Zusammenfassung
- Definition:Entzündung der mesenterialen Lymphknoten.
- Häufigkeit:Relativ häufige Ursache von Bauchschmerzen bei Kindern und Jugendlichen.
- Symptome:Periumbilikal und im rechten Unterbauch auftretende Bauchschmerzen, häufig mit schwankender Intensität.
- Befunde:Druckempfindlichkeit im Abdomen, aber keine Abwehrspannung oder Schmerzen bei nachlassendem Druck. Pharyngitis und zervikale Adenitis können auftreten oder vorangehen.
- Diagnostik:Durch klinischen Befund und Ultraschall.
- Therapie:In der Regel selbstlimitierendes Krankheitsbild. Analgetikagabe und Aufklärung.
Allgemeine Informationen
Definition
- Akute oder chronische Entzündung der mesenterialen Lymphknoten mit einer Symptomatik, die oft als akute Appendizitis fehlgedeutet wird.1
- Einteilung in:2
- Primäre (unspezifische) Lymphadenitis: Kein inflammatorischer Prozess als Ursache zu identifizieren.
- sekundäre Lymphadenitis: Folge einer zugrunde liegenden Erkrankung (siehe Ätiologie).
Häufigkeit
- Die mesenteriale Lymphadenitis tritt am häufigsten im Kindes- und Jugendalter auf, nach dem 20. Lebensjahr kaum noch.2
- häufige Erkrankung, bei Kindern schätzungsweise etwa so häufig wie die Appendizitis2
- In der Kindheit und Jugend Betroffene haben im Alter ein signifikant erniedrigtes Risiko, an Colitis ulcerosa zu erkranken.3
- Bis zu 20 % der Patient*innen, die appendektomiert werden, haben das Bild einer mesenterialen Lymphadenitis.4
Ätiologie und Pathogenese
- Auslösende Ursachen können sein:4
- akute Appendizitis (häufig)
- bakterielle Infektionen, z. B. mit:
- Yersinia species (besonders häufig)
- Beta-hämolysierenden Streptokokken
- Staphylococcus species
- Escherichia coli
- Giardia lamblia
- Mycobacterium tuberculosis
- HIV
- Bartonella henselae
- Virus-Infektionen, z. B.:
- Coxsackie A und B
- Masernvirus
- Eppstein-Barr-Virus
- viele weitere Viren.
- Toxoplasma gondii
- maligne Erkrankungen, v. a. Non-Hodgkin-Lymphom
- chronisch entzündliche Darmerkrankungen
- Systemerkrankungen
- Bei 25 % aller Patient*innen ist im Vorfeld eine Infektion der oberen Atemwege aufgetreten.
- Die Schmerzen sind darauf zurückzuführen, dass die Entzündung der mesenterialen Lymphknoten eine leichte peritoneale Reaktion und häufig auch eine schmerzhafte Peristaltik im terminalen Ileum auslöst.
Prädiktoren
- Infektion der oberen Atemwege
ICPC-2
- B71 Lymphadenitis, chron. / unspezif.
ICD-10
- I88 Unspezifische Lymphadenitis
- I88.0 Unspezifische mesenteriale Lymphadenitis
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Klinisches Bild z. T. schwierig von Appendizitis zu unterscheiden.1
- Klinische Untersuchung und Sonografie führen zur Diagnose.
Differenzialdiagnosen
- Der Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.2,4
- In erster Linie akute Appendizitis
- Dünndarminvagination
- Obstipation
- Akute Pyelonephritis
- Zystitis
- Ektope Schwangerschaft
- Entzündliche Darm- und Harnblasenerkrankungen
- Cholezystitis
- Akutes Abdomen anderer Genese (z. B. Porphyrien, Sichelzellkrankheit)
- Meckel-Divertikulitis
- Ovarialzyste
Anamnese
- Leitsymptom: Bauchschmerzen der Periumbilikalregion und im unteren rechten Quadranten, häufig schwankender Intensität4
- Erbrechen, Auffälligkeiten der Stuhlfrequenz und -konsistenz2
- Kopfschmerzen treten häufiger auf als bei akuter Appendizitis.4
- Infekt der oberen Atemwege in der jüngeren Vergangenheit
Klinische Untersuchung
- Druckempfindlichkeit im Abdomen, aber keine Abwehrspannung oder Schmerzen bei nachlassendem Druck
- Die Druckempfindlichkeit ist längs der Mesenterialwurzel am stärksten ausgeprägt, kann aber auch in der rechten Fossa iliaca dominieren.
