Spondylolyse und Spondylolisthesis

Zusammenfassung

  • Definition:Spondylolyse ist ein Wirbelbogendefekt in der Pars interarticularis. Spondylolisthesis beschreibt den Vorgang des Wirbelgleitens nach vorne im Verhältnis zum kaudalen Wirbel.
  • Häufigkeit:Spondylolyse kommt häufig vor, während eine hochgradige Spondylolisthesis selten ist.
  • Symptome:Tieflumbale Schmerzen und Steifheit, z. T. mit (pseudo-)radikulärer Ausstrahlung. 
  • Befunde:Bei der klinischen Untersuchung kann im Bereich der LWS Palpationsempfindlichkeit auftreten und bei ausgeprägter Spondylolisthesis ein Schanzenphänomen (Stufenbildung der Dornfortsätze). Schmerzprovokation durch lumbale Hyperextension.
  • Diagnostik:Als radiologische Basisdiagnostik Röntgen der Lendenwirbelsäule im Stand in 2 Ebenen, zur Planung operativer Behandlungen MRT.
  • Therapie:Sofern keine neurologischen Defizite vorliegen, zunächst konservative Therapie. Bei Beschwerdepersistenz oder Paresen OP.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Spondylolyse
    • Wirbelbogendefekt ohne Gleiten eines Wirbels, > 80 % auf Höhe L5–S11
    • ein- oder doppelseitiger Defekt der Pars interarticularis in einem oder mehreren Lendenwirbeln2
    • Klassifikation nach Wiltse und Rothman:3
      • Typ 1: angeboren
      • Typ 2: isthmisch (Defekt in der Pars interartikularis, genetische Prädisposition)
      • Bei den meisten Patienten entwickelt sich die Spondylolyse in der Kindheit und Jugend.1
      • Typ 3: degenerativ
      • Typ 4: traumatisch 
      • Typ 5: pathologisch (Knochenerkrankung)
      • Typ 6: postoperativ.
  • Spondylolisthesis
    • Gleiten eines Wirbels nach vorne (ventral) relativ zum kaudal liegenden Wirbelkörper, üblicherweise in der Höhe von L5–S1 (> 80 %)4-5
    • zweihäufigste Lokalisation L4–L5
    • Deutlich über die Hälfte der Erkrankungen sind asymptomatisch.1-2

Häufigkeit

  • Spondylolyse häufig, hochgradige Spondylolisthesis selten1
  • Prävalenz Spondylolyse: bis zu 11,5 % der Bevökerung6
  • Progredienz zur symptomatischen, operationspflichtigen Spondylolisthesis bei bilateraler Spondylolyse: etwa 5–15 %7-8
  • Alter
    • oft bei Jugendlichen
    • Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Diagnose etwa 15 Jahre4
  • Geschlecht
    • Isthmische Spondylolisthesis sind häufiger bei Jungen, aber der Unterschied zwischen Geschlechtern ist nicht groß.2,9
    • Mädchen progredieren oft schneller zur Spondylolisthesis als Jungen.10
    • Bei degenerativer Spondylisthesis sind Frauen häufiger betroffen.11
  • Sportler
    • Symptomatische Spondylolyse ist höher bei Sportlern (8–40 %).12
    • Risikoerhöhende Sportarten sind Wurfsportarten, Ballsportarten wie Handball und Fußball, Turnen, Rudern, Schwimmen, Tauchen, Ringen, Gewichtheben, Volleyball, Tennis und Ballett.13
  • Asymptomatisch
    • Deutlich über die Hälfte der Betroffenen sind asymptomatisch.9
    • Dies gilt auch für Sportler.

