Dermatoskopie

Allgemeine Informationen

  • Die Dermatoskopie ist ein diagnostisches Hilfsmittel bei pigmentierten und unpigmentierten Hautläsionen, vor allem bei V. a. malignes Melanom.1-2
  • Sie soll in Zusammenschau mit klinischen Informationen und einer Inspektion mit bloßem Auge beurteilt werden.1-2
  • Sie ermöglicht es, tiefer liegende Hautstrukturen erkennen, die mit bloßem Auge nicht sichtbar sind.3
  • Sie setzt Kenntnisse über die verschiedenen erkennbaren Strukturen sowie die Merkmale der jeweiligen Hautläsionen voraus.
    • Ohne ausreichende Schulung/Erfahrung durchgeführt, kann sie die Genauigkeit der Untersuchung sogar verschlechtern.4
  • Der visuelle Verdacht auf ein malignes Melanom kann derzeit nur durch eine Exzision und histopathologische Untersuchung bestätigt werden.
  • Ziel ist es, ein malignes Melanom zu einem frühen Zeitpunkt zu erkennen, die Zahl unnötiger chirurgischer Exzisionen zu verringern und den Anteil der malignen Läsionen in den Überweisungen an Spezialist*innen zu erhöhen.1-3,5

Funktionsweise

  • Das Dermatoskop (Auflichtmikroskop) ist ein Handmikroskop, das aus einer Lichtquelle und einem Vergrößerungsglas besteht, das in der Regel eine bis zu 10-fache Vergrößerung zulässt.
  • Die Lichtquelle besteht aus polarisiertem oder unpolarisiertem Licht, ggf. auch aus beidem.
  • Indem die Lichtreflexion an der Hautoberfläche reduziert wird, können Strukturen direkt unter der Hautoberfläche sichtbar gemacht werden.
  • Polarisiertes und unpolarisiertes Licht liefern jeweils leicht unterschiedliche Bilder und Informationen, sodass manche Dermatoskope beide Lichtformen haben, um sich ergänzende Informationen zu liefern.6

Unpolarisiertes oder polarisiertes Licht

  • Dermatoskope mit unpolarisiertem Licht
    • Aufsetzen auf der Haut mit einer Immersionsflüssigkeit (Öl, Gel)
    • Stabile Fixierung auf der Haut, wenn eine Kamera zur Dokumentation eingesetzt wird.
  • Dermatoskope mit polarisiertem Licht
    • Hautkontakt und Immersionsflüssigkeit sind nicht nötig.
    • bessere Hygiene
    • Ohne Immersionsflüssigkeit lassen sich multiple Läsionen schneller untersuchen.6

