Zusammenfassung
- Definition: Akute Kontraktion des Larynx, die bei maximaler körperlicher Anstrengung zu Atemnot führt.
- Häufigkeit: Prävalenz von ca. 5–7 % unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
- Symptome: Dyspnoe mit inspiratorischem Stridor, die sich bei maximaler Ventilation unter körperlicher Belastung einstellt und nach 1–5 Minuten Ruhe wieder abklingt.
- Befunde: Während einer Attacke verlängerte Inspiration mit Stridor, die ein Erstickungsgefühl hervorrufen und zu Panik und Hyperventilation führen kann.
- Diagnostik: Die Diagnose kann auf Grundlage des typischen klinischen Bildes gestellt werden, wird aber durch kontinuierliche Laryngoskopie unter Belastung (CLE-Test) bestätigt.
- Therapie: Aufklärung, Atemschulung und Entspannung des Larynx. Evtl. Operation, falls konservative Therapie nicht zum Erfolg führt.
Allgemeine Informationen
Definition
- Bei einer EILO verschließt oder verengt sich unter maximaler oder starker körperlicher Anstrengung die Glottis (Stimmlippen) oder Supraglottis, was zu inspiratorischer Dyspnoe führt.
- Die Symptome treten plötzlich unter Anstrengung auf und klingen nach wenigen Minuten Ruhe schnell wieder ab.
- Wird auch als belastungsinduzierte Vocal Cord Dysfunction (VCD) bezeichnet.
- ILO ist ein Oberbegriff für induzierbare laryngeale Obstruktionen. Wenn Anstrengung (Exercise) der Auslöser ist, wird das Krankheitsbild als EILO bezeichnet.1
Häufigkeit
- In einer schwedischen Studie lag die Prävalenz unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei 5,7 %.2
- Die Prävalenz von Anstrengungsasthma lag in der gleichen Studie bei 19 %.
- In einer Gruppe von Patienten mit belastungsinduzierter Dyspnoe hatten 40 % Anstrengungsasthma, 6 % eine EILO und 5 % beides.
- In einer dänischen Studie mit 14- bis 24-Jährigen wurde bei 7,5 % der Patienten eine EILO festgestellt.3
- Tritt bereits bei Kindern im Alter von 4–5 Jahren auf.
- Am höchsten ist die Prävalenz unter aktiven Sportlern.
- Bei Patienten mit schwer einstellbarem Asthma kann EILO als Komorbidität bestehen oder eine Fehldiagnose vorliegen.4
- Nach der Pubertät bei Frauen häufiger als bei Männern, vor der Pubertät wahrscheinlich auf beide Geschlechter gleich verteilt2
Ätiologie und Pathogenese
- Die Ursache ist unbekannt.
- Unter Belastung ziehen sich der Bereich oberhalb der Stimmlippen (Supraglottis) und/oder die Stimmlippen (Glottis) auf unzweckmäßige Weise zusammen.
- Der schnelle Luftstrom erzeugt einen Unterdruck in der Glottisregion, der wahrscheinlich im Krankheitsprozess eine Rolle spielt.5
- Schwächungen des Knorpels oder der Muskulatur in diesem Bereich können dazu beitragen.
- Neurologische Prozesse, die das Öffnen und Schließen der Glottisregion steuern, können gestört sein.5
- Manche Betroffene berichten, dass sich die Symptome bei kalter Witterung schneller entwickeln, doch es ist keine so starke Korrelation zwischen den Symptomen und Kälte zu beobachten wie bei Asthma.
- Möglicherweise können zugrunde liegende Stressfaktoren und psychologische Mechanismen zur Pathogenese beitragen.
- Nicht selten besteht gleichzeitig ein belastungsinduzierter Bronchospasmus.6
Prädisponierende Faktoren
- Starke körperliche Anstrengung mit hoher Atemfrequenz
ICPC-2
- R04 Atemproblem, anderes
- Schließt inspiratorischen Stridor ein.
- R99 Atemwegserkrankung, andere
- Schließt sonstige Erkrankungen des Larynx ein.7
ICD-10
- J38.5 Laryngospasmus
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Der diagnostische Goldstandard ist die kontinuierliche Laryngoskopie unter Belastung (Continuous Laryngoscopy Exercise Test, CLE-Test).7
- Die Diagnose kann auch klinisch gestellt werden, wenn die typischen Symptome vorliegen: Inspiratorische Obstruktion, die bei maximaler Anstrengung auftritt und nach der Anstrengung innerhalb von 1–5 Minuten wieder abklingt.7
Differenzialdiagnosen
- Anstrengungsbedingter Bronchospasmus
- Führt zu exspiratorischem Stridor.
- Entwickelt sich langsamer, maximale Obstruktion häufig 3–15 Minuten nach der Belastung, und hält auch länger an.8
Anamnese
- Das typische Symptom ist plötzlich einsetzende Dyspnoe bei starker körperlicher Anstrengung.
- Die Patienten verspüren Atemnot und können in der Regel nicht unterscheiden, ob es die Ein- oder die Ausatmung ist, die die meisten Probleme bereitet.
- oft gleichzeitig Husten
- Bei der Inspektion ist eine angestrengte Inspiration zu sehen und begleitend häufig ein hochfrequentes inspiratorisches Pfeifgeräusch zu hören.
- Während der Attacken verspüren die Patienten nicht selten auch Schmerzen/Beschwerden in der Brust- oder Larynxregion.
