Pneumocystis-Pneumonie

Zusammenfassung

  • Definition:Opportunistische Pilzinfektion mit Pneumocystis jiroveci.
  • Häufigkeit:Häufigste opportunistische Infektion bei HIV-Infektion, insgesamt selten.
  • Symptome:Progrediente Atemnot, nichtproduktiver Husten, leichtes Fieber.
  • Befunde:Dyspnoe, Tachypnoe, Tachykardie und unauffällige Lungenauskultation.
  • Diagnostik:Mikroskopie des Sputums, Röntgen-Thorax, evtl. CT-Thorax.
  • Therapie:Antibiotisch, ggf. auch prophylaktisch bei Immunsuppression.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Pneumonie durch Infektion mit Pneumocystis jiroveci (früher P. carinii genannt), eine opportunistische Pilzinfektion

Häufigkeit

  • Häufigste opportunistische Infektion bei HIV-Infektion1
  • Häufigste AIDS-definierende Erkrankung (ca. 45 %)1
  • Nach der Einführung der Pneumocystis-Pneumonie-Prophylaxe und dank einer offensiven antiretroviralen Behandlung ist die Inzidenz drastisch zurückgegangen.2
  • Patient*innen nach Organ- oder Stammzelltransplantation, mit Krebserkrankungen oder unter Immunsuppression haben ebenfalls ein erhöhtes Erkrankungsrisiko.1
  • Weltweite Inzidenz ca. 400.000 Fälle jährlich3

Ätiologie und Pathogenese

Ansteckung

  • Vermutlich ist die aerogene Übertragung von Mensch zu Mensch der häufigste Ansteckungsweg bei Neuinfektionen.4
  • Pneumocystis jirovecii kommt ubiquitär in der Umwelt vor.1
  • Subklinische Infektionen von immunkompetenten Menschen können eine Infektionsquelle für Menschen mit Immunsuppression sein.1

 Prädisponierende Faktoren

  • HIV-Infektion mit einer CD4-Zahl von unter 200 Zellen/µl1
  • Angeborene oder erworbene Immunsuppression1
  • Medikamentöse Immunsuppression (z. B. mit Prednisonäquivalent von > 20 mg/d über mehr als 4 Wochen)1
  • Malignome5

ICPC-2

  • R81 Lungenentzündung
  • B90 HIV-Erkrankung/AIDS

ICD-10

  • B59 Pneumozystose
    • Pneumonie verursacht durch Pneumocystis jirovecii (vormals P. carinii)
  • J17.3 Pneumonie bei parasitären Krankheiten

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Progrediente Dyspnoe und trockener Husten bei Menschen mit Immunsuppression und gleichzeitig ausbleibende Besserung trotz antibiotischer Therapie können wegweisend sein.
  • Die Diagnose wird durch mikroskopischen Nachweis oder PCR von Pneumocystis-Organismen in induziertem Sputum, bronchoalveolärer Lavage oder Lungengewebe bestätigt.6

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Die Inkubationszeit liegt vermutlich zwischen 2 Wochen und 4 Monaten.
  • Übliche Symptome sind progrediente Atemnot, trockener Reizhusten und leichtes Fieber.
  • Bekannte oder neu aufgetretene Immunsuppression

Klinische Untersuchung

  • Meist Dyspnoe, Tachypnoe, Reizhusten und Tachykardie
  • Unauffällige Lungenauskultation
  • Frühzeitig Hypoxämie7

Ergänzende Untersuchungen

  • Bei erhöhter LDH und Immunsuppression sollte an eine PcP gedacht werden.1
  • Beta-D-Glucan ist ein (nicht PCP-spezifischer) serologischer Biomarker, der bei Risikopatient*innen und negativem Testergebnis den Ausschluss einer PcP erlaubt.1

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Das Röntgenbild kann in den frühen Stadien unauffällig sein. Gelegentlich zeigen sich bilaterale perihiläre interstitielle Infiltrate.8
  • Im CT-Thorax finden sich bilaterale Milchglastrübungen.1
  • Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage zur mikrobiologischen Diagnostik ist der Goldstandard.7
  • Mittels quantitativer PCR kann abgeschätzt werden, ob es sich um eine Kolonisation oder eine Infektion handelt.1
  • Erregernachweis aus induziertem Sputum kann ersatzweise verwendet werden. Normales Sputum enthält nicht genügend Alveolarflüssigkeit.7
  • Transbronchoskopische oder chirurgische Lungenbiopsien sind selten erforderlich.