- Die Wahrnehmung des schmerzempfindlichsten Bereichs ändert sich häufig.
- Intensität in der Regel geringer als bei der Appendizitis
- Pharyngitis und zervikale Adenitis können auftreten.
- Bei Yersinien als Ursache: Gelenkschmerzen und Erythema nodosum4
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
- Fieber zw. 38–38,5 °C
- Das Fieber ist höher als bei Appendizitis (37–38 °C).4
- Labor
- Leukozytenzahl und CRP können leicht bis moderat erhöht sein
- zur Diagnosebestätigung kein hilfreicher Parameter, da unspezifisch2
- Ultraschall
- wertvolle Untersuchung zur Diagnosebestätigung
- Diagnosekriterien: 3 oder mehr gruppierte mesenteriale Lymphknoten im unteren rechten Quadranten mit einem Querdurchmesser von mind. 5 mm bzw. mind. ein Lymphknoten mit einem Querdurchmesser von 8 mm oder mehr2
- Fehlen von sonografischen Appendizitis-Zeichen
- Bei malignen Erkrankungen wie dem Non-Hodgkin-Lymphom wären Lymphknotenschwellungen zusätzlich im Becken und retroperitoneal auffällig.2
- Urinuntersuchung z. A. einer Harnwegsinfektion
- Stuhluntersuchung ggf. bei begleitender Diarrhö2
Diagnostik bei Spezialist*innen
- Bei unklarer Diagnose MRT oder CT Abdomen, meist jedoch keine weitere Bildgebung erforderlich
Indikationen zur Klinikeinweisung
- Wenn eine akute Appendizitis nicht ausgeschlossen werden kann.
Therapie
Therapieziele
- Schmerzen lindern.
- Beobachtung unter Berücksichtigung anderer möglicher Ursachen
Allgemeines zur Therapie
- Die Therapie besteht im Wesentlichen aus Schmerztherapie und Aufklärung über den selbstlimitierenden Verlauf.
- Auf ausreichend Hydrierung achten.
- Analgesie mit Paracetamol oder NSAR
- z. B. Paracetamol 500 mg p. o. 1–1–1 für Kinder ab 12 Jahren und > 40 kg und Erwachsene, bei jüngeren Kindern in gewichtsadaptierter Dosis p. o. oder supp.
- z. B. Ibuprofen 400 mg p. o. 1–1–1 ab 14 Jahren, bei jüngeren Kindern in gewichtsadaptierter Dosis p. o.
- Rückgang der Beschwerden nach 1–4 Wochen, in Einzelfällen auch später2
- Bei Diagnoseunsicherheit stationäre Beobachtung
- Bei Yersinien-Enteritis und schwerem Krankheitsbild evtl. Antibiose
- Zum Ausschluss einer Appendizitis kann die Durchführung einer diagnostischen Laparoskopie indiziert sein.
Patienteninformationen
Patienteninformation in Deximed
Quellen
Literatur
- Toorenvliet B1, Vellekoop A, Bakker R,. Clinical differentiation between acute appendicitis and acute mesenteric lymphadenitis in children. Eur J Pediatr Surg. 2011 Mar;21(2):120-3. PubMed
- Helbling R, Conficconi E, Wyttenbach M, Benetti C, Simonetti GD, Bianchetti MG, Hamitaga F, Lava SA, Fossali EF, Milani GP; Acute Nonspecific Mesenteric Lymphadenitis: More Than "No Need for Surgery"; Biomed Res Int. 2017;2017:9784565. doi: 10.1155/2017/9784565; Epub 2017 Feb 2. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Frisch M, Pedersen BV, Andersson RE. Appendicitis, mesenteric lymphadenitis, and subsequent risk of ulcerative colitis: cohort studies in Sweden and Denmark. BMJ. 2009 Mar 9. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Putrus AS. Mesenteric Lymphadenitis. emedicine.medscape, Stand 10/2019. emedicine.medscape.com
Autor*innen
- Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).