Postmenopausale Blutung

Allgemeine Informationen

Definition

  • Vaginale Blutung, die frühstens ein Jahr nach der Menopause auftritt.1

Häufigkeit

  • 4 bis 11 % aller postmenopausalen Frauen sind von einer vaginalen Blutung betroffen.
  • 5 % aller ambulanten gynäkologischen Arztbesuche sind auf eine Postmenopausenblutung zurückzuführen.2

Diagnostische Überlegungen

  • Gibt es keine anderen ursächlichen Befunde, sollte bis zum Beweis des Gegenteils von einem gynäkologischen Malignom ausgegangen werden.
  • Ergebnis einer repräsentativen Studie:3
    • 50 % verursacht durch Atrophie
    • 9 % Endometriumpolypen
    • 10 % verschiedene Arten der Hyperplasie
    • 8 % Karzinome; andere Autoren geben allein 10 % verursacht durch das Endometriumkarzinom an.4

Mögliche Fehldiagnosen

  • Malignome
  • Blutung aus Anus oder Urethra

ICPC-2

  • X12 Postmenopausale Blutung

ICD-10

  • N93.9 Abnorme Uterus- oder Vaginalblutung, nicht näher bezeichnet
  • N95.0 Postmenopausenblutung

Differenzialdiagnosen

Endometriumkarzinom

  • Bei postmenopausalen Frauen kommt es zu Blutungen und Ausfluss, Schmerzen treten erst in einem späten Stadium auf.
  • Eventuell ist der Uterus vergrößert, der unregelmäßig, hart und mit dem umgebenden Gewebe adhärent sein kann.
  • Diagnose über Zytologie, Ultraschall oder Abrasio

Zervixkarzinom

  • Anfangs sind die Symptome spärlich und atypisch: Kontaktblutungen und Blutungen bei Anstrengungen, unregelmäßige Blutungen, reichlicher Ausfluss.
  • Im frühen Stadium sind meist keine sichtbaren oder tastbaren Befunde möglich.
  • Die Diagnose lässt sich in der Regel durch eine Zervixzytologie, Portiobiopsie oder zervikale Abrasio bestätigen.

Östrogentherapie

  • Kann postmenopausale Blutungen verursachen.
  • Muss bei Persistenz nach den ersten drei bis vier Monaten nach Therapiebeginn näher untersucht werden.

Zervixpolypen

  • Polypen entstehen durch eine lokalisierte Hyperplasie im Zervixkanal.
  • Sie können intermittierende Blutungen, insbesondere postkoital, verursachen.
  • Sie können bei einer gynäkologischen Untersuchung nachgewiesen werden.

Atrophie der Schleimhäute

  • Die Schleimhaut wird dünner und trockener, die Querfalten der vorderen Scheidenwand glätten sich.
  • Es kann zu Symptomen wie erhöhtem Ausfluss (eventuell mit Blut), Dyspareunie, Schmerzen bei der Blasenentleerung, Brennen in der Scheide, häufigen Harnwegsinfekten oder vaginalen Infektionen kommen.
  • Mit der Zeit können sich Stressinkontinenz und ein Prolaps entwickeln.

Uterusmyome

  • Sie zählen zu den häufigsten Tumoren im kleinen Becken. Sie können durch Palpation bei einem Viertel aller Frauen über 35 Jahren ertastet werden. Das Vorkommen steigt mit dem Alter.
  • Meist treten keine Symptome auf, und die Tumoren werden zufällig entdeckt. Die häufigsten Symptome sind Menorrhagie, Drangsymptome, Probleme bei der Blasenentleerung, gestörter Stuhlgang.
  • Bei der Palpation werden ein oder mehrere eindeutig abgegrenzte Tumoren auf dem Uterus oder ein vergrößerter, unregelmäßig geformter Uterus ertastet.
  • Die Diagnose erfolgt aufgrund einer klinischen Untersuchung und kann durch eine Ultraschalluntersuchung bestätigt werden.

Ovarialkarzinom

  • Das Ovarialkarzinom tritt am häufigsten bei Frauen zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf.
  • Es gibt nur wenige und unspezifische Symptome; bei drei Viertel der betroffenen Frauen hat das Karzinom zum Diagnosezeitpunkt über das kleine Becken hinaus gestreut.
  • Es kommt zu diffusen Bauchschmerzen, Blähbauch, erhöhtem Bauchumfang, eventuell einem reduzierten Allgemeinzustand und Gewichtsverlust aufgrund von Metastasen, Kompressionssymptomen der Harnwege und verändertem Stuhlgang sowie einem Druckgefühl.
  • Im fortgeschrittenen Stadium wird eine harte, unregelmäßige, feste Resistenz im Bereich der Adnexe, im weiteren Verlauf auch im Bereich des Omentum majus ertastet.
  • Die Erkrankung wird aufgrund von klinischen Befunden, suspekten Befunden der Ultraschalluntersuchungen und erhöhtem CA-125 vermutet und durch einen chirurgischen Eingriff und eine histologische Untersuchung bestätigt.

Weitere Differenzialdiagnosen:

  • Leiomyosarkom
  • Granulosazelltumor
  • Endometriumpolyp
  • Endometriumhypertrophie
  • Verletzungen von Vulva und Vagina
  • Vulvakarzinom
  • Vaginalkarzinom
  • Lichen sklerosus et atrophicus
  • Medikamenteneinnahme
  • Gerinnungsstörung.

Anamnese

Besonders zu beachten

Wann traten die Blutungen auf?

  • Spontane Blutung ohne auslösenden Faktor?
  • Trauma oder Riss?

Wie häufig treten die Blutungen auf?

  • Einmaliger Vorfall?
  • Wiederkehrende Blutungen?

Wie lange und wie viel?

