Zusammenfassung
- Definition:Potenziell tödliche Infektionskrankheit, die durch Flaviviren verursacht und über Mückenstiche übertragen wird.
- Häufigkeit:Weltweit 140.000–200.000 Erkrankungen jährlich mit rund 30.000–78.000 Todesfällen in Afrika und Südamerika zwischen 15 Grad nördlicher Breite und 15 Grad südlicher Breite.
- Symptome:Grippeähnliche Symptome für 3–4 Tage, dann spontane Besserung. Ca. 15 % der Patient*innen erleiden nach einem Tag einen Rückfall mit Nieren- und Leberfunktionsstörungen, Ikterus und spontanen Blutungen.
- Befunde:In der ersten Phase grippeähnliche Beschwerden mit Fieber. In Phase 2 treten zusätzlich Ikterus und schwere Krankheitszeichen auf.
- Diagnostik:In der 2. Phase deutlich erhöhte Leberwerte.
- Therapie:Es gibt keine kausale Therapie. Eine Impfung gegen Gelbfieber hat eine Schutzwirkung von annähernd 100 %.
Allgemeine Informationen
Definition
- Gelbfieber ist eine virale, hämorrhagische Infektion mit hoher Sterblichkeitsrate, die durch ein Virus der Gattung Flavivirus verursacht wird; die Übertragung erfolgt durch Mücken.
- Urbanes Gelbfieber
- Die Übertragung von Mensch zu Mensch in urbanen Gebieten (insbesondere in Afrika) erfolgt durch die Mücke Aedes aegypti.
- Dschungelgelbfieber (sylvatisches Gelbfieber)
- Die Übertragung der Infektion von infizierten Affen auf den Menschen erfolgt durch Aedes/Haemagogus oder andere Waldmücken in Waldgebieten (häufiger in Südamerika).
- Zwischenform
- Verschiedene Stechmückenarten, die sowohl Affen als auch Menschen infizieren. Tritt häufig in lokalen Epidemien auf und ist oftmals ein Vorläufer von Ausbrüchen des urbanen Gelbfiebers.
Häufigkeit
- Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.1-2
- Inzidenz
- weltweit 140.000–200.000 Erkrankungen jährlich mit rund 30.000–78.000 Todesfällen
- Mehr als 90 % aller Erkrankungen werden in Subsahara-Afrika verzeichnet.
- Alter
- In endemischen Gebieten entwickelt sich mit dem Alter eine natürliche Immunität. Kinder sind daher besonders anfällig für Infektionen.
- Lokalisierung
- Gelbfieber kommt in den tropischen Regionen von Afrika und Süd- und Mittelamerika zwischen 15 Grad nördlicher und südlicher Breite vor.
- 2016: Epidemie in Angola und der Demokratische Republik Kongo (umfassende Impfung der Bevölkerung)
- 2017: Epidemie in Brasilien mit über 1.000 berichteten Fällen (Januar bis April 17)
- In Asien tritt die Erkrankung nicht auf.
- Gelbfieber kommt in den tropischen Regionen von Afrika und Süd- und Mittelamerika zwischen 15 Grad nördlicher und südlicher Breite vor.
- Trends
- Epidemien, die im Abstand von einigen Jahren auftreten, können sich in warmen Jahreszeiten weit in die gemäßigten Zonen verbreiten.
- Die Anzahl der Gelbfieber-Erkrankungen ist seit den 1980er-Jahren gestiegen, jedoch wurden kaum Fälle bei geimpften Menschen registriert.
Ätiologie und Pathogenese
- Gelbfieber wird durch ein Gruppe-B-Arbovirus verursacht, das zur Gattung Flavivirus gehört.
- Gelbfieber zählt zu den Zoonosen; die Übertragung des Virus auf den Menschen erfolgt durch Affen oder Mücken. Infizierte Menschen haben große Mengen des Virus im Blut und können somit Vektormücken infizieren.
- Ansteckung
- Gelbfieber kann auf zwei Arten übertragen werden:
- von Mensch zu Mensch durch die Mücke Aedes aegypti („urbanes Gelbfieber“)
- von infizierten Affen auf den Menschen durch Mücken wie Haemagogus („Buschgelbfieber“).