Indikationen

Hautkrebs-Früherkennung

  • In Deutschland haben Versicherte in der vertragsärztlichen Versorgung ab dem 35. Lebensjahr alle 2 Jahre Anspruch auf eine Früherkennungsmaßnahme zur Erkennung von Malignomen der Haut, die durch Dermatolog*innen und Hausärzt*innen nach Teilnahme an einer zertifizierten Fortbildung durchgeführt werden kann.7
  • Bei Risikopersonen sollte die Frequenz der Inspektionen individuell festgelegt und die Patient*innen in der Selbstuntersuchung geschult werden.5
  • Zur Früherkennung gehören: 
    • Aufklärung über Ablauf, Vor- und Nachteile des Screenings
    • Anamnese
    • visuelle Inspektion des gesamten Integuments einschließlich des behaarten Kopfes und aller Hautfalten
    • bei auffälligen Befunden Überweisung an eine dermatologische Praxis zur erneuten fachärztlichen Ganzkörperinspektion und Beurteilung bzw. ggf. Exzision der Läsion zur histopathologischen Untersuchung
    • Aufklärung der Patient*innen über das Ergebnis des Screenings
    • Beratung bezüglich des Risikoprofils der Patient*innen und Präventionsmaßnahmen
    • Dokumentation.5,7-8
  • Die Inspektion kann mit bloßem Auge durchgeführt werden. Das Dermatoskop kann bei entsprechender Ausbildung zur genaueren Untersuchung auffälliger Läsionen verwendet werden.5,7-8
  • Dermatolog*innen wird empfohlen, die Dermatoskopie zur Diagnostik von Hautveränderungen anzubieten und sich entsprechend fortzubilden.8
  • Das Screening erhöht die Erkennungsrate von Hautkrebs und könnte dadurch Einfluss auf Morbidität und Mortalität haben.5
  • Nachteile für die Patient*innen können durch unnötige Exzisionen gutartiger Hautläsionen, Überdiagnose, Übertherapie sowie dadurch entstehende psychologische Belastungen oder übersehene auffällige Befunde entstehen.5
  • Während die federführenden Fachgesellschaften in der S3-Leitlinie zur Prävention von Hautkrebs von 2021 ein Hautkrebsscreening in der allgemeinen erwachsenen Bevölkerung empfehlen, sieht die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) in einem Sondervotum keine ausreichende Evidenz für deren Nutzen und empfiehlt eine Durchführung nur nach ausgewogener Aufklärung über Nutzen und Risiko bei Personen mit erhöhtem Risiko.5
  • Auch ein Cochrane-Review von 2019 und eine Übersichtsarbeit des US Preventive Services Task Force 2016 sehen keine ausreichenden Evidenzgrundlage, um ein Hautkrebsscreening in der allgemeinen Bevölkerung zu empfehlen. Die Empfehlungen dieser Arbeiten beziehen sich ausdrücklich nicht auf Patient*innen aus Gruppen mit erhöhtem Risiko für Hautkrebs.9-10

Leitlinie: Prävention von Hautkrebs (Kurzversion)5

Empfehlungen zum Hautkrebsscreening

  • Im Rahmen der Prävention von Hautkrebs sollte ein Hautkrebsscreening angeboten werden.
  • Die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) bewertet die Evidenz für den Nutzen eines generellen Hautkrebsscreenings als unzureichend. 
    • Daher soll kein anlassloses Hautkrebs-Screening angeboten werden.
    • Im Einzelfall kann eine Früherkennung auf Hautkrebs nach ausgewogener Aufklärung über Vor- und Nachteile durchgeführt werden, insbesondere bei Menschen mit erhöhtem Risiko.
  • Zum Hautkrebs-Screening soll eine standardisierte  Ganzkörperinspektion der Haut von Ärzt*innen durchgeführt werden, die an einer speziellen, in der Krebsfrüherkennungsrichtlinie definierten Fortbildung zur Früherkennung von Hautkrebs teilgenommen haben.
    • Bei der Ganzkörperinspektion soll der Untersuchungsraum ausreichend hell sein und die Untersucher*innen so nah an die Patient*innen herantreten, dass sie mit dem bloßen Auge auch kleine Hautveränderungen erkennen können.
    • Die zu screenende Person soll zu Beginn des Screenings/der Verdachtsdiagnostik nach Veränderungen an ihrer Haut befragt werden.
  • Im Rahmen eines Hautkrebsscreenings sollte der Vorstellungszeitraum zur weiteren Befundsicherung nach Verdacht auf ein malignes Melanom, Basalzellkarzinom oder Plattenepithelkarzinom 10 Tage nicht überschreiten.
  • Die Hautselbstuntersuchung soll empfohlen werden.
    • Risikopersonen sollen so geschult werden, dass diese eine Selbstuntersuchung der Haut durchführen können, um auffällige Hautläsionen zu identifizieren.
  • Dermatolog*innen sollen zur Verdachtsdiagnostik pigmentierter und nicht-pigmentierter Haut- und Nagelveränderungen die Dermatoskopie anbieten.
  • Die histopathologische Untersuchung einer geeigneten Gewebeprobe ist die Standardmethode der Bestätigungsdiagnostik.
    • Zur Bestätigung einer verdächtigen Läsion soll die histopathologische Diagnostik angewandt werden.

