Zusammenfassung
- Definition:Virusinfektion mit Fieber, oralen Ulzera und Hautausschlag an den Händen und Füßen.
- Häufigkeit:Tritt vor allem bei Kindern unter 10 Jahren auf, meistens im Sommer und im Herbst.
- Symptome:Initial reduzierter Allgemeinzustand, später Halsschmerzen und Entwicklung kleiner schmerzhafte Vesikel auf den Handrücken, evtl. auch an den Handinnenflächen.
- Befunde: Fieber, orale Ulzera, typische Hautläsionen an Händen und Füßen.
- Diagnostik:Klinische Diagnose, evtl. Erregerspezifizierung mittels PCR.
- Therapie:Symptomatische Therapie.
Allgemeine Informationen
Definition
- Hochinfektiöse Virusinfektion mit Fieber sowie oralen Ulzera und Hautausschlag an den Händen und Fußsohlen1
Häufigkeit
- Die Erkrankung kommt weltweit, vor allem bei Kindern unter 10 Jahren, vor. 2
- Sie ist hoch ansteckend und kann zu kleineren Epidemien führen.
- Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich alle Kinder in einem Umfeld infizieren.
- Die Erkrankung tritt meistens im Sommer und im Herbst auf.2
- In Malaysia und in Taiwan hat das Enterovirus 71 (EV71) 1997 und 1998 große Epidemien mit teilweise letalen neurologischen Komplikationen ausgelöst.3
Ätiologie und Pathogenese
- Meist durch Coxsackie-Virus A16 ausgelöst, aber auch andere Coxsackie-Virentypen (A5, A6, A7, A9, A10, B2 und B5) können die Erkrankung verursachen.4
- Der Enterovirus 71 (EV71) ist ebenfalls als Auslöser möglich.
Infektionswege
- Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.2
- Erregerübertragung erfolgt von Mensch zu Mensch durch direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten (z. B. Speichel, Nasen- und Rachensekreten, Stuhl) oder durch Kontakt mit viruskontaminierten Oberflächen.
- Fäkal-oraler Übertragung über die Hände kommt die Hauptbedeutung zu.
- Eine aerogene Übertragung ist ebenfalls möglich.
- Inkubationszeit 3–10 Tage6
Ansteckungsgefahr
- Infizierte Personen sind hochkontagiös.2
- Auch mehrere Wochen nach dem Abklingen der Symptome können noch ansteckungsfähige Viren im Stuhl ausgeschieden werden.2
- Die Infektion hinterlässt eine typenspezifische Immunität, d. h. Reinfektionen durch andere Coxsackie-Virustypen sind möglich.
ICPC-2
- A76 Virales Exanthem NNB, andere
ICD-10
- B08.4 Vesikuläre Stomatitis mit Exanthem durch Enteroviren
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Klinische Diagnose
- Mittel der Wahl für den Erregernachweis ist die Virusamplifikation durch PCR aus Stuhlproben, Bläscheninhalt oder Rachenabstrichen.2
Differenzialdiagnosen
Anamnese
- Das RKI beschreibt den klassische Verlauf folgendermaßen:6
- Die Krankheit beginnt mit Fieber, geringem Appetit und Halsschmerzen.
- 1–2 Tage nach Fieberbeginn entwickeln sich in der Regel schmerzhafte Enantheme in der Mundschleimhaut. Sie erscheinen als kleine, rote Flecken, die Bläschen und oftmals Ulzera bilden. Betroffen sind vor allem Zunge, Zahnfleisch und die Mundschleimhaut.
- Ein nicht-juckender Hautausschlag bildet sich innerhalb von 1–2 Tagen. Dieser zeigt sich durch ebene oder erhöhte rote Flecken, manchmal mit Blasenbildung. Meist sind die Handflächen und Fußsohlen betroffen.
- Das Exanthem kann jedoch auch am Gesäß, im Genitalbereich, an den Knien oder den Ellenbogen auftreten bzw. sich als stark juckender Ausschlag präsentieren.
- Die Krankheit verläuft normalerweise mild, und fast alle Patient*innen erholen sich innerhalb von 5–7 Tagen ohne ärztliche Behandlung.
Klinische Untersuchung
- Typischer Ausschlag an Händen und evtl. Füßen sowie orale Ulzera
- Die Läsionen im Mund verteilen sich auf Wangenschleimhaut und Zunge, können sich aber auch bis zum Gaumen und zu den Mandeln ausbreiten.
- Der Ausschlag ist oft schmerzhaft, es bildet sich ein roter Ring, der sich schließlich zu Vesikeln entwickelt.
- Die Vesikel können schnell platzen und kleine Wunden bilden.
