Was ist Asplenie?
Definition
Asplenie bedeutet, dass die Milz entfernt wurde oder nicht funktionsfähig ist. Das Organ kann anlagebedingte fehlen, nicht richtig funktionieren oder chirurgisch entfernt worden sein, z. B. nach einer Verletzung.
Eine Hyposplenie bedeutet, dass die Milzfunktion eingeschränkt ist.
Die Milz (altgriechisch Splen) ist ein Organ, das im linken Oberbauch liegt. Sie trägt zur Bildung, Speicherung und Filtration des Blutes bei und spielt auch im Immunsystem eine wichtige Rolle. Die Milz baut anomale und überalterte Blutzellen ab, bekämpft Mikroorganismen und ist an der körpereigenen Produktion von Antikörpern beteiligt.
Risiko durch Infektionen
Durch eine gestörte Milzfunktion kann es zu Infektionen kommen, da die Milz die eigentlichen Aufgaben bei der Immunabwehr nicht (mehr) erfüllen kann. Es besteht ein lebenslanges Risiko für eine Blutvergiftung, die sog. Postsplenektomie-Sepsis, vor allem durch die Bakterienstämme Streptococcus pneumoniae oder Hämophilus influenzae.
Auch Bissverletzungen durch Hunde und Katzen stellen bei Asplenie ein besonderes Risiko dar.
Symptome
- Patient*innen mit Asplenie können symptomlos sein. Bei manchen Betroffenen treten Abgeschlagenheit, Erschöpfung und Fieber auf.
- Evtl. gibt es weitere Anzeichen, wenn eine andere Erkrankung Ursache der Asplenie ist.
Ursachen
Angeboren (selten)
- Kann isoliert fehlen oder im Rahmen eines Syndroms nicht angelegt sein.
Erworben
- Operative Entfernung der Milz nach einer Verletzung durch einen Unfall oder als Komplikation bei einer Operation
- Tumore des Bauchraums mit Befall der Milz
- Erkrankungen des blutbildenden Systems können eine Entfernung notwendig machen, z. B. bei Sphärozytose (Kugelzellanämie), hämolytische Anämie, Sichelzellkrankheit oder Thalassämie.
- Lymphome (Hodgkin-Lymphom/Non-Hodgkin-Lymphom)
- Autoimmunerkrankungen, z. B. rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes, Sarkoidose
- Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts und der Leber, z. B. Zöliakie, Morbus Whipple, alkoholische Lebererkrankung, primär biliäre Cholangitis
Häufigkeit
- Splenektomie (operative Entfernung der Milz)
- 2005 wurden in den USA 22.000 Splenektomien durchgeführt, die meisten davon infolge einer Verletzung.
- Einer anderen Studie zufolge waren 42 % auf ein Trauma, 15 % auf maligne hämatologische Erkrankungen und 15 % auf Zytopenien (Verminderung von Blutzellen) zurückzuführen.
Untersuchung
Während eine fehlende Milz mit bildgebenden Verfahren einfach dargestellt werden kann, ist die Einschätzung der Milzfunktion bei funktioneller Hyposplenie oder Asplenie schwieriger.
Hinweise auf eine eingeschränkte Milzfunktion können auffällige Blutausstriche oder mikroskopische Untersuchungen bestimmter Proteinstrukturen roter Blutkörperchen sein.
Behandlung und Vorsichtsmaßnahmen
Das Behandlungsziel ist vor allem, Komplikationen durch angemessene präventive Maßnahmen und die rechtzeitige Behandlung von Infektionen zu verhindern.
Bei Personen mit Asplenie (entfernte Milz) und Hyposplenie (reduzierte Funktion der Milz) besteht ein erhöhtes Risiko schwerer Infektionen mit Bakterien. Selbst kleinere Infektionen können bei ihnen einen schweren Verlauf nehmen und zu einer Blutvergiftung (Sepsis) führen.
Impfungen
Alle Personen ohne funktionierende Milz sollten gegen Pneumokokken, Hämophilus influenzae Typ B und Meningokokken geimpft werden. Auch eine jährliche Grippeimpfung sollte erfolgen, ebenso alle weiteren von der STIKO empfohlenen Impfungen.
