Risiken bei langen Flugreisen

In diesem Artikel werden einige der Risiken betrachtet, die mit langen Flugreisen einhergehen.

Was sind die Risiken bei langen Flugreisen?

Immer mehr Menschen reisen an weit entfernte Ferienorte. Flugzeiten von 10–15 Stunden sind nicht ungewöhnlich. Die Passagiere sitzen eng aneinandergedrängt und aufrecht, meist gibt es nur begrenzte Möglichkeiten, sich zu bewegen oder die Beine auszustrecken.

Venenthrombose und Lungenembolie

Langes Stillsitzen kann nachteilig sein. Es erhöht das Risiko von Blutgerinnseln in den Beinen. Das Blut sammelt sich in Füßen und Beinen. Normalerweise wird das Blut, wenn es zurück in Richtung Herz gepumpt werden soll, in den Blutgefäßen der Beine (Venen) aufwärts gepresst, wenn die Muskulatur in Beinen und Oberschenkeln angespannt wird (sog. Muskelpumpe). Wenn Sie gehen oder sich auf andere Art bewegen, werden die Muskeln abwechselnd angespannt und entspannt. Durch die Anspannung der Muskeln werden die Blutgefäße zusammengedrückt. Da die Blutgefäße in Beinen und Oberschenkeln Klappen haben, die verhindern, dass das Blut zurückströmt, wird das Blut in Richtung Herz gedrückt – es zirkuliert. Sitzen Sie jedoch lange still, wird der Blutkreislauf gestört.

Stockendes Blut gerinnt leicht und kann Blutgerinnsel bilden. Solche Blutgerinnsel blockieren die Blutgefäße und erzeugen eine Entzündungsreaktion (tiefe Venenthrombose). In manchen Fällen kann sich ein solches Blutgerinnsel lösen und mit dem Blut in Richtung Herz und Lunge wandern. Dort kann es ein Blutgerinnsel in der Lunge verursachen (Lungenembolie) – eine möglicherweise lebensbedrohliche Erkrankung.

Im Flugzeug ist die Luft vergleichsweise trocken. Die Austrocknung des Körpers durch Flüssigkeitsverlust erhöht die Gefahr von Blutgerinnseln. Das Blut wird dicker, fließt langsamer und gerinnt schneller. Ein weiterer begünstigender Faktor ist der niedrige Sauerstoffgehalt aufgrund des niedrigen Luftdrucks in der Kabine.

Risikofaktoren

Das Risiko für das Auftreten einer tiefen Venenthrombose während einer Flugreise ist insgesamt gering. Es steigt an bei Reisenden, bei denen weitere individuelle Risikofaktoren vorliegen.

Ein stark erhöhtes Risiko haben Personen, die bereits Blutgerinnsel hatten oder eine erhöhte Thromboseneigung (Thrombophilie) haben, sowie Personen, die an einer Krebserkrankung oder einer anderen schwerwiegenden Grunderkrankung leiden.

Weitere Risikofaktoren sind höheres Alter (über 60 Jahre), Vorkommen von Blutgerinnseln in der Familie, chronische Herzinsuffizienz, Herzinfarkt in der Vorgeschichte, Gipsverband am Bein, Hormonbehandlung und starkes Übergewicht. In der Schwangerschaft und nach der Entbindung sowie bei ausgeprägten Krampfadern ist das Risiko für Blutgerinnsel leicht erhöht.

Das Risiko eines Blutgerinnsels steigt mit der Reisedauer und der Anzahl der Risikofaktoren. Wenn Sie eine längere Flugreise von mehr als 6 Stunden unternehmen wollen und zur Risikogruppe für Blutgerinnsel gehören, sollten Sie sich zu vorbeugenden Maßnahmen ärztlich beraten lassen.

Häufigkeit

Im Jahr 2021 starteten oder landeten auf deutschen Flughäfen insgesamt 78,6 Mio. Passagiere. Es gibt keine genauen Zahlen über die Häufigkeit von Blutgerinnseln bei Flugreisen, aber das Erkrankungsrisiko ist sehr gering. Bei Flugreisen über 6 Stunden Dauer scheint das Thromboserisiko etwa 2- bis 4-fach erhöht zu sein.

Vorbeugung

Da Blutgerinnsel zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen können, ist es ratsam, einige einfache Empfehlungen zu befolgen.

Vor der Abreise

  • Wenn Sie Krampfadern oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben, können Flüge, die länger als ein paar Stunden dauern, ein geringes Zusatzrisiko für Blutgerinnsel darstellen. Sie sollten sich daher ärztlich beraten lassen, wenn Sie eine lange Flugreise vor sich haben und zur Risikogruppe gehören.
  • Bei hohem Risiko, d. h. besonders bei Personen, die bereits ein Blutgerinnsel hatten, ist es ratsam, eine Spritze mit sog. niedrigmolekularem Heparin zu verordnen, die kurz vor der Abreise zum Flughafen verabreicht wird. Dabei handelt es sich um einen sehr wirksamen Blutverdünner, dessen Wirkung etwa 1 Tag lang anhält.
  • Für einige Menschen mit erhöhtem Risiko kann es hilfreich sein, Kompressionsstrümpfe zu tragen. Diese stimulieren den Blutkreislauf und verhindern, dass die Beine anschwellen. Dadurch vermindern sie das Risiko von Blutgerinnseln.
  • Allerdings sollten Sie sich auch mit solchen Strümpfen während des Fluges bewegen.

Während des Fluges

  • Ziehen Sie zur Reise locker sitzende und bequeme Kleidung an, vermeiden Sie enge Socken.
  • Sie sollten mindestens einmal pro Stunde aufstehen und etwas gehen. Machen Sie eventuell eine Kniebeuge im Gang oder wippen Sie mit den Füßen.
  • Vermeiden Sie es, die Beine übereinanderzuschlagen.
  • Trinken Sie reichlich! Auch wenn Sie es nicht bemerken, verlieren Sie viel Flüssigkeit, wenn Sie lange Zeit in einem Flugzeug verbringen. Die Luft in Flugzeugen ist trocken. Dies kann zur Austrocknung des Körpers und zu einem größeren Gerinnungsrisiko des Blutes führen.
  • Vor allem sollten Sie Wasser trinken. Bedenken Sie, dass sowohl Alkohol als auch Kaffee und Tee entwässernd wirken.

Nach dem Flug

  • Wenn Sie am Ende einer Flugreise Schwierigkeiten beim Anziehen eines Schuhs haben, weil der Fuß geschwollen ist, sollten Sie dies beobachten. Haben Sie beim Aussteigen aus dem Flugzeug Schmerzen in einem Bein, sollten Sie ebenfalls aufmerksam sein. Wenn die Schmerzen mehrere Stunden/Tage nach der Flugreise anhalten und die Schwellung im Fuß oder Bein nicht zurückgeht, sollten Sie ärztlichen Rat suchen. Bei einer tiefen Venenthrombose kann sich zusätzlich die Haut rötlich oder bläulich verfärben und warm anfühlen.
  • Atemnot, Schmerzen in der Brust und Husten können Symptome einer Lungenembolie sein. Wenn diese Beschwerden nach einer Flugreise auftreten, sollten Sie ärztliche Hilfe suchen.

Prognose

Ganz allgemein besteht nur ein sehr geringes Risiko für ein Blutgerinnsel in Verbindung mit Flugreisen. Das Risiko steigt allerdings mit der Reisedauer.

Weitere Informationen

Autorin

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Thromboseprophylaxe, Flugreisen. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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