Halluzinationen

Halluzinationen können ein Zeichen für schwere psychische Erkrankungen wie eine psychotische Störung, Schizophrenie, einen akuten Verwirrtheitszustand, eine schwere Depression oder Manie sein.

Was sind Halluzinationen?

  • Eine Halluzination ist eine auftretende Sinnestäuschung ohne äußere Einflüsse auf das Sinnesorgan. Betroffene hören oder sehen beispielsweise Dinge, die in Wirklichkeit nicht existieren.
  • Eine Halluzination unterscheidet sich von Wahnvorstellungen, bei denen es sich um feste Überzeugungen oder unwahrscheinliche Auffassungen ohne gleichzeitige Sinneseindrücke handelt.
  • Wie häufig Halluzinationen in der Bevölkerung sind, ist unklar.

Anzeichen einer schweren psychischen Erkrankung

  • Halluzinationen können ein Zeichen für schwere psychische Erkrankungen wie eine psychotische Störung, Schizophrenie, einen akuten Verwirrtheitszustand, eine schwere Depression oder Manie sein.
  • Halluzinationen können die Folge von Veränderungen im Gehirn sein, z. B. bei seniler Demenz, alkoholischem Delirium, Abstinenzdelirium und Missbrauch von Alkohol und Narkotika. Sie kommen auch bei Krankheitsbildern vor, die die Hirnfunktionen ernsthaft beeinträchtigen, wie Hirntumoren oder Infektionen im zentralen Nervensystem.
  • Pseudohalluzinationen, bei denen Betroffene beispielsweise Stimmen hören, aber wissen, dass diese nicht existieren, treten gegebenenfalls bei Drogenabhängigen und bei Veränderungen im Hirn mit intakten geistigen Fähigkeiten auf. Sie sind auch bei Personen mit posttraumatischer Belastungsstörung beschrieben.

Allgemeines über psychotische Erkrankungen

  • Akustische Halluzinationen sind das häufigste psychotische Symptom.
  • Bei Manie und Depression ist außerdem der Stimmungszustand deutlich verändert.
  • Akute Psychosen sind oft von Agitation und Verwirrtheit geprägt.
  • Bei einer Schizophrenie erkennt man bei vielen psychischen Funktionen charakteristische Störungen.

Was kann die Ursache sein?

Häufige Ursachen

  • Demenz
    • Davon sind ältere Personen betroffen, eventuell auch schon in jüngeren Jahren; entwickelt sich über längere Zeit.
    • Die intellektuellen Fähigkeiten verschlechtern sich schrittweise, verbunden mit Gedächtnisschwäche. Im Verlauf kommt es zu zunehmender Verwirrtheit, Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Symptome, z. T. auch mit Wahnvorstellungen und Halluzinationen.
  • Akute vorübergehende Psychosen
    • Diese Psychosen sind eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, die sich durch akut einsetzende Symptome wie Wahnvorstellungen und Halluzinationen äußern. 
    • Es kommt oft zu Verwirrtheit. Aber die Desorientierung hinsichtlich Zeit, Platz und eigener Person ist von kurzer Dauer. Eine vollständige Genesung tritt innerhalb von 2–3 Monaten, oft bereits nach wenigen Tagen oder Wochen ein.
  • Schizophrenie
    • Schizophrenie ist durch grundlegende und charakteristische Veränderungen im Denken und in der Wahrnehmung geprägt sowie durch unangemessenes und abgestumpftes Verhalten.
    • Die häufige Symptome sind das Hören der eigenen Gedanken, die Einbildung, dass die Gedanken von außen eingegeben, entzogen oder mitgehört werden, Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Stimmen, die in der dritten Person über die Patient*innen sprechen, Denkstörungen und verminderte Gefühlsregungen, Antriebsminderung oder sozialer Rückzug.
  • Drogenmissbrauch
    • Akute Drogeneinflüsse von LSD, Cannabis, PCP, Ecstasy, Rauschpilzen und verwandten Stoffen können vorübergehende Halluzinationen hervorrufen.
    • Der langjährliche Missbrauch von Alkohol kann zu einer Alkoholhalluzinose führen.
  • Entzug, Entzugsdelir
    • Symptome in variierender Kombination und Schwere, die beim Alkohol- oder Drogenentzug (Benzodiazepine) aufteten.
    • Der Abstinenzzustand kann von Krämpfen begleitet sein. Er ist oft durch Zittern und optische Halluzinationen gekennzeichnet.
    • Ein Entzugsdelir ist lebensbedrohlich und muss auf einer Intensivstation behandelt werden.
  • Organische Psychose, Delir
    • Delir, das nicht durch Alkohol oder andere psychoaktive Stoffe ausgelöst wird.
    • Eine organische Psychose kann durch verschiedene neurologische Erkrankungen ausgelöst werden: z. B. Epilepsie, multiple Sklerose, Kopfverletzungen, Blutvergiftung.
    • Es kann unter anderem zu Störungen des Bewusstseins, der Wahrnehmung, Wahnsymptomen und Halluzinationen kommen, außerdem können Herzrasen vermehrtes Schwitzen und Störungen der Blutdruckregulation auftreten.
    • Ein Delir ist lebensbedrohlich und muss auf einer Intensivstation behandelt werden