Weitere Indikationen

  • Eine Inspektion des Integuments, ggf. ergänzt durch eine Dermatoskopie, ist empfehlenswert, wenn
    • sich Patient*innen mit einem Nävus vorstellen, der ihnen Sorgen bereitet.
    • Ärzt*innen eine verdächtige Hautläsion bemerken.
    • bei der jeweiligen Person ein erhöhtes Melanom-Risiko besteht:
      • früheres Melanom
      • Melanom-Fälle in der Familie
      • Männer über 50 Jahre europäischer Abstammung 
      • Sonnenexposition (insbesondere intermittierende Exposition) und Sonnenbrände
      • viele Nävi, große Nävi oder mehrere atypische Nävi
      • Hauttyp, insbesondere Hauttyp 1.5,11-12
    • bei der Person ein erhöhtes Risiko für nicht-melanozytären Hautkrebs besteht:
  • Neben malignen und prämalignen Läsionen kann die Dermatoskopie auch bei der Erkennung gutartiger Läsionen wie seborrhoischer Keratose, Angiomen, Dermatofibromen, blauen Nävi, Skabies, Läusen oder Fremdkörpern hilfreich sein.
  • Die Dermatoskopie ist kein Ersatz für eine gezielte Untersuchung samt Anamneseerhebung und Inspektion, kann jedoch Zusatzinformationen liefern.

Testeigenschaften

  • Die Dermatoskopie kann sowohl bei der Erkennung melanozytärer als auch nicht-melanozytärer Hautkrebsarten eine hilfreiche Ergänzung zur Inspektion mit bloßem Auge sein.1-2
  • Bei der Diagnose des malignen Melanoms mit bloßem Auge liegt die diagnostische Treffsicherheit bei ca. 70 % und kann mithilfe der Dermatoskopie auf fast 90 % steigen.13
  • Durch die Dermatoskopie kann so die Anzahl diagnostischer Exzisionen reduziert werden.3
  • Allerdings basiert der aussagekräftige Einsatz der Dermatoskopie vor allem auf umfangreicher Erfahrung.1
  • Hausärzt*innen untersuchen in ihrer Praxis in der Regel keine ausreichende Zahl an Patient*innen mit malignen Hautveränderungen, um denselben Nutzen aus einer Dermatoskopie ziehen zu können wie Dermatolog*innen.
    • Ohne Vorkenntnisse oder entsprechende Schulung kann die Dermatoskopie die diagnostische Sensitivität verringern.4
    • Mehreren Studien zufolge kann die diagnostische Treffsicherheit im Hinblick auf das maligne Melanom erhöht werden, wenn die Untersuchenden eine  kurze Schulung in der Anwendung der Dermatoskopie absolvieren.3
    • Auch im hausärztlichen Bereich belegten mehrere Studien, dass bei entsprechender Erfahrung bzw. nach einer Schulung die Dermatoskopie der Sensitivität für die Erkennung maligner Hautläsionen steigert.14-16
    • Die Aufgabe der Hausärzt*innen liegt hier vor allem bei der Erkennung suspekter Läsionen zur Weiterleitung an die Dermatologie.1
  • Da die Dermatoskopie auf der Erkennung typischer Merkmale maligner Hautläsionen beruht, ist die Sensitivität bei uncharakteristischen Läsionen wesentlich geringer. Dies macht z. B. etwa 5–10 % der Melanome aus.3
  • Die Rolle computerassistierter Systeme zur Erkennung von Hautkrebs ist derzeit noch unklar.17

Die Untersuchung 

Farben

  • Durch das Dermatoskop lassen sich verschiedene Farben in der Haut erkennen.
  • Die Farben entsprechen verschiedenen Hautstrukturen, wobei die Strukturen in den verschiedenen Hautschichten unterschiedliche Farben aufweisen können.
  • Melanin kann je nachdem, ob es oberflächlich in der Epidermis, tief in der Epidermis oder in der Dermis vorliegt, schwarz, braun oder blau erscheinen.3,18-19

