Chronische Unterleibschmerzen bei Frauen

Als chronische Unterleibschmerzen werden Schmerzen im Unterleib definiert, die mehr als 6 Monate andauern.

Was sind chronische Unterleibschmerzen?

Als chronische Unterleibschmerzen werden Schmerzen im Unterleib definiert, die mehr als 6 Monate andauern. Typisch sind langanhaltende Schmerzen, häufig in Form von einem konstant dumpfen Schmerz im Unterleib. Die Beschwerden können auch periodisch mit akuten Schmerzen auftreten. Sowohl körperliche als auch psychische Ursachen spielen eine Rolle bei der Entstehung der Schmerzen. Die Schmerzen führen zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität.

Der Schmerz wird oft als tief im Becken sitzend empfunden. Er kann beidseitig in der Leistengegend sowie über den gesamten Unterleib auftreten. Der Unterleib wird als besonders empfindlich erlebt, der Schmerz als diffus oder intensiv schneidend beschrieben. Häufig verschlimmert sich der Schmerz bei schwerem Heben und Bewegung. Am frühen Morgen ist er oft am wenigsten ausgeprägt. Je nach Ursache der Schmerzen kann eine Vielzahl von weiteren Beschwerden auftreten.

Da es eine Reihe unterschiedlicher Definitionen für chronische Unterleibschmerzen gibt, ist eine Abschätzung der Häufigkeit schwierig. Laut einer Übersichtsarbeit verschiedener Studien liegen bei 17–81 % der Frauen Menstruationsschmerzen und bei 2–24 % nicht-zyklische Schmerzen im Unterbauch vor. Jüngere Frauen (unter 40 Jahren) sind häufiger betroffen als ältere Frauen (über 60 Jahre).

Ursachen

Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass bei den meisten Betroffenen mehr als eine Ursache für die Unterleibschmerzen vorliegt. Häufig ist es schwierig, die Beschwerden einer eindeutigen Diagnose zuzuordnen. Die Schmerzen können ihren Ursprung im Bereich der Geschlechtsorgane, des Magen-Darm-Trakts, der Harnwege oder des Muskel-Skelett-Systems haben. Bei der Entstehung von chronischen Schmerzen spielen häufig auch psychische Faktoren eine Rolle. 

Die häufigsten Befunde sind Endometriose, Verwachsungen, Reizdarmsyndrom, Depressionen und interstitielle Zystitis. Außerdem können Infektionen oder Operationen chronische Unterleibschmerzen nach sich ziehen. Auch Tumoren im Unterleib (z. B. gutartige Myome), sexuelle Gewalt, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, chronische Erkrankungen der Harnwege, RückenschmerzenFibromyalgie oder ein Leistenbruch können zu Unterleibschmerzen führen.

Wenn mehr als 6 Monate andauernde, starke Schmerzen nicht ausreichend durch eine körperliche Störung erklärt werden können, spricht man von einer somatoformen Schmerzstörung. Dabei spielen emotionale Konflikte und psychosoziale Belastungen die Hauptrolle. Auch weitere psychische Störungen (z. B. Angststörungen) können mit chronischen Unterleibschmerzen einhergehen.

Diagnostik

Im Arztgespräch werden Art und Dauer der Schmerzen sowie weitere Symptome erfasst. 

Um die Schmerzursachen aufzuspüren, sind eine gründliche körperliche Untersuchung sowie eine gynäkologische Untersuchung wichtig. Aus demselben Grund werden Blut-, Urin- und ggf. Stuhluntersuchungen vorgenommen. Zusätzlich kann eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraums durchgeführt werden. Auch psychische Faktoren sollten frühzeitig abgeklärt werden.

Bei Unsicherheit in der Diagnosestellung können ergänzende Untersuchungen in einer Facharztpraxis sinnvoll sein.

In seltenen Fällen kann eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) erforderlich sein. Diese sollte sehr zurückhaltend und bei immer wiederkehrenden Unterleibschmerzen ohne erkennbare Ursache möglichst nicht wiederholt durchgeführt werden.

Behandlung

Eine gründliche Information zu den Ursachen und zum Wesen dieser Erkrankung sowie zu den Untersuchungsergebnissen hat sich bei vielen Patientinnen als gute und bei manchen als ausreichende Therapie bewährt. Dabei ist eine gute Arzt-Patienten-Beziehung von großer Bedeutung.

Der Behandlungsbedarf ist individuell verschieden. Wenn den Beschwerden eine definierte Erkrankung zurgrunde liegt, z. B. Endometriose, sollte diese entsprechend behandelt werden.

Die Schmerzbehandlung sollte im Sinne einer multimodalen Schmerztherapie, die aus verschiedenen Maßnahmen besteht, erfolgen.

Bei vorherrschenden Muskelbeschwerden können warme Bäder, Bewegung im warmen Wasser, Physiotherapie und Beckenbodenübungen helfen. Darüber hinaus gibt es gute Erfahrungen mit Entspannungsverfahren und Akupunktur. Bei psychosomatischen Ursachen sollte eine Psychotherapie erwogen werden.

Einige Patientinnen können von einer vorübergehenden medikamentösen Behandlung mit Schmerzmitteln profitieren. Damit sollte aber besonders vorsichtig umgegangen werden. Schmerzmittel sollten in der Regel nicht dauerhaft eingesetzt werden. Zudem sollten Sie Medikamente vermeiden, die eine Abhängigkeit auslösen können.

Bei einigen Patientinnen können bestimmte Antidepressiva zu einer Verbesserung der Beschwerden beitragen. Wenn die Schmerzen vom Nervensystem ausgehen, kann ein Therapieversuch mit Antiepileptika unternommen werden.

Wenn gleichzeitig Menstruationsschmerzen auftreten, kann die Einnahme von oralen Kontrazeptiva („Pille“) zu einer Verbesserung führen.

Prognose

Erfahrungen zufolge stellt sich bei vielen langfristig eine Besserung ein. Daher ist eine optimistische Herangehensweise hilfreich. Eine Prophylaxe von Depression und Medikamentenabhängigkeit ist wesentlich, da sie stets eine Gefahr bei lang anhaltenden Schmerzen darstellen und eine Verbesserung der Symptome verschleiern können.

Weitere Informationen

Autor*innen

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden
  • Julia Trifyllis, Dr. med., Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Münster/W.

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Unterbauchschmerz, chronischer bei Frauen (CPP). Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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