Sexuell übertragbare Infektionen bei Männern, die Sex mit Männern haben

Allgemeine Informationen

Definition

  • Homosexuell aktive Männer können grundsätzlich an den gleichen sexuell übertragbaren Infektionen erkranken wie heterosexuell aktive Männer.
  • Die Bezeichnung „Männer, die Sex mit Männern haben“ (Men who have Sex with Men, MSM), beschreibt eine heterogene Gruppe von Männern mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen, Verhaltensweisen und Identitäten sowie unterschiedlichen Anforderungen an die ärztliche Versorgung.1
    • Einige MSM haben ein hohes Risiko für sexuell übertragbare Erkrankungen, weil sie Analsex praktizieren.
      • Die rektale Mukosa ist besonders vulnerabel gegenüber bestimmten sexuell übertragbaren bakteriellen und viralen Erregern, z. B. HIV.
    • Weitere Faktoren, die bei MSM das Risiko für eine Ansteckung mit sexuell übertragenen Krankheitserregern erhöhen können:
      • häufig wechselnde Sexualpartner in homosexuell aktiven Netzwerken
      • Drogenkonsum, z. B. erhöhte Risikobereitschaft unter Methamphetamin („Crystal Meth“).

Häufigkeit

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Bei MSM ging die Anwendung unsicherer Sexualpraktiken von den 1980er- bis Mitte der 1990er-Jahre deutlich zurück. Parallel dazu nahm die Zahl der registrierten bakteriellen sexuell übertragbaren Krankheiten und HIV-Neuinfektionen ab. Danach kam es jedoch zu einer erneuten Zunahme von Syphilis-, Gonorrhö- und Chlamydien-Neuinfektionen in praktisch allen industrialisierten Ländern. 1-4 
  • Sowohl HIV-negative als auch HIV-positive Männer verzichten seit Mitte der 1990er Jahre wieder häufiger auf die Anwendung von Kondomen bei Analverkehr.
  • Diese erhöhte Risikobereitschaft beruht in den meisten Fällen darauf, dass durch die moderne antiretrovirale Therapie die Prognose bei einer HIV-Infektion deutlich verbessert und das Ansteckungsrisiko deutlich reduziert werden kann (Näheres siehe Artikel HIV und AIDS).5
  • Näheres zur Prävalenz sexuell übertragbarer Infektionskrankheiten finden Sie in den Artikeln zu den einzelnen Erkrankungen.

Sexuell übertragbare Erkrankungen

Andere Übertragungswege

  • Über Blut und Blutprodukte
    • Viele Krankheiten wie HIV und Hepatitis B können sowohl durch infiziertes Blut und Blutprodukte als auch sexuell übertragen werden.
    • Bei Hepatitis C besteht nur ein geringes Ansteckungsrisiko durch sexuelle Kontakte. Eine Übertragung auf diesem Weg ist dann möglich, wenn es beim Verkehr zu einer Blutung kommt.
  • Fäkal-oral
    • Bei Sexualtechniken mit direktem Mund-Anus-Kontakt (Rimming, Anilingus) oder indirekt über die Hände können Erreger übertragen werden.
    • Beispiele:

Konsultationsgrund

  • Beispiele für Beratungsanlässe zu sexuell übertragbaren Krankheiten6
    • Eine Person will Symptome abklären, die im Zusammenhang mit einem möglichen Risiko stehen können.
    • Eine symptomlose Person möchte eine mögliche Risikosituation abklären.
    • Eine Person gehört einer Struktur oder einem Netzwerk mit bekannter erhöhter Prävalenz sexuell übertragbarer Infektionen an, z. B. MSM.
    • Wenn kein spezifischer Versorgungsauftrag besteht, z. B. Opfer sexualisierter Gewalt oder Aufsuchen einer Arztpraxis wegen einer anderen Erkrankung, sollen Ratsuchende auf sexuell übertragbare Krankheiten und deren Prävention angesprochen und ggf. sollte eine Diagnostik durchgeführt werden.
  • Hinter dem von Ratsuchenden gelegentlich geäußerten Wunsch nach „allgemeiner Information zu sexuell übertragbaren Krankheiten“ steht oft ein konkretes Risiko oder dessen Vermutung. Beratung sollte hier weder unnötige Ängste schüren noch am konkreten Fall vorbeigehen.
  • In allen Fällen sollten auch Ängste oder Phobien der Ratsuchenden berücksichtigt werden.

Diagnostische Überlegungen

  • Vor dem Hintergrund der Zunahme sexuell übertragbarer Krankheiten bei MSM seit Mitte der 1990er-Jahre werden regelmäßige Untersuchungstermine empfohlen. Diese schließen ein:
    • ausführliches, vertrauliches Gespräch zur zuverlässigen Einschätzung des Expositionsrisikos (siehe Abschnitte Gesprächsführung und Anamnese)
    • körperliche Untersuchung
    • Entnahme von Proben zur Abklärung unterschiedlicher Erkrankungen (siehe Abschnitt Labordiagnostik)
    • Beratung
      • vor jedem diagnostischen Schritt
      • zum weiteren Vorgehen bei positivem Ergebnis
    • ggf. Impfungen.