Ätiologie und Pathogenese

Spondylolyse

  • Vermutete Pathogenese
    • Mechanische repetitive Überlastung und weniger hochwertiges Knochengewebe, ggf. genetisch bedingt, führen im Bereich der Pars interartikularis zu einer Schwäche und folglich dysplastischen Verformung.1
  • Weitere Hypothesen2
    • separate Ossifikationszentren
    • Fraktur nach der Geburt, Fraktur durch Trauma
    • Ermüdungsbruch, der bei wiederholter Flexion und Extension zusammen mit der Drehung entsteht.
    • Druck gegen das Gelenk in der Pars articularis
    • Schwäche in den Stützstrukturen (Muskeln)
    • pathologische Veränderungen der Pars articularis
    • Dysplasie in der Pars interarticularis

Spondylolisthesis

  • Bei bis zu 15 % progrediert die Spondylose zu Spondylolisthesis.7
    • Die Progression erfolgt meist während des Wachstumsschubs.
      • > 16 Jahre treten nur noch minimale Veränderungen auf.5
    • Je ausgeprägter der Gleitgrad der Spondylolisthesis, desto häufiger sind die radikulären Beschwerden.14
  • Isthmische (jugendliche) Spondylolisthesis
    • Gleiten der Wirbel bei bilateraler Spondylolyse
    • Verlauf des Gleitprozesses und der Degeneration scheint von vielen, teils noch unbekannten Faktoren abhängig zu sein.1 
  • Degenerative Spondylolisthesis
    • Bandscheibendegeneration scheint eine Schlüsselrolle zu spielen.
    • Führt zu Fehlbelastung der Facettengelenke: Relative Instabilität mit der Möglichkeit, in einen Gleitprozess zu münden.1
  • Der Grad der Spondylolisthesis ist nicht notwendigerweise mit der Schwere der Symptome assoziiert.2

Pathogenese

  • Wiederholte Bewegungen mit Flexion, Extension, Rotation und Torsion9
    • Erklärt häufigeres Auftreten bei Sportlern.

Prädisponierende Faktoren

  • Vererbung
    • Kinder, die ältere Geschwister mit Wirbelsäulenanomalien haben, tragen ein höheres Risiko für die Entwicklung derselben Erkrankung (19–69 %).2
  • Alter
    • Falls isthmische Spondylolysen symptomatisch werden, geschieht es meist während der Pubertät, im Alter von durchschnittlich 15 Jahren.4
    • Spondylarthrose und degenerative Spondylolyse sind mit zunehmendem Alter vermehrt zu beobachten, besonders bei Personen > 60 Jahren.8
  • Wachstum und Wachstumsschub (Spondylolisthesis, Wirbelgleiten)
  • Starke Lumballordose
  • Anatomie
    • domförmige Konfiguration von S1, trapezförmiger L515

ICPC-2

  • L84 Rückensyndr. ohne Schmerzausstr.

ICD-10

  • M43 Sonstige Deformitäten der Wirbelsäule und des Rückens
    • M43.0 Spondylolyse
    • M43.1 Spondylolisthesis
  • Q76 Angeborene Fehlbildungen der Wirbelsäule und des knöchernen Thorax
    • Q76.2 Angeborene Spondylolisthesis und Spondylolyse
    • Q76.4 Sonstige angeborene Fehlbildungen der Wirbelsäule ohne Skoliose

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Diagnose in der Regel durch Kombination aus Anamnese, klinischer Untersuchung und Röntgen der Wirbelsäule

Differenzialdiagnosen

Angeborene Erkrankungen

Erworbene Erkrankungen

  • Bänder- oder Muskelerkrankungen
  • Diskogenes Schmerzsyndrom und Facettensyndrom
  • Prolaps einer Bandscheibe
    • Kann auch bei Kindern und Jugendlichen auftreten.
  • Spondylodiszitis
    • Tritt bei Kindern bis zu 10 Monaten auf, und verursacht Schmerzen, die bei Bewegung zunehmen.
  • Rheumatische Erkrankungen/Bindegewebserkrankungen
    • Auswirkungen auf Gelenke und Weichteile der Wirbelsäule im Rahmen einer systemischen Erkrankung
  • Vertebrale Osteomyelitis
    • schmerzhaft
  • Hirntumor und Rückenmarkstumor
    • Können neuromuskuläre Skoliose verursachen.
    • Rückenmarkstumoren können zu lokalen Schmerzen im Rücken führen.
  • Retroperitoneale Pathologien
  • Pathologien der Nieren oder des harnableitenden Systems

