Akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse (akute Pankreatitis)

Eine akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse verursacht sehr starke Schmerzen im oberen Bereich des Bauchs (unterhalb der Rippen). Auslöser sind meist Gallensteine oder hoher Alkoholkonsum.

Was ist eine akute Pankreatitis?

Gallenblase und Bauchspeicheldrüse
Gallenblase und Bauchspeicheldrüse

Die Pankreatitis ist eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) liegt etwas unterhalb des Magens quer im Oberbauch. Sie produziert Verdauungsenzyme, die über einen Ausführungsgang in den Zwölffingerdarm gelangen. Eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse wird durch eben diese Verdauungsenzyme ausgelöst. Wenn sie nicht abgeleitet, sondern in der Bauchspeicheldrüse freigesetzt werden, zerstören sie das Gewebe und die nähere Umgebung. Das Ausmaß der Entzündungsreaktion variiert von einer leichten Schwellung bis hin zu Blutungen sowie dem Zerfall von Gewebe. Dabei kann die gesamte Bauchspeicheldrüse oder nur ein Teil betroffen sein.

Symptome

  • Plötzlich einsetzender Oberbauchschmerz
    • Häufig strahlt der Schmerz gürtelförmig in den Rücken aus.
    • Evtl. kann der Schmerz durch Sitzen oder Vorwärtsbeugen gelindert werden.
    • Eine ärztliche Tastuntersuchung des Bauches löst Schmerzen aus.
    • Häufig beginnt der Schmerz nach einer üppigen Mahlzeit oder nach Alkoholkonsum.
  • Völlegefühl
  • Blähung
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Gelbfärbung der Haut oder der Skleren
  • Fieber
  • Erhöhter Puls, schnelle Atmung, niedriger Blutdruck
  • Unruhe
  • Livide Verfärbung um den Bauchnabel herum oder in der Flankenregion (selten)
  • Ein schwerer Krankheitsverlauf kann Wochen bis Monate andauern.

Häufigkeit

  • Die Angaben zur Häufigkeit in Deutschland variieren zwischen 13 und 43 Erkrankungen pro 100.000 Einw. jährlich.
  • Grundsätzlich scheint die Erkrankungshäufigkeit eher zuzunehmen.
  • In 80–85 % der Fälle verläuft die Erkrankung leicht bis mittelschwer; in 15–20 % verläuft sie schwer und geht mit einer erhöhten Sterblichkeit einher.

Was kann die Ursache sein?

Häufige Ursachen

  • Gallenwegserkrankungen (50–60 %)
    • Der Pankreasgang vereint sich häufig mit dem Gallengang, sodass Abflusshindernisse (z. B. Gallensteine) den Transport der Pankreasenzyme blockieren.
    • Besonders bei kleinen Gallensteinen ist das Risiko erhöht.
  • Alkoholmissbrauch (30–40 %)
    • Das Risiko steigt in Bezug zur konsumierten Menge.
  •  Auch Tabakrauchen wird zunehmend als wichtiger ursächlicher Faktor betrachtet.

Seltene Ursachen

  • Erhöhte Blutfettwerte (Hypertriglyzeridämie)
  • Nach durchgeführter ERCP (Endoskopie der Gallengänge)
  • Schwere Verletzungen oder Operationen am Bauch
  • Medikamente (z. B. Thiamazol/Carbimazol, Azathioprin, Valproinsäure, Furosemid, Hydrochlorothiazid, Opiate, Steroide u. a.)
  • Erhöhte Kalziumwerte im Blut
  • Infektionen durch Bakterien, Viren oder Parasiten
  • Autoimmunerkrankungen
  • Gutartige oder bösartige Pankreastumore
  • Mangelnde Blutversorgung der Bauchspeicheldrüse
  • Anatomische Varianten
  • Erbliche Faktoren
  • Typ-2-Diabetes
    • Die Erkrankung ist keine auslösende Ursache, aber erhöht das Risiko für das Entstehen einer Pankreatitis.
  • Manchmal lässt sich keine Ursache finden, dann spricht man von einer idiopathischen Pankreatitis.

Untersuchungen

  • Bei Verdacht auf eine Bauchspeicheldrüsenentzündung werden Sie ins Krankenhaus eingewiesen.
  • Es folgen verschiedene Blutuntersuchungen, insbesondere:
    • Pankreasenzyme: Bevorzugt wird Lipase bestimmt, mitunter auch Amylase.
    • allgemeine Entzündungswerte
    • Nieren- und Leberfunktionsparameter sowie Parameter, die auf einen Gallenstau hinweisen.
    • Triglyceride und Kalzium.
  • In der Regel wird eine Ultraschalluntersuchung des Bauches durchgeführt.
  • Sind die Befunde nicht eindeutig, wird in manchen Fällen eine CT-Untersuchung mit Kontrastmittel empfohlen. Bei Patient*innen mit Nierenerkrankungen oder Kontrastmittelallergie kann die MRT oder MRCP (Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie) eine Alternative sein.

Behandlung

  • Die Therapie umfasst in erster Linie eine reichliche Flüssigkeitszufuhr und die Behandlung von Schmerzen. Außerdem wird die Kreislauffunktion fortlaufend überprüft, die Nahrungszufuhr kontrolliert und Betroffene rund um die Uhr überwacht, um bei möglichen Komplikationen umgehend handeln zu können.
    • Eine leichte Pankreatitis heilt normalerweise von allein aus. In diesem Fall besteht die Therapie in erster Linie aus Bettruhe und intravenöser Flüssigkeit über mehrere Tage.
    • Bei schweren Verläufen kann eine Sondenernährung indiziert sein.
    • Antibiotika werden verschrieben, wenn eine Infektion vermutet wird.
  • Wenn Gallensteine die Ursache der Pankreatitis sind, kann eine ERCP (Endoskopie der Gallengänge) und die Entfernung der Gallenblase erforderlich sein.

Was können Sie selbst tun?

  • Sofern Alkohol die Entzündung mitverursacht hat, sollten Sie umgehend den Alkoholkonsum einstellen.
  • Beim Vorliegen von hohen Blutfettwerten (gemeint sind hohe Triglyzeridwerte) werden Medikamente (Fibrate) und eine Lebensstiländerung empfohlen:

Prognose

  • Eine akute Pankreatitis ist sowohl als einmaliges Ereignis als auch als wiederholte Erkrankung möglich.
  • Rückfälle treten vor allem bei Alkoholmissbrauch auf, seltener nach der Ausräumung von Gallenwegen.
  • Ein Viertel bis ein Drittel der Patient*innen entwickeln eine chronische Pankreatitis.
  • Rund 80 % der Patient*innen werden wieder gesund. In einigen Fällen jedoch sind die Organschäden so schwer, dass der Zustand lebensbedrohliche Ausmaße annimmt. 20 % der Betroffenen erleben einen schweren Verlauf, und 10–30 % dieser Patient*innen sterben an der Erkrankung. Bei einer leichten Pankreatitis liegt die Sterblichkeit bei 1 %.
  • Mögliche Komplikationen der akuten Pankreatitis:

Weitere Informationen

Autorin

  • Hannah Brand, Dr. med., Ärztin, Berlin

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Pankreatitis, akute. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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