Skelettmetastasen

Zusammenfassung

  • Definition:Verursacht durch Ausbreitung von Tumorerkrankungen.
  • Häufigkeit:Bis zu 50 % aller Patient*innen mit Tumorerkrankungen entwickeln Knochenmetastasen.
  • Symptome:Schmerzen, Weichteilschwellungen, pathologische Frakturen oder neurologische Symptome.
  • Befunde:Abhängig von der Lokalisation der Metastase.
  • Diagnostik:Kalzium, alkalische Phosphatase und verschiedene Formen der bildgebenden Diagnostik können Metastasen aufdecken.
  • Therapie:Schmerzlinderung, Funktionserhalt, ggf. operativ, manchmal nur noch palliativ möglich.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Skelettmetastasen (oder Knochenmetastasen) sind die häufigste Manifestationsform von Malignomen am Bewegungsapparat.1
  • Viele Karzinome metastasieren ins Skelettsystem.
  • Vor allem bei Bronchial-, Mamma-, Schilddrüsen-, Nierenzell- und Prostatakarzinomen treten je nach Stadium in bis zu 80 % der Fälle ossäre Metastasen auf.1
  • Metastasen könne infolge eines direkten Einwachsens, eines retrograden venösen Blutflusses oder einer hämatogenen Ausbreitung von Tumorembolien entstehen.
  • Die Knochenmetastasen fallen durch Schmerzen, pathologische Frakturen oder neurologische Komplikationen auf.

Häufigkeit

  • Knochenmetastasen sind die häufigste maligne Tumorerkrankung der Knochen.
  • Die Häufigkeit ist leicht zunehmend, bedingt durch verbesserte Tumortherapien und längere Überlebenszeiten.
    • In Deutschland besteht eine Inzidenz von etwa 40.000 neuen Patient*innen pro Jahr bei einer Prävalenz von etwa 80.000 Patient*innen pro Jahr aufgrund des längeren Überlebens.1
  • Zusammenhang mit der Tumorart
    • 20–60 % der Patient*innen mit Nierenzellkarzinom entwickeln früher oder später Metastasen, davon ist in ca. 40 % der Knochen betroffen.2
    • Die Inzidenz von Knochenmetastasen beim metastasierten Blasenkarzinom beträgt 40 %.3
    • Bei über 80 % der Patient*innen mit metastasiertem Prostatakarzinom liegen Knochenmetastasen vor.4
      • Die Wahrscheinlichkeit von Knochenmetastasen steigt mit dem PSA-Wert.
    • Bei Männern treten Knochenmetastasen mit abnehmender Häufigkeit in Prostata, Lunge, Blase, Magen, Rektum und Kolon auf.5
    • Bei Frauen sind die häufigsten Primärtumoren Mammakarzinom, Lunge, Schilddrüse, Uterus.
    • Bei Kindern unter 5 Jahren ist die Ursache für Knochenmetastasen meist ein Neuroblastom.
    • Beim multiplen Myelom treten bei ca. 80 % der Patient*innen im Verlauf der Erkrankung Osteolysen oder osteoporotische Veränderungen auf, ca. 43 % der Betroffenen mit einem Myelom erleiden pathologische Frakturen.6
  • In 3–10 % der Fälle ist der Primärtumor unbekannt.7
  • 2/3 der Knochenmetastasen sind an der Wirbelsäule lokalisiert und davon führen ca. 10 % zu einer metastasenbedingte Myelonkompression.7

Ätiologie und Pathogenese

  • Jedes hämatogen metastasierende Malignom kann grundsätzlich das Knochenmark infiltrieren.8
  • Das Achsenskelett sowie Femur und Humerus sind die häufigsten Lokalisationen für Metastasen, was daran liegt, dass das Knochenmark peripher von Ellenbogen und Knie relativ gefäßarm ist.
  • Bezüglich der metabolischen Aktivität von Knochenmetastasen und der Reaktion des Knochens gibt es tumorspezifische Unterschiede.
  • Das Ausmaß und der Zeitpunkt der Knochenresorption und Absiedlung von Metastasen variieren und hängen von der Primärerkrankung ab.