  • Schmierblutungen?
  • Starke Blutungen?

Wird Östrogen verwendet?

  • Systemische oder lokale Anwendung?

Weitere Symptome?

  • Schmerzen, Gewichtsabnahme, Müdigkeit

Klinische Untersuchungen

Allgemeines

  • Allgemeinzustand der Patientin
  • Lebermetastasen?
  • Vergrößerte inguinale oder supraklavikuläre Lymphknoten?

Ergänzende Untersuchungen

In der Hausarztpraxis

Beim Spezialisten

  • Gynäkologische Untersuchung
    • Untersuchung von Vulva, Vagina und Zervix: Atrophie, Wunden, Tumoren?
    • Zervixzytologie: Pap-Abstrich
    • Blutung ex uteri?
    • gründliche Palpation der Organe im kleinen Becken
  • Vaginalsonografie5
    • Einfache Endometriumdicke > 5 mm bei der postmenopausalen Patientinnen mit uteriner Blutung ist suspekt.
    • Alleinige Messung der Endometriumdicke ist diagnostisch nicht verwertbar bei postmenopausalen Patientinnen mit einer Hormontherapie.
  • Ggf. Sonohysterografie mit Infusion von Kochsalzlösung6
  • Ggf. Endometriumbiopsie (Pipelle-Biopsie): Mit der Pipelle kann ein Endometriumkarzinom mit einer Sensitivität von 99,6 % bei postmenopausalen Patientinnen diagnostiziert werden (bei prä-/perimenopausalen Frauen in 91 %).4
  • Hysteroskopie und fraktionierte Abrasio
    • Laut Empfehlung der (mittlerweile abgelaufenen) AWMF-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Endometriumkarzinoms“ soll jede Blutung in der Postmenopause unabhängig von der sonografischen Endometriumdicke histologisch abgeklärt werden. Bei einem klinisch eindeutigen Karzinom kann auf die Hysteroskopie verzichtet werden.5
    • Kritiker empfehlen ein modifiziertes Vorgehen, da – wenn diese Empfehlung befolgt wird – auch die ca. 80–90 % Frauen mit einer Postmenopausenblutung benigner Genese (z. B. Vaginalatrophie) unnötigerweise der Hysteroskopie und Abrasio unterzogen werden. Vorgeschlagen wird die Formulierung in Anlehnung an das vom American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) empfohlene Vorgehen mit einem negativen Vorhersagewert von 99,4–100 % und somit einer ausreichend hohen Sicherheit:
    • „Jede erstmalige Blutung in der Postmenopause sollte bei einer vaginalsonografisch gemessenen Endometriumdicke > 4 mm histologisch abgeklärt werden. Wiederholte Blutungen in der Postmenopause sollten unabhängig vom sonografischen Befund histologisch abgeklärt werden.“ Hierdurch kann einem Großteil der betroffenen Patientinnen ein operativer Eingriff erspart werden.4

Maßnahmen und Empfehlungen

Indikationen zur Überweisung

  • Jede postmenopausale Blutung sollte von einem Gynäkologen abgeklärt werden, damit kein Malignom übersehen wird!

Checkliste zur Überweisung

Postmenopausale Blutung

  • Zweck der Überweisung
    • Bestätigung der Diagnose? Therapie? Sonstiges?
  • Anamnese
    • Wann ist die Menopause eingetreten? Beginn und Dauer der postmenopausalen Blutung? Progression?
    • Häufigkeit der Blutungen? Wie lange und wie viel? Auslösende Faktoren? Weitere Symptome: Schmerzen, Gewichtsabnahme, Müdigkeit? Wird Östrogen verwendet?
    • Andere relevante Krankheiten? Derzeitige Medikamente?
    • Konsequenzen?
  • Klinische Untersuchung
    • Allgemeinzustand der Patientin? Lymphknoten? Abdomen: geschwollen, Aszites?
  • Ergänzende Untersuchungen
    • Hb, BSG, Ferritin, Leberuntersuchung
    • Eventuell Ultraschall?

Therapie

  • Siehe hierfür jeweils die entsprechenden Arztinformationen.
  • Die atrophe Kolpitis wird mittels lokaler Östrogenisierung behandelt.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Abrasio
Abrasio

Quellen

Literatur

  1. Elnahhas I, Mitwally M. Assessment of vaginal bleeding. BMJ Best Practice, last updated Dec 05, 2014.
  2. Goodman A, Postmenopausal uterine bleeding. UptoDate. Juni 2015. www.uptodate.com
  3. Gredmark T, Kvint S, Havel G, Mattsson LÅ. Histopathological findings in women with postmenopausal bleeding. Br J Obstet Gynaecol 1995; 102:133-6. PubMed
  4. Kolben M et al. Diagnostik und Therapie des Endometriumkarzinoms. Frauenarzt 2014; 55: 249-250. suche.frauenarzt.de
  5. Deutsche Krebsgesellschaft e.V. (DKG) und Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). Diagnostik und Therapie des Endometriumkarzinoms. AWMF-Leitlinie Nr. 032/034. Stand 2008. www.awmf.org
  6. Goldstein S, Saline infusion sonohysterography. Uptodate. Letzter Aufruf 5.11.2015 www.uptodate.com

Autoren

  • Erika Baum, Prof. Dr. med., Professorin für Allgemeinmedizin, Universität Marburg (Review)
  • Julia Trifyllis, Dr. med., Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Münster/W.
  • Bo von Schoultz, professor emeritus och överläkare, Kvinnokliniken, Karolinska universitetssjukhuset
  • Per Bergsjø, professor emeritus, doktor i medicin, Universitetet i Bergen. Specialist i kvinnosjukdomar och förlossningshjälp, forskare vid Nasjonalt folkehelseinstitutt, Oslo

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