Achillessehnenriss

Die Erkrankung betrifft vor allem Männer im Alter zwischen 30 und 60 Jahren und tritt in der Regel in Verbindung mit sportlicher Aktivität auf.

Was ist ein Achillessehnenriss?

Dies ist eine Erkrankung mit einem vollständigen oder teilweisen Achillessehnenriss (Achillessehnenruptur). Die Achillessehne ist die Hauptsehne der hinteren Unterschenkelmuskulatur. Unmittelbar über der Ferse ist sie deutlich zu sehen, sie setzt direkt am Fersenbein an. Bei Kontraktion der Wadenmuskulatur und Achillessehne wird die Fußsohle nach unten gebeugt, so kann man sich auch auf die Zehen stellen.

Ein Riss der Achillessehne tritt in der Regel spontan ohne vorherige Schmerzen in Unterschenkel oder Ferse auf. Beim Fußball, Handball und Squash ist diese Art von Verletzung besonders häufig. Während oder nach dem Sport spüren Sie plötzlich Schmerzen in der unteren Wade. Das Risiko einer solchen Verletzung erhöht sich, wenn Sie selten trainieren, die Ferse überlastet wird, oder wenn Sie plötzlich die Trainingsform umstellen. In einigen Fällen können vorherige Beschwerden mit einer Entzündung der Achillessehne und gegebenenfalls mehreren Kortisonspritzen in die Sehne zugrunde liegende Erklärungen sein.

In Deutschland gibt es 15.000–20.000 Fälle von Achillessehnenrissen pro Jahr. Die Verletzung tritt gehäuft bei Männern im Alter von 30–60 Jahren auf, insbesondere bei körperlicher Belastung.

Ursachen

Ein Achillessehnenriss tritt vor allem bei sportlichen Aktivitäten auf. Wenn Sie sich mit durchgestrecktem Knie mit dem Fuß abstoßen oder nach einem Sprung aufkommen, kann die Achillessehne unter Umständen reißen.

Als Ursache für einen Achillessehnenriss werden häufig eine Schwächung der Sehne aufgrund von Alterung, eine chronische Überbelastung mit immer neuen, kleinen Verletzungen in der Sehne selbst und degenerative Veränderungen in Erwägung gezogen. Der Achillessehnenriss befindet sich in der Sehne selbst, etwa 2–6 cm über dem Ansatz zu dem Fersenbein. Dieser Bereich der Achillessehne wird nur wenig mit Blut versorgt, was die Sehne anfällig für Irritationen, Abnutzung (Degeneration) und Risse macht.

Einige Medikamente, wie z. B. Kortison und bestimmte Antibiotika (Fluorchinolone), können die Sehne schwächen und somit das Risiko für einen Riss erhöhen.

Andere Faktoren, die einen Riss der Achillessehne begünstigen, sind eine schlechte Fitness, verringerte Kraft bzw. Flexibilität in Muskeln und Sehne, höheres Alter, bestimmte Sportarten, Überlastung oder plötzliche Änderung der Trainingsform. Auch frühere Probleme mit der Achillessehne machen einen Achillessehnenriss wahrscheinlicher.

Symptome

Die Krankengeschichte ist typisch. Plötzlich setzen starke Schmerzen in der Wade ein, und viele berichten von einem Knall, der zu hören ist, wenn die Sehne reißt. Wenn die Sehne vollständig durchtrennt ist, kann man dort, wo die Sehne normalerweise verläuft, eine Vertiefung spüren. In der Wade ist eine entsprechende Verdickung festzustellen, weil der Muskel sich weiter oben in der Wade einrollt. Darüber hinaus treten Blutergüsse im Unterschenkel auf. Sie können nicht laufen, Treppen steigen oder auf den Zehen stehen.