Farbe3,18-19

Struktur

Hautschicht

Schwarz

Melanin

Hornschicht oder oberflächlich in der Epidermis

Braun

Melanin

tiefe Epidermis

Grau

Melanin

oberflächliche Dermis

Blau

Melanin

tiefe Dermis

Weiß

Kollagen

Dermis

Gelb

Keratin

oberflächliche Epidermis

Rot

Blut

Dermis

Strukturen und Muster pigmentierter Läsionen

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.3,18-19
  • Die verschiedenen Strukturen und Muster spiegeln die Verteilung von Pigment, Keratin, Kollagen und Gefäßen wider (siehe Illustrationen unten).

Struktur

Beschreibung

Malignes Melanom

Globuli

Symmetrische runde oder ovale Strukturen mit einer Größe von mehr als 0,1 mm; können verschiedene Farben aufweisen; liegen in Nestern gesammelt, verstreut, am Rand der Läsion oder gleichmäßig verteilt vor.

Bei gutartigen Nävi im Zentrum der Läsion gelegen und regelmäßig in Größe und Form

beim Melanom braun und/oder schwarz

bei bösartigen Nävi periphere Lage und unregelmäßige Form, Größe und Farbe

Punkte

kleine, runde, schwarze, braune, oder blaugraue Strukturen mit einer Größe von unter 0,1 mm

Schwarze Punkte können auch in gutartigen Nävi auftreten und befinden sich dann häufig im Zentrum der Läsion.

bei bösartigen Nävi periphere Lage und unregelmäßige Form, Größe und Farbe

Flecke

schwarze oder dunkelbraune homogene Strukturen aus konzentriertem Pigment

asymmetrisch, peripher lokalisiert, inhomogene Färbung

Streifen

radiär vom Tumor ausgehende Streifen vom Tumor; beim Spitz-Nävus in der gesamten Läsion gleichmäßig und symmetrisch

beim Melanom unregelmäßig und peripher gelegen

Pseudopodien

fingerartige, dunkel pigmentierte Strukturen am Rand der Läsion

beim Melanom unregelmäßig, symmetrisch oder lokalisiert

Blau-weißlicher Schleier

blaue konfluierende Pigmente mit darüberliegenden milchglasartigen Schleiern

beim blauen Nävus homogenes blaues Pigment in der gesamten Läsion

Fokales blaues Pigment verschiedener Farbtöne ist ein Zeichen für Malignität.

Gefäße

 

 

polymorph, unregelmäßig und schlangenartig oder gepunktet mit milchigem Hintergrund

Kristalline Strukturen  

parallel angeordnete weiße Linien

 

Muster3,18-19

Beschreibung

Malignes Melanom

Pigmentnetz

gitterartiges Netzwerk aus pigmentierten Linien 

Ein typisches Netzwerk ist regelmäßig, bedeckt nahezu die gesamte Läsion und dünnt zum Rand hin aus.

Atypische Netze sind unregelmäßig, weisen verbreiterte Gitterlinien auf und sind deutlich/scharf von der gesunden Haut abgegrenzt.

Pseudo-Netzmuster

diffuse Pigmentierung mit hellen Arealen dazwischen, meist in der Gesichtshaut

 

Negatives Netzmuster

 

schlangenartige, hypopigmentierte Linien zwischen unregelmäßig geformten pigmentierten Strukturen