Gesprächsführung

  • Das Sexualverhalten von MSM ist unabhängig von deren Selbstdefinition als schwul, bisexuell oder heterosexuell mit gelegentlichen gleichgeschlechtlichen Kontakten anzusehen.6
    • Eine offen gelebte schwule oder bisexuelle Identität ist für viele Männer immer noch erst nach einer teils schwierigen Auseinandersetzung mit eigenen Erwartungen und Rollenbildern oder denen des sozialen Umfeldes („Coming-out“) möglich oder wird zum Teil gar nicht angestrebt.
    • Entscheidend für die Einschätzung des Risikos für den Erwerb einer sexuell übertragbaren Infektion ist grundsätzlich nicht die sexuelle Identität, sondern der (gleich-)geschlechtliche sexuelle Kontakt. Ausschlaggebend sind konkrete Faktoren wie:
      • ausgeübte Sexualpraktiken
      • Anzahl der Sexualpartner
      • Einsatz von Stimulanzien und anderen Substanzen mit Einfluss auf die sexuelle Funktion, das Sexualverhalten und -erleben.
  • Beratung soll den bewussten Umgang mit den individuellen sexuellen Wünschen fördern, da nur dann Risiken realistisch eingeschätzt werden können und ein persönliches Risikomanagement gestaltet werden kann.6
  • Voraussetzung für eine gelingende Beratung sind:6
    • die Kenntnis spezifischer Lebenswelten von MSM
    • ein nicht wertender Umgang mit dem individuellen Ratsuchenden und seinem spezifischen (Risiko-)Verhalten.
  • Beratung vor jedem Test
    • Sie sollten bereits im Vorfeld Überlegungen anstellen, wie im Fall eines positiven Testergebnisses vorzugehen ist.
    • Sprechen Sie mit dem Patienten darüber. Fragen Sie z. B.: „Was würde es für Sie bedeuten, wenn der HIV-Test bei Ihnen positiv ist?“

ICPC-2

  • Y25 Angst vor sexuell übertragbaren Krankheiten
  • Y29 Genitalbeschwerden Mann, andere

ICD-10

  • R36 Ausfluss aus der Harnröhre
  • R39 Sonstige Symptome, die das Harnsystem betreffen

Differenzialdiagnosen

 

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.7
  • Siehe Artikel HIV-Infektion und AIDS.
  • Ursache
    • Chronische Infektionskrankheit, die durch das humane Immundefizienz-Virus (HIV) verursacht wird.
    • HIV ist in allen Körperflüssigkeiten nachweisbar und wird durch sexuellen Kontakt, Blut, Blutprodukte, Gewebe- und Organtransplantationen sowie perinatal von der Mutter auf das Kind übertragen.
    • Die Transmissionsrate ist bei empfangendem analem Geschlechtsverkehr größer als bei insertivem Analsex.
    • HIV kann auch durch rezeptiven Oralverkehr übertragen werden, jedoch ist das Risiko dabei deutlich geringer als bei Analverkehr.
    • Näheres zum Übertragungsrisiko bei verschiedenen Sexualpraktiken und anderen Expositionsarten finden Sie in der folgenden Tabelle.
    • Siehe Tabelle Ansteckungsrisiko unbehandelter HIV-positiver Personen.
  • Häufigkeit8
    • In Deutschland lebten 2015 ca. 84.700 Menschen mit HIV oder AIDS. Die Zahl der Neuinfektionen im selben Jahr wurde auf 3.200 geschätzt.
    • Mehr als die Hälfte geht auf eine Ansteckung durch Geschlechtsverkehr zwischen Männern zurück.
  • Anamnese und Befund
  • Ergänzende Untersuchungen
    • Diagnosesicherung durch Nachweis von HIV-Antikörpern und Antigen sowie ggf. im Nukleinsäurenamplifikationstest
    • ggf. Serologie zur Subtypisierung
    • Quantifizierung von HIV-RNA und CD4-positiven T-Helferzellen für Verlaufsdiagnostik und Therapiemonitoring
    • Die Serokonversion geschieht in der Regel innerhalb von 4–6 Wochen.
      • Spezifische Antikörper werden im Durchschnitt nach 22 Tagen bei einem Infi­zier­ten nachweisbar und Virusantigen bereits nach 16–18 Tagen.
    • Ein sicherer Ausschluss erfordert jedoch deutlich längere Zeiträume als die ge­nann­ten Mittelwerte.
      • Bei Verwendung einer Zweistufendiagnostik, die im Such­test allein auf dem Nachweis von HIV-Antikörpern beruht (ELISA 3. Gene­ra­tion), ist daher noch immer ein 12-Wochen-Zeitfenster festgelegt, um eine HIV-Infektion sicher zu diagnostizieren oder auszuschließen.
      • Werden moderne Suchteste der 4. Gene­ra­tion verwendet, die neben Antikörpern auch HIV-Antigene nachweisen, ist ein sicherer Nachweis in der Regel schon nach max. 6 Wochen möglich.
      • Damit gilt auch, dass 6 Wochen nach möglicher Exposition durch ein negatives Ergebnis im HIV-Antikörper-/Antigen-Suchtest der 4. Generation eine Infektion mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden kann (keine spezifischen Antikörper oder p24-Antigen nachweisbar).
      • Näheres siehe Artikel HIV und AIDS.
    • Maßnahmen
      • antiretrovirale Therapie (ART), d. h. Kombinationsbehandlung mit mindestens 3 Medikamenten
      • Behandlungsbeginn bei Zeichen einer Immuninsuffizienz oder früher zum Niedrighalten der Viruslast, z. B. bei serodiskordanten Paaren
      • in der Regel lebenslange Behandlung

Gonorrhö (Tripper) 