Pathophysiologie

  • Die häufigsten Lokalisationen sind, in dieser Reihenfolge:
    • Wirbelsäule
    • Becken
    • Rippen und
    • die proximalen Extremitätenknochen.
  • Die Tumorzellen aktivieren nach hämatogener Ausbreitung entweder Osteoblasten oder Osteoklasten, die wiederum den Knochen entweder abbauen oder aufbauen.
  • Kommt es durch das Wachstum der Metastase zu einer osteoligamentären Destruktion, kann eine sekundäre Instabilität Ursache der bewegungs- und belastungsabhängigen Schmerzen sein.7
  • Die tumorbedingte Kompression neuraler Strukturen kann zu einem radikulären Verteilungsmuster oder, bei einer medullären Kompression, zu einer Schädigung der langen Rückenmarksbahnen bzw. einem Konus-Kauda-Syndrom führen.
  • Bei osteolytischen Metastasen kommt es zu einer Verminderung der Belastbarkeit des Knochens, pathologische Frakturen können die Folge sein.
  • Häufig sind die ventral lokalisierten kortikospinalen Bahnen als Erste beeinträchtigt, sodass es zu einer spastischen Paraparese kommen kann.7

ICPC-2

  • A79 Malignom NNB

ICD-10

  • C79 Sekundäre bösartige Neubildung an sonstigen und nicht näher bezeichneten Lokalisationen
    • C79.5 Sekundäre bösartige Neubildung des Knochens und des Knochenmarkes

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Bekanntes oder unbekanntes Primärmalignom
  • Patient*innen stellen sich mit zunehmenden unklaren Schmerzen am Bewegungsapparat vor.
  • Es kann bereits zu pathologischen Frakturen gekommen sein.
  • Bei bereits bekannter Tumorerkrankung sind im Rahmen des Stagings ossäre Metastasen nachzuweisen oder auszuschließen, weil sie Einfluss auf die Lebensqualität der betroffenen Patient*innen sowie auf die Therapieentscheidung, den Verlauf und die Prognose der Krankheit haben.8

Differenzialdiagnosen

Osteolytische Läsionen

  • Osteoarthrose
    • Kann subchondrale Zysten, Schmorl-Knötchen verursachen.
  • Metabolische Knochenerkrankung
  • Zystische Angiomatose
  • Infiltrative Knochenmarksläsionen
  • M. Paget
  • Osteomyelitis
  • Sarkom
    • Tritt häufiger bei Patient*innen unter 30 Jahren auf.

Osteoblastische Metastasen

Anamnese

  • Ca. 70 % der Patient*innen mit Knochenmetastasen klagen über Schmerzen.2
  • In der Regel bekannte Tumorerkrankung
  • Knochenmetastasen manifestieren sich häufig in Form von lokalisierten Knochenschmerzen, Weichteilschwellungen oder Knochenfrakturen aufgrund von Bagatelltraumen.
  • Die Schmerzen sind zunächst dumpf und intermittierend und verschlimmern sich zusehends. Meist bestehen Nacht- und Ruheschmerzen.
  • Schmerzen, die sich im Zusammenhang mit Gewicht tragenden Aktivitäten verschlechtern, können eine Vorwarnung einer möglichen pathologischen Fraktur sein.
  • Gelegentlich treten zuerst neurologische Symptome wie Radikulopathien, Konus-Kauda-Syndrom, spastische Paraparese oder Blasen-Mastdarm-Störungen auf.

Klinische Untersuchung

  • Körperliche Untersuchung

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Kalzium
    • evtl. erhöht bei ausgedehnten Osteolysen
  • Alkalische Phosphatase
    • Der Wert lässt einen indirekten Rückschluss auf den Knochenabbau zu, da er die Osteoblastenaktivität widerspiegelt.
    • Muss bei rein lytischen Läsionen, z. B. bei Plasmazellenmyelomen, nicht erhöht sein.
    • Ist unspezifisch, da er auch bei einem Morbus Paget, benignen Frakturen oder endokrinen Erkrankungen erhöht sein kann.
  • Tumormarker
    • Steigen entsprechend dem Primärtumor an.
    • Können bei unbekanntem Primärtumor bei der Tumorsuche hilfreich sein.5
  • Elektrophorese
    • Myelomatose?
  • BB, um Knochenmarksreserven zu bestimmen.

