Zusammenfassung
- Definition: Perineurale, fibröse Proliferation mit Beteiligung eines plantaren Digitalnervs.
- Häufigkeit: Einer der häufigsten Gründe für Metatarsalgie; gehäuft bei Frauen.
- Symptome: Brennende Schmerzen interdigital, Ausstrahlung in die Zehen.
- Untersuchung: Schmerzprovokation durch Kompression der Metatarsalköpfchen und Druckausübung auf Interdigitalraum.
- Diagnostik: Klinische Untersuchung mit Mulder-Zeichen, MRT.
- Therapie: Nur bei 1/3 der Patienten konservative Therapie mit Einlagen und Infiltrationen erfolgreich, bei restlichen 2/3 operativer Eingriff nötig.
Allgemeine Informationen
Definition
- Perineurale, fibröse Proliferation mit Beteiligung eines plantaren Digitalnervs1
- resultierend in brennenden, neuropathischen Interdigitalschmerzen, in der Regel zwischen den Metatarsalköpfchen2
- Synonyme: Morton-Neuralgie, Morton-Syndrom, Morton-Neurom, Interdigital-Neurom
Häufigkeit
- Einer der häufigsten Gründe für Metatarsalgie2
- Verhältnis Frauen zu Männer 5:11
- Der 3. Interdigitalraum (zwischen 3. und 4. Zehe) ist mit Abstand am häufigsten betroffen.3
- In bis zu 2/3 der Fälle multiple Neurome am Fuß3
- Durchschnittsalter bei Operation 50 Jahre4
Ätiologie und Pathogenese
- Die genaue Ursache ist unklar.
- Nervenkompression?
- möglicherweise Reizung des Interdigitalnervens unter dem distalen Transversalband der Metatarsalknochen5
- Schwellung und Bildung von Narbengewebe durch repetitive Reizung
- Pathologie
- degenerierte oder demyelinisierte Axonen, vaskuläre Hyalinisierung und Fibrose6
Prädisponierende Faktoren
ICPC-2
- N94 Periphere Neuritis/Neuropathie
ICD-10
- G57 Mononeuropathien der unteren Extremität
- G57.6 Läsion des N. plantaris
Diagnostik
Anamnese
- Häufig brennende Schmerzen in der Fußsohle zwischen 3. und 4. Metatarsalköpfchen
- Ausstrahlung in die Zehen
- Schmerz tritt zuerst nur beim Gehen auf, ist später ständig präsent.
- Teilweise tritt das Gefühl auf, „wie auf einer Murmel zu laufen“.1
Klinische Untersuchung
- Mulder-Zeichen
- Kompression der beiden benachbarten Metatarsalköpfchen, mit der anderen Hand Druck auf den Interdigitalraum ausüben.
- Schmerzprovokation und Ausstrahlung in die Zehen
- 94–98 % Sensivität2
- Typischerweise kein direkter Druckschmerz der Metatarsalköpfchen
- Häufig ist die Dorsalextension der Zehen schmerzhaft.
- Teilweise Verbreiterung des interdigitalen Raums
- Manchmal knotenförmige Struktur palpabel
- Die diagnostische Infiltration von Lokalanästhetika interdigital führt zu Schmerzfreiheit.
Diagnostik beim Spezialisten
- Röntgen des Vorfußes in 2 Ebenen zum Ausschluss anderer Ursachen2
- MRT ist sinnvoll zur präoperativen Planung oder Diagnosesicherung.7
- Sensitivität deutlich höher als bei Ultraschall, jedoch auch deutlich teurer8
- Morton-Neurome < 5 mm Durchmesser sind häufig klinisch asymptomatisch und nicht ursächlich für Metatarsalgie.1
Differenzialdiagnosen
- Neoplasie
- (Stress-)Fraktur
- Ganglion
- Rheumatoide Arthritis
- Morbus Freiberg
- avaskuläre Nekrose des Metatarsalköpfchens
Therapie
Allgemeines zur Therapie
- Initial konservativer Therapieversuch, bei Versagen chirurgische Exzision
Konservative Therapie
- Breite Schuhe
- Einlagen mit Entlastung/Polsterung der Interdigitalräume
- Kräftigungsübungen für die intrinsische Fußmuskulatur
Infiltrationen
- Nächster Therapieschritt, sofern o. g. konservative Therapiemethoden nicht helfen.
- Infiltrationen von dorsal sind für die Patienten weniger schmerzhaft.9
- Kortison-Infiltration
- Führt bei etwa 1/3 der Patienten zu dauerhafter Schmerzfreiheit.10
- Alkohol-Infiltration
- Führt bei ebenfalls etwa 1/3 der Patienten zu dauerhafter Schmerzfreiheit.11
- Botox-Infiltration
- Nach 3 Monaten verspüren 70 % der Patienten eine deutliche Schmerzlinderung.12
- Langzeitergebnisse fehlen.
Weitere konservative Therapieoptionen
- Therapieversuche u. a. mit extrakorporaler Stoßwellentherapie, Radiofrequenz-Ablation oder homöopathischer Infiltration
- Studien mit großen Patientenzahlen liegen momentan noch nicht vor.
Operative Therapie
- Etwa 2/3 der Patienten sind trotz konservativer Therapie nach mehreren Monaten noch symptomatisch.2
- Bei starker Beeinträchtigung ist ein chirurgischer Eingriff indiziert.
- Verschiedene Verfahren
- Neurektomie
- fortan Gefühllosigkeit im Interdigitalraum
- endoskopische Dekompression des Transversalbands der Metatarsalknochen
- Es gibt keine vergleichende Studie der beiden Operationsverfahren.2
- Neurektomie
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Prognose
- Bei den operativen Verfahren ist das Ergebnis in 75 % der Fälle gut bis exzellent.4
- Multiple Neurome haben eine schlechtere Prognose als singuläre Neurome.4
- Bei 5–7 % der operierten Patienten treten Rezidive auf.2
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Quellen
Literatur
- Berry K. Physical Medicine and Rehabilitation for Morton Neuroma. Medscape, last updated May 08, 2018. emedicine.medscape.com
- Di Caprio F, Meringolo R, Shehab Eddine M, et al. Morton’s interdigital neuroma of the foot A literature review. Foot Ankle Surg 2018; 24(2): 92-98. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Valero J, Gallart J, González D, et al. Multiple interdigital neuromas: a retrospective study of 279 feet with 462 neuromas. J Foot Ankle Surg 2015; 54(3): 320-2. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Kasparek M, Schneider W. Surgical treatment of Morton's neuroma: clinical results after open excision. Int Orthop 2013; 37(9): 1857-61. www.ncbi.nlm.nih.gov
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- Climent JM, Mondéjar-Gómez F, Rodríguez-Ruiz C, et al. Treatment of Morton Neuroma with Botulinum Toxin A: A Pilot Study. Clin Drug Investig 2013; 33(7): 497-503. www.ncbi.nlm.nih.gov
Autoren
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
- Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
- Carlos Saro Moncloa, med dr, överläkare, Ortopedkliniken, Södertälje sjukhus (Medibas)
- Espen Dietrichs, professor og avdelingsoverlege, Universitetet i Oslo og Nevrologisk avdeling, Rikshospitalet, Oslo