- Die Übertragung kann in bis zu 2.500 m Höhe erfolgen; als Reservoir der Erreger dienen Affen und die Mücken selbst, da das Virus von einer Generation Mücken auf die nächste Generation übertragen wird.
- Aedes stechen typischerweise in der Dämmerung, sodass es zu diesen Zeiten ratsam ist, Mückenschutz zu verwenden.
- Gelbfieber kann auf zwei Arten übertragen werden:
- Pathophysiologie
- Die Krankheit affiziert das Lymphgewebe, die Leber, Nieren und Herz.
- Eine Gelbfieber-Erkrankung kann zu einer schweren Lebernekrose führen.
Andere Flaviviren
- Dengue-Fieber, japanische Enzephalitis, durch Zecken übertragene Enzephalitis, St. Louis-Enzephalitis, Murray-Valley-Enzephalitis, West-Nil-Fieber sowie ca. 25 andere, seltener humanpathogene Viren
Prädisponierende Faktoren
- Fehlende Impfungen
- Aufenthalt in endemischen Gebieten
- Insektenstiche
ICPC-2
- A77 Virale Erkrankung NNB, andere
ICD-10
- Nach ICD-10-GM Version 20213
- A95 Gelbfieber
- A95.0 Buschgelbfieber (Dschungelgelbfieber, Silvatisches Gelbfieber)
- A95.1 Urbanes Gelbfieber
- A95.9 Gelbfieber, nicht näher bezeichnet
- A95 Gelbfieber
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Diese Referenz1 bezieht sich auf den gesamten Abschnitt.
- Die Diagnose wird durch den Nachweis des Virus im Blut oder den Nachweis von Antikörpern bestätigt.
- Die Diagnose wird häufig erst bei der Autopsie gestellt, wobei die mittzonale Leberzellnekrose charakteristisch ist (eine Leberbiopsie ist aufgrund des Blutungsrisikos kontraindiziert).
Differenzialdiagnosen
- Hepatitis A, Hepatitis C
- Malaria
- Leptospirose
- Dengue-Fieber
- Andere hämorrhagische Fiebererkrankungen
- Ikterus anderer Ursache
Anamnese
- Die Inkubationszeit beträgt 3–6 Tage; während dieser Phase können Menschen aufgrund der Virämie auf den Vektor übertragen.
- Die Erkrankung kann (besonders bei Kindern) leicht und vorübergehend verlaufen, es kann jedoch auch zu schweren Verläufen mit einer schnellen Entwicklung kommen.
- Die Krankheit ist durch 3 Phasen gekennzeichnet:
- Infektionsphase
- Remissionsphase
- Intoxikationsphase.
- Infektionsphase
- Die Krankheit beginnt mit schnell einsetzendem Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen und Übelkeit mit Erbrechen.
- Remissionsphase
- Bei den meisten Patient*innen kommt es nach 3–4 Tagen zu einer kurzen Remissionsphase mit sinkendem Fieber und abnehmenden Symptomen.
- Intoxikationsphase
- Ca. 15 % der Patient*innen entwickeln, in der Regel innerhalb von 24 Stunden, erneut schwere Symptome mit Leberschäden und zunehmendem Ikterus, Nierenversagen, Blutungsneigung und Schock.
- Die Sterblichkeit beträgt bei dieser Gruppe mit schwerem Verlauf ca. 50 %.4
Risiko für Reisende1
- Für Reisende besteht in allen Ländern ein Risiko, in denen die Krankheit auftritt.
- Die Impfung wird daher bei Reisen nach Afrika und Südamerika empfohlen, wenn die Reisen in Länder führen, die sich zwischen 15 Grad Nord und 15 Grad Süd befinden.
- Gelbfieber ist bei Reisenden immer noch sehr selten; in Europa wurden zwischen 2000 und 2004 nur 2 Fälle bei ungeimpften Personen gemeldet. In Deutschland trat 1999 eine Gelbfieber-Erkrankung auf, die tödlich verlief und einen nicht gegen Gelbfieber geimpften Mann betraf, der die Republik Elfenbeinküste bereist hatte.1
Klinische Untersuchung
Leichte Form
- Fieber und moderate, allgemeine Symptome
Schwere Form
- Invasionsphase
- Fieber, Gesichtserythem und Konjunktivitis
- Hautblutungen und Blutungen an Schleimhäuten
- Ikterus
- Intoxikationsphase
- Rückkehr des Fiebers nach Remissionsphase
- Bradykardie
- Hypotonie
- Ikterus und Blutungen aus dem Darm und der Harnwege sowie subkutane Blutungen
Ergänzende Untersuchungen
Blut1
- Die Diagnose erfolgt mithilfe der Serologie, PCR, Virusisolierung, Histopathologie und Immunhistochemie.