- Die stärksten Beschwerden klingen nach 2–3 Minuten Ruhe in der Regel ab.
- Die Atemnot kann Angst und Hyperventilation hervorrufen, was die Symptomatik verkomplizieren und verstärken kann.
- Bei begleitendem Anstrengungsasthma zeigt sich ein gemischtes Bild, und die Differenzierung kann schwierig sein.
- Viele Patienten werden vor Stellung der Diagnose erfolglos mit Bronchodilatatoren behandelt.
Klinische Untersuchung
- Abseits der Attacken in Ruhe unauffällig
- Während der Attacken angestrengte, pfeifende Inspiration, die sich in Ruhe rasch wieder normalisiert.
- Keine Nebengeräusche über der Lunge
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
- Spirometrie vor und nach Belastung, evtl. mit Reversibilitätstest, um einen etwaigen anstrengungsbedingten Bronchospasmus zu diagnostizieren.
- Während des Belastungstests außerdem Inspektion des Atemmusters und Beobachtung, wann die Dyspnoe eintritt und wie lange sie anhält.
Diagnostik beim Spezialisten
- Der CLE-Test (Continuous Laryngoscopy Exercise Test) ist der diagnostische Goldstandard.
- Den Patienten wird über die Nase ein flexibles Endoskop eingeführt, mit dem während der Belastung auf einem Laufband oder evtl. einem Ergometer die Supraglottis und die Glottis inspiziert werden.
- Die Belastung muss hoch genug sein, um die Symptome auszulösen.
- Die Diagnose gilt als bestätigt, wenn gleichzeitig mit dem Auftreten der Symptome die typischen Kontraktionen mit Verengung des Lumens zu beobachten sind.
Indikationen zur Überweisung
- Bei Unsicherheit bzgl. der Diagnose
- Wenn eine Behandlung durch einen Spezialisten erforderlich ist.
Therapie
Therapieziel
- Heilung
Allgemeines zur Therapie
- Die Aufklärung über das Krankheitsbild und dessen Gutartigkeit ist wichtig und bei einem großen Teil der Patienten ausreichend.
- Atemtechnik-Übungen in Kombination mit Biofeedback können einen guten Effekt haben.
- Bei vielen Patienten ist eine logopädische Behandlung zur Entspannung des Larynx und zur Verbesserung der Atemtechnik gut wirksam.9
- Eine Schulung in laryngealer Kontrolle (Laryngeal Control Therapy, LCT), durch die die Patienten lernen, den Unterschied zwischen einem entspannten und einem angespannten Larynx zu spüren, kann sich positiv auswirken.9
- Eine psychomotorische Physiotherapie kann indiziert sein.
- Eine Psychotherapie ist bei Patienten indiziert, die gleichzeitig unter Angst oder depressiven Symptomen leiden.
- Eine operative Therapie ist indiziert, falls die konservative Therapie nicht zum Erfolg führt.
Empfehlungen für Patienten
- Atemtraining: Entspannung des Larynx, Einsatz des Zwerchfells (Bauchatmung)
Medikamentöse Therapie
- Eine Injektion von Botulinumtoxin kann evtl. wirksam sein.9
- Eine Inhalation von Ipratropiumbromid vor der Belastung kann bei manchen Patienten evtl. wirksam sein.10
Operative Therapie
- Endoskopische Supraglottoplastik
- Indizierte und wirksame Therapie, falls die konservative Behandlung nicht zum Erfolg führt und der CLE-Test eine Verengung der Supraglottisregion bestätigt hat.
Prävention
- Die genaue Ursache der Erkrankung ist nicht bekannt, und präventive Maßnahmen sind nicht indiziert.
- Die Therapie zielt in erster Linie darauf ab, die Angst vor den Attacken zu verringern und neuen Attacken vorzubeugen.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Bei starker körperlicher Belastung tritt eine Dyspnoe mit inspiratorischem Stridor auf.
- Über den natürlichen Verlauf der Erkrankung ist wenig bekannt.
- Den meisten Patienten hilft die Behandlung.
Komplikationen
- Angstzustände
- Vermeidung starker körperlicher Belastung
- Soziale Isolation
- Die EILO ist nicht mit einer erhöhten Morbidität oder Mortalität verbunden.
Prognose
- Die Symptome nehmen mit der Zeit tendenziell ab.
- Wahrscheinlich trägt das Wissen der Patienten um den Krankheitsprozess dazu bei, dass sie den Beschwerden gelassener gegenüberstehen und etwaige Ängste abgebaut werden.
- Die nachlassenden Symptome können auf eine reale Besserung zurückzuführen sein oder darauf, dass die Patienten ihre körperlichen Aktivitäten an die Beschwerden anpassen.
- Nahezu alle Patienten, die operiert werden, sind danach beschwerdefrei.11
Verlaufskontrolle
- Nach individueller Einschätzung und in Zusammenarbeit mit einem Spezialisten
- Erfolg der selbstständig durchgeführten Maßnahmen kontrollieren.
- Die Patienten sollten körperliche Anstrengung nicht meiden.
- Verständnis für den Krankheitsmechanismus entwickeln.
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patienten informieren?
- Was bei den Attacken in der Kehlkopfregion passiert.
- Dass die Erkrankung ungefährlich ist.
Patienteninformationen in Deximed
Quellen
Literatur
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Autoren
- Ingard Løge, spesialist allmennmedisin, universitetslektor, institutt for sammfunsmedisinske fag, NTNU, redaktør NEL