Rickettsiosen

Rickettsiosen sind Infektionskrankheiten, die durch bestimmte Erreger vom Tier auf den Menschen übertragen werden können. Die Ansteckung erfolgt über Bisse bzw. Stiche von Läusen, Flöhen, Milben oder Zecken.

Was sind Rickettsiosen?

Definition

Rickettsiosen sind Infektionskrankheiten, die durch Rickettsien (Bakterien) vom Tier auf den Menschen übertragen werden können. Eine Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Bisse bzw. Stiche von Läusen, Flöhen, Milben oder Zecken.

Bisher sind ca. 20 Spezies bekannt, die beim Menschen Erkrankungen hervorrufen können.

Die Infektion verursacht Fieber, Kopfschmerzen und starke Muskelschmerzen, häufig in Kombination mit Hautausschlag und Schorfbildung (Eschar) an der Biss- bzw. Stichstelle.

Einteilung

Folgende Erkrankungen können durch eine Ansteckung mit Ricksettsien-Bakterien ausgelöst werden:

  • Fleckfieber
  • Zeckenbissfieber

Symptome

Die Inkubationszeit (Zeit zwischen Infektion und dem Krankheitsausbruch) beträgt 5–10 Tage. Häufige Beschwerden sind akut einsetzendes Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Hautausschlag am ganzen Körper.

Bei einer durch Zecken oder Milben übertragenen Infektion ist oft schwarzer Schorf (Eschar) rund um die Biss-/Stichstelle zu sehen mit angrenzender Hautrötung.

Die Symptome sind sehr unterschiedlich ausgeprägt. Von welchen Faktoren die Virulenz (Fähigkeit eines Krankheitserregers, eine Erkrankung hervorrufen) abhängt, ist nicht bekannt.

Mittelmeer-Zeckenbissfieber

Beim Mittelmeer-Zeckenbissfieber kommte es u. a. zu einem Ausschlag am ganzen Körper, der auch Gesicht sowie Hand- und Fußflächen betrifft. Außerdem tritt eine Lymphknotenschwellung, nicht nur am Hals, auf.

Fleckfieber

Fleckfieber (Typhus exanthematicus) beginnt plötzlich mit starken Kopf- und Gliederschmerzen, Schüttelfrost und rasch ansteigendem hohem Fieber, das 10–14 Tage anhalten kann.

Meist tritt am 4.–6. Krankheitstag ein Hautausschlag auf, der sich rasch ausbreitet, nur das Gesicht sowie Hand- und Fußflächen bleiben frei. Eine Beteiligung des zentralen Nervensystems mit Anzeichen einer Gehirnentzündung (z. B. Bewusstseinsstörungen) ist typisch.

Es gibt weitere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen!

Bei Patient*innen, die keinen schwarzen Schorf um die Biss-/Stichstelle aufweisen, sind eine Vielzahl weiterer Infektionserkrankungen möglich, z. B.:

Ursachen

Rickettsiosen sind Infektionserkrankungen, die durch Rickettsien-Bakterien ausgelöst werden. Weltweit sind mehr als 30 Arten identifiziert worden, davon sind ca. 20 Arten in der Lage, beim Menschen Krankheiten hervorzurufen.

Alle Rickettsiosen sind Zoonosen: Sie werden von Säugetieren über Läuse, Flöhe oder Zecken auf den Menschen übertragen.

Beim Menschen gedeihen Rickettsien hauptsächlich in den Endothelzellen (innerste Zellschicht) der kleinen Blutgefäße. Dies kann zu einer Entzündung der Blutgefäße (Vaskulitis), Absterben von Gewebezellen (Zellnekrose), Thrombosen in den Gefäßen, Hautausschlag und gestörten Organfunktionen führen.

Übertragung

  • Fleckfieber
    • Die Erreger werden von den Läusen mit dem Saugakt aufgenommen und mit den Ausscheidungen abgegeben. Sie werden z. B. durch Kratzen über kleine Hautläsionen in den menschlichen Organismus eingerieben.
    • Eine Ansteckung ist auch durch Einatmen von infizierten Ausscheidungen der Läuse möglich.
    • Es gibt keine Übertragung von Mensch zu Mensch.
  • Rickettsiosen der Fleckfiebergruppe in Europa, Asien und Afrika
    • Nagetiere und Hunde sind primäres Reservoir, für R. japonica auch Reptilien.
    • Die Übertragung erfolgt durch verschiedene Zecken, die die Erreger an die nächste Zeckengeneration weitergeben und damit auch Erregerreservoir sind.
  • Rickettsiosen der Fleckfiebergruppe in Amerika
    • Primäres Erregerreservoir sind Nagetiere, Bären, Luchse und Hunde. 
    • Die Übertragung des Erregers erfolgt durch Stiche von Zecken der Gattung Dermacentor.
  • Afrikanisches Zeckenbissfieber
    • Wird über Zecken von Rindern übertragen und kann bei Menschen auftreten, die ländliche Regionen in Afrika südlich der Sahara besuchen.
    • Viele Patient*innen infizieren sich bei Safaris und beim Wandern in hohem Gras.
    • Jäger*innen sind einem besonders hohen Risiko ausgesetzt.
    • Die Zeckenarten (Amblyomma-Zecken) sind sehr aggressiv und fügen häufig mehrere Stiche zu.
  • Mittelmeer-Zeckenbissfieber
    • Wird durch Hundezecken übertragen.
    • Die meisten Patient*innen infizieren sich durch engen Kontakt mit infizierten Hunden (durch Spielen, Streicheln).
  • Mäusetyphus
    • Wird durch Rattenflöhe übertragen.

