Verletzung des hinteren Kreuzbands

Eine Verletzung des hinteren Kreuzbands ist seltener als eine Verletzung des vorderen Kreuzbands. Ursachen sind Unfälle beim Sport oder ein Autounfall, wenn der Unterschenkel bei gebeugtem Knie stark nach hinten gedrückt wird. Die meisten Verletzungen des hinteren Kreuzbands müssen nicht operiert werden.

Welche Funktion hat das hintere Kreuzband?

Knie, Kreuzband.jpg
Knie mit Kreuzband, Menisken und Knie-Seitenband

Kreuzbänder sind Bänder innerhalb des Kniegelenks. Im Knie gibt es zwei Kreuzbänder: ein vorderes und ein hinteres. Die Kreuzbänder sind mit dem Oberschenkelknochen (Femur) und dem Unterschenkelknochen (Tibia) verbunden und halten diese Knochen zusammen. Sie verlaufen schräg zwischen den Gelenkflächen beider Knochen und kreuzen sich. Die Funktion der Kreuzbänder ist die Stützung und Stabilisierung des Knies. Das hintere Kreuzband ist ungefähr doppelt so stark wie das vordere und es verhindert, dass der Unterschenkel im Verhältnis zum Oberschenkelknochen zu weit nach hinten rutscht. Das vordere Kreuzband verhindert, dass der Unterschenkel im Verhältnis zum Oberschenkelknochen nach vorne rutscht. Die Kreuzbänder stellen sicher, dass die Gelenkflächen im richtigen Verhältnis zueinander liegen.

Von allen Verletzungen des Kreuzbands entfallen ca. 10 % auf das hintere (deutlich festere, stabilere) Kreuzband und 90 % auf das vordere Kreuzband. In Deutschland reißt jährlich bei ca. 5.000 Personen das hintere Kreuzband; die Betroffene sind im Durchschnitt etwa 32 Jahre alt.

Ursachen

Verletzungen des hinteren Kreuzbandes treten oft im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen auf, wenn der Unterschenkel beim Aufprall gegen das Armaturenbrett stößt. Diese Art der Verletzung ist außerdem häufig bei Sportarten wie Fußball, Basketball, Handball und Skifahren, wenn der Unterschenkel bei gebeugtem Knie mit großer Kraft nach hinten gedrückt wird. Auch bei Schienbeinverletzungen kommt es häufig zu Kreuzbandschäden; zudem bei Drehung des Unterschenkels bei fixiertem Fuß. Es bedarf relativ großer Kräfte, um das hintere Kreuzband zu zerreißen, weswegen häufig noch weitere Verletzungen mit der Schädigung dieses Kreuzbandes einhergehen.

Eine Verletzung des hinteren Kreuzbands kann vollständig (Kompletter Riss) oder teilweise (Teilabriss) sein.

Symptome

Häufig liegt einem akuten Riss ein typischer Verletzungsmechanismus zugrunde, wie ein Schlag auf den vorderen Teil des Unterschenkels bei gebeugtem Knie. Die Symptome sind sofort einsetzende starke Schmerzen im Knie (vor allem in der Kniekehle), oft die Schwellung des Kniegelenks und ein instabiles Gelenk. In einigen Fällen sind die Beschwerden nicht so stark, und viele Betroffene können mit einer solchen Verletzung noch einige Zeit gehen, ohne etwas zu bemerken.

Wird das Kreuzband immer wieder überlastet, kann es im Verlauf auch zu einer chronischen Schädigung des hinteren Kreuzbands kommen, ohne dass ein schwerer Unfall die Ursache ist. Liegt eine chronische Verletzung vor, spüren die Betroffenen eine Instabilität im Kniegelenk und haben oft Schmerzen, wenn sie aus dem Sitzen aufstehen oder wenn sie ein Gewicht anheben wollen. Schmerzen in der Kniekehle sowie ein geschwollenes und steifes Kniegelenk können zudem auf einen chronischen Zustand hindeuten.

Diagnostik

Die Ärztin/der Arzt stellt die Diagnose auf Grundlage der Anamnese mit Erfragen des genauen Unfallhergangs und einer sorgfältigen körperlichen Untersuchung. Bei der Untersuchung des Knies wird die Stabilität und Beweglichkeit des Kniegelenks getestet. Dies kann in der akuten Phase aufgrund der starken Schmerzen schwierig sein, sodass häufig nach 3–4 Tagen eine erneute Untersuchung stattfindet.