  • Siehe Artikel Gonorrhö.
  • Ursache
    • Sexuell übertragbare Krankheit, die durch Neisseria gonorrhoeae verursacht wird.
  • Häufigkeit2
    • Seitdem 2001 die Meldepflicht für Gonorrhö abgeschafft wurde, gibt es für Deutschland keine zuverlässigen Daten zur Inzidenz und Prävalenz mehr. 
    • In Sachsen, wo weiterhin eine Labormeldepflicht besteht, lag die Inzidenz im Jahr 2011 bei 13,7/100.000. 
  • Anamnese und Befund
    • Asymptomatische Infektion, von der vor allem Frauen betroffen sind, aber auch Männer können sich anstecken.
    • Die Symptome setzen 2–7 Tage nach der Übertragung ein und äußern sich in Brennen beim Wasserlassen und gelbem, mukopurulentem Harnröhrenausfluss.
    • U. U. tritt Fieber auf mit Schmerzen und Schwellungen in großen Gelenken.
    • Symptome einer Proktitis bei rektaler Manifestation.
  • Ergänzende Untersuchungen
    • mikroskopischer Nachweis und Kultur aus Abstrich
    • Nukleinsäureamplifikationstest (NAAT) aus Erststrahlurin
    • Resistenzbestimmung
  • Maßnahmen9
    • Einmalgabe von 1–2 g Ceftriaxon (i. m. oder i. v.) und 1,5 g Azithromycin (p. o.)
    • Partner mitbehandeln.

Syphilis

  • Siehe Artikel Syphilis.
  • Ursache
    • Syphilis ist eine sexuell übertragbare Krankheit, die von Treponema pallidum, einer Spirochätengattung, verursacht wird.
  • Häufigkeit10
    • 2014 wurden 7,1 Fälle einer primären, sekundären oder früh latenten Syphilis pro 100.000 Einwohner gemeldet.
      • Die Zahl der gemeldeten Syphilis-Fällen war 2014 um 14 % höher als im Jahr davor und mehr als doppelt so hoch als im Jahr 2009. 11
      • Männer waren 15-mal so häufig von der Erkrankung betroffen wie Frauen.
      • Der Anstieg beruhte überwiegend auf der zunehmenden Neu- oder Reinfektionsrate bei MSM.11
    • Ein Großteil der Fälle wird im Sekundärstadium oder in der Phase der Frühlatenz aufgedeckt.
  • Anamnese und Befund
    • Im Primärstadium der Syphilis entsteht eine typische kraterförmige und schmerzlose Läsion (Schanker) an der Eintrittstelle. Bei Männern ist diese häufig am Penis oder anorektal lokalisiert.
    • Im Sekundärstadium treten Allgemeinsymptome wie Fieber, Müdigkeit, Hautausschlag und Lymphknotenschwellung in den Vordergrund.
    • Das Tertiärstadium der Syphilis ist eine Spätmanifestation, die durch Symptome an Haut und Skelett, dem Herzen, den Blutgefäßen oder dem Zentralnervensystem gekennzeichnet ist. Zentralnervöse Symptome äußern sich in Form von neurologischen und psychischen Symptomen.
  • Ergänzende Untersuchungen
    • Die Diagnose stützt sich auf serologische Untersuchungen. Im Primärstadium der Syphilis wird auch eine PCR vom Wundbett der Läsion gemacht (diese Methode hat die Diagnose mittels Dunkelfeldmikroskopie nahezu vollständig ersetzt).
  • Maßnahmen
    • Penicillin ist das Mittel der 1. Wahl. Syphilis sollte in Absprache mit einem Spezialisten behandelt werden.

Hepatitis B

  • Siehe Artikel Hepatitis B.
  • Ursache
    • Infektion der Leber, die durch das Hepatitis-B-Virus (HBV) verursacht wird. Es wird über Blut und andere Körperflüssigkeiten wie Sperma oder Speichel übertragen.
  • Häufigkeit
    • Prävalenz von akuten oder chronischen Infektionen in Deutschland 0,3 %, Inzidenz 0,9/100.000 Einwohner.
    • In Deutschland ist die Erkrankung, abgesehen von Personen, die aus Ländern mit hoher Inzidenz stammen, vorwiegend unter exponierten Bevölkerungsgruppen (intravenös Drogenabhängigen, sexuelle Exposition) verbreitet.12
    • eine der häufigsten Infektionskrankheiten weltweit
  • Anamnese und Befund
    • Inkubationszeit 1–6 Monate
    • Ca. 1/3 der Infektionen verläuft asymptomatisch.
    • Allgemeinsymptome
    • Befund
    • anschließend bei ca. 1/3 der Infektionen Entwicklung eines Ikterus
    • Bei fortgeschrittener chronischer Erkrankung Zeichen von Leberzirrhose und evtl. Leberversagen.
  • Ergänzende Untersuchungen
    • Leberfunktionswerte und Serologie
  • Maßnahmen
    • akute Erkrankung: nur supportiv
    • chronische Erkrankung: Interferon Alpha und/oder Nukleos(t)idanaloga
    • bei Leberversagen Transplantation als Therapieoption