Risikofaktoren

Infektionsgefahr besteht bei naturnahen Aktivitäten (z. B. Campen, Wandern, Safari, Jagen, Waldarbeiten) und bei Aufenthalten in Ländern, in denen die Erreger heimisch sind.

Häufigkeit und Vorkommen

  • Rickettsiosen kommen weltweit vor mit unterschiedlicher geografischer Verteilung je nach Spezies.
  • Bei ca. 2‒4 % der Menschen, die von einer Reise mit Fieber heimkehren und in eine Klinik eingewiesen werden, kann eine Rickettsien-Infektion vermutet werden.
  • In einigen Ländern wurden in den letzten Jahrzehnten einige importierte Fälle von u. a. klassischem Fleckfieber, Rocky-Mountain-Fieber und sibirischem Zeckenbissfieber diagnostiziert.

Geografische Verteilung

  • Fleckfieber
    • Der „Mäusetyphus“ tritt in tropischen und subtropischen Gebieten auf.
    • Das klassische Fleckfieber kommt in ärmeren Regionen in den Hochländern von Südamerika, Afrika, Asien und Nordamerika vor.
    • Nach Deutschland importierte Fälle sind extrem selten.
  • Zeckenbissfieber
    • Das Rocky-Mountain-Fleckfieber (Felsengebirgsfleckfieber) kommt v. a. in den südöstlichen Staaten der USA (600‒1.200 Fälle pro Jahr in den USA) vor. Beschrieben wurden auch Fälle in Kanada, Mexiko, Panama, Costa Rica, Kolumbien, Argentinien und Brasilien.
    • Das Mittelmeer-Zeckenbissfieber/Boutonneuse-Fieber ist in den Mittelmeerländern, Afrika, Indien und Südwestasien zu finden.
    • Das afrikanische Zeckenbissfieber kommt in Afrika südlich der Sahara vor.
    • Das sibirische Zeckenbissfieber tritt in Sibirien, der Mongolei, Nord-China und Australien auf.
    • Das Queensland-Zeckenbissfieber kommt in Australien vor.
    • Die Rickettsienpocken kommen in den USA, Russland, Korea, Afrika und Japan vor.
    • Das japanische Zeckenbissfieber tritt in Japan auf.
    • Eine Einschleppung des Zeckenbissfiebers in weitere Gebiete Europas (auch nach Mitteleuropa) ist durch den Klimawandel oder z. B. auch durch Hunde, die auf Reisen in Endemiegebiete mitgenommen werden, möglich.

Untersuchungen

Die Diagnose wird in erster Linie durch Auftreten der typischen Symtome (s. o.) und anhand der Reiseanamnese gestellt: Kürzlich zurückliegender Aufenthalt in einem Land, in dem das Risiko einer Rickettsiose-Infektion besteht?

Bestätigt wird die Infektion durch mittels PCR (Standardtest, um Infektionen nachzuweisen) aus Schorf oder Blut oder durch einen Nachweis von Ricksettsien-Antikörpern im Blut. Evtl. werden weitere serologische Untersuchungen durchgeführt. Dabei sollten Laboratorien mit spezieller Erfahrung genutzt werden, z. B. das NRZ für tropische Infektionserreger am Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg.

Behandlung

Rickettsiose-Infektionen werden mit Antibiotika behandelt, in der Regel Doxycyclin. Beim afrikanischen Zeckenbissfieber reicht meist eine 3- bis 5-tägige Behandlung aus, bei anderen Rickettsiosen sollte die Behandlung über 7–14 Tage erfolgen.

In den meisten Fällen können die Antibiotika oral eingenommen werden, nur bei schwerkranken Patient*innen kann die Medikamentengabe durch Infusion notwendig sein.

Wichtig: Die Tabletten nicht auf leeren Magen einnehmen. Auf ausreichenden Sonnenschutz achten!

Vorbeugung

  • Zeckenstiche im tropischen Afrika und Milbenbisse in Südostasien sollten mithilfe von Insektenschutzmitteln und angemessener Kleidung vermieden werden.
  • Nach Aufenthalten im Freien den Körper gründlich nach Zecken und Milben absuchen und diese entfernen.
  • Ein Impfstoff steht prinzipiell zur Verfügung, sollte aber besonders gefährdeten Personengruppen vorbehalten sein (medizinisches Personal in Endemiegebieten bzw. Personen in Speziallaboratorien).
  • Es wird vermutet, dass 100 mg Doxycyclin täglich als Malariaprophylaxe auch einen gewissen Schutz gegen Rickettsien bietet.

Meldepflicht

Gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) besteht in Deutschland bei Fleckfieber Meldepflicht, für die anderen Rickettsiosen nicht.

Prognose

  • Die meisten Patient*innen mit afrikanischem Zeckenbissfieber haben einen milden und spontan heilenden Krankheitsverlauf.
  • Andere Rickettsiosen können jedoch in Einzelfällen eine lebensbedrohliche Erkrankung mit Multiorganversagen und möglicherweise tödlichem Ausgang verursachen.

Weitere Informationen

Autorin

  • Ulrike Boos, Redakteurin von Deximed, Freiburg

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Rickettsiosen. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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