Allgemeine Informationen
Definition
- Eine Schwellung am Hals kann unterschiedliche Ursachen haben.1
- Diagnostische Hinweise geben Begleitsymptome wie z. B. Schmerz, Fieber, Gewichtsverlust, Heiserkeit oder Schluckbeschwerden.
Häufigkeit
- Schwellungen am Hals sind nicht selten.
Diagnostische Überlegungen
- Im Bereich des Halses befinden sich viele Organe, die für eine Schwellung verantwortlich sein können.
- Ursachen können angeborenen Veränderungen, Infektionskrankheiten, maligne Erkrankungen oder Stoffwechselerkrankungen (Schilddrüse) sein.
- Wichtig ist die genaue Lokalisation der Schwellung, Beginn und Dauer und mögliche Begleitsymptome.
- Gerade bei Kindern kommt es im Rahmen von Infekten sehr häufig zu Lymphknotenschwellungen, die nach einer Weile von selbst wieder abklingen.
- Eine Schwellung am Hals kann aber auch zu einer lebensbedrohlichen Komplikation werden oder Ausdruck einer ernsthaften Erkrankung sein.
ICPC-2
- R21 Hals-/Rachensymptome/-beschwerd.
ICD-10
- B35 Dermatophytose [Tinea]
- B35.0 Tinea barbae und Tinea capitis
- C49.- Bösartige Neubildung sonstigen Bindegewebes und anderer Weichteilgewebe
- C73 Bösartige Neubildung der Schilddrüse
- C76 Bösartige Neubildung sonstiger und ungenau bezeichneter Lokalisationen
- C76.0 Kopf, Gesicht und Hals
- C77.0 Lymphknoten des Kopfes, des Gesichtes und des Halses
- C81 Hodgkin-Lymphom
- C82- 85 Non-Hodgkin-Lymphome
- D17.0 Gutartige Neubildung des Fettgewebes der Haut und der Unterhaut des Kopfes, des Gesichtes und des Halses
- E04.- Sonstige nichttoxische Struma
- E06 Thyreoiditis
- E07 Sonstige Krankheiten der Schilddrüse
- J03.- Akute Tonsillitis
- Q18.8 Sonstige näher bezeichnete angeborene Fehlbildungen des Gesichtes und des Halses
- Q18.9 Angeborene Fehlbildung des Gesichtes und des Halses, nicht näher bezeichnet
- K11.2 Sialadenitis
- R07.0 Hals- und Brustschmerzen
- R22.1 Schwellung am Hals
- R59.0 Lymphknotenvergrößerung, umschrieben
- R59.1 Lymphknotenvergrößerung, generalisiert
- R59.9 Lymphknotenvergrößerung, nicht näher bezeichnet
Differenzialdiagnosen
Angeborene Ursachen
- Angeborene Ursachen treten eher bei Kindern als Ursache für Halsschwellungen auf, manchmal manifestieren sie sich aber erst im Erwachsenenalter.
Mediane und laterale Halszyste
- Ursachen
- Die laterale Halsfistel ist eine von der zweiten Kiemenspalte abgeleitete, durch mangelhafte Rückbildung des Ductus thymopharyngeus entstandene Fistel bzw. Zyste.2
- Mediane Halszysten entstammen dem Ductus thyreoglossus (Thyreoglossuszyste).
- Therapie
- Die Therapie besteht in der vollständigen chirurgischen Entfernung der Fistel, ggf. nach vorheriger antibiotischer Behandlung bei Infektionen.
- Rezidive sind möglich.
- Eine histologische Aufarbeitung sollte angestrebt werden, manchmal verbergen sich in den Zysten auch maligne Zellanteile.3
Weitere angeborene Veränderungen, die Schwellungen am Hals hervorrufen können
- Dermoidzyste4
- Atherome
- Lipom
- Gefäßanomalien führen manchmal zu pulsierenden Schwellungen.5
Lymphadenopathie
- Siehe Artikel Lymphadenopathie bei Erwachsenen.
- Schwellungen am Hals sind am häufigsten durch geschwollene Lymphknoten verursacht.
- Meist sind dies schmerzhaft vergrößerte Lymphknoten als Reaktion auf eine Infektion oder Entzündung.6
- Die entzündliche Lymphadenopathie ist selbstlimitierend und geht normalerweise innerhalb weniger Wochen von allein zurück.
- Sowohl eine bakterielle Tonsillitis als auch eine virale Infektion (z. B. EBV-Infektion) können zu Schwellungen in der Halsregion führen.7-8
- Führendes Symptom können Halsschmerzen sein.
- Eine akute Tonsillitis führt fast immer zu zervikalen, schmerzhaften Lymphknotenschwellungen.
- Führendes Symptom können Halsschmerzen sein.
- Auch örtlich begrenzte Infektionen können zu einer Lymphknotenschwellung führen, z. B. eine Zahninfektion oder ein Abszess.
- Odontogene Infektionen mit Ausbreitungstendenz können zu einer Schwellung am Hals und zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen.9
- Weitere mögliche Infektionserkrankungen siehe Artikel Lymphadenopathie bei Erwachsenen.