Seltene Ursachen

  • Nebenwirkungen von bestimmten Medikamenten
    • Bei Einnahme von verschiedenen Medikamenten, wie z. B. L-Dopa oder Dopaminagonisten bei Parkinson, bei Einnahme von Opioiden, Antidepressiva, Antibiotika oder Mittel gegen Epilepsie können ebenfalls halluzinatorische Zustände auftreten.

Wann sollten Sie ärztliche Hilfe suchen?

  • Personen, die halluzinieren, erkennen ihre Krankheit oft nicht an oder haben Angst vor Psychiatrie oder Zwangsmedikation und suchen nicht von selbst Hilfe.
  • Unruhige, depressive oder ängstliche Patient*innen mit Halluzinationen können eine Gefahr für sich und andere darstellen und sollten nicht unbeaufsichtigt gelassen werden.
  • Bei langanhaltenden oder schwachen Symptomen mit bekannter Ursache und ruhigem Verlauf sollte die Hausarztpraxis aufgesucht werden.
  • Beim erstmaligen Auftreten eines psychotischen Zustandes sollte eine Abklärung im Krankenhaus erfolgen

Untersuchungen

Anamnesegespräch

Der betroffenen Person werden eventuell folgende Fragen gestellt:

  • Wann fing die Erkrankung an?
    • Kam sie plötzlich oder eher schleichend?
    • Kann ein Zusammenhang mit psychosozialem Stress bestehen?
    • Haben sich der Gesundheitszustand oder eingenommene Medikamente geändert?
    • Kamen die Halluzinationen in Verbindung mit anderen psychischen Symptomen?
  • Wie hat sich der Zustand entwickelt?
    • Kommen und gehen die Beschwerden oder sind sie ständig vorhanden?
    • Welche Wirkung haben frühere Behandlungen gezeigt?
  • Welchen Typ von Halluzination hat die kranke Person?
    • Sehen?
    • Werden Berührungen oder z. B. Krabbeln auf der Haut wahrgenommen?
    • Werden Geräusche oder Stimmen gehört?
  • Was ist Inhalt der Halluzinationen?
    • Erhält die kranke Person bestimmte Aufforderungen zum Handeln?
  • Wie ist die Stimmungslage?
  • Drogenmissbrauch?

Ärztliche Untersuchung

  • Die Ärzt*innen werden versuchen, sich ein Bild vom mentalen Zustand der Patient*innen zu machen:
    • Orientierung an Zeit, Ort und eigener Situation?
    • Bitten, über den Inhalt der Halluzinationen zu berichten.
    • Beurteilung, ob Anzeichen für eine akute Psychose oder Schizophrenie vorliegen.
    • Beurteilung, ob eine Gefahr für die Patient*innen oder andere besteht.
  • Die Ärzt*innen führen eine körperliche Untersuchung durch, um zugrundeliegende Erkrankungen auszuschließen.
  • Um körperliche Erkrankungen auszuschließen, wird je nach Zustand und Verdacht eventuell eine Blutuntersuchung durchgeführt.
  • In Ausnahmefällen erfolgen eine Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns.
  • Es werden auch spezielle Fragebögen zu Demenz oder Depression verwendet.

Überweisung an Spezialist*innen oder Krankenhauseinweisung

  • Die meisten Patient*innen mit einer neuen oder akut verschlechterten Halluzinose sollten zur weiteren Untersuchung und Behandlung in ein Krankenhaus eingewiesen werden.
  • Dies kann bei fehlender Krankheitseinsicht und Selbst- oder Fremdgefährdung, die anderweitig nicht abgewendet werden kann, auch in Form einer Zwangseinweisung erforderlich sein.

Weitere Informationen

Autor*innen

  • Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin. München
  • Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Halluzinationen. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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