Regressions-strukturen

 

narbenartige Depigmentierungen, heller bis blau-weißlich, schleierartig 

Strukturlose Areale

Bereiche ohne Netz und Struktur, meist heller als übrige Läsion

in der Peripherie der Läsion, mehr als 10 % der Gesamtgröße

Merkmale des malignen Melanoms

  • Siehe Artikel Malignes Melanom.
  • Allgemeines Erscheinungsbild
    • Asymmetrie
    • unregelmäßige, eher scharfe Begrenzung
    • inhomogene, meist dunkle Farbe
    • Durchmesser (häufig genannt: > oder = 6 mm)
    • Größenzunahme3,18,20
  • Dermatoskopie
    • Das Risiko für ein Melanom ist laut einer Metaanalyse am größten bei:21
      • glänzenden weißen Strukturen (OR 6,7)
      • atypischen Pseudopodien (OR 6,7)
      • unregelmäßiger Pigmentierung (OR 6,4)
      • atypischen blau-weißen Strukturen/blau-weißlichem Schleier (OR 6,3)
      • grau-blauen Flecken (OR 6,3).
    • Andere Kennzeichen können sein:
      • atypische Pigmentnetze
      • negatives Pigmentnetzwerk
      • atypisches Gefäßmuster
      • unregelmäßige Streifen
      • asymmetrische, fokale Flecke
      • atypische Punkte oder Globuli
      • kristalline Strukturen 
      • periphere strukturlose Areale
      • Regressionsstrukturen.3,18

Algorithmen für die Differenzierung pigmentierter Läsionen

  • Es wurden mehrere Algorithmen für die Dermatoskopie entwickelt, die primär der Differenzierung benigner und maligner pigmentierter Hautläsionen dienen.
  • Die Algorithmen existieren teilweise in verschiedenen Varianten.
  • Sie sind als Ergänzung zur allgemeinen klinischen Einschätzung gedacht. Im Allgemeinen erhöhen die Algorithmen die diagnostische Genauigkeit, allerdings variieren Sensitivität und Spezifizität in verschiedenen Studien.
  • Bei der dermatoskopischen Beurteilung verdächtiger pigmentierter Läsionen scheint sich mit einer Musteranalyse eine höhere diagnostische Treffsicherheit erzielen zu lassen als mit anderen Algorithmen.3,22-23

Klinische ABCD(E)-Regel23

  • Diese weit verbreitete Regel dient der Einschätzung der Malignität pigmentierter Hautläsionen mit dem bloßen Auge:
    • A = Asymmetrie von Begrenzung und Struktur
    • B = unregelmäßige Begrenzung
    • C = unregelmäßiges, oft dunkles Kolorit
    • D = Durchmesser (meist > oder = 6 mm)
    • E = Evolution über die Zeit (dieses Kriterium wird nicht immer beschrieben).

ABCD-Regel der Dermatoskopie3,23

  • In der klassischen ABCD-Regel der Dermatoskopie steht „D“ nicht für Durchmesser, sondern für dermatoskopisch malignitätssuspekte Strukturen.
  • Die Evaluierung erfolgt mit einem Punktesystem für jeden Aspekt:
    • A = Asymmetrie von Begrenzung und Struktur
    • B = unregelmäßige, oft scharfe Begrenzung (gegenüber einer in der Peripherie langsam abnehmenden Pigmentdichte)
    • C = Colorit
    • D = malignitätssuspekte dermatoskopische Strukturen.

3-Punkte-Checkliste18

  • Sehr einfacher, aber sensitiver Algorithmus mit nur 3 Kriterien:
    1. Asymmetrie von Muster und Farbe (nicht der Begrenzung)
    2. irreguläres Pigmentnetzwerk
    3. blau-weiße Schleier, weiße narbige Depigmentierungen oder blaue Granulierungen.
  • Beim Vorhandensein von 2 Kriterien wird eine weitere Evaluation bzw. Exzision empfohlen.
  • Aufgrund seiner Einfachheit gut für die Hausarztpraxis geeignet

Musteranalyse3,18,23

  • Qualitative Analyse von Mustern und Strukturen auf typische benigne bzw. typisch maligne Charakteristika.
  • Kriterien
    • allgemeine Erscheinung
    • Pigmentierung und Muster der Pigmentierung
    • Farbe
    • irreguläres Pigmentnetzwerk
    • irreguläre braune Globuli
    • irreguläre schwarze Punkte
    • irreguläre Depigmentierungen
    • irreguläre, scharfe Begrenzung