Anamnese

  • Beginn
    • akut oder schrittweise
    • häufig um Wachstumsschub (13–18 Jahre)
  • Lokalisation
    • tiefsitzende Schmerzen und Steifheit der Lendenwirbelsäule
  • Auslöser
    • Symptomverstärkung bei körperlicher Aktivität, vor allem bei Bewegungen mit Hyperextension
    • Symptomlinderung bei geringerem Aktivitätsniveau16
  • Schmerzen
    • Druck von den Wirbelbögen oder Pseudarthrose kann die Nervenwurzeln einklemmen und ischiasähnliche Beschwerden hervorrufen.
      • lumbal, pseudoradikulär, radikulär oder im Sinne einer Claudicatio spinalis1
      • Taubheitsgefühl in Ober- und Unterschenkel
      • Neurologische Ausfälle sind insgesamt selten.
  • Bei degenerativer Spondylolyse meist chronische Rückenschmerzen, die bei Belastung zunehmen.
    • auch Ruheschmerz möglich

Klinische Untersuchung

Untersuchung

  • Patienten sollten sich bei der Untersuchung bis auf Unterwäsche entkleiden.
  • Allgemeine Wirbelsäulenuntersuchung
    • Analyse der Rumpfstatik und des Ganges
      • Sagittale Balance?
      • Segmentale Hyperkyphose oder -lordose?
    • Schanzenphänomen
      • Kontinuitätsunterbrechung der Dornfortsätze bei fortgeschrittener Spondylolisthesis
    • Untersuchung der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule
      • Meist treten Schmerzen bei Extension auf.
    • Untersuchung Iliosakral- und Hüftgelenke
      • teilweise Hüftbeugekontraktur mit kompensatorischer lumbaler Hyperlordose
    • neurologische Untersuchung
      • Sensibilitätsstörungen, Paresen, Reflexauffälligkeiten

Spezifische Tests

  • Hyperextensionstest auf einem Bein, stehend
    • Der Patient steht auf einem Bein, beugt Hüfte und Knie der gegenüber liegenden Seite, während die Lendenwirbelsäule überstreckt wird.
    • Bei zunehmenden Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule wird der Test als positiv bewertet.
  • Hyperextensionstest für ein Bein im Liegen
    • Der Patient liegt in Bauchlage mit gebeugten Ellbogen auf einer Bank, der Untersuchende überstreckt die Hüfte des Patienten bei gestrecktem Knie.
    • Ein positiver Test ruft stärkere Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule hervor.
  • Diese Tests sind sensitiv, aber haben eine geringe Spezifität.17
    • Keiner dieser Tests ist spezifisch für Spondylolyse/Spondylolisthesis.
    • positive Testergebnisse auch bei Bandscheibenvorfällen, Dysfunktion oder Blockierung der Facettengelenke

Spondylolisthesis

  • Bei Spondylolisthesis ist eine Vertiefung (Schanzenphänomen) zwischen den Wirbeln sichtbar und palpabel.
  • Häufig ausgedehnte kompensatorische Lordose der Lendenwirbelsäule

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Es gibt keine relevante Laboruntersuchungen für die Diagnosestellung.