Hepatitis A

  • Siehe Artikel Hepatitis A.
  • Ursache
    • Hepatitis-A-Virus (HAV), ein RNA-Virus aus der Familie der Picornaviren
    • fäkal-orale Übertragung
  • Häufigkeit
    • etwa 1,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner jährlich in Deutschland
    • Die Erkrankung kann epidemisch auftreten, meist jedoch kommt es zu sporadischen Erkrankungsfällen.
    • Im Jahr 2004 kam es in mehreren europäischen Großstädten zu Ausbrüchen unter MSM.
  • Anamnese und Befund
    • Die präikterische Phase dauert 5–7 Tage mit rascher Entwicklung von Prodromalsymptomen.
    • Prodromalsymptome
    • ikterische Phase
      • Dauert ca. 4–30 Tage
      • zu Beginn Dunkelfärbung des Urins
      • Nach einigen Tagen färbt sich der Stuhl sehr hell.
      • gleichzeitiges Einsetzen des Ikterus
  • Ergänzende Untersuchungen
    • Bilirubin
    • Transaminasen (GPT > GOT)
    • Cholestaseparameter (AP, Gamma-GT)
    • Lebersyntheseparameter
      • Albumin
      • Cholinesterase
      • Quick
      • Gerinnungsfaktoren
    • Wenn der Transaminase-Gipfel erreicht ist, ist die größte Ansteckungsgefahr vorüber.
    • Serologie: Neben Hepatitis A sollte auch abgeklärt werden, ob eine Infektion mit dem Hepatitis-B- und Hepatitis-C-Virus vorliegt.
  • Maßnahmen
    • Eine spezifische Therapie steht nicht zur Verfügung.
    • Aufklärung zur Infektionsprophylaxe
    • ggf. Impfung (s. u.)

Chlamydien 

  • Siehe Artikel Urogenitale Chlamydien-Infektion bei Männern.
  • Ursache
    • Urethritis bei jungen Männern ist nahezu immer auf eine sexuell übertragbare Erkrankung Gesamtinzidenz (beide Geschlechter) zurückzuführen.
    • In bis zu 50 % der Fälle ist der Erreger Chlamydia trachomatis verantwortlich.
    • Diagnose und Therapie von Urethritis bei MSM kommt hohe Bedeutung zu, da eine Urethritis sowohl das Ansteckungsrisiko als auch die Empfänglichkeit für eine HIV-Infektion erhöhen kann.
  • Häufigkeit
    • Gehört zu den am häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten weltweit.
    • In Deutschland sind Infektionen mit Chlamydien nicht meldepflichtig. Eine Ausnahme bildet das Bundesland Sachsen (Labormeldepflicht für Chlamydien und Gonorrhö), in dem zwischen 2004 und 2012 ein Anstieg der gemeldeten Chlamydien-Infektionen von 40,8 Infektionen/100.000 Einwohner im Jahr 2004 auf 101/100.000 in 2012 beobachtet wurde.13
    • Geschätzt werden bis zu 300.000 unerkannte Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland.14
    • Die Häufigkeit von Chlamydien-Infektionen bei MSM in Deutschland ist nicht bekannt.
    • International liegt die Prävalenz rektaler Chlamydien-Infektion unter asymptomatischen MSM bei 5–7 %.
      • In einer Erhebung bei MSM in US-amerikanischen Großstädten im Jahr 2007  lag die Prävalenz von Chlamydien-Infektionen bei 8,9 % (rektal) und 2,3% (pharyngeal). 15
    • Die Häufigkeit von Chlamydien-Infektionen der Urethra bei MSM ist nicht bekannt.
  • Anamnese und Befund
    • Bei 60–80 % der Betroffenen beiderlei Geschlechts verläuft die Erkrankung asymptomatisch.
    • Bei Männern äußert sich die Infektion durch Juckreiz oder leichte Dysurie; geringfügiger, meist mukoider und farbloser Ausfluss.
  • Ergänzende Untersuchungen
    • NAAT im Erstrahlurin
  • Maßnahmen
    • Eliminierung der Infektion mit Doxycyclin oder Azithromycin
    • Behandlung exponierter Sexualpartner
    • zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung kein Geschlechtsverkehr für 7 Tage nach Beginn der Therapie

Zytomegalie

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.16-17
  • Siehe Artikel Zytomegalie.
  • Ursache: Infektion mit dem Zytomegalievirus (Cytomegalo Virus, CMV)
    • Gehört zur Gruppe der Herpesviren.
    • Das Virus kann in Tränenflüssigkeit, Speichel, Urin, Genitalsekret sowie Muttermilch und Blut enthalten sein.
    • Somit kann das Virus bei Kontakt mit infektiösen Körperflüssigkeiten – z. B. durch Küssen, Sexualkontakte, Stillen – aber auch durch Blutprodukte und Organtransplantate übertragen werden.
    • Nach einer Primärinfektion persistieren die CMV latent in hämatopoetischen und anderen Zellen, z. B. Monozyten.
    • Nach einer Reaktivierung kann das Virus wieder im Körper replizieren.
    • Eine Ansteckung durch einen seropositiven Träger ist somit intermittierend lebenslang möglich.
  • Häufigkeit
    • häufigster viraler Erreger einer kongenitalen Infektion
    • Die Seroprävalenz ist vom Alter und sozioökonomischen Faktoren der untersuchten Population abhängig, z. B.:
      • Anzahl der Sexualpartner
      • Umgang mit Kleinkindern
      • Hygienebedingungen.
    • Zur Seroprävalenz in Deutschland können derzeit keine genauen Angaben gemacht werden (Stand Juni 2017).
      • Eine Untersuchung von 24.260 Blutspendern in Gießen von 1992–2002 ergab eine Seroprävalenz von 46 %. Der Anteil der Blutspender zwischen 18 und 60 Jahren, die pro Jahr serokonvertieren, lag in dieser Studie bei 0,55 %.18
  • Anamnese und Befund
    • Bei immunkompetenten Personen verläuft eine CMV-Infektion in den meisten Fällen asymptomatisch oder mit unspezifischen Symptomen, z. B. grippeartigen respiratorischen Symptomen wie Abgeschlagenheit, Fieber und Husten).
    • Bei Personen mit erworbenem Immundefizit, z. B. AIDS, bei angeborenem Immundefekt oder unter immunsuppressiver Therapie sowie bei Neugeborenen kann die Infektion Komplikationen hervorrufen und zahlreiche Organsysteme schädigen, z. B.:

