Botulismus

Botulismus ist eine Erkrankung, die durch das Gift des Bakteriums Clostridium botulinum verursacht wird. Es führt zu Lähmungen von Nerven und ist eines der stärksten bakteriellen Gifte.

Was ist Botulismus?

Definition

Botulismus ist eine Erkrankung, die durch das Gift des Bakteriums Clostridium botulinum verursacht wird. Das Bakterium kommt weltweit in Erdböden, im Meeresboden und im Darm von Tieren vor. Das Toxin (Gift) des Bakteriums verursacht u. a. schlaffe Lähmungen und Sehstörungen. Eine Lähmung des Zwerchfells kann durch einen einsetzenden Atemstillstand tödlich verlaufen.

Clostridien sind sog. sporenbildende Bakterien. Bei ungünstigen Umweltbedingungen (z. B. Hitze oder Kälte) können sie als Sporen mit verringerter Stoffwechselaktivität länger überleben. Nach einer Ruhezeit können sie dann wieder aktiv werden, sich vermehren und Gifte bilden.

Die Krankheit tritt in drei Formen auf:

1. Nahrungsmittelbotulismus

Diese häufigste Form beruht auf der Aufnahme von Giftstoffen über die Nahrung. Dabei entsteht das Toxin unter anaeroben (sauerstofffreien) Bedingungen, wie sie z. B. in Konserven mit Gemüse oder Fleisch vorherrschen. Meistens sind es selbsteingelegte Konserven und keine industriell hergestellte Ware.

2. Wundbotulismus

Wunden, die mit dem Bakterium Clostridium botulinum kontaminiert sind und nicht richtig gereinigt wurden, können in seltenen Fällen zur Produktion des Toxins und somit zur Erkrankung führen (z. B. bei  intravenösem Drogenkonsum).

3. Säuglingsbotulismus

Bei Kleinkindern unter 1 Jahr kann die Einnahme des Bakteriums dazu führen, dass sich das Toxin im Darm bildet und zur Erkrankung führt. Dies passiert am häufigsten nach dem Verzehr von Honig.

Symptome

Der Verlauf der Vergiftung kann stark variieren. Die Symptome reichen von Bauchschmerzen bis hin zu schweren Beschwerdebildern.

Beim Nahrungsmittelbotulisumus, der häufigsten Form in Deutschland, beginnt die Erkrankung oft mit Übelkeit und Erbrechen, Durchfällen und Sehstörungen (z. B. Doppelbilder und Probleme, klar zu sehen). Später kommt es zu Mundtrockenheit und Schwierigkeiten beim Schlucken und Sprechen. Innerhalb von 3–7 Tagen können sich Atembeschwerden bis zur Atemlähmung entwickeln.

Nahrungsmittelbotulismus

Es kann 12–36 Stunden nach der Einnahme des Giftstoffs dauern, bis die Symptome auftreten.

Wundbotulismus

Wundbotulismus macht sich üblicherweise zwischen 4 und 14 Tagen bemerkbar. Am häufigsten sind zunächst Lähmungen von Muskeln im Bereich der Hautläsionen, ein späterer Verlauf, wie oben beschrieben, ist möglich.

Säuglingsbotulismus

Säuglingsbotulismus beginnt mit Verstopfung, Verweigerung der Nahrungsaufnahme und Ruhelosigkeit. Mit fortschreitender Vergiftung treten Schluckstörungen, hängende Augenlider und eine zunehmende Muskelschwäche auf.

Ursachen

Die Ansteckung erfolgt über toxinhaltige Lebensmittel oder die Verunreinigung von Wunden. Botulismus wird nicht von Mensch zu Mensch übertragen.

Das Bakterium Clostridium botulinum bildet ein starkes, natürliches Gift (Toxin). Dieses wird über die Darmschleimhaut oder über Wunden in den Kreislauf aufgenommen. Es führt in erster Linie zur Lähmung der Nerven. Der Giftstoff blockiert einen Signalstoff (Acetylcholin), den der Körper verwendet, um Impulse an Muskeln zu senden. Die Nerven können diese nicht an die Muskeln weitergeben, was zu einer schlaffen Lähmung der Muskeln führt.

Die häufigsten Quellen für Botulismusbakterien sind hausgemachte Fleisch- und Gemüsekonserven, wenn die Konservierung nicht korrekt erfolgt ist. Seltener sind industriell hergestellte Produkte betroffen.

Botulismustoxin findet sich häufig in Nahrungsmitteln wie Gemüse, Fleisch, eingelegtem oder geräuchertem Fisch und anderen Meerestieren. Auch z. B. Chilischoten, in Öl eingelegter Knoblauch, Käsesaucen und eingelegte Zwiebeln können durch Clostridium botulinum verunreinigt sein.

Die Verwendung von unreinen Spritzen bei Drogenkonsument*innen kommt auch als Ursache infrage (Wundbotulismus). Bei Säuglingen ist Honig die häufigste Infektionsquelle (Säuglingsbotulismus).