- Auch eine Sarkoidose kann zu Lymphknotenschwellungen führen.
- Vergrößerte Lymphknoten können aber auch ein Hinweis auf eine maligne Erkrankung sein, entweder als Metastasen oder im Rahmen maligner Systemerkrankungen oder bei einem malignen Lymphom.
siehe Tabelle: Unterscheidungskriterien benigner und maligner Lymphknotenschwellungen
Sialadenitis
- Siehe Artikel Sialadenitis.
- Schwellung, manchmal Schmerzen und Spannungsgefühl über der betroffenen Speicheldrüse meist nach dem Essen deuten auf eine Steinbildung (Sialolithiasis)
oder Entzündung in den Speicheldrüsen hin.10
Trauma
- Bei Halsschwellungen nach einem Trauma liegen oftmals eine typische Anamnese und eindeutige klinische Befunde vor.
- Hämatom
- Selbst wenn neugebildete oder organisierte Hämatome sich normalerweise zurückbilden, kann aufgrund einer Fibrose ein fester Knoten zurückbleiben.
Hautemphysem
- Es entsteht ein charakteristisches Knistern bei Palpation der Haut.
- Ursachen können sein:
- Verletzungen
- Barotraumen
- Asthma
- Milzbrand.
Schilddrüsenerkrankungen
- Auch Schilddrüsenerkrankungen können zu einer Schwellung am vorderen Hals führen.
- Bei einer Struma kommt es zu einer Größenvermehrung der Schilddrüse, manchmal kommen Schluckbeschwerden dazu.
- Sind bei der Palpation harte Knoten zu tasten, soll ein Schilddrüsenkarzinom ausgeschlossen werden.
- Schmerzen bei der Palpation deuten auf eine Thyreoiditis hin.
- Die Differenzialdiagnose gelingt mit Kontrolle der Schilddrüsenparameter sowie einer Sonografie, evtl. Szintigrafie und ggf. einer Feinnadelpunktion.
Maligne Tumoren
- Maligne Tumoren im Bereich des Halses sind nicht ungewöhnlich.11
- Dabei kann es sich sowohl um einen Primärtumor als auch um Metastasen eines in den oberen Atemwegen, dem Verdauungstrakt oder weiter entfernten Regionen befindlichen Tumors handeln.
- Primärtumoren
- Schilddrüsenkarzinome, Speicheldrüsenkarzinome, Lymphome (Non-Hodgkin, Hodgkin) und Sarkome sind Beispiele für Primärtumoren.12
- V. a. Rhabdomyosarkome finden sich vorwiegend im Kopf-, Hals- und Urogenitalbereich.13
- Als Risikofaktoren für Schleimhautkarzinome (Mundhöhle, Larynx, Pharynx) gelten ein hoher Nikotin- und Alkoholkonsum, schlecht angepasste Zahnprothesen, HPV-Infektionen sowie genetische Faktoren.14
- Zu den häufigen Symptomen zählen schlecht heilende Wunden im Bereich der Mundhöhle oder des Oropharynx, ein chronisch gereizter Hals, Schluckbeschwerden, Stimmveränderungen und Gewichtsverlust.
- Schilddrüsenkarzinome, Speicheldrüsenkarzinome, Lymphome (Non-Hodgkin, Hodgkin) und Sarkome sind Beispiele für Primärtumoren.12
- Bei Lymphknotenmetastasen im Bereich des Halses sollte nach dem Primärtumor gefahndet werden.
Anamnese
- Alter
- Mit höherem Alter nimmt auch die Wahrscheinlichkeit maligner Erkrankungen zu.
- Größe und Dauer der Schwellung
- Frühere Erkrankungen
- Medikamente
- Begleitsymptome wie Fieber, Schluckbeschwerden, Gewichtsabnahme oder Schmerzen
- Durch Anschwellen der Atemwege ist Atemnot möglich.
Klinische Untersuchung
- Inspektion
- Die Lokalisation der Schwellung weist häufig auf die Ursache hin.
- Die Mundschleimhäute, der Rachen und die Ohren sollten mituntersucht werden.
- Palpation
- Geschwollene Lymphknoten sind bei einer akuten Infektion meist frei beweglich, weniger fest und häufig schmerzhaft.
- Funktionseinschränkungen
- Mundöffnungseinschränkung
- Hörverlust
- Sprechstörungen
- Schluckstörungen
Ergänzende Untersuchungen
Labor
- Hb, BSG, CRP, Leukozyten, evtl. FT4 und TSH
- Ggf. serologische Tests bei V. a. auf eine zugrunde liegende Infektion
Sonografie
- Bei einer unklaren Schwellung ist die Sonografie gut geeignet, Zysten von festem Gewebe zu unterscheiden und die Lymphknoten zu beurteilen.
Röntgen-Thorax
- Bei V. a. intrathorakale oder pulmonale Erkrankung Röntgenuntersuchung des Thorax (in 2 Ebenen)
CT
- Kann zum Staging, bei V. a. Tumoren oder bei Traumen indiziert sein.