  • Ergänzende Untersuchungen
    • Nachweis CMV-spezifischer Antikörper in Serum oder Plasma anhand kommerziell verfügbarer Immunoassays
    • Zur weiteren Abklärung bei unklarer Befundkonstellation: Weitere Tests, die Speziallaboren vorbehalten sind.
      • Bei immunsupprimierten Personen wird das virale Antigen pp65 und/oder das virale Genom quantitativ im Blut nachgewiesen.
      • Bei mangelndem Therapieerfolg sollte eine Resistenztestung durchgeführt werden.
  • Maßnahmen
    • Immunkompetente asymptomatische Patienten werden nicht virostatisch behandelt.
    • Zur Therapie einer aktiven CMV-Infektion bei Immungeschwächten, z. B. AIDS-Patienten, wird primär das Virostatikum Ganciclovir eingesetzt.
      • Bei Resistenz gegen Ganciclovir können andere Virostatika wie Foscavir und Cidofovir eingesetzt werden. Cidofovir kann bei Ganciclovir-Resistenz (Mutation im UL97-Gen) eingesetzt werden.
      • Als Erhaltungstherapie kommt Valganciclovir oder eines der drei o. g. Medikamente zur Anwendung.
      • Alle Medikamente gehen mit teilweise erheblichen Nebenwirkungen wie Myelo- bzw. Nephrotoxizität einher.
      • Da CMV (wie alle Herpesviren) in die Latenz übergehen, ist mit keinem Medikament eine Elimination zu erreichen, sondern nur eine Hemmung der Virusvermehrung möglich.

Anamnese

  • Wenn ein heterosexueller Mann Symptome einer sexuell übertragbaren Krankheit aufweist oder Fragen dazu stellt, darf nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Betreffende ausschließlich mit Frauen sexuell aktiv war. Beginnen Sie die Anamnese mit offenen und gegenüber der sexuellen Orientierung neutralen Fragen und geben Sie zu verstehen, dass Sie für unterschiedliche Möglichkeiten offen sind (siehe auch Abschnitt Gesprächsführung).

Wichtige Fragen

  • Haben Sie eine/n feste/n Partner/in, oder sind Sie verheiratet?
  • Hatten Sie in letzter Zeit Geschlechtsverkehr mit jemand anderem als Ihrem/r Partner/in?
    • Risikopopulation?
    • Anzahl der Personen
    • Welche Sexualpraktiken?
    • Kondomgebrauch?
  • Wo hat sich die betreffende Person aufgehalten (z. B. Fernreisen in Endemiegebiete)?
    • Welche sexuell übertragbaren Krankheiten sind aktuell dort endemisch?
  • Wann?
    • Einige sexuell übertragbaren Krankheiten manifestieren sich erst bis zu 6 Monate nach der Ansteckung und weisen das typische Bild einer systemischen Infektionskrankheit auf.
    • Das Sekundärstadium von Syphilis kann einige Monate nach der Ansteckung einsetzen und sich mit einem systemischen Krankheitsbild, Hautausschlag, Alopezie, Lymphadenopathie, Hepatitis und Nephropathie manifestieren.
    • Eine HIV-Infektion macht sich gelegentlich zum Zeitpunkt der Serokonversion mit Adenopathie und Fieber bemerkbar.
  • Ausfluss?
  • Dysurie?
  • Ulzera im Genitalbereich?
  • Schmerzen bei der Stuhlentleerung oder beim Geschlechtsverkehr?
  • Hautveränderungen?

Klinische Untersuchung

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.6
  • Inspektion von Haut und Schleimhäuten im Genital- und Analbereich:
    • Ausfluss?
    • Warzen?
    • Exanthem?
    • Ulzera?
    • Bläschen?
  • Palpation von Leiste, Penis und Skrotum
  • Rektale Untersuchung
  • Inspektion der Haut am Stamm
  • Inspektion von Mund und Rachen
  • Bei Transsexuellen erfolgt die Untersuchung je nach anatomischen Bedingungen (wie bei MSM oder bei einer Frau), d. h. bei Neovagina auch Inspektion mit Spekulum – in der Regel beim Gynäkologen.
  • Im Rahmen der klinischen Untersuchung werden Proben entnommen (s. Abschnitt Labordiagnostik).

Ergänzende Untersuchungen

Labordiagnostik

  • Bei MSM sind je nach Sexualpraktiken unterschiedliche Probenentnahmen für Laboranalysen erforderlich.