Indikationen zur Klinikeinweisung

  • Einweisung bei zunehmender Dyspnoe

Therapie

Allgemeines zur Therapie

  • Unverzüglicher Beginn der antibiotischen Therapie im Verdachtsfall. Der Erregernachweis sollte kein Grund für eine Therapieverzögerung sein.7
  • Bei Ruhedyspnoe und Hypoxämie sollte eine stationäre Einweisung erfolgen.7
  • Eine medikamentöse Prophylaxe sollte ggf. durchgeführt werden bei:
    • Patient*innen mit HIV
      • wenn CD4-Zellzahl < 200/µl1
      • Absetzen möglich, wenn CD4-Zellzahl für 3 Monate > 200/µl.7
    • onkologischen Grunderkrankungen und Organtransplantierten
      • Ein hohes PcP-Risiko besteht u. a. bei: ALL, allogener Stammzelltransplantation, ZNS-Bestrahlung.7,9
    • Therapie mit bestimmten Immunsuppressiva, u. a.:
      • Temozolomid, Idelalisib, Alemtuzumab, Steroidtherapie > 20 mg/d + ein weiterer Risikofaktor.9

Medikamentöse Therapie

Akuttherapie

  • 1. Wahl: Trimethoprim und Sulfamethoxazol (TMP/SMX = Cotrimoxazol) i. v. gewichtsadaptiert (TMP 15–20 mg pro kg KG/d + SMX 75–100 mg pro
    kg KG/d) verteilt auf 3–4 Einzeldosen7
  • Bei mittelschwerer/schwerer Pneumocystis-Pneumonie wird Prednison begleitend zur antibiotischen Therapie eingesetzt und reduziert das Mortalitätsrisiko deutlich.7
  • Bei leichten Verläufen auch orale Therapie mit TMP/SMX, 3 x 3 Tbl. à 960 mg möglich7
  • Therapiealternativen sind:
    • Pentamidin 4 mg/kg KG i. v.7
    • Clindamycin + Primaquin (3–)4 x 600 mg i. v. oder p. o. plus Primaquin 30 mg p. o.1,7
    • Dapson + Trimethoprim Dapson 1 x 100 mg pro Tag, Trimethoprim 5 mg/kg KG, 3 x pro Tag7
    • Atovaquon 2 x 750 mg Suspension p. o. mit einer Mahlzeit7

Prophylaxe

  • Eine PcP-Prophylaxe wird bei hohem Risiko für lebensbedrohliche Verläufe empfohlen.9
    • 1. Wahl: Trimethoprim (TMP) und Sulfamethoxazol (SMX) (Cotrimoxazol) 80/400 mg tgl. oder 160/800 mg 3 x/Woche1
    • alternativ
      • Pentamidin 300 mg 1 x/Monat inhalativ1
      • Dapson 50 mg 1–0–1 p. o. (vorab Ausschluss eines G6PD-Mangels)1
      • Atovaquon 500 mg tgl.1

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Zeitpunkt der Diagnosestellung und Ausprägung der Immunsuppression sind entscheidend für den Verlauf.7

Komplikationen

Prognose

  • Die Letalität beträgt bei Patient*innen mit HIV 10–20 %.1
  • Die Letalität bei HIV-negativen Immunsupprimierten liegt je nach Grunderkrankung bei 30–60 %.1
  • Bei Notwendigkeit einer Intensivbehandlung steigt die Letalität auf 58 %.1

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinie

Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V., Bakterielle Infektionen und Pneumocystis jiroveci Pneumonie - Prophylaxe, Stand Februar 2021, https://www.onkopedia.com

Literatur

  1. Kalbitz S,Wendt R, Lübbert C. Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie (PcP): Prophylaxe in Zeiten der Arzneimittelverknappung. Dtsch Arztebl 2020. www.aerzteblatt.de
  2. Ewald H, Raatz H, Boscacci R, et al. Adjunctive corticosteroids for Pneumocystis jiroveci pneumonia in patients with HIV infection. Cochrane Database Syst Rev 2015; (4): CD006150. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Dichtl K, Kurzai O. (2020) Pneumocystis. In: Suerbaum S., Burchard GD, Kaufmann SHE, Schulz TF. (eds) Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer, Berlin, Heidelberg. (Stand 2022).
  4. Morris A, Beard CB, Huang L. Update on the epidemiology and transmission of Pneumocystis carinii. Microbes Infect 2002; 4: 95-103. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  5. Fillatre P, Decaux O, Jouneau S, et al. Incidence of Pneumocystis jiroveci pneumonia among groups at risk in HIV-negative patients. Am J Med 2014; 127:1242.e11. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  6. Cushion MT, Beck JM. Summary of Pneumocystis research presented at the 7th International Workshop on Opportunistic Protists. J Eukaryot Microbiol 2001;48 (Suppl): 101S-105S. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  7. Deutsch-Österreichische Leitlinien zur Therapie und Prophylaxe opportunistischer Infektionen bei HIV-infizierten erwachsenen Patienten, AWMF-Leitlinie Nr. 055-006. Stand 2014. daignet.de
  8. Ebner L, Walti LN, Rauch A, Furrer H, Cusini A, Meyer AM, et al. Clinical Course, Radiological Manifestations, and Outcome of Pneumocystis jirovecii Pneumonia in HIV Patients and Renal Transplant Recipients. PLoS One 2016; 11: e0164320. journals.plos.org
  9. Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. DGHO. Bakterielle Infektionen und Pneumocystis jiroveci Pneumonie - Prophylaxe, Prophylaxe bei Patienten mit hämatologischen und onkologischen Erkrankungen. Stand Februar 2021. www.onkopedia.com

Autor*innen

  • Linda Mandel, Dr. med., Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Eggenstein
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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