Reversibilitätstest

Definition

  • Der Reversibilitätstest wird auch als Bronchospasmolysetest bezeichnet.
  • Verfahren, das im Rahmen der Spirometrie eingesetzt wird.
  • Wird häufig zur Differenzialdiagnose von Asthma bronchiale und chronisch obstruktiver Lungenkrankheit (COPD) eingesetzt.
  • Wenn eine obstruktive Ventilationsstörung vorliegt, kann der Test zeigen, zu welchem Teil die Obstruktion reversibel ist.

Indikation und Auswertung

Nationale Versorgungsleitlinie Asthma: Reversibilitätstest1

  • Bei Patient*innen mit nachgewiesener Atemwegsobstruktion soll zur Bestätigung der Diagnose zunächst ein Reversibilitätstest mit kurzwirkenden Beta-2-Sympathomimetika (SABA) durchgeführt werden.
  • Die vollständige Rückbildung der Obstruktion im Reversibilitätstest spricht für die Diagnose Asthma.
  • Bringt diese Untersuchung keine Ergebnisse, kann in zweiter Instanz ein rasch wirksames Anticholinergikum angewendet werden.
  • Eine Zunahme der FEV1 um > 12 % bzw. um > 200 ml macht die Diagnose eines Asthmas wahrscheinlich.
  • Eine fehlende Reversibilität in einem einzigen Reversibilitätstest schließt ein Asthma jedoch nicht aus.
  • Bei Patient*innen mit begründetem Verdacht auf ein Asthma kann zur Sicherung der Diagnose zeitlich begrenzt ein Therapieansprechen auf inhalative Kortikosteroide (ICS) oder orale Kortikosteroide (OCS) geprüft werden.

Durchführung

DGP-Leitlinie: Durchführung eines Reversibilitätstests2-3

  • Vor der Durchführung Karenz von Bronchodilatatoren
    • kurzwirksame Beta-2-Sympathomimetika (SABA) und Anticholinergika: 6 Stunden
    • langwirksame Beta-2-Sympathomimetika (LABA) und retardierte Theophyllinpräparate: 12 Stunden
    • langwirksame Anticholinergika: 48 Stunden
  • Reversibilitätstestung bei Nachweis einer obstruktiven Ventilationsstörung in der Spirometrie
  • Reversibilitätstestung allerdings auch bei „normaler" Lungenfunktion erwägen.
    • Individueller Bestwert kann höher liegen als die altersbezogenen Normwerte.

Reversibilitätstest mit Bronchodilatatoren

  • Lungenfunktionsmessung zu 2 Zeitpunkten 15 Minuten vor und nach Inhalation
  • Bronchodilatation bei Erwachsenen
    • kurzwirksames Beta-2-Sympathomimetikum (SABA): 100 μg Salbutamol (bis zu 400 μg in 4 Dosen)
    • alternativ: kurzwirksames Anticholinergikum (SAMA): 160 μg Ipratropiumbromid
    • alternativ: Kombination beider Bronchodilatatoren
  • Bronchodilatation bei Kindern
    • kurzwirksames Beta-2-Sympathomimetikums (SABA): 100 μg Salbutamol (bis zu 400 μg in 4 Dosen)

Reversibilitätstest mit inhalativen Glukokortikoiden

  • Als Alternative zu inhalativen Bronchodilatatoren, z. B. bei Unverträglichkeiten
  • Lungenfunktionsmessung zu 2 Zeitpunkten in einer stabilen Phase der Erkrankung
  • Bei Erwachsenen
    • 2-mal tägliche Inhalation einer hohen ICS-Dosis über > 4 Wochen
  • Bei Kindern
    • mehrwöchige (6–8 Wochen) Therapie mit ICS
  • Alternativ Durchführung mit systemischen Glukokortikoiden (20–40 mg Prednisolon/Tag oral für 7–14 Tage) möglich

Kriterien für positiven Reversibilitätstest

  • Positiver Test bei Anstieg des FEV1 um > 12 % des Ausgangswertes
  • Bei Erwachsenen: zusätzlich Anstieg des FEV1 um 200 ml
  • Bei Kindern: zusätzlich Beurteilung der Fluss-Volumen-Kurve
    • Normalisierung eines primär konkav deformierten exspiratorischen Schenkels

Interpretation

Asthma

  • Je ausgeprägter die Reversibilität der Atemwegsobstruktion ist, desto wahrscheinlicher ist die Diagnose Asthma.2
  • Nur eine weitgehend vollständige Normalisierung der Lungenfunktion nach Reversibilitätstest wird als diagnosesichernd gewertet.3
    • Hierdurch wird eine COPD ausgeschlossen.
  • Ein positiver Reversibilitätstest macht die Diagnose Asthma wahrscheinlich, schließt aber eine COPD nicht aus.
  • Bei lange bestehendem Asthma, einer schweren Exazerbation oder Virusinfekten kann die positive Reaktion auf Bronchodilatatoren ausbleiben.4
  • Ein negativer Reversibilitätstest belegt eine zum Untersuchungszeitpunkt „fixierte“ obstruktive Ventilationsstörung.
    • keine Differenzierung zwischen Asthma und COPD möglich
    • Ansprechen zu einem späteren Untersuchungszeitpunkt möglich
    • asthmatische Entzündung in manchen Fällen nur im Provokationstest nachweisbar

COPD

  • Auch bei COPD häufig positives Ergebnis (bei bis zu 60 % im Stadium II)2
  • Bei COPD sehr große Variabilität der Ergebnisse zwischen den Untersuchungszeitpunkten
  • Schweregradeinteilung der Obstruktion anhand des FEV1 nach Bronchodilatation

Illustrationen

Atemwege und Veränderung bei Obstruktion
Atemwege und Veränderung bei Obstruktion

Quellen

Leitlinien

  • NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF. Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma. Registernummer nvl-002. 4. Auflage, 2020. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Spirometrie. AWMF-Leitllinie Nr. 020-017. S2k, Stand 2015. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma. AWMF-Leitlinie Nr. 020-009. S2k, Stand 2017. www.awmf.org
  • Global Initiative for Asthma (GINA). 2019 GINA Report, Global Strategy for Asthma Management and Prevention, Stand 2019. www.ginasthma.com
  • Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease. GOLD 2020 Global Strategy for the Diagnosis, Management and Prevention of COPD. Stand 2020. www.goldcopd.org

Literatur

  1. NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF. Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma. Registernummer nvl-002. 4. Auflage, 2020. www.leitlinien.de
  2. Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Spirometrie. AWMF-Leitllinie Nr. 020-017 Stand 2015. www.awmf.org
  3. Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma. AWMF-Leitlinie Nr. 020-009, Stand 2017. www.awmf.org
  4. Global Initiative for Asthma (GINA). 2019 GINA Report, Global Strategy for Asthma Management and Prevention, Updated 2019. ginasthma.org

 Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
  • Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
  • Jonas Klaus, Arzt, Freiburg

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