7-Punkte-Checkliste3

  • Untersuchung ähnlich der Musteranalyse mit weniger Kriterien
  • Hauptkriterien (je 2 Punkte):
    • atypisches Netz
    • blau-weißlicher Schleier
    • atypisches Gefäßmuster.
  • Nebenkriterien (je 1 Punkt):
    • unregelmäßige Streifen
    • unregelmäßige Punkte/Globuli
    • unregelmäßige Pigmentierung
    • Regressionsstrukturen.
  • 3 oder mehr Punkte sprechen für ein Melanom.

Methode nach Menzies3

  • Vereinfachte Methode mit weniger Kriterien:
    • Asymmetrie des Musters 
    • Kolorit (definiert als mehr als eine Farbe)
    • Erkennung von 1 von 9 Positivmerkmalen für maligne Melanome.

CASH Algorithm3

  • Ähnelt der ABCD-Regel
  • Punktesystem mit Punkten für jedes Kriterium
  • Kriterien:
    • Kolorit
    • Regelmäßigkeit der Architektur
    • Symmetrie
    • Homogenität.

„Chaos and Clues“24

  • Definiert 5 Elemente: Streifen, Pseudopodien (fingerartige Streifen, die vom Tumor in Richtung der gesunden Haut verlaufen), Ringe, Flecken/Schollen (scharf begrenzte Strukturen beliebiger Form) und Punkte/Dots
  • Darüber hinaus werden 5 Untergruppen von Streifen unterschieden: retikuläre, verzweigte, parallele, radiäre/ausstrahlende und gebogene.
  • Liegt mindestens eine dieser Strukturen asymmetrisch verteilt vor, sollten weitere diagnostische Schritte unternommen werden.