Leitlinien: Diagnostik1,6

  • MSM mit wechselnden Partnern ohne Symptome einer STI sollen die folgenden STI-Untersuchungen einschließlich Beratung mindestens alle 3 bis 6 Monate angeboten werden:
  • HIV6
    • Suchtest der 3. oder 4. Generation oder Schnelltest
    • frühestens 6 Wochen nach möglicher Exposition 
    • Im Fall einer Post-oder Prä-Expositionsprophylaxe vergrößert sich das diagnostische Fenster.
    • Ein reaktiver Suchtest erfordert eine Bestätigung im Immunoblot oder mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik (NAAT).
    • Bei Verdacht auf eine akute Infektion können NAATs eingesetzt werden, mit denen die Infektion früher nachweisbar ist. (NAAT-)Antigentest (frühestens nach 2 Wochen). 
  • Syphilis
    • Inspektion und Serologie6
      • bei klinischem Verdacht Verlaufskontrolle nach 2 Wochen
    • bei Patienten mit positivem Test – Differenzierung zwischen: 1
      • unbehandelt
      • teilbehandelt
      • verzögertes oder inkomplettes serologisches Ansprechen auf eine adäquate Vorbehandlung.
  • N. gonorrhoeae and C. trachomatis1,6
    • NAAT: Abstrich von Rektum* und Oropharynx*, auch Erststrahlurin (ca. 10 ml)6
      • NAAT-positive Rektal-und Pharyngealabstriche auf N. gonorrhoeae sollten mit einem zweiten Test bestätigt werden.
      • Bei nachgewiesener N. gonorrhoeae-Infektion sollte vor dem Beginn einer antibiotischen Therapie die kulturelle Anzucht der Erreger zwecks Antibiotika Suszeptibilitätstestung abgestrebt werden.
    • bei HIV-Infektion und insbesondere bei anorektaler Infektion Differenzierung in C. trachomatis-Serovare D-K (non-LGV); L1-L3 (LGV)6
    • Test auf urethrale Infektionen** mit N. gonorrhoeae and C. trachomatis1
      • Bei MSM, die in den letzten 12 Monaten insertiven Verkehr hatten.1
      • bevorzugtes Verfahren: Nachweis im Erststrahlurin mittels NAAT1
    • Test auf rektale Infektionen** mit N. gonorrhoeae and C. trachomatis1
      • Bei MSM, die in den letzten 12 Monaten empfangenden Analverkehr hatten.1
      • bevorzugtes Verfahren: Nachweis im rektalen Abstrich mittels NAAT1
    • Test auf pharyngeale Infektion** mit N. gonorrhoeae1
      • Bei MSM, die in den letzten 12 Monaten empfangenden Oralverkehr hatten.1
      • bevorzugtes Verfahren: Nachweis im pharyngealen Abstrich mittels NAAT1
  • Mykoplasmen6
    • M. genitalium, M. hominis, Ureaplasma urealyticum
    • NAAT aus Erststrahlurin (ca. 10 ml)
    • Rektalabstrich
  • Hepatitis-Screening
    • Hepatitis A und B: Impfstatus klären, ggf. Serologie.6
      • ggf. impfen
    • im Rahmen der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen bei allen aktuellen und ehemaligen Drogen-Konsumenten (i. v.) Hepatitis B- und C-Tests1
    • Bei allen MSM mindestens einmal HBsAg im Serum, um eine chronische Hepatitis B-Infektion auszuschließen.1
    • Hepatitis-C-Screening
      • Allen MSM im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen HCV-Serologie anbieten, ggf. NAAT.6
      • bei allen Patienten mit neu diagnostizierter HIV-Infektion6 im Rahmen der Erstuntersuchung empfohlen (erhöhtes HCV-Infektionsrisiko bei HIV-Positiven)1
      • bei allen HIV-positiven Patienten mindestens 1 x jährlich im Rahmen der Vorsorge1
      • häufigere Tests in besonderen klinischen Situationen, z. B. hohe lokale HCV-Prävalenz und Inzidenz, sexuelles Risikoverhalten, begleitende sexuell übertragbare ulzerative Erkrankung oder Proktitis1
  • HPV und Zytologie der Analschleimhaut1
    • Bislang zu wenige Daten aus Studien, um ein routinemäßiges Screening auf Analkarzinome mittels Zytologie zu empfehlen.1
    • Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen soll, falls noch nicht erfolgt, die HPV-Impfung durchgeführt oder vervollständigt werden.6
  • Herpes genitalis (HSV)6
    • NAAT bei unklarem klinischen Befund
    • NAAT-Screening wird nicht empfohlen (Inspektion genital und perianal genügt).

* Kommerzielle NAATs sind für extragenitale Proben nicht zugelassen, können aber nach entsprechender Validierung dafür eingesetzt werden.6 

** unabhängig vom Kondomgebrauch während der Exposition

Meldepflicht

  • Nach § 7 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist der Nachweis folgender sexuell übertragbarer Erreger meldepflichtig (anonyme Meldung innerhalb von 14 Tagen an das Robert-Koch-Institut).
    • HIV
    • Treponema pallidum
  • Zudem ist nach § 6 IfSG der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an akuter Virushepatitis meldepflichtig (namentliche Meldung innerhalb von 24 Stunden an das zuständige Gesundheitsamt).

Maßnahmen und Empfehlungen

Indikationen zur Überweisung

  • Ein HIV-positiver Patient ist an ein spezialisiertes Zentrum zu überweisen, wo er von Ärzten, Psychologen und anderem Fachpersonal professionell versorgt wird.
  • Bei Syphilis und Gonorrhö sowie in allen anderen Fällen, in denen im Zusammenhang mit Abklärung und Therapie eingehende fachliche Kompetenz gefragt ist, sollte an einen Spezialisten überwiesen werden.
  • Je nach Fragestellung können folgende Weiterbildungskompetenzen von Belang sein:
    • Urologie
    • Haut- und Geschlechtskrankheiten
    • Andrologie
    • Infektiologie
    • Proktologie.