Wenn die Hausärztin/der Hausarzt diese Art der Verletzung vermutet, werden Sie meist für weitere Untersuchungen an einen Facharzt (Orthopäde/Orthopädin) überwiesen. Hier werden weitere spezielle Tests des Kniegelenks durchgeführt, und es werden außerdem Röntgen- oder Magnetresonanztomografie-Aufnahmen (MRT-Aufnahmen) angefertigt. Die MRT ist besonders nützlich, um Verletzungen mehrere Strukturen im Kniegelenk aufzudecken. Röntgen-oder CT-Aufnahmen erfolgen, wenn der Verdacht eines zusätzlichen Knochenbruchs besteht.

Behandlung

Unmittelbar nach der Verletzung sind Erste-Hilfe-Maßnahmen nach folgendem Schema wichtig: PECH – Pause, Eis, Compression und Hochlegen. Das bedeutet, dass die Patienten ruhig liegen, das Bein hochlegen und das Knie mit Eis gekühlt wird. Oft ist es hilfreich, ein entzündungshemmendes Medikament zu verwenden, um die Schmerzen zu lindern (nichtsteroidale Antirheumatika, NSAR).

Das betroffene Knie wird mit einer Orthese ruhiggestellt. Diese kann individuell angasst und so eingestellt werden, dass die Kniebeugung nur bis zu einem bestimmten Grad möglich ist. In den ersten 6 Wochen ist nur sehr wenig Bewegung erlaubt, der Umfang wird mit der Zeit langsam vergrößert. Gehen mit Gehstützen unter wenig Belastung ist möglich; die Belastung wird langsam erhöht. In der Regel wird empfohlen, die Orthese für etwa 12 Wochen zu tragen. Weil das Bein dann eine Zeit lang fast ruhiggestellt werden muss, ist dann auch eine Therapie mit Heparin oder anderen gerinnungshemmenden Mitteln wichtig, um einem Blutgerinnsel im Bein vorzubeugen (Thromboseprophylaxe).

Zusätzlich sollten die Betroffenen, am besten unter physiotherapeutischer Anleitung, allmählich mit einem Training beginnen, um die Muskeln um das Gelenk herum zu stärken.

Die konservative Behandlung mit Entlastung und begrenzten Aktivitäten ist in der Regel die Primärbehandlung. Verletzungen des hinteren Kreuzbands heilen unter einer solchen Therapie meist von selbst. Die Rehabilitation nach einer Verletzung des hinteren Kreuzbands dauert in der Regel länger als bei einer Verletzung des vorderen Kreuzbands.

Insbesondere bei Leistungssportler/innen und Menschen, die körperlich hart arbeiten, wird man es vorziehen, das Knie zu operieren. Grund dafür ist unter anderem, dass das Training eine lange Zeit in Anspruch nimmt, und dass diese Patientengruppe schneller ein vollständig stabiles Knie benötigt als die meisten anderen Menschen. In solchen Fällen wird entweder gleich nach dem Unfall oder kurze Zeit später (nach dem Rückgang der akuten Schwellung) das gerissene Band durch eine Sehne ersetzt, die an einer anderen Stelle im Körper entnommen wurde (Transplantation). Meist wird eine Sehne eines kleinen Oberschenkelmuskels hierfür genutzt.

Kombinierte Verletzungen, bei denen mehrere Strukturen des Kniegelenks beschädigt sind, sollten sofort operiert werden. Das Gleiche gilt für Menschen, die trotz adäquater konservativer Behandlung anhaltende Knieschmerzen haben. Insgesamt müssen jedoch deutlich weniger Menschen mit einer Verletzung des hinteren Kreuzbands als mit einer Verletzung des vorderen Kreuzbands operiert werden.

Im Anschluss an die Operation wird das Kniegelenk mit einer Orthese ruhiggestellt, damit das Band gut heilen kann. Diese lässt sich individuell anpassen und so einstellen, dass nur Bewegungen in einem bestimmten Umfang erfolgen können. Es erfolgt eine Thromboseprophylaxe (s. o.). Gehen mit Gehstützen zur Entlastung ist rasch wieder möglich, und nach etwa 6 Wochen kann mit Belastungstraining begonnen werden.

Prognose

Die meisten Patienten werden durch die Behandlung gesund. Es besteht eine gewisse Unsicherheit bezüglich der Langzeitprognose, weil die angewendeten Operationstechniken relativ neu sind. Um beurteilen zu können, wie gut die Ergebnisse langfristig sind, ist eine gewisse Beobachtungsdauer erforderlich. Unabhängig davon ist es wichtig, dass Sie nach der Behandlung mit einem sich langsam steigernden Training beginnen. Das Wichtigste ist die Stärkung der Oberschenkelmuskulatur (Quadrizeps, M. quadriceps femoris), damit diese das Kniegelenk unterstützen und schützen kann.

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Autoren

  • Susanne Meinrenken, Dr. med., Bremen
  • Marie-Christine Fritzsche, Ärztin, Freiburg

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Kreuzbandverletzung, hinteres Kreuzband. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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