Laktoseunverträglichkeit

Bei einer Laktoseunverträglichkeit kann Laktose (Milchzucker) im Dünndarm nicht wie üblich abgebaut werden. Typische Symptome sind Bauchkrämpfe, Blähbauch, Gasbildung und wässriger Durchfall.

Was ist Laktoseunverträglichkeit?

Definition

Milch enthält Laktose (Milchzucker), ein sog. Disaccharid, das aus zwei Zuckerarten besteht: Glukose und Galaktose. Damit Laktose vom Körper aufgenommen werden kann, muss es im Darm durch das Enzym Laktase in Glukose und Galaktose aufgespalten werden. Bei einer Laktoseunverträglichkeit kann Laktose im Darm nicht genügend abgebaut werden, da das Enzym Laktase in der Schleimhaut des Dünndarms nur in unzureichender Menge oder gar nicht mehr vorhanden ist. Dadurch entstehen Beschwerden nach der Zufuhr von Laktose. Andere Bezeichnungen sind Laktoseintoleranz, Laktasemangel oder Laktosemalabsorption.

Man unterscheidet zwischen primärer Laktoseunverträglichkeit, bei der die Laktaseaktivität erblich bedingt mit dem Alter abnimmt, und sekundärer Laktoseunverträglichkeit, bei der die Laktaseaktivität infolge einer anderen Krankheit vorübergehend herabgesetzt ist. Eine sekundäre Laktoseunverträglichkeit kann im Rahmen einer DarminfektionZöliakie oder einer anderen Entzündung im Darm auftreten. Der angeborene Laktasemangel ist ein extrem seltener Enzymdefekt, bei dem Neugeborene mit Durchfall auf die Aufnahme von Laktose reagieren.

Die Laktoseunverträglichkeit ist keine Krankheit im eigentlichen Sinn, sondern eine Normvariante des Stoffwechsels.

Symptome

Nicht immer treten bei Laktasemangel Symptome auf. Die Beschwerden beginnen in der Regel in der Jugend oder im frühen Erwachsenenalter. Sie treten oft 30 Minuten nach dem Verzehr von Milchprodukten oder laktosehaltigen Lebensmitteln auf und können bis zu 6–9 Stunden anhalten.

Typische Symptome sind Bauchkrämpfe, Blähungen, laute Darmgeräusche und wässriger Durchfall. Besonders bei Jugendlichen können auch Übelkeit und Erbrechen vorkommen. Weitere mögliche Symptome sind u. a. Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen.

Bei sekundärer Laktoseunverträglichkeit bestehen zusätzlich Symptome der zugrunde liegenden Erkrankung, z. B. Fieber bei einem Magen-Darm-Infekt.

Bei der Laktoseunverträglichkeit variiert die Schwelle, wie viel Milch oder Milchprodukte aufgenommen werden können, von Person zu Person. Die meisten Betroffenen vertragen ein Glas Milch pro Tag (240 ml), während andere schon bei 2–5 g Laktose (z. B. Schokoriegel) Symptome entwickeln.

Ursachen

Das Enzym Laktase befindet sich von Geburt an in der Schleimhaut des Dünndarms und spielt bei der Verdauung von Laktose eine wichtige Rolle. Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass es in verschiedenen Erbanlagen zu einer natürlichen Variation bei der Steuerung der Laktaseproduktion kommt. Eine dieser Variationen führt dazu, dass die Laktaseaktivität ein Leben lang erhalten bleibt. In Südeuropa, Afrika und Asien tritt die genetische Variation, die eine verringerte oder fehlende Laktaseaktivität im Erwachsenenalter beinhaltet, häufiger auf. Dann entwickelt sich im Alter von 3–20 Jahren eine Laktoseunverträglichkeit.

Ein Laktasemangel tritt auch bei Kindern mit einer Darminfektion sowie bei Personen mit Zöliakie und Entzündungen des Dünndarms auf. Auch Chemo- und Strahlentherapie können zu einer Laktoseunverträglichkeit führen. Die Laktoseunverträglichkeit ist in diesen Fällen häufig vorübergehend und wird als sekundäre Form bezeichnet.

Gelangt Laktose in den Dickdarm, weil sie aufgrund des Laktasemangels nicht abgebaut wurde, wird sie von Bakterien fermentiert, wobei Fettsäuren, Methan und Kohlendioxid entstehen. Dies kann zu Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall führen. Ob Symptome entstehen und wie ausgeprägt sie sind, hängt individuell von der Darmflora und der Zusammensetzung der Nahrung ab.

Häufigkeit

Rund 70 % der Weltbevölkerung haben eine Laktoseunverträglichkeit. In Asien und Afrika sind 70–100 % der Bevölkerung betroffen. In Deutschland liegt die Häufigkeit bei 15–20 %.

Untersuchungen

  • Bei der ärztlichen Untersuchung wird der Bauch abgetastet und abgehört.
  • Um andere Erkrankungen auszuschließen, sind Blut- und Stuhluntersuchungen sinnvoll.
  • Zunächst kann versucht werden, ob die Symptome nach einem zweiwöchigen Auslassversuch von laktosehaltigen Lebensmitteln zurückgehen.