- Die Serologie sollte auf dem ELISA-Verfahren oder IFA (Immunfluoreszenzassay) zum Nachweis von IgM beruhen.
- Der Nachweis von IgM-Antikörpern in einer einzelnen Probe ermöglicht eine wahrscheinliche Diagnose.
- Die Diagnose kann durch Nachweis eines 4-fachen Titeranstiegs von spezifischem IgG gesichert werden.
- Der Nachweis neutralisierender Antikörper hat die höchste Spezifität, der Neutralisationstest ist aber aufwendiger und dauert länger als IFA und ELISA.
- Hohe Leberenzymwerte (GGT, AP, GOT, GPT), Hyperbilirubinämie
- Leukopenie und Thrombozytopenie – meist erst im späteren Verlauf
Urin1
- Proteinurie ist üblich, gelegentlich mit Werten um 5,6 g/l.
- Bilirubinurie
Indikationen zur Klinikeinweisung
- Patient*innen mit Verdacht auf Gelbfieber sollten zur Isolierung und Behandlung in eine infektiologische Klinikabteilung eingewiesen werden.
Therapie
- Diese Referenz1 bezieht sich auf den gesamten Abschnitt.
Therapieziele
- Die Behandlung hat die Linderung der Symptome und die Therapie von evtl. Komplikationen zum Ziel.
Allgemeines zur Therapie
- Es gibt keine spezifische antivirale Therapie.
- Die Aufrechterhaltung eines guten Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts ist unerlässlich.
Prävention
Schutzimpfung1-2
- Ist eine sichere Präventionsmaßnahme.
- Der Impfstoff enthält abgeschwächte Lebendviren, die in 99 % der Fälle lebenslang immunisieren.
- Eine Einzeldosis führt bei mehr als 96 % der geimpften Personen innerhalb von 10 Tagen zu wirksamen Antikörpern.
- Ernsthafte Komplikationen aufgrund der Impfung sind sehr selten, treten jedoch gelegentlich bei Personen über 60 Jahren auf, die ggf. eine schwere/tödliche Multiorganinfektion entwickeln.
Schutzimpfung bei Reisen2
- Bei Reisen in endemische Gebiete sind die Impfung und ein gültiger Impfpass erforderlich.
- Der internationale Impfpass ist ab dem 10. Tag nach der Impfung gültig.
- In einigen afrikanischen und asiatischen Ländern, in denen Gelbfieber nicht endemisch ist, wird nach einem Zwischenstopp in Gelbfieber-Gebieten ebenfalls ein gültiger Impfpass verlangt.
- Impfärzt*innen benötigen eine gültige Impferlaubnis für Gelbfieber.
- Da der Gelbfieber-Impfstoff sehr empfindlich ist, darf die Gelbfieber-Impfung in Deutschland, Österreich, der Schweiz und anderen Ländern nur an speziell zertifizierten Gelbfieber-Impfstellen durchgeführt werden. Die Impfstelle ist für die exakte Lagerung und Applikation der Impfung verantwortlich, die wichtige Voraussetzungen für ihre Wirksamkeit sind.
- Impfstoff: Stamaril®
- Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab einem Alter von 9 Monaten: eine Dosis von 0,5 ml, vorzugsweise s. c. (auch für i. m. Injektion zugelassen)
- Der Gelbfieber-Impfstoff ist ein Lebendimpfstoff und darf Kindern unter 9 Monaten, schwangeren oder stillenden Frauen und Menschen mit stark geschwächtem Immunsystem nicht verabreicht werden.
- Bei Kindern im Alter von 6–8 Monaten sollte die Reise in ein Gelbfieber-Endemiegebiet möglichst vermieden und die Impfung mindestens bis zum Erreichen des 10. Lebensmonats aufgeschoben werden.