Diagnostik beim Spezialisten – Bildgebung

Leitlinie: Spezifischer Kreuzschmerz – Diagnostik1

  • Röntgen
    • Basisdiagnostik: Röntgenbilder der Lendenwirbelsäule im Stand in 2 Ebenen
    • Anfertigung einer seitlichen Ganzwirbelsäulen-Röntgenaufnahme im Stand zur Beurteilung der sagittalen Balance-Parameter insbesondere zur Planung operativer Eingriffe
    • Seitliche Funktionsaufnahmen in Hyperextension und -flexion können in Bezug auf die Stabilität des betroffenen Segmentes sinnvolle Zusatzinformationen liefern.
    • Klassifikation des Ausmaßes der Spondylolisthesis nach Meyerding18
      • Einteilung nach Wirbelkörperversatz im Verhältnis zum darunterliegenden Wirbel:
        • Grad I: < 25 %
        • Grad II: 25–50 %
        • Grad III: 51–75 %
        • Grad IV: 75–100 %
        • Grad V: > 100 % (Spondyloptose).
  • Nuklearmedizinische Diagnostikverfahren (Skelettszintigrafie, Single Photon Emission Computed Tomography)
    • nur im Ausnahmefall sinnvoll zur Beurteilung der Aktivität einer Spondylolyse
  • MRT
    • erst nach Versagen eines mehrwöchigen konservativen Therapieversuches sinnvoll
      • Ausnahme: bei neurologischen Defiziten notfallmäßige Bildgebung
    • Vor operativer Therapie sollte zur Planung ein MRT durchgeführt werden.
  • CT
    • Liegen Kontraindikationen für ein MRT vor, sind CT und ggf. Myelografie sinnvoll.

Indikationen zur Überweisung

  • Bei Verdacht auf Spondylolyse/Spondylolisthese (mit oder ohne Röntgenbefund) die Patienten an einen Facharzt für Orthopädie mit umfangreicher Erfahrung in der Behandlung dieser Art von Rückenproblemen überweisen.
    • durch die Spezialisten Anmeldung und Durchführung der geeigneten Röntgenuntersuchung 
    • Beurteilung therapeutischer Maßnahmen und Planung für die Überwachung und Kontrolle während der gesamten Zeit des Längenwachstums durch Spezialisten

Checkliste zur Überweisung

Spondylolyse/Spondylolisthesis

  • Zweck der Überweisung
    • Diagnose? Therapie? Sonstiges?
  • Anamnese
    • Wann und wie sind die Beschwerden entstanden? Verlauf und Entwicklung? Progression? Anhaltende Beschwerden?
    • Symptome? Grad der Rückenschmerzen? Parästhesien?
    • Evtl. vorherige Behandlung – Wirkung?
    • Andere relevante Krankheiten? Aktuelle Medikamente?
    • Konsequenzen – Schule, Arbeit, krankheitsbedingte Abwesenheit, tägliche Aktivitäten?
  • Klinische Untersuchung
    • Wirbelsäule: Schiefstellungen, Vertiefungen, Beweglichkeit? Neurologische Ausfälle? Evtl. Ergebnisse von spezifischen Tests.
    • Koordination der klinischen und radiologischen Befunde?
  • Ergänzende Untersuchungen
    • Röntgen: Ergebnisse
    • evtl. Skelettszintigrafie
    • evtl. MRT

Deformitäten der Wirbelsäule bei Kindern

  • Zweck der Überweisung
    • Diagnose? Konservative Therapie (orthopädische Hilfsmittel)? Operation?
  • Anamnese
    • Wann und wie sind die Beschwerden entstanden? Verlauf und Entwicklung? Progression? Anhaltende Beschwerden?
    • Asymptomatisch (nur Deformität)? Symptomatisch: Beschreibung der Symptome. Schmerzen? Ruheschmerzen? Nächtliche Schmerzen? Steifheit? Ausstrahlende Schmerzen/Beschwerden? Funktionsbehinderung? Entwicklungshemmung?
    • Fehlbildungen in anderen Organsystemen?
    • Therapieversuch?
    • Andere relevante Krankheiten? Rehabilitierungspotenzial?
    • Aktuelle Medikamente?
  • Klinische Untersuchung
    • Wirbelsäule: Palpationsbefunde? Fehlstellungen/Verdrehungen im Stehen und nach vorne gebeugt? Mobilität? Triggerpunkte? Hyperextensionstest?
    • Neurologisch: Motorisch? Sensorisch? Reflexe? Lasègue?
  • Ergänzende Untersuchungen
    • Röntgen Wirbelsäule, von vorne, seitlich, schräg
    • Skelettszintigrafie? LWS-MRT? LWS-CT?