Häufigkeit

Botulismus tritt weltweit auf, ist aber insgesamt selten.

Während in Deutschland fast ausschließlich Fälle von Nahrungsmittelbotulismus gemeldet wurden, ist in den USA (100–110 Fälle/Jahr) der Neugeborenenbotulismus am häufigsten (70 % der Fälle), gefolgt von Nahrungsmittel- (25 %) und Wundbotulismus (5 %).

In Deutschland wurden 2020 drei Fälle von Nahrungsmittelbotulismus gemeldet.

Untersuchungen

Die Erfassung der Krankengeschichte, Hinweise auf verzehrte Speisen und die Schilderung der typischen Symptome geben Hinweise auf eine Botulismusinfektion. Wichtig ist auch zu prüfen, ob es weitere Erkrankungsfälle in der Umgebung gibt.

Das Toxin kann im Blut, im Stuhl, in Erbrochenem/Mageninhalt oder in verdächtigen Nahrungsmitteln nachgewiesen werden.

Das Bakterium selbst kann im Stuhl nachgewiesen werden (z. B. bei Säuglings- oder Wundbotulismus).

Eventuell sind neurologische Untersuchungsmethoden notwendig, wie die Messung von Nerven- und Muskelaktivität (ENG und EMG).

Behandlung

Beim Verdacht auf Botulismus wird die betroffene Person in eine Klinik eingewiesen und dort behandelt, bei schweren Vergiftungen erfolgt die Behandlung auf einer Intensivstation. Es kann erforderlich sein, Flüssigkeiten und Nährstoffe direkt ins Blut zu geben, gerade wenn Schwierigkeiten beim Schlucken bestehen. Eventuell müssen die Patient*innen vorübergehend an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden.

Bei Nahrungsmittelbotulismus kann bei frühem Symptombeginn eine Magenspülung erfolgen. Innerhalb von 48 Stunden nach mutmaßlicher Aufnahme durch verunreinigte Lebensmittel kann ein Gegenmittel (Botulismus-Antitoxin) verabreicht werden.

Bei Wundbotulismus wird die Wunde sorgfältig chirurgisch gereinigt und ein Antibiotikum verordnet.

Was können Sie selbst vorbeugend tun?

Achten Sie bei Konserven darauf, dass die Einweckgläser und Dosen unversehrt sind, und die Lebensmittel ausreichend erhitzt und gegart wurden. 

Bei der Herstellung und Verwendung von konservierten Lebensmitteln ist die korrekte Zubereitung die wichtigste Maßnahme. Achten Sie bei geräuchertem Fisch oder Fleisch auf ausreichende Garzeiten bei mindestens 85 °C. Das Toxin wird durch Erhitzen für 5 min > 80 °C oder  für 1 min > 85 °C unschädlich gemacht.

Zum Einkochen von Lebensmitteln werden spezielle Druckkochtöpfe benötigt, denn die Sporen selbst sind sehr wärmeresistent, und die Abtötung erfordert eine Erwärmung bis auf 120 °C. Dies lässt sich mit einem herkömmlichen Topf nicht erreichen. Durch Einfrieren werden die Sporen nicht abgetötet.

Kinder unter 2 Jahren sollten keinen Honig verzehren.

Prognose

Bei rechtzeitiger und ausreichender Behandlung ist die Prognose gut. Schwere Vergiftungen können allerdings zum Tod führen.

Die Wirkung des Botulinum-Toxins kann bis zu 12 Wochen andauern, die komplette Erholung von etwaigen Lähmungen kann in schweren Fällen Monate dauern.

Eine bereits überstandene Vergiftung führt nicht zu einem Immunschutz und schützt nicht vor einer weiteren Ansteckung. Es gibt keinen Impfstoff gegen das Gift.

Weitere Informationen

Autorin

  • Susanna Allahwerde, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Berlin

Links

Autoren

Ehemalige Autoren

Updates

Gallery

Snomed

Click to edit

Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Botulismus. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

  1. Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Botulismus. AWMF-Leitlinie, S1, Nr. 030-109. Stand 2017. www.awmf.org
  2. Lonati D, Schicchi A, Crevani M, Buscaglia E, Scaravaggi G, Maida F, Cirronis M, Petrolini VM, Locatelli CA. Foodborne Botulism: Clinical Diagnosis and Medical Treatment. Toxins (Basel). 2020 Aug 7;12(8):509. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Robert Koch-Institut. Botulismus. RKI-Ratgeber 2021. www.rki.de
  4. Robert Koch-Institut. Infektionsepidemiologisches Jahrbuch für 2020. www.rki.de
  5. Chatham-Stephens K, Fleck-Derderian S, Johnson SD, Sobel J, Rao AK, Meaney-Delman D. Clinical Features of Foodborne and Wound Botulism: A Systematic Review of the Literature, 1932–2015. Clin. Infect. Dis. Off. Publ. Infect. Dis. Soc. Am. 2017;6:S11–S16. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov