Therapie der Tuberkulose

Die Therapie der Tuberkulose ist sehr anspruchsvoll, da sie über mehrere Monate erfolgt, die gleichzeitige Einnahme mehrerer Medikamente erfordert und es wachsende Probleme mit multiresistenten Tuberkuloseerregern gibt. In den meisten Fällen aber führt die Therapie zur kompletten Heilung.

Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wurde Tuberkulose mit wechselnden, in der Summe wenig wirksamen Maßnahmen in Sanatorien behandelt, wo der Aufenthalt oft viele Jahre dauerte und bei vielen Patienten mit dem Tod endete. Man ging davon aus, dass die Lungentuberkulose, die die häufigste Erscheinungsform der Infektionserkrankung ist, durch klare, kalte Luft, reichlich Essen und viel Ruhe ausheilt und der krankheitstypische körperliche Verfall der sogenannten Schwindsucht aufgehalten werden kann.

Heute stützen Ärzte sich bei der Therapie der Tuberkulose auf antibiotische Medikamente, die gegen die Tuberkelbakterien (Mycobacterium tuberculosis) gerichtet sind. Die Therapie ist nichtsdestotrotz immer noch sehr langwierig. Bei einer aktiven Tuberkulose müssen über sechs Monate hinweg mehrere Antibiotika eingenommen werden, um die Tuberkuloseerreger vollständig zu beseitigen. Welche Antibiotika verordnet werden, hängt vom allgemeinen Gesundheitszustand und etwaigen Grunderkrankungen sowie vom Ergebnis der Resistenzbestimmung der Tuberkelbakterien ab. Auch latente Infektionen, die keine Symptome verursachen, werden in vielen Fällen behandelt.

Allgemeine Therapieprinzipien

Die Therapie der Tuberkulose ist Aufgabe von Spezialisten. Bei Verdacht auf eine latente/aktive Tuberkuloseerkrankung werden Sie in eine Spezialabteilung überwiesen. 

Die aktive Lungentuberkulose ist die einzige ansteckende Tuberkuloseform. Bei ihr ist eine anfängliche Behandlung im Krankenhaus erforderlich. Im weiteren Verlauf der Therapie sind die Patienten nicht mehr infektiös und können die Behandlung zu Hause fortführen. Besonders schwer erkrankte Personen sind natürlich auf eine Überwachung und Unterstützung im Krankenhaus angewiesen. Auch an Tuberkulose erkrankte Kinder werden in der Regel im Krankenhaus behandelt.

Da die Therapie der Tuberkulose so kompliziert ist, hat es sich in bestimmten Fällen als hilfreich erwiesen, die Einnahme der nötigen Medikamente unter Aufsicht durchzuführen. Wie diese kontrollierte Antibiotikaeinnahme konkret organisiert wird, ist im Einzelfall zu entscheiden. 

Therapie der latenten Tuberkulose

Über 90 % der Personen, die sich mit Tuberkulose anstecken, erkranken nicht aktiv, weil ihr Immunsystem die Erreger in Schach halten kann. Es besteht jedoch das Risiko, dass die Krankheit irgendwann in ihrem Leben ausbricht, in den meisten Fällen auf dem Boden einer chronischen Erkrankung oder eines geschwächten Immunsystems. Um dieses Risiko zu beseitigen, kann eine antibiotische Behandlung auch bei einer latenten Tuberkuloseinfektion durchgeführt werden. 

Empfohlen wird die Therapie in jedem Fall folgenden Personengruppen, bei denen mittels Bluttest oder Röntgenbild eine latente Infektion mit Tuberkelbakterien festgestellt wurde:

  • Personen mit engem Kontakt zu einem an Lungentuberkulose Erkrankten
  • Patienten mit einer HIV-Infektion
  • bei Vorliegen anderer Erkrankungen, die das Immunsystem schwächen (z. B. Diabetes, dialysepflichtige Niereninsuffizienz, Krebserkrankungen)
  • Personen mit immunsupprimierender Behandlung (z. B. nach Organtransplantation oder Patienten mit einer Rheuma-Erkrankung, die bestimmte Medikamente wie TNF-Alpha-Hemmer bekommen)
  • Personen aus Hochrisikoländern.