Therapie

Therapieziele

  • Schmerzlinderung, Schmerzfreiheit
  • Progredienz des Wirbelgleitens verhindern.
  • Komplikationen vermeiden.

Allgemeines zur Therapie

  • Fachärztliche Behandlung
    • Um einen Behandlungsplan abzustimmen, ist Erfahrung erforderlich.
    • Patienten unter 20 Jahren mit Rückenschmerzen, die länger als 2–4 Wochen ohne Besserung andauern, sollten zur weiteren Untersuchung an einen Arzt mit Erfahrung bei der Behandlung von jungen Patienten mit Rückenproblematik überwiesen werden.
  • Therapiekonzept
    • abhängig von der Dauer der Symptome, den radiologischen und klinischen Befunden und dem Alter der Patienten
  • Symptomatische Spondylolyse
    • Therapie durch Entlastung mit oder ohne Korsett, Training oder Operation19

Leitlinie: Spezifischer Kreuzschmerz – Therapie1

  • Symptomatische Spondylolyse zunächst konservativ behandeln.
    • Voraussetzung ist die Abwesenheit frischer Paresen.
    • Kombination aus:
      • Schmerzmedikation, ggf. inkl. Infiltrationen
      • Reduktion der mechanischen Belastung des betroffenen Segmentes (z. B. intermittierend durch Sportpause, ggf. Korsett)
      • Anpassung der täglichen Belastungen des Segmentes (Anpassung der häuslichen Umgebung und Routinen, Arbeitsplatzoptimierung, Freizeitanpassung)
      • Physiotherapie, Ergotherapie, rumpfstabilisierende Übungen in Eigenregie und physikalische Therapie
    • Wichtig: informative Aufklärung über Erkrankung und Prognose!
  • Bei Vorliegen von psychischen Komorbiditäten (Depressivität, Angst, Somatisierung etc.) psychotherapeutische Abklärung und Therapie anstreben.
    • Chronifizierung vermeiden.
  • Sind konservative Maßnahmen nicht ausreichend, um eine für den individuellen Patienten zufriedenstellende Lebensqualität zu erzielen, können operative Maßnahmen durchgeführt werden.
    • Die vorausgehende konservative Therapie sollte mindestens 3 Monate betragen.
    • individuelle Entscheidung über Therapieverfahren
      • bei Kindern häufig „Pars Repair“ (operative Reparatur des Defekts der Pars interarticularis)
      • bei jungen Erwachsenen häufig instrumentierte Spondylodese
      • bei degenerativer Spondylolisthesis in der Regel dekomprimierendes Verfahren mit oder ohne zusätzliche Segment-Stabilisierung

Empfehlungen für Patienten

  • Symptomatische Spondylolyse und Spondylolisthesis
    • Der Rücken sollte keinen großen Belastungen ausgesetzt werden.
    • Gleichzeitig sicherzustellen, dass Rücken- und Bauchmuskeln trainiert werden.
    • Siehe unten Therapieoptionen.

Therapieoptionen

1. Befreiung von sportlichen Aktivitäten mit Verwendung eines Korsetts, gefolgt von Training

  • Entlastung
    • Die Patienten sollten sportliche Aktivitäten ein paar Monate unterlassen, während gleichzeitig ein Korsett, das von einem Orthopädietechniker angepasst wurde, getragen wird.20
  • Indikation
    • Symptome < 3–6 Monate
    • spezifische Hyperextensions-Tests stark positiv (starke Schmerzen)
    • ausgeprägter Befund in radiologischer Bildgebung
    • Patient < 16–17 Jahre
  • Dauer
    • abhängig von klinischen und radiologischen Verlaufskontrollen
  • Trainingsprogramm
    • Erstellung eines Trainingsprogramm für die stabilisierenden Muskeln des Bauches und des Rückens, zusammen mit Dehnübungen für die Hüftmuskulatur
    • danach Befolgung der üblichen Prinzipien für Training nach einer Verletzung in Bezug auf u. a. Beweglichkeit der Gelenke, Krafttraining, propriorezeptives Training, Konditionstraining und sportspezifisches Training
    • Hyperextensionsübungen mit tiefen Kniebeugen vermeiden.