Impfungen

  • Impfungen gehören zu den wirksamsten Maßnahmen in der Prävention von Infektionskrankheiten. Eine Beratung über sexuell übertragbare Krankheiten sollte deswegen auch Empfehlungen zur Impfprophylaxe einschließen und je nach Setting das Angebot einer Überprüfung des Impfstatus.6

Leitlinien: Beratung, Diagnostik und Therapie6,19-20

 Beratung, Diagnostik und Therapie: Hepatitis A6

  • Indikationsimpfung für Personen mit einem Sexualverhalten mit
    hoher Infektionsgefährdung (speziell bei oral-analen Praktiken).
  • Bei Migranten, Personen mit längerem Aufenthalt in Endemiegebieten und vor 1950 Geborenen sind sehr oft schützende Antikörper gegen Hepatitis A vorhanden, sodass sich eine Impfung erübrigt.
    • Daher wird für diesen Personenkreis eine prävakzinale Bestimmung des Anti-HAV-IgG empfohlen und ggf. eine Neuimpfung durchgeführt.
  • Impfschema
    • monovalenter Impfstoff: 2 Impfungen im Abstand von 6–12 Monaten
    • bivalenter Hepatitis A/B-Impfstoff: 2 Impfungen im Abstand von 1 Monat, 3. Impfung nach 6 Monaten
    • Eine Auffrischung ist in der Regel nicht notwendig.

Beratung, Diagnostik und Therapie: Hepatitis B6

  • Standardimpfung für Kinder und Nachholimpfung für Jugendliche
  • Indikationsimpfung für erwachsene Personen mit erhöhtem Expositionsrisiko
    • Dazu zählen unter anderem Risiken wie:
      • wechselnde Sexualpartner
      • Sexualkontakte zu HBs-Ag-Trägern
      • ggf. Risiken bei Reisen außerhalb Europas.
    • Weitere Indikationsgruppen:
      • Personen, bei denen ein schwerer Verlauf einer Hepatitis-B-Erkrankung zu erwarten ist (z. B. HIV-Positive, Hepatitis-C-Positive, Dialysepatienten).
      • i.v. Drogenkonsumenten
      • Gefängnisinsassen
    • Die Übernahme der Kosten durch die Versicherungsträger ist bei diesen Indikationen allerdings nicht immer gesichert.
  • Serologie?
    • Eine routinemäßige serologische Testung zum Ausschluss einer vorbestehenden HBV-Infektion vor Impfung gegen Hepatitis B ist nicht notwendig.
    • Eine Impfung von bereits HBV-infizierten Personen kann gefahrlos durchgeführt werden, ist allerdings wirkungslos.
    • Eine serologische Testung kann in bestimmten Situationen sinnvoll sein (z. B. aus Kostengründen, zur Vermeidung unnötiger Impfungen, bei hohem anamnestischen Expositionsrisiko wie z. B. bei HBsAg-positiven Sexualpartnern).
  • Impfschema
    • monovalenter Impfstoff: 2 Impfungen im Abstand von 4 Wochen, 3. Impfung nach 6 Monaten
    • bivalenter Hepatitis A/B-Impfstoff: 2 Impfungen im Abstand von 4 Wochen, 3. Impfung nach 6 Monaten
  • Gemäß der Empfehlung der STIKO sollte bei Personen mit einem Sexualverhalten mit hoher Infektionsgefährdung eine Kontrolle des Impferfolges (HBs-AK) 4–8 Wochen nach Abschluss der Grundimmunisierung durchgeführt werden.
  • Weitere Impfdosen sind abhängig von dem nach der ersten Impfung erreichten Antikörperwert.
    • HBs-Ak > 100 IE/l: ausreichender Impfschutz
    • HBs-Ak > 10-100 IE/l: inkomplettes Ansprechen (Low-Responder)
    • HBs-Ak <100 IE/l: bis zu 3 weitere Impfdosen jeweils mit erneuter Titerkontrolle
  • Nach erfolgreicher Impfung sind im Allgemeinen keine weiteren Auffrischimpfungen erforderlich.
    • Ausnahmen:
      • humorale Immundefizienz: jährliche HBs-Ak-Kontrollen
      • Personen mit besonders hohem individuellen Expositionsrisiko: Kontrollen alle 10 Jahre
    •  Auffrischimpfung bei HBs-Ak <100 IE/l

Beratung, Diagnostik und Therapie: Humanes Papilloma-Virus (HPV)6,19

  • Standardimpfung für alle Mädchen und Jungen ab 9 bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, möglichst vor dem ersten Sexualkontakt (bi- oder neunvalent, 2 Dosen im Abstand von 5 Monaten).19
  • Im Juni 2018 hat die STIKO beschlossen, die Impfung gegen HPV auch für alle Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren zu empfehlen.20
    • Die Empfehlung gilt mit der Veröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin 34/2018.19
    • Laut Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses ist diese Impfung auch bei Jungen Kassenleistung.
  • Die Dauer der Immunität und dementsprechend die Notwendigkeit einer Auffrischimpfung ist derzeit noch nicht geklärt.
  • Spätestens bis zum Alter von 17 Jahren sollen versäumte Impfungen nachgeholt werden (3. Impfdosis erforderlich).19
  • Die vollständige Impfserie soll bis zum ersten Sexualkontakt abgeschlossen sein und eine begonnene Impfserie mit dem gleichen Impfstoff fortgesetzt werden.19
  • Frauen und Männer, die älter als 17 Jahre sind, können ebenfalls von einer HPV-Impfung profitieren, jedoch bei reduzierter Wirksamkeit. Hier ist eine individuelle Prüfung der Impfindikation und eine entsprechende Information der Patienten angezeigt.19

Safer Sex

  • Jeder soziale Umgang mit anderen sowie normaler körperlicher Kontakt, einschließlich Küssen und Streicheln, ist sicher.
  • Bei Oralsex ohne Verwendung eines Kondoms besteht ein geringes Übertragungsrisiko. Das Risiko betrifft weniger die Übertragung von HIV als die von Gonorrhö oder Syphilis und steigt, wenn Sperma in den Mund gelangt.
  • Analverkehr mit Kondom gilt als Safer Sex, sofern er richtig durchgeführt wird:
    • Das Kondom während des gesamten Aktes tragen.
    • Wasserlösliches Gleitmittel in ausreichender Menge verwenden.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche STI-Gesellschaft (DSTIG). Sexuell übertragbare Infektionen (STI) – Beratung, Diagnostik und Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 059-006, Klasse S2k Stand 2018. www.awmf.de
  • Centers for Disease Control and Prevention. 2015 Sexually Transmitted Diseases Treatment Guidelines. www.cdc.gov
  • Deutsche AIDS-Gesellschaft. HIV-Infektion, antiretrovirale Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 055-001, Klasse S2k, Stand 2014 (abgelaufen). www.awmf.de
  • Deutsche STI-Gesellschaft e. V. (DSTIG) – Ges. z. Förderung der Sexuellen Gesundheit. Diagnostik und Therapie der Gonorrhoe. AWMF-Leitlinie Nr. 059-004, Klasse S2k, Stand 2018. www.awmf.org

Literatur

  1. Centers for Disease Control and Prevention. 2015 Sexually Transmitted Diseases Treatment Guidelines. www.cdc.gov
  2. Robert Koch Institut: Gonorrhö (Tripper), RKI-Ratgeber für Ärzte, Stand 2013 www.rki.de
  3. Robert Koch Institut. Chlamydia trachomatis – Laborsentinel. Epidemiologisches Bulletin 46/2013; Berlin, 18.11.2013 www.rki.de
  4. Robert Koch Institut. Syphilis in Deutschland im Jahr 2017 Anstieg von Syphilis-Infektionen bei Männern, die Sex mit Männern haben, setzt sich weiter fort. Epidemiologisches Bulletin 46/2018; Berlin, 15.11.2018 deximed.de
  5. Deutsche AIDS-Gesellschaft. HIV-Infektion, antiretrovirale Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 055-001, Klasse S2k, Stand 2014 (abgelaufen) www.awmf.org
  6. Deutsche STI-Gesellschaft (DSTIG). Sexuell übertragbare Infektionen (STI) – Beratung, Diagnostik und Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 059-006, Klasse S2k Stand 2018. www.awmf.org
  7. Robert Koch Institut. Ratgeber für Ärzte, HIV-Infektion/AIDS. Berlin, 2015. (Zugriff 01.12.2015) www.rki.de
  8. Robert Koch-Institut. Epidemiologisches Bulletin 45/2016; Berlin, 14.11.2016. www.rki.de
  9. Deutsche STI-Gesellschaft e. V. (DSTIG) – Ges. z. Förderung der Sexuellen Gesundheit. Diagnostik und Therapie der Gonorrhoe. AWMF-Leitlinie Nr. 059-004, Klasse S2k, Stand 2018. www.awmf.org
  10. Robert Koch Institut Berlin. Infektionsepidemiologisches Jahrbuch für 2014 (Zugriff 27.11.2015) www.rki.de
  11. Robert-Koch-Institut. Weiterer starker Anstieg der Syphilis bei MSM in Deutschland im Jahr 2014. Epidemiologisches Bulletin 2015; 49: 515-528. www.rki.de
  12. Robert Koch Institut. Virushepatitis B und D. Epidemiologisches Bulletin 29/2015; Berlin, 20.07.2015 www.rki.de
  13. Abteilung für Infektionsepidemiologie Robert Koch-Institut. Begleitevaluation zum Chlamydien Screening in Deutschland - Endbericht Chlamydia trachomatis. Stand September 2013
  14. Gille G, Hampl M. HPV und Chlamydien in der Mädchen-Sprechstunde. Frauenarzt 2015; 56: 36-42. PubMed
  15. CDC. Clinic-based testing for rectal and pharyngeal Neisseria gonorrhoeae and Chlamydia trachomatis infections by community-based organizations--five cities, United States, 2007. MMWR Morb Mortal Wkly Rep 2009;58:716–19. www.cdc.gov
  16. Robert-Koch-Institut. RKI-Ratgeber für Ärzte, Zytomegalievirus-Infektion. Stand 20.01.2014; letzter Zugriff 21.06.2017. www.rki.de
  17. Enders G, Bäder U, Bartelt U, Daiminger A: Zytomegalievirus- (CMV) Durchseuchung und Häufigkeit von CMV-Primärinfektionen bei schwangeren Frauen in Deutschland. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 2003;46:426–432. DOI: 10.1007/s00103-003-0602-9 DOI
  18. Hecker M, Qiu D, Marquardt K et al. Continuous cytomegalovirus seroconversion in a large group of healthy blood donors. Vox Sang 2004; 86:41-4. PMID: 14984558 PubMed
  19. Ständige Impfkommission: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut. Epid. Bull 2018;34: 335-82. DOI 10.17886/EpiBull-2018-042.3 www.rki.de
  20. Robert Koch-Institut: Vorabinformation: STIKO empfiehlt HPV-Impfung für Jungen. Stand 07.06.2018. www.rki.de

Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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