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Skelettszintigrafie
    • Ist die kostengünstigste Methode für die Erfassung des gesamten Skeletts.
    • Die Skelettszintigrafie mit markierten Phosphonaten stellt den lokalen Knochenumsatz (sog. Knochenstoffwechsel) dar.
    • Die Knochenszintigrafie hat eine Sensitivität von 86 % und eine Spezifität von 81 %.6
    • sensitiv für hypermetabole Metastasen
    • Bei symptomatischen Tumorpatient*innen ist die Skelettszintigrafie als Suchverfahren zur Beurteilung des ossären Befalls geeignet.6 
    • nicht geeignet bei Patient*innen mit multiplem Myelom
  • Röntgen9
    • Zeigt nur Läsionen auf, die 1 cm oder größer sind, und erst ab einer zu mindestens 50 % zerstörten Kortikalis.
    • Pathologische Veränderungen in der Kortikalis lassen sich bereits ab einer Ausdehnung von wenigen Millimetern nachweisen.
    • In einigen Skelettabschnitten hat das Röntgen beim Nachweis von Knochenmetastasen nur eine Sensitivität von 44–50 %, es eignet sich also nicht zum Screening.8
    • Die Röntgenaufnahme dient eher zum Nachweis oder Ausschluss pathologischer Frakturen.
  • CT
    • Ist für den Nachweis von Skelettmetastasen eine sensitivere Methode als konventionelle Röntgenuntersuchungen und kann bessere Bilder der Läsionen liefern.
    • z. B. zur Differenzierung zwischen osteoblastischen und osteolytischen Läsionen, Festhalten des Ausmaßes der trabekulären und kortikalen Destruktion und der Ausbreitung in das Weichgewebe, evtl. Aufdeckung einer neurovaskulären Beteiligung
    • CT eignet sich auch hervorragend für die bildgebungsgesteuerte Knochenbiopsie.
    • In der klinischen Praxis wird die CT in der überwiegenden Zahl der Tumorerkrankungen als Modalität der 1. Wahl zum Staging des Thorax und des Abdomens sowie zur Verlaufsbeurteilung eingesetzt. Im Rahmen dieser CT-Untersuchungen werden große Teile des Achsenskeletts dargestellt und damit osteoplastische oder osteolytische Metastasen miterfasst.8
  • MRT
    • Kann verwendet werden, um verdächtige szintigrafische Läsionen zu beurteilen, die mit anderen Bildmodalitäten schwierig zu interpretieren sind.
    • Die Magnetresonanztomografie kann maligne Prozesse im Markraum der Knochen in einem frühen Stadium, in dem u. U. im CT morphologisch noch keine Veränderungen der Knochenbinnenstruktur zu erkennen sind, nachweisen.8
    • Kann für den Nachweis von Metastasen eine sensitivere Methode sein als die Szintigrafie.
    • Eine Metaanalyse von Yang et al. belegte für die Ganzkörper-MRT eine Sensitivität von 91 % und eine Spezifität von 95 %.10
  • PET
    • Hybrid-Techniken: SPECT-CT, PET-CT und PET-MRT. Die Kombination der unterschiedlichen Techniken liefert nicht nur mehr als additive Ergebnisse, sondern verkürzt auch die Untersuchungszeit.
    • Das PET-CT hat eine Sensitivität von 90 % und eine Spezifität von 97 % und ist der Goldstandard zum Staging beim Lungenkarzinom und malignen Melanom.6

Indikationen zur Krankenhauseinweisung

  • Bei Indikation zur Operation
  • Falls eine ambulante Therapie nicht möglich ist.
  • Zur palliativen Versorgung

Checkliste zur Krankenhauseinweisung

Metastasen in Muskeln und Skelett

  • Zweck der Einweisung
    • Diagnostik? Operation?
  • Anamnese
    • Schmerzstärke? Ruheschmerzen? Nachtschmerzen? Grad der Funktionsbeeinträchtigung? Beeinträchtigte Lebensqualität?
    • Bekannter Primärtumor?
    • Sonstige relevante Erkrankungen?
    • Neurologische Symptome?
  • Klinische Untersuchung
    • Schmerzen? Eingeschränkte Beweglichkeit? Kontraktur? Achsenfehler? Instabilität?
  • Ergänzende Untersuchungen
    • Röntgen
    • Labor
    • ggf. CT oder MRT

Therapie

Therapieziele

  • Das Minimalziel sollte in jedem Fall einer Verbesserung der Lebensqualität sein, das Ausmaß der Therapie sollte immer individuell überlegt und entschieden werden, auch je nach Prognose des Primärtumors und dem Krankheitszustand der betroffenen Person.
  • Funktionserhalt im Sinne von Wiederherstellung der Belastbarkeit und Vermeidung einer Instabilität oder Fraktur
  • Schmerzreduktion
  • Lokale Tumorentfernung, um das Ausbreitung der Metastasen zu verhindern und lokale Rezidive zu vermeiden.5

Allgemeines zur Therapie

  • Eine schmerzstillende und palliative Therapie ist Standard. Häufig, insbesondere bei bereits aufgetretenen Frakturen, kann eine Operation erforderlich sein.
  • Die Beurteilung der Prognose ist für die Wahl des operativen Verfahrens wichtig.
  • Bei Patient*innen mit einer guten Prognose werden operative Verfahren und Rekonstruktionen gewählt, die das Risiko langfristiger Komplikationen minimieren, während bei Patient*innen mit einer schlechten Prognose möglichst einfache Verfahren gewählt werden.
  • Eingriffe können an Extremitäten, Wirbelsäule und Becken indiziert sein.
  • Manchmal ist auch eine Kombination mehrerer Verfahren sinnvoll, die Entscheidung sollte immer interdisziplinär getroffen werden.
  • Pathologische oder bevorstehende pathologische Frakturen der Extremitäten sollten bevorzugt mit orthopädisch-unfallchirurgischen Operationen behandelt werden, eine postoperative Strahlentherapie kann Implantatversagen vorbeugen und die Notwendigkeit weiterer Operationen verringern.11
  • Bei der kombinierten Therapie (Chirurgie + Radiotherapie) soll zunächst der chirurgische Eingriff durchgeführt werden.12

Medikamentöse Therapie

  • Standard der medikamentösen Schmerztherapie von Tumorpatient*innen ist das WHO-Stufenschema mit NSAR, Morphinen, Gabapentin oder Pregabalin, ggf. kombiniert mit Antidepressiva.
  • Bei ausgeprägtem Knochenödem um die Metastasen kann Dexamethason als abschwellendes Medikament wirksam sein (Vorsicht bei Kombination mit NSAR wegen des ulzerogenen Risikos).13
  • Bei alleiniger Knochenmetastasierung sollte bevorzugt eine verträgliche Monotherapie erfolgen.7
  • Bei hormonsensitiven Tumoren, sollte eine endokrine Therapie erwogen werden.
    • Bei hormonnaiven Patient*innen mit Knochenmetastasen wird dagegen von der Gabe osteoprotektiver Substanzen abgeraten.4
  • Bei kombiniertem Befall von Knochen und Organen stellt eine Polychemotherapie eine sinnvolle Option dar.

Bisphosphonate

  • Reduzieren den Knochenabbau, tragen evtl. zum Wiederaufbau von Knochen bei.
  • Die hohe Affinität von Bisphosphonaten zu Kalziumphosphat und Hydroxyapatit führt dazu, dass sie in den Knochen eingebaut werden und vor zukünftigem Knochenschwund schützen.
  • Studien an Mammakarzinom-Patientinnen haben gezeigt, dass die Behandlung mit Bisphosphonaten oder Denosumab bei Patientinnen mit bekannten Knochenmetastasen die Zeit bis zum Auftreten neuerlicher knochenbezogener Komplikationen hinauszögert, möglicherweise reduzieren die Bisphosphonate die durch Knochenmetastasen bedingten Schmerzen (Ia).14
  • Eine Therapie mit Bisphosphonaten ist relativ kontraindiziert bei Patient*innen mit einem schlechten Zahnstatus oder bei denen invasive Verfahren in der Mundhöhle durchgeführt werden sollen (kann zu einer Kieferknochennekrose führen).