- Der Impfstoff ist bei allergischen Reaktionen gegen Eier ebenfalls kontraindiziert.
- Es wurden einige Fälle von tödlich verlaufenden Erkrankungen nach der Impfung gemeldet; diese sind jedoch selten und haben keinen Einfluss auf die geltenden Impfempfehlungen.
Auffrischimpfung5
- Einmalige Auffrischimpfung vor erneuter oder bei fortgesetzter Exposition, sofern 10 oder mehr Jahre nach der Erstimpfung vergangen sind.
- Schwangere
- Bei erster Impfung in einer Schwangerschaft sollen Frauen vor erneuter oder bei fortgesetzter Exposition unabhängig vom Abstand zur Erstimpfung eine weitere Impfdosis erhalten.
- Personen mit Immundefizienz
- Bei Immundefizienz zum Zeitpunkt der ersten Impfdosis soll eine weitere Dosis vor erneuter Exposition verabreicht werden, unabhängig vom Abstand zur Erstimpfung.
- individuelle Entscheidung über die Verabreichung weiterer Impfdosen
- Kinder
- Bei Erstimpfung vor dem 2. Geburtstag soll vor erneuter oder bei fortgesetzter Exposition eine zweite Impfdosis verabreicht werden, sofern 5 oder mehr Jahre nach der Erstimpfung vergangen sind.
- Sind in der Kindheit 2 Impfdosen verabreicht worden, ist im Erwachsenenalter keine weitere Impfung erforderlich.
- Ist in der Kindheit nur 1 Impfdosis verabreicht worden, ist vor erneuter Exposition im Erwachsenenalter 1 weitere Impfdosis empfohlen.
Weitere Maßnahmen
- Die Ausbreitung der Krankheit kann auch durch die Kontrolle/Reduzierung der Mückenpopulation und die Vorbeugung von Mückenstichen verringert werden.
- Siehe auch TrainAMed Impfen (Uni Freiburg).
Verlauf, Komplikationen und Prognose
- Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.1-2
Verlauf
- Die Inkubationszeit beträgt bei Menschen zwischen 3 und 6 Tagen.
- Invasionsphase
- Plötzlicher Beginn mit starken Kopfschmerzen, schmerzenden Beinen und Tachykardie, die 2–5 Tage anhalten.
- Remissionsphase
- Kurze Remissionsphase, die einige Stunden bis einige Tagen anhält.
- Intoxikationsphase
- Rekonvaleszenzphase
- Hält lange an und umfasst 1–2 Wochen der Asthenie (Schwäche).
Komplikationen
- Blutungen und DIC
- Störungen des Flüssigkeits- oder Elektrolythaushalts
Prognose
- Ca. 15 % der klinisch diagnostizierten Fälle verlaufen schwer; von diesen enden ca. 20–60 % tödlich.
- Die Gesamtletalität des Gelbfiebers liegt bei 10–20 %.
- Bei einer schwerwiegenden Infektion tritt der Tod üblicherweise zwischen dem 6. und dem 10. Tag ein.
- Bei Patient*innen über 65 Jahren und Menschen mit geschwächtem Immunsystem kommt es häufiger zu Komplikationen.
- Nach überstandener Krankheit sind Betroffene lebenslang immunisiert.
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Video
- TrainAMed Impfen (Universität Freiburg)
Quellen
Literatur
- Robert Koch-Institut, Infektionskrankheiten von A-Z, RKI Ratgeber, Gelbfieber, Stand 13.04.2018. www.rki.de
- Kling K, Bogdan C, Ledig T, et al. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) zu Reiseimpfungen. Epid Bull 2021; 14: 1–182. www.rki.de
- Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). ICD-10-GM Version 2021. Stand 18.09.2020 (letzter Zugriff 23.06.2021). www.dimdi.de
- WHO News release 2013. Yellow fever vaccination booster not needed. www.who.int
- Kling K, Bogdan C, Domingo C, Harder T, Ledig T, Meerpohl J, Mertens T, Röbl-Mathieu M, Wichmann O, Wiedermann U, Zepp F, Burchard G. STIKO-Empfehlung zur Gelbfieber-Auffrischimpfung vor Reisen in Endemiegebiete und für exponiertes Laborpersonal Epid Bull 2022;32:3-35. www.rki.de
Autor*innen
- Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
- Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).