MRT
- Je nach Lokalisation und Fragestellung, besonders bei V. a. Malignom ist die MRT Methode der Wahl.15
Angiografie
- Eine Angiografie kann bei Gefäßpathologien indiziert sein.
Szintigrafie
- Kann bei Struma und anderen Schilddrüsenerkrankungen indiziert sein.
Feinnadelzytologie/-biopsie
- Zur histologischen Absicherung, z. B. bei Schilddrüsenknoten unklarer Dignität
Maßnahmen und Empfehlungen
Checkliste zur Überweisung
Schwellung am Hals
- Zweck der Überweisung
- Diagnostik? Therapie? Sonstiges?
- Anamnese
- Wann sind die Beschwerden erstmals aufgetreten? Entwicklung? Verdacht auf ein Malignom?
- Andere Begleitsymptome: Schluckbeschwerden, Atembeschwerden, Gewichtsabnahme, Sonstiges?
- Andere relevante Krankheiten? Familiäre Disposition? Höhe des Nikotinkonsums? Alkohol? Sonstige Expositionen?
- Regelmäßig oder akut einzunehmende Medikamente?
- Konsequenzen?
- Klinische Untersuchung
- Allgemeinzustand? Anzeichen einer Infektion? Beschreibung der lokalen Lymphadenopathie: Größe, Konsistenz, Verschieblichkeit in Bezug auf das umliegende Gewebe, Schmerzempfindlichkeit. Zeichen einer generalisierten Lymphadenopathie? Veränderungen im Mund- und Rachenraum?
- Ergänzende Untersuchungen
- Hb, Leukozyten, BSG, CRP
- evtl. CT und Röntgen-Thorax
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Leitlinien
- Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Entzündliche Erkrankungen der Gaumenmandeln/Tonsillitis, Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 017-024. S2k, Stand 2015. www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Halsschmerzen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-010. S3, Stand 2020. www.awmf.org
- Deutsche Röntgengesellschaft. Radiologische Diagnostik im Kopf-Hals-Bereich. AWMF-Leitlinie Nr. 039-093. S1, Stand 2015. www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Obstruktive Sialadenitis. AWMF-Leitlinie Nr. 017-025. S2k, Stand 2019. www.awmf.org
- Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie. HPV-assoziierter Neoplasien, Impfprävention. AWMF-Leitlinie Nr. 082-002. S3, Stand 2020. www.awmf.org
- Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie. Weichteilsarkome. AWMF-Leitlinie Nr. 025-007. S1, Stand 2017. www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. tionen. AWMF-Leitlinie Nr. 007-006. S3, Stand 2016. www.awmf.org
Literatur
- Schwetschenau E, Kelley DJ. The adult neck mass. Am Fam Physician 2002; 66: 831-8. PubMed
- Peter Altmeyer. Altmeyers Enzyklopädie. Laterale Halsfistel. Zugriff 22.04.2019 www.enzyklopaedie-dermatologie.de
- Gourin CG, Johnson JT. Incidence of unsuspected metastases in lateral cervical cysts. Laryngoscope 2000; 110: 1637-41. PubMed
- P. Altmeyer.E. Die Online Enzyklopädie der Dermatologie, Venerologie, Allergologie und Umweltmedizin. Dermoidzyste. Zugrif 15.4.2019 www.enzyklopaedie-dermatologie.de
- Quintanilla-Dieck L, Penn EB Jr. Congenital Neck Masses.Clin Perinatol. 2018 Dec; 45(4):769-785. Epub 2018 Sep 18. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Marcy SM. Cervical adenitis. Pediatr Infect Dis 1985; 4(3 suppl): 23-6. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Entzündliche Erkrankungen der Gaumenmandeln / Tonsillitis, Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 017-024, Stand 2015. www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Halsschmerzen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-010, Stand 2020 www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Odontogene Infektionen . AWMF-Leitlinie Nr. 007-006. Stand 2016 www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Obstruktive Sialadenitis. AWMF-Leitlinie Nr. 017-025, Stand 2019 www.awmf.org
- Barakat M, Flood LM, Oswal VH, Ruckley RW. The management of a neck mass: presenting feature of an asymptomatic head and neck primary malignancy? Ann R Coll Surg Engl 1987; 69: 181-4. PubMed
- Wanebo HJ, Koness RJ, MacFarlane JK, Eilber FR, Byers RM, Elias EG, et al. Head and neck sarcoma: report of the Head and Neck Sarcoma Registry. Society of Head and Neck Surgeons Committee on Research. Head Neck 1992; 14: 1-7. PubMed
- Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie. Weichteilsarkome. AWMF-Leitlinie Nr. 025-007. Stand 2017. www.awmf.org
- Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie. HPV-assoziierter Neoplasien, Impfprävention. AWMF-Leitlinie Nr. 082-002. S3, Stand 2020 www.awmf.org
- Deutsche Röntgengesellschaft. Radiologische Diagnostik im Kopf-Hals-Bereich. AWMF-Leitlinie Nr. 039-093. Stand 2015. www.awmf.org
Autor*innen
- Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
- Die ursprüngliche Version dieses Artikel basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).