RANK-Ligand-Antikörper Denosumab6

  • Zugelassen zur Prävention von skelettbezogenen Komplikationen bei Erwachsenen mit Knochenmetastasen aufgrund solider Tumoren
  • 120 mg s. c./Monat in Kombination mit tgl. oral mind. 500 mg Kalzium und 400 IE Vitamin D (außer bei bestehender Hyperkalzämie)
  • Nebenwirkungen
    • gastrointestinale Beschwerden (insbes. Diarrhö)
    • Schwere symptomatische Hypokalzämien, die auch tödlich verlaufen können.15
      • Eine bestehende Hypokalzämie muss vor Beginn der Therapie korrigiert werden.
    • Hypophosphatämie
    • Hyperhidrose
    • Kiefernekrosen
    • Dyspnoe
    • muskuloskelettale Schmerzen
    • Veränderungen des mentalen Status

Strahlentherapie

  • Eine gezielte Bestrahlung von Knochenmetastasen kann eine gute palliative Wirkung entfalten und ist oft die bevorzugte Therapie.
  • Eine palliative Strahlentherapie erfolgt in Form einer lokalen oder Halbkörperbestrahlung oder mit radioaktiven Isotopen.
  • Die Strahlentherapie soll zur lokalen Therapie bei symptomatischen oder frakturgefährdeten Knochenmetastasen eingesetzt werden. Indikationen zur Strahlentherapie sind hierbei:6,12
    • lokale Schmerzsymptomatik
    • Stabilitätsgefährdung (ggf. in Kombination mit operativer Stabilisierung)
    • Mobilitäts- und Funktionseinschränkungen, insbes. neurologische Symptome
    • bestehende oder drohende neurologische Symptomatik
    • pathologische Frakturen (sofern nicht operativ versorgbar)
    • Postoperativ nach chirurgischer Behandlung von Knochenmetastasen, wenn keine vollständige Resektion erreicht werden konnte.
  • Bei Solitärmetastasen können auch höhere Dosen zur langfristigen Stabilisierung eingesetzt werden.
  • Nach 2–3 Monaten ist bei etwa 2/3 der osteolytischen Metastasen mit einer Rekalzifizierung zu rechnen.
  • Meist erfolgt die Behandlung auf abgegrenzten Bestrahlungsfeldern.
  • Dabei werden wenige große Fraktionen verabreicht, z. B. 30 Gy in 10 Fraktionen oder 25–28 Gy in 5–7 Fraktionen.
    • Einer Metaanalyse zufolge kann der Nutzen einer Dosis genauso gut sein wie 10 Dosen (30 Gy) (Ia).16
  • Fokale Bestrahlung
    • Eine einzelne Strahlentherapie mit 8 Gy hat eine ebenso große Wirkung wie 10 Fraktionen mit 3 Gy und erfolgt auf einen abgegrenzten Bereich, wo die Schmerzen am stärksten ausgeprägt sind und die Bilddiagnostik Metastasen aufgezeigt hat.
    • Ca. 80 % der Patient*innen erfahren eine Schmerzlinderung und mehr als die Hälfte wird schmerzfrei.
    • Die Wirkung tritt innerhalb von einigen Tagen ein und ist nach ein paar Wochen am höchsten.
    • Bei erneuten Schmerzen kann die Therapie in Abhängigkeit von der Lokalisation 2- bis 3-mal wiederholt werden.
  • Eine Strahlentherapie von ossären Metastasen kann parallel zu einer Therapie mit antiresorptiven Substanzen (Bisphophonate, RANK-Ligand-Antikörper) durchgeführt werden.6

Radionuklidtherapie

  • Scheint mit einer externen Strahlentherapie gleichwertig zu sein, und die beiden Therapieformen können auch kombiniert werden.
  • Eine solche Behandlung scheint auch zu weniger neuen schmerzhaften Knochen-Foci zu führen.
  • Nuklide können möglicherweise die Notwendigkeit wiederholter externer Bestrahlungen reduzieren.
  • Eine Radionuklidtherapie mit Samarium-153 kann bei Patient*innen mit multifokalen ossären Metastasen solider Tumoren und Radium-223 beim kastrationsresistenten Prostatakarzinom zur Reduktion der Schmerzsymptomatik durchgeführt werden.6
  • Die intravenöse Verabreichung von Radium-223-Dichlorid ist durch die European Medicines Agency (EMA) zur Behandlung von Erwachsenen mit kastrationsresistentem Prostatakarzinom und symptomatischen Knochenmetastasen ohne bekannte viszerale Metastasen zugelassen.11
    • Eine relative Kontraindikation ist ein pathologisches Blutbild.
  • Die ablative Radiojodtherapie hat nach wie vor ihren klinischen Stellenwert beim ossär metastasierten Schilddrüsenkarzinom.1