Antibiotika und Notfalltherapie
Bei unklaren Infektionskrankheiten wird empfohlen, frühzeitig eine Behandlung mit Antibiotika zu beginnen, vor allem auch bei einer Asplenie bei Kindern. Mögliche frühe Symptome einer Infektion sind Fieber, Schüttelfrost, Halsschmerzen, Husten, Ohrenschmerzen, eine verstopfte Nase und verstopfte Nebenhöhlen, Kopfschmerzen, ein allgemeines Krankheitsgefühl, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Ausschlag.
Patient*innen mit einer fehlenden oder nicht richtig arbeitenden Milz sollten Antibiotika zur Verfügung haben, die sie anwenden können, wenn sie Infektionszeichen entwickeln, da ein zu später Beginn einer Antibiotikatherapie sehr gefährlich sein kann (Stand-By-Antibiotika-Notfalltherapie). Betroffene sollen über den Einsatz der Stand-By-Antibiotika-Notfalltherapie geschult werden und einen Notfallausweis erhalten. Zusätzlich ist aber eine umgehende ärztliche Betreuung erforderlich.
Auf Reisen
Personen ohne Milz oder mit einer nicht richtig arbeitenden Milz sollten die empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen bei Auslandsreisen besonders sorgfältig beachten. Neben eventuellen Impfungen gehört dazu auch, Faktoren zu berücksichtigen, die Einfluss auf das Infektionsrisiko haben, z. B. lokale Krankheitsausbrüche am Zielort, die Wohnverhältnisse sowie die hygienischen und sanitären Bedingungen vor Ort. Je nachdem, ob Sie eine Großstadt oder ein kleines Dorf bereisen, im Luxushotel oder in einer einfachen Pension untergebracht sind oder engen Kontakt zur lokalen Bevölkerung haben, ist das Infektionsrisiko unterschiedlich hoch.
Erhöhtes Risiko für Blutgerinnsel
Wenn die Milz entfernt wurde, besteht auch ein erhöhtes Risiko für Blutgerinnsel. Ein erhöhtes Risiko von Blutgerinnseln besteht besonders bei Personen mit Bluterkrankungen. Häufig entsteht ein solches Blutgerinnsel im Unterschenkel (tiefe Venenthrombose). Mögliche Symptome sind Schwellung, Schmerzen, Überwärmung und eine Rötung des Unterschenkels. Bei solchen Symptomen sollten Sie schnellstmöglich ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, damit frühzeitig eine Behandlung mit Blutverdünnern begonnen werden kann. Es kann aber auch zu Thrombosen an anderen Körperstellen kommen, z. B. in der Pfortader der Leber. Deswegen ist es möglich, dass Ihre Ärztin/Ihr Arzt regelmäßige Kontrolluntersuchungen oder blutverdünnende Medikamente empfiehlt, falls bei Ihnen ein erhöhtes Risiko besteht.
Prognose
Die Prognose ist ungünstig, wenn nicht auf einen angemessenen Impfschutz geachtet wird. Bei nicht geimpften Patient*innen besteht ein hohes Risiko für schwere bakterielle Infektionen, Sepsis, septischen Schock und Tod. Die Sterblichkeit bei einer Postsplenektomie-Sepsis liegt bei bis zu 50 %. Bei frühzeitiger Diagnose und raschem Einsatz von Antibiotika kann sie deutlich gesenkt werden.
Bei asplenischen Patient*innen und Menschen mit erworbener Immunschwäche und Asplenie sind Antibiotikaprophylaxe und Impfungen (s. o.) empfohlen.
Weitere Informationen
- Blutvergiftung (Sepsis)
- Tiefe Venenthrombose
- Antibiotika
- Asplenie – Informationen für ärztliches Personal
- Ständige Impfkommission STIKO: Impfempfehlungen
Autorinnen
- Susanna Allahwerde, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Berlin
- Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
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Literatur
Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Asplenie. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.
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