Auch bei Schwangeren sollte bei einer kurz zurückliegenden Tuberkulose-Infektion eine präventive Behandlung erwogen werden. Im Kindes- und Jugendalter wird die Behandlung einer latenten Tuberkulose generell empfohlen.

Latent an Tuberkulose Erkrankte erhalten 2 unterschiedliche Antibiotika (meistens Rifampicin und Isoniazid). Es gibt verschiedene Behandlungsschemata, die sich in Dauer und Einnahme der Medikamente unterscheiden. 

Therapie der aktiven Tuberkulose

Die Tuberkelbakterien sind hartnäckige Mikroorganismen, die sich nur sehr langsam vermehren, gut vor dem Einwirken der Medikamente verstecken und schnell Resistenzen gegen Antibiotika ausbilden können. Aus diesen Gründen ist es unerlässlich, die Therapie der aktiven Tuberkulose über einige Monate (meistens 6 Monate) laufen zu lassen und mehrere Antibiotikaklassen zu kombinieren. Bei allen Patienten wird darüber hinaus untersucht, welche Antibiotika wirksam sind. 

In den ersten 2 Monaten erfolgt eine intensive Anfangsbehandlung zur Abtötung der Erreger mittels 4 Antibiotika und danach eine weniger intensive Stabilisierungsbehandlung über 4 Monate, für die meist 2 Wirkstoffe ausreichen. Die Medikamente müssen täglich eingenommen werden. In den ersten Wochen der Behandlung der aktiven Lungentuberkulose oder bis keine Ansteckungsgefahr mehr für andere besteht, wird die Therapie stationär im Krankenhaus durchgeführt.

Die wichtigsten Antibiotika gegen Tuberkulose sind Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid und Ethambutol. Es gibt heutzutage Kombinationspräparate, die mehrere (oder alle) Wirkstoffe in einer Tablette enthalten, was die Einnahme erleichtert. Bei Resistenzen oder Unverträglichkeiten kann auf andere Antibiotika ausgewichen werden. Es stellt aber ein wachsendes Problem in der Tuberkulosebehandlung dar, dass zunehmend Tuberkelstämme auftreten (vor allem in Afrika, Lateinamerika, Asien und Osteuropa), die gegen mehrere der Standard-Antibiotika resistent sind.

Eine Tuberkulose, die andere Organe betrifft als die Lunge, wird nach denselben Leitlinien wie die Lungentuberkulose behandelt. Einzig bei einem Befall der Hirnhäute wird eine längere Behandlung von 12 Monaten empfohlen. Die Behandlungsdauer kann sich verlängern, wenn besonders resistente Baterienstämme ursächlich sind.

Während der Behandlung werden Röntgenbilder von der Lunge angefertigt, um den Rückgang der tuberkulösen Veränderungen zu beurteilen. Der Erfolg der Therapie wird gegen Ende der Behandlungszeit anhand von 2 negativen Bakterienkulturen aus dem Auswurfsekret sichergestellt.  

Wird die Behandlung nach Empfehlung durchgeführt, ist sie in den meisten Fälle erfolgreich und die Betroffenen sind von der Tuberkulose dauerhaft geheilt. In den anderen Fällen muss die Therapie eventuell umgestellt oder weitergeführt werden.

Früher erfolgte häufig ein chirurgischer Eingriff, mit dem zerstörtes Lungengewebe operativ beseitigt wurde. Solche Eingriffe sind dank der guten Behandlungsmöglichkeiten heute nur in Ausnahmefällen erforderlich. 

Nebenwirkungen der Therapie

Aufgrund möglicher schädlicher Nebenwirkungen der Tuberkulosemittel an Leber, Nieren und Augen müssen regelmäßig Kontrollen erfolgen. Diese bestehen hauptsächlich aus Blutwertkontrollen und augenärztlichen Untersuchungen. Treten Probleme auf, kann auf andere Antibiotika ausgewichen werden.

Weitere Informationen

Autoren

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden
  • Dorit Abiry, Doktorandin am Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Tuberkulose (TB). Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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