werden. Daraus kann sich ein störender Juckreiz entwickeln. Bei Stauung der Gallenflüssigkeit tritt Juckreiz bei etwa 25 % der Patienten als frühes Symptom auf. Weitere typische Symptome einer Lebererkrankung sind Gelbsucht, Müdigkeit, Schmerzen im rechten Oberbauch, Übelkeit, Appetitlosigkeit und Blähungen. 

Bei verschiedenen Lebererkrankungen kann es zu einem unangenehmen Juckreiz kommen (hepatischer Juckreiz). Beispiele für solche Erkrankungen sind Störungen des Gallenflusses während der Schwangerschaft, chronische Leberentzündung (Hepatitis), primär biliäre Zirrhose, Gelbsucht durch Stau in den Gallengängen, primär sklerosierende Cholangitis, Krebs der Gallenwege, durch Medikamente hervorgerufene Störungen der Gallensekretion und verschiedene seltene Erbkrankheiten.

Ursachen

In den meisten Fällen beruht der Juckreiz auf einem Gallenstau (Cholestase), bei dem die Abgabe der Gallenflüssigkeit aus der Leber blockiert ist. Die Ursache für diesen Gallenstau kann eine Lebererkrankung (intrahepatisch) oder eine Blockierung der äußeren Gallengänge (extrahepatisch) sein. Der Juckreiz stammt nicht aus der Haut, sondern ist durch Signale bedingt, die das zentrale Nervensystem empfängt und die einen allgemeinen Juckreiz auslösen. Als Ursache wird die Gallensalzkonzentration vermutet, aber auch andere körpereigene Stoffe spielen eine Rolle.

Symptome

Häufig tritt der Juckreiz vor anderen Symptomen einer Lebererkrankung auf. Der Juckreiz kann so stark sein, dass er die Lebensqualität erheblich mindert. Der hepatische Juckreiz ist am stärksten in den Handflächen und an den Fußsohlen, in schweren Fällen kann der Juckreiz auch den ganzen Körper betreffen. Manche Patienten klagen über Juckreiz im Gehörgang, in der Nase und sogar am Augenhintergrund. Die Intensität kann von einem irritierenden bis hin zu einem fast brennenden Juckreiz reichen. Der Juckreiz ist nachts am beschwerlichsten.

Zunächst bestehen keine Hautveränderungen. Durch Kratzen können aber Hautabschürfungen, Krusten und Risse entstehen, die sich entzünden können.

Diagnostik

Die Diagnose wird anhand der Krankengeschichte (Anamnese) gestellt. In vielen Fällen ist bereits eine Lebererkrankung bekannt, sodass die Erklärung einfach ist. Wenn die Erkrankung mit Juckreiz beginnt, ist die Diagnose unter Umständen schwieriger zu stellen.

Bei einer körperlichen Untersuchung tastet Ihr Arzt Leber und Lymphknoten ab und untersucht die Haut. Er nimmt Ihnen Blut ab, um die Leberwerte zu bestimmen.

Zusätzlich können Leber und Gallenwege in einer Ultraschall-Untersuchung oder mit anderen bildgebenden Verfahren begutachtet werden. In seltenen Fällen kann auch eine Gewebeprobe der Leber entnommen werden.

Therapie

Zur Therapie gehört die Behandlung der zugrunde liegenden Lebererkrankung. 

Es gibt viele Möglichkeiten zur Linderung des Juckreizes, aber keine Therapie, die sämtlichen Patienten hilft. Betroffene müssen daher Geduld haben und sich darauf einstellen, dass möglicherweise mehrere Behandlungsversuche nötig sind.

Salben oder Gele mit Zusätzen von Capsaicin, Menthol, Kampfer, Lidocain oder Polidocanol können den Juckreiz der Haut lindern. Wenn sich die aufgekratzte Haut entzündet hat, können für kurze Zeit Salben oder Cremes mit Kortison oder sogenannten Calcineurininhibitoren, die das Immunsystem hemmen, aufgetragen werden.

Ihr Arzt kann Ihnen auch verschiedene Medikamente zum Einnehmen verschreiben. Als Mittel der Wahl gilt dabei Colestyramin, ein Wirkstoff, der Gallensäuren im Darm bindet. Auch Antihistaminika können versucht werden, haben aber meist keine ausreichende Wirkung.

Juckreiz durch Gallenstau während der Schwangerschaft wird mit Ursodeoxycholsäure, die den Gallenstau auflöst, behandelt.

Prognose

Der Juckreiz ist ungefährlich und wirkt sich nicht auf die Prognose in Bezug auf die zugrunde liegende Lebererkrankung aus. In den meisten Fällen hört der Juckreiz von allein wieder auf, er kann aber mehrere Wochen bis Monate anhalten, in einigen Fällen sogar Jahre.

  • Ein während der Schwangerschaft auftretender Juckreiz verschwindet fast immer nach der Entbindung.
  • Bei einer primär biliären Zirrhose variiert der Juckreiz, und die Betroffenen dürfen auch ohne Behandlung eine spontane, zeitweilige Verbesserung erwarten.
  • Bei einem durch Medikamente hervorgerufenen Gallenstau oder einem Juckreiz ohne eindeutigen Auslöser kann der Juckreiz bis zu sechs Monate anhalten und dann verschwinden.
  • Der Juckreiz bei Cholestase, der auf einem Stau in den Gallengängen beruht, verschwindet ein paar Tage nach Wiederherstellung der normalen Gallensekretion.

Weitere Informationen

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  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Pruritus, hepatischer. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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