Manchmal liegt nur ein teilweiser Riss der Sehne vor. In solchen Fällen machen sich anfangs nur leichte Schmerzen bemerkbar. In der Regel ist der verletzte Bereich ausgesprochen empfindlich, und er schmerzt bei Belastung und unmittelbar danach. Typischerweise verspüren Sie auch Schmerzen und Steifheit am Morgen und Schmerzen beim Anheben der Zehen. Evtl. bildet sich eine Schwellung über der Sehne.

Diagnostik

Bei Verdacht auf einen Achillessehnenriss werden Sie an einen Orthopäden überwiesen. Die Diagnose wird normalerweise auf Grundlage der Krankengeschichte und Befunde bei der ärztlichen Untersuchung gestellt. Bei einer vollständig durchtrennten Achillessehne bestehen selten Zweifel an der Diagnose. Bei einem teilweisen Sehnenabriss kann es jedoch schwieriger sein, die Diagnose zu stellen.

Um die Diagnose zu sichern, kann eine Röntgenuntersuchung, Ultraschall oder Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt werden.

Akutbehandlung

Im Akutfall, wenn die Verletzung gerade geschehen ist, sollten generelle Regeln der Ersten Hilfe hinsichtlich Ruhe, Entlastung, Kühlung mit Eis, Kompression und erhöhte Lagerung des Beins (über Herzhöhe) befolgt werden.

  • Der verletzte Muskel sollte für mindestens 20 Minuten mit einem Eisbeutel oder Ähnlichem gekühlt werden. Die Gefahr von Erfrierungen bei zu langer und zu kalter Behandlung sollte beachtet werden.
  • Nach dem Abkühlen sollte ein fester Verband gelegt werden, um auf die verletzte Stelle Druck auszuüben und sie zu stützen.

Bei einer solchen Verletzung sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen. Wenn die Sehne vollständig abgerissen ist, erfolgt häufig eine Operation im Krankenhaus. In einigen Fällen kann die Verletzung auch nur mit einem Gipsverband behandelt werden.

Bei einem teilweisen Sehnenriss (partielle Ruptur) wird die Sehne 2–4 Wochen, oder bis die Schmerzen nachlassen, durch eine Schiene oder einen Gipsverband entlastet. In den ersten 3 Tagen erhalten Sie schmerzstillende, entzündungshemmende Medikamente (NSAR). Die Ferse, so eine Empfehlung, sollte mehrere Wochen lang 5–10 mm erhöht werden. Nach abgeschlossener Behandlung mit Gips oder Gehschiene erfolgt eine schrittweise Mobilisierung mit Physiotherapie.

Operative Therapie und Nachbehandlung

Insbesondere bei jüngeren und körperlich aktiven Patienten (Sportler) wird bei einem Achillessehnenriss ein chirurgischer Eingriff empfohlen. Dabei wird die gerissene Sehne wieder zusammengenäht. Es gibt verschiedene Operationsmethoden, doch sie bedeuten in der Regel ein Zusammennähen der Sehnenenden, mit oder ohne Verstärkung der Sehne. 

Auch die Nachbehandlung im Anschluss an eine Operation kann von Krankenhaus zu Krankenhaus variieren; doch eine neue Form der Behandlung, bei welcher der Knöchel in einer Orthese (starres Stützkorsett) ruhiggestellt wird, sodass die Fußsohle ab-, aber nicht hochgebeugt werden kann, wird seit den 1990er-Jahren in vielen Krankenhäusern angewendet. Die Ergebnisse im Hinblick auf die Beweglichkeit des Sprunggelenks, die Gehfähigkeit und die Wiederaufnahme sportlicher Aktivitäten sind gut. Meist wird der Knöchel in den ersten 2–3 Wochen in Spitzfußstellung eingegipst. Bei der Kontrolle werden die Nähte gezogen und das Bein anschließend für weitere 3–4 Wochen mit einem neuen Gips oder einer Orthese versehen.

Nach ca. 6 Wochen kann mit physiotherapeutischen Übungen begonnen werden. Sportliche Belastung (z. B. Joggen) ist erst nach 3–4 Monaten möglich.