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
- In der Regel nicht notwendig
- Leukozytose und Hyperglykämie korrelieren mit schwerem Verlauf und helfen daher als Parameter zur Einschätzung der Krankheitsschwere.7
- Bei diagnostischer Unsicherheit kann eine PCR aus Stuhlproben, Bläscheninhalt oder Rachenabstrichen erfolgen.5
Meldepflicht
- In Deutschland besteht keine krankheits- oder erregerspezifische Meldepflicht gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG).6
Therapie
Allgemeines zur Therapie
- Die Therapie beschränkt sich auf eine symptomatische Behandlung.2
Empfehlungen für Patient*innen
- Beachtung der Hygienemaßnahmen (siehe Abschnitt Prävention)
- Kühle Getränke können die Beschwerden im Mund lindern.
Medikamentöse Therapie
- Bei Bedarf evtl. Paracetamol/Ibuprofen zur Analgesie und Fiebersenkung
- Mundspülung mit Chlorhexidin kann Superinfektionen vermeiden.
Prävention
- Ein Impfstoff gegen EV71 ist in China mit sehr guten Ergebnissen getestet worden.8
- Der Impfstoff ist aufgrund der unterschiedlichen Virenlage in Deutschland nicht zugelassen (Stand Juli 2020).
- Das Infektionsrisiko kann durch Händehygiene im Sinne von regelmäßigem Händewaschen, v. a. nach Windelwechsel und Toilettengang, reduziert werden. Ein enger Kontakt mit Erkrankten sollte vermieden werden (z. B. Küssen, Umarmen oder Teilen von Besteck).2
Gemeinschaftseinrichtungen
- Empfehlung des RKI6
- Aus infektionspräventiver Sicht sollten Kinder mit akuten Symptomen möglichst Gemeinschaftseinrichtungen nicht besuchen, weil von ihnen das höchste Übertragungsrisiko ausgeht.
- Nach klinischer Genesung und nach Abheilung (Eintrocknung) der Bläschen ist eine Wiederzulassung in Gemeinschaftseinrichtungen in der Regel ohne schriftliches ärztliches Attest möglich.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- In der Regel selbstlimitierend mit Genesung innerhalb 1 Woche1
- Der Großteil der Infektionen verläuft asymptomatisch oder mild.2
- In sehr seltenen Fällen schwere Krankheitsverläufe mit neurologischen Komplikationen2
- aseptische Meningitis, Enzephalomyelitis oder akute Paralyse mit Atemlähmung
Prognose
- Gut
- Komplikationen können vor allem bei einer Infektion mit EV71 auftreten.
Komplikationen
- Vor allem neurologische Komplikationen sind bei Befall des ZNS gefürchtet, u. a.:2
- Meningitis
- Enzephalomyelitis
- Paralyse mit Atemlähmung.
Verlaufskontrolle
- Es sind in der Regel keine Kontrollen notwendig.
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?
- Es handelt sich um eine in der Mehrzahl der Fälle harmlose Viruserkrankung.
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Literatur
- Repass GL, Palmer WC , Stancampiano FF. Hand, Foot, and Mouth Disease: Identifying and Managing an Acute Viral Syndrome . Cleve Clin J Med 2014; 81(9): 537-43. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Schöffel N, Klingelhöfer D, Braun M et al. Hand-Fuß-Mund-Krankheit (HFMK). Zbl Arbeitsmed 2018; 68: 91-93. link.springer.com
- Pourianfar HR, Grollo L. ) Development ofantiviral agents toward enterovirus 71 infection. J Microbiol Immunol Infect 2015; 48(1): 1-18. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Nervi SJ. Hand-foot-and-mouth disease. Medscape, last updated Aug 24, 2018. emedicine.medscape.com
- Wang SM, Liu CC. Enterovirus 71: epidemiology, pathogenesis and management. Expert Rev Anti Infect Ther. 2009 Aug. 7(6):735-42. www.ncbi.nlm.nih.gov
- RKI. Hand-Fuß-Mund-Krankheit (HFMK). Stand 2017. Letzter Zugriff 03.07.2020. www.rki.de
- Li Y, Zhu R, Qian Y. The Characteristics of Blood Glucose and WBC Counts in Peripheral Blood of Cases of Hand Foot and Mouth Disease in China: A Systematic Review. PLoS ONE 2012; 7(1): e29003. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Zhu F-C, Meng F-Y, Li J-X, et al. Efficacy, safety, and immunology of an inactivated alum-adjuvant enterovirus 71 vaccine in children in China: a multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2013. doi:10.1016/S0140-6736(13)61049-1 DOI
Autor*innen
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
Frühere Autor*innen
- Ingard Løge, spesialist i allmennmedisin, redaktør NEL
- Kurt Østhuus Krogh, spesialist i barnesykdommer, Barne- og ungdomsklinikken, St. Olavs Hospital, Trondheim