Wasserstoffatemtest

  • Die Diagnose wird mit einem Wasserstoffatemtest (H2-Atemtest) bestätigt.
  • Dazu nehmen die Patient*innen 50 g Laktose ein. Anschließend blasen sie über einen Zeitraum von 2–3 Stunden alle 30 Minuten in ein Mundstück, über das gemessen wird, wie viel Wasserstoff sich in der Ausatemluft befindet. Wasserstoff wird im Dickdarm von Bakterien gebildet, die die unverdaute Laktose verstoffwechseln.
  • Die Untersuchung ist sehr zuverlässig. In einzelnen Fällen kann der Test je nach Zusammensetzung der Darmflora jedoch falsche Ergebnisse liefern.
  • Wenn nach Einnahme der Laktose typische Symptome auftreten, spricht dies für eine Laktoseunverträglichkeit.

Gentest

  • Ein erblicher Laktasemangel kann mit einem Gentest bestätigt oder ausgeschlossen werden.
  • Die Untersuchung kann jedoch nicht klären, ob und ab welcher Dosis von Milchzucker Symptome entstehen.
  • Eine sekundäre Laktoseunverträglichkeit bei Begleiterkrankungen kann mittels Gentest nicht nachgewiesen werden.

Weitere Untersuchungen

  • Im Rahmen einer Magen-Darm-Spiegelung (Endoskopie) kann eine Gewebeprobe aus dem Dünndarm entnommen werden, um die Laktaseaktivität zu messen.
  • Dies ist aber eine belastende und invasive Untersuchung und wird daher eher selten angewandt.

Behandlung

  • Ziel der Behandlung ist, Beschwerden zu vermeiden.
  • Eine Ernährungsberatung kann hilfreich sein.
  • Zunächst sollten Sie für 4–6 Wochen ganz auf Milch und Milchprodukte verzichten.
  • Danach können Sie auf eine laktosearme Ernährung übergehen. Probieren Sie aus, wie viel Milchzucker Sie vertragen.
  • Wenn es nicht möglich ist, die Aufnahme von Laktose zu vermeiden, können Sie zur Mahlzeit das Enzym Laktase einnehmen. Laktase-Tabletten sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich.
  • Manchen Personen hilft auch die Einnahme bestimmter Probiotika (z. B. Lactobacillus, Bifidobakterium longum oder Bifidobakterium animalis), die im Darm Laktase produzieren.
  • Eine evtl. zugrunde liegende Erkrankung soll behandelt werden.

Was können Sie selbst tun?

  • Informieren Sie sich über den Laktosegehalt verschiedener Milchprodukte und anderer Lebensmittel.
  • In 100 ml Milch sind etwa 5 g Laktose enthalten.
  • Achten Sie besonders auf versteckte Laktose in industriell verarbeiteten Lebensmitteln.
  • Mittlerweile gibt es eine große Auswahl an laktosefreien Milchprodukten.
  • Auch fermentierte Milchprodukte (Joghurt, Quark, Käse) haben wegen der enzymatischen Aufspaltung der Laktose durch Bakterien einen geringeren Laktosegehalt (meist 1–3 g Laktose pro 100 g).
  • Es kann helfen, den täglichen Konsum von Milchprodukten in kleinere Portionen aufzuteilen und andere Nahrungsmittel gleichzeitig zu verzehren.
  • Die in Tabletten vorkommenden geringsten Laktosemengen werden normalerweise vertragen.
  • Wenn Sie gleichzeitig an einem Reizdarmsyndrom oder einer Fruktoseunverträglichkeit leiden, sollten Sie auch die Aufnahme von vergärbaren Mehrfachzuckern (z. B. Laktose, Stärke), Einfachzuckern (wie Fruktose) und Zuckeralkoholen (z. B. Süßstoffe) verringern.

Weitere Informationen

Autorin

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

Links

Autoren

Ehemalige Autoren

Updates

Gallery

Snomed

Click to edit

Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Laktoseintoleranz. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

  1. BMJ BestPractice. Lactase deficiency. Stand Juni 2022. Letzter Zugriff am 20.07.2022. bestpractice.bmj.com
  2. Misselwitz B, Butter M, Verbeke K, Fox MR. Update on lactose malabsorption and intolerance: pathogenesis, diagnosis and clinical management. Gut. 2019 Nov;68(11):2080-2091. doi: 10.1136/gutjnl-2019-318404. Epub 2019 Aug 19. PMID: 31427404; PMCID: PMC6839734. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Raithel M, Weidenhiller M, Hagel AFK, Hetterich U, Neurath MF, Konturek PC. Kohlenhydratmalassimilation häufig vorkommender Mono- und Disaccharide - Abgestuftes diagnostisches Vorgehen und Differenzialdiagnosen. Dtsch Ärztebl Int 2013; 110: 775-82. www.aerzteblatt.de