Operative Therapie

  • Ziel ist die Verbesserung der Lebensqualität durch Beseitigung oder Verringerung von Schmerzen und Aufrechterhaltung bzw. Verbesserung der Funktionsfähigkeit.
  • Die Entwicklung besserer Techniken innerhalb der extremitätenerhaltenden Tumorchirurgie, Endoprothetik, Traumachirurgie und degenerativen Rückenbeschwerden konnte auf die Metastasen-Chirurgie übertragen werden.
  • Das Operationsprinzip besteht in der Metastasenresektion mit osteosynthetischer Stabilisierung.
  • Bei gelenknaher Lokalisation kann ein kompletter Gelenkersatz erfolgen.
  • Bei günstigerer Prognose sind resezierende Verfahren mit anschließender Rekonstruktion (Tumorendoprothese) das Mittel der Wahl.
    • Außerdem kommt es bei einer derartigen Therapie fast nie zu Lokalrezidiven.
  • Seltener wird die Indikation zu einer Amputation gestellt.
  • Die Komplikationsrate in Verbindung mit einer Operation wird mit 10–15 % angegeben, hauptsächlich in Form von Prothesenluxationen, Implantatbrüchen und Infektionen.17
  • Ein Eingriff an der Wirbelsäule sollte von folgenden Parametern abhängig gemacht werden:7
    • klinische Symptomatik (Schmerz/Neurologie)
    • neurologischer Status
    • Wirbelsäulenstabilität
    • Anzahl der Wirbelsäulenmetastasen
    • Mobilitätsanspruch der Patient*innen
    • Strahlen-/Chemosensibilität des Tumors
    • lokale Tumorausdehnung
    • Histologie des Primärtumors
    • Metastasierungsgrad
    • Gesamtüberlebensprognose.

Frakturtherapie

  • Eine pathologische Fraktur geht mit höheren intra- und postoperativen Komplikationen (Pseudarthrosenbildung, Infektion) einher.1
  • Bei Patient*innen mit einer schlechten Prognose kommt es vor allem auf die kurzfristige Stabilisierung an.

Wirbelsäulenmetastasen

  • Bei einer solitären Wirbelsäulenmetastase, einem guten Allgemeinzustand und einer längeren Lebenserwartung ist die ventrale Tumorresektion (En-bloc-Spondylektomie/totale Vertebrektomie) und primärstabile Instrumentation indiziert.7
  • Die operative Therapie kann in Form einer einfachen Dekompression erfolgen, aber auch in Form der Wiederherstellung des Knochenvolumens durch Zementinjektion, Dekompression kombiniert mit einer vorderen oder hinteren Stabilisierung oder Resektion des Corpus einschließlich der Metastase mit anschließendem Knochentransplantat oder Metallimplantat.
  • Bei solchen Interventionen können häufig Paraplegien vermieden oder neurologische Schädigungen reduziert werden.
  • Gelegentlich kommt auch eine externe Stabilisierung mit einer Orthese in Betracht, entweder, wenn eine OP nicht möglich ist, oder auch postoperativ.7

Metastatisches medulläres Querschnittsyndrom

  • Die Primärdiagnose, der Schweregrad der Symptome und der Zeitraum zwischen Primärdiagnose und Entwicklung dieser Komplikation sind prognostisch wichtige Faktoren.
  • Soweit der Allgemeinzustand dies zulässt, sollten die Patient*innen akut operiert und anschließend einer Strahlentherapie unterzogen werden.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Im Verlauf sollten regelmäßig Blutbildkontrollen, Tumormarker und ggf. neue Stagings durchgeführt werden.
  • Zur Prävention von Kieferosteonekrosen sollen vor der Gabe von Bisphosphonaten oder Denosumab
    • von zahnärztlicher Seite eine Fokussuche, prothetische Anpassung und Sanierung von Infektionen und Bakterieneintrittspforten im Mund-Kiefer-Bereich durchgeführt werden18
    • sowie eine Unterweisung und Motivierung der Patient*innen zu überdurchschnittlicher (sorgfältig und regelmäßig) Mundhygiene.6
    • Bisphosphonate und Denosumab verlängern das Gesamtüberleben nicht.19