Bei einer Operation der Achillessehne kann es zu Komplikationen (z. B. Infektionen, Hautprobleme) kommen. Diese treten bei einem minimalinvasiven Eingriff seltener auf.

Gipsbehandlung

Besonders bei älteren Menschen, bei geringer sportlicher Aktivität und bei Vorerkrankungen wird die konservative Therapie einer Operation vorgezogen. In solchen Fällen wird der Fuß bis zum Knie in Spitzfußstellung eingegipst oder eine Stützschiene (Orthese) angelegt. In der Regel wächst die Sehne von selbst wieder zusammen. Nach 2 Wochen erfolgt eine Kontrolle und für weitere 6 Wochen wird dann eine Einlegesohle unter der Ferse verwendet, die die Ferse um etwa 2 cm anhebt. Der Fuß wird insgesamt 8 Wochen lang mit Gips oder Schiene gestützt.

Ab der 4. Woche ist eine vorsichtige Belastung mit Unterarm-Gehstützen möglich. Für die weitere Rehabilitation werden Sie an eine physiotherapeutische Praxis überwiesen. In den ersten 3–4 Monaten sollten Sie keinen Sport treiben. Danach können Sie die Belastung nach für nach steigern, bis Sie das Bein ca. 6 Monate nach der Verletzung wieder voll belasten können.

Bei einer konservativen Behandlung mit Gips und Schienen treten weniger Komplikationen auf, als bei einer Operation. Das Risiko für einen erneuten Achillessehnenriss ist jedoch etwas höher.

Rehabilitation

Nach Entfernung des Gipsverbandes beginnt ein Rehabilitationsprogramm. In der Regel werden Sie an eine physiotherapeutische Praxis überwiesen. Zunächst werden nur vorsichtige passive Bewegungen des Knöchels ausgeführt. Nach 2 Wochen beginnt man mit Übungen, bei denen die Achillessehne unter allmählich zunehmendem Widerstand trainiert wird. Nach ca. 10 Wochen wird mit Gehübungen und nach und nach mit einem abwechslungsreicheren Training begonnen. Leichte sportliche Aktivitäten sind nach etwa 3–4 Monaten möglich. Die Genesung hängt von der Qualität des Rehabilitationsprogramms, der persönlichen Motivation und davon ab, wie wichtig es den Betroffenen ist, schnell wieder zu genesen – z. B. um eine Karriere als Sportler wiederaufzunehmen.

Vorbeugung

Wärmen Sie sich vor intensivem Training und sportlichen Aktivitäten auf! Dehnübungen erhöhen die Flexibilität von Muskeln und Sehnen. Krafttraining stärkt die Wadenmuskulatur. Steigern Sie allmählich die Trainingsintensität und tragen Sie beim Sport geeignete Schuhe!

Prognose

Nach einer direkt erfolgten Behandlung und ordnungsgemäßer Rehabilitation werden die meisten wieder vollständig gesund. Dies bedeutet, dass die zuvor ausgeführten Aktivitäten nach etwa einem halben Jahr wieder aufgenommen werden können. Das Risiko eines erneuten Sehnenabrisses ist besonders während der ersten 2–3 Monate nach Entfernung des Gipses hoch, vor allem bei hoher Belastung oder schnellen Bewegungen.

Nach einer Operation erhöht sich das Risiko eines erneuten Abrisses der Achillessehne. Bis zu 5 % der Betroffenen erleiden einen neuen Sehnenabriss. Bei einer konservativen Behandlung liegt die Häufigkeit eines erneuten Abrisses bei 12–18 %. Es ist wichtig, während der Rehabilitation geduldig zu sein, denn eine schnelle Steigerung der Belastung erhöht das Risiko eines erneuten Abrisses.

Einige Betroffene können Beschwerden in Form wiederkehrender Sehnenentzündungen oder Schmerzen haben, und die meisten werden an der Sehnennaht einen Knoten spüren.

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  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Achillessehnenruptur. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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