2. Befreiung von sportlichen Aktivitäten ohne Verwendung eines Korsetts, gefolgt von Training

  • Unterbrechung der sportlichen Aktivitäten
    • Verzicht auf sportliche Aktivitäten für 4–8 Wochen
  • Indikation
    • Symptome > 6 Monate
    • spezifische Tests mäßig positiv
    • eher schwach ausgeprägter Befund in Bildgebung
    • Patientenalter > 16–17 Jahre
  • Erneute Prüfung
    • Wenn nach dem Entlastungszeitraum keine Schmerzfreiheit besteht, kann die Behandlungsmöglichkeit 1 indiziert sein.
  • Trainingsprogramm
    • Während des Entlastungszeitraums wird ein Trainingsprogramm wie oben angegeben zusammengestellt.

3. Chirurgische Behandlung 

  • Bei neurologischen Defiziten, progredientem Abgleiten, Meyerding III oder höher (Gleiten > 50 %) oder anhaltenden Beschwerden unter konservativer Therapie5,21
  • Bei akut auftretenden und zunehmenden neurologischen Symptomen sollte eine Operation zügig erwogen werden.
  • Man geht davon aus, dass die Operation die beste Wirkung und Schmerzlinderung erreicht, wenn eine durch die Spondylolisthese verursachte und nachweisbare Spinalkanalstenose vorliegt.22

Prävention

  • Stabilisierendes Training der Rücken- und Bauchmuskulatur, vor allem mit Schwerpunkt neuromuskuläres Training

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Viele der Symptome treten erst auf, wenn das Kind zu gehen beginnt.
  • Der Verlauf hängt mit dem Typ der Spondylolisthesis zusammen.

Komplikationen

  • Spondylolyse, die sich zur Spondylolisthesis mit progredientem Gleiten und/oder Ischiasbeschwerden entwickelt.
  • Spinalkanalstenose

Prognose

  • Radiologische Stadieneinteilung nach Meyerding zum Zeitpunkt der Diagnose besitzt eine hohe Vorhersagekraft in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit der Heilung.23
  • Spondylolyse
    • Frühe Behandlung der Spondylolyse führt mit konservativen Maßnahmen oft zu guten Ergebnissen, vor allem bei jungen Patienten.2
  • Spondylolisthesis
    • Die Prognose ist meist gut, und die Erkrankung kann in der Regel ohne Operation behandelt werden.
    • Die operative Therapie der isthmischen Spondylolisthesis führt bei 75–95 % zu guten bis exzellenten Ergebnissen.2

Verlaufskontrolle

  • Kinder
    • vor allem in Phasen von Wachstumsschüben regelmäßige Verlaufskontrollen
  • Junge Sportler
    • Körperliche Belastung kann zu Progression führen.
    • bei hoher Trainingsintensität regelmäßige Kontrollen
  • Erwachsene
  • Alle Altersgruppen
    • Untersuchung auf neurologische Defizite

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patienten informieren?

  • Erarbeitung eines Therapiekonzepts mit orthopädischem Spezialisten
  • Rumpfstabilisierende Übungen in Eigenregie sind wichtig.
  • Hyperextendierende Bewegungen sollten vermieden werden.

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinie

  • Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie. Spezifischer Kreuzschmerz. AWMF-Leitlinie 033-051. S2k, Stand 2017. www.awmf.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie. Spezifischer Kreuzschmerz. AWMF-Leitlinie 033-051. Stand 2017. www.awmf.org
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Autoren

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Orthopädie und Unfallchirurgie, Münster
  • Max Tenne, med dr och överläkare, Ortopediska kliniken, Skånes universitetssjukhus
  • Terje M. Halvorsen, specialist i fysikalisk medicin och rehabilitering, Norsk Idrettsmedisinsk Institutt, Oslo

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