Komplikationen

  • Schmerzen, Frakturen, medulläres Querschnittsyndrom, Hyperkalzämie6
  • Bisphosphonate und RANK-Ligand Inhibitor können zur Entstehung von Kiefernekrosen führen.12 
    • Trias einer Antiresorptiva-assoziierten Kiefernekrose (AR-ONJ)18
      • mehr als 8 Wochen freiliegender oder sondierbarer Kieferknochen
      • Antiresorptiva in der Anamnese und
      • keine Kopf-Hals-Radiatio in der Anamnese
  • Akute unerwünschte Wirkungen der Bestrahlung sind Übelkeit und Erbrechen in ca. 1/4 der Fälle.4
  • Die kumulative Strahlenexposition eines Menschen kann mit einem erhöhten Risiko für neue Malignome (und Erbgutdefekte) verbunden sein. Insbesondere kann das Risiko für Osteosarkome, myelodysplastisches Syndrom und Leukämien erhöht sein.
  • In klinischen Studien wurde bei Patient*innen mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen, die mit Denosumab behandelt wurden, häufiger über neue primäre Malignome berichtet als unter Zoledronsäure.20

Prognose

  • Die Überlebensrate bei Patient*innen mit Knochenmetastasen hängt weitgehend vom primären Karzinomtyp ab.
  • Die mediane Überlebenszeit bei bekannten Knochenmetastasen beim Prostatakarzinom beträgt z. B. ca. 3 Jahre.4
  • Die Überlebensprognose hängt auch vom Geschlecht, der Lokalisation der Metastase, dem Vorhandensein von viszeralen Metastasen, dem Vorhandensein von pathologischen Frakturen und dem präoperativen Hämoglobin-Wert ab.
  • Patient*innen mit solitären Knochenmetastasen haben eine hohe Überlebensrate, Patient*innen mit viszeralen Metastasen die niedrigste.
  • Die Sklerosierung einer osteolytischen Läsion nach Therapie dauert bis zu 1 Jahr.11

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Krebsgesellschaft. Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen – interdisziplinäre Querschnittsleitlinie. AWMF-Leitlinie Nr. 032-054OL. S3, Stand 2016. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Urologie. Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie. Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Nierenzellkarzinoms. AWMF-Leitlinie Nr. 043-017OL. S3, Stand 2020. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Urologie. Prostatakarzinoms. AWMF-Leitlinie Nr. 043-022OL. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Urologie. Deutsche Krebsgesellschaft. Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. AWMF-Leitlinie Nr. 032-038OL. S3, Stand 2020. www.awmf.org
  • Deutsche Krebsgesellschaft. Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms. AWMF-Leitlinie Nr.032-045OL. S3, Stand 2017. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Antiresorptiva-assoziierte Kiefernekrose (AR-ONJ). AWMF-Leitlinie Nr. 007-091. S3, Stand 2018. www.amwf.org

Literatur

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  2. Deutsche Gesellschaft für Urologie. Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie. Nierenzellkarzinom, Diagnostik, Therapie und Nachsorge. AWMF-Leitlinie Nr. 043-017OL, Stand 2020 www.awmf.org
  3. Deutsche Gesellschaft für Urologie. Deutsche Krebsgesellschaft. Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. AWMF-Leitlinie Nr. 032-038OL, Stand 2020. www.awmf.org
  4. Deutsche Gesellschaft für Urologie. Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms. AWMF-Leitlinie Nr.043-022OL, Stand 2021. www.awmf.org
  5. Mutschler, Kohn, Pohlemann. Praxis der Orthopädie und Unfallchirurgie. 3., vollständig überarbeitete Auflage 2013 Thieme Verlag Stuttgart S. 288ff.
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  19. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) .Neue Arzneimittel (Xgeva). Stand: 30.11.2011 www.akdae.de
  20. AKdÄ. Drug Safety Mail 2018-23. www.akdae.de

Autor*innen

  • Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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