Links

Illustrationen

Cherry angioma dermoscopy.jpg
Kirsch-Angiom
Seborrhoische Keratose mit scharfer Randbegrenzung.jpg
Klassischer Befund einer seborrhoischen Keratose mit zerebriformer Oberfläche (rechts) und eines dermalen Nävus (Quelle: Prof. Dr. med. Thomas Eigentler, Melanozytärer Nävus, Dtsch Arztebl 2019; 116[11]).
Melanozytärer Nävus mit prominentem Pigmentnetz.jpg
Melanozytärer Nävus mit prominentem Pigmentnetz (retikuläres Muster) (Quelle: Prof. Dr. med. Thomas Eigentler, Melanozytärer Nävus, Dtsch Arztebl 2019; 116[11]).
Melanozytärer Nävus mit dominanten Schollen.jpg
Melanozytärer Nävus mit dominanten Schollen (globuläres Muster) (Quelle: Prof. Dr. med. Thomas Eigentler, Melanozytärer Nävus, Dtsch Arztebl 2019; 116[11]).
Lentigo maligna – pigmentierte Follikelöffnungen.jpg
Lentigo maligna – pigmentierte Follikelöffnungen, anulär-granuläres Pigmentmuster (Quelle: Prof. Dr. med. Thomas Eigentler, Melanozytärer Nävus, Dtsch Arztebl 2019; 116[11]).
Fingerprintartiges Muster einer flachen seborrhoischen Keratose im Gesicht.jpg
Fingerprintartiges Muster einer flachen seborrhoischen Keratose im Gesicht (Quelle: Prof. Dr. med. Thomas Eigentler, Melanozytärer Nävus, Dtsch Arztebl 2019; 116[11]).
Pigmentnätverk -Typiskt - Junction Nevus.png
Typisches Pigmentnetz: braune Linien von regelmäßiger Breite. Bedecken fast die ganze Läsion und werden zum Rand dünner. Junktionsnävus.
Pigmentnätverk - Atypiskt - Melanom in situ.png
Atypisches Pigmentnetz: Linien von braunschwarzer Farbe und unregelmäßiger Breite, sind gegenüber normaler Haut scharf abgegrenzt. Melanoma in situ.
Globuli - Typiska - Intradermalt Nevus.png
Typische Globuli: runde oder ovale Strukturen > 0,1mm, symmetrisch verteilt und mit ähnlicher Farbe und Größe. Dermaler Nävus.
Globuli - Atypiska - Invasivt Melanom Breslow 0,5 mm.png
Atypische Globuli: runde oder ovale Strukturen > 0,1mm, asymmetrische Verteilung. Invasives Melanom, Breslow 0,5 mm.
Dots - Typiska - Sammansatt Nevus.png
Typische Punkte: schwarze Flecken > 0,1 mm zentral im Nävus. Compoundnävus.
Dots - Atypiska - Invasivt Melanom Breslow 0,6 mm.png
Atypische Punkte: kleine runde schwarze, braune, graue, blaugraue Strukturen < 0,1 mm, asymmetrische Verteilung. Invasives Melanom, Breslow 0,6 mm.
Blotch - Typisk - Junction Nevus med Hyperpigmentering Centralt.png
Typische Flecken: Bereiche mit konzentriertem Pigment in der ganzen Epidermis oder der Hornschicht ergeben schwarze homogene Strukturen. Junktionaler Nävus.
Blotch - Atypisk - Melanom in situ.png
Atypische Flecken: Bereiche mit konzentriertem Pigment in der ganzen Epidermis und Hornschicht ergeben schwarze homogene Strukturen. Asymmetrisch verteilt, inhomogene Färbung. Melanoma in situ.
Streaks - Typiska - Reed Nevus.png
Typische Pseudopodien: lineare, fingerartige Strukturen am Rand der Läsion. Reed-Nävus.
Streaks - Atypiska - Invasivt Melanom 1,5 mm.png
Atypische Pseudopodien: lineare fingerartige Strukturen am Rand der Läsion. Verteilung unregelmäßig. Invasives Melanom 1–5 mm.
Blåvita Strukturer - Typiska - Blått Nevus.png
Typischer blauweißlicher Schleier: homogene blaue oder blaugraue Pigmentierung in der gesamten Läsion: Blauer Nävus.
Blåvita Strukturer - Atypiska - Invasivt Melanom Breslow 0,8 mm.png
Atypischer blau-weißlicher Schleier, umgeben von anderen Befunden, die für eine melanozytäre Läsion sprechen. Fokales blaues Pigment verschiedener Farbtöne als Zeichen für Malignität. Invasives Melanom, Breslow 0,8 mm.
Negativt nätverk - Melanom in situ.png
Negatives Netzmuster mit zusammenhängenden hypopigmentierten Linien zwischen unregelmäßig pigmentierten Strukturen. Melanoma in situ.
Regression - Invasivt Melanom Breslow 0,4 mm.png
Regressionstrukturen: weiße narbenartige Läsionen. Invasives Melanom. Breslow 0,4 mm.
1480-2-malignt-melanom-dermatoskopi.jpg
Malignes Melanom in der Dermatoskopie und makroskopisch. Bereiche mit atypischem blauweißlichem Schleier und Pseudopodien, unregelmäßig verteilt.
Dermatofibrom.png
Dermatofibrom, makroskopisch und in der Dermatoskopie.
Seborrhoisk keratos.png
Seborrhoische Warze, makroskopisch und in der Dermatoskopie.
Angiom.png
Angiom, makroskopisch und in der Dermatoskopie.
Löss.png
Kopflaus, makroskopisch und in der Dermatoskopie.
Skabb.png
Milbengang bei Skabies, makroskopisch und in der Dermatoskopie.

Quellen

Leitlinien

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  • Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Diagnostik, Therapie und Prävention des Melanoms. AWMF-Leitlinie Nr. 032-024OL. S3, Stand 2019. www.awmf.org

Literatur

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Autor*innen

  • Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
  • Anneke Damberg, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Münster
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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