Zusammenfassung
- Definition: Eine Schlaf-wach-Rhythmusstörung, die mit langen Flugreisen in Verbindung steht, bei denen viele Zeitzonen überquert werden.
- Häufigkeit: Häufig auftretendes Phänomen.
- Symptome: Symptome sind Schlafstörungen, Müdigkeit während des Tages, verminderte Leistungsfähigkeit, Magen-Darm-Beschwerden und allgemeine Schwäche.
- Befunde: Keine spezifischen klinischen Befunde.
- Diagnostik: Es sind keine zusätzlichen Untersuchungen erforderlich.
- Therapie: In der Regel ist neben der Anpassung an die neue Zeitzone keine weitere Therapie erforderlich, evtl. Melatonin.
Allgemeine Informationen
Definition
- Als Jetlag bezeichnet man ein Syndrom, das mit langen Flugreisen in Verbindung steht, bei denen viele Zeitzonen überquert werden.
- Es ist eine vorübergehende Desynchronisation zwischen endogenen Körperrhythmen und exogenen Umweltrhythmen.1
Häufigkeit
- Jetlags betreffen die meisten Flugpassagiere, die 5 oder mehr Zeitzonen überqueren.
- Die Häufigkeit und der Schweregrad steigen mit der Anzahl der Zeitzonen, die überquert werden.
- Reisen in Richtung Westen verursachen weniger Störungen als Reisen in Richtung Osten, da es leichter ist, den natürlichen Tagesrhythmus zu verlängern als zu verkürzen.2
Ätiologie und Pathogenese
- Ein Jetlag ist darauf zurückzuführen, dass die „innere Uhr“ weiterhin in dem Tag-Nacht-Rhythmus des Ortes funktioniert, den man verlassen hat.
- Unter dem Einfluss von Licht und Dunkelheit passt sich der Rhythmus schrittweise an, vermittelt durch Melatonin, das von der Hypophyse abgegeben wird.
- Dunkelheit stimuliert die Melatoninabgabe.
- Licht unterbricht die Melatoninabgabe.
- Bei Reisen nach Westen verlängert sich der Tag – es ist so, als würde man später als üblich zu Bett gehen.
- Die biologische Uhr ist bei den meisten Menschen auf mehr als 24 Std. eingestellt (ca. 25 Std.), dies erleichtert ebenfalls Reisen in Richtung Westen.
- Bei Reisen nach Osten verkürzt sich der Tag – dies bedeutet, dass man Stunden verliert und früher als üblich zu Bett geht. Dies ist ungewohnt und führt häufiger zu Problemen.
Prädisponierende Faktoren
- Flugreisen in östlicher Richtung
- Überquerung von vier oder mehr Zeitzonen
- Große individuelle Unterschiede
ICPC-2
- A88 Schädl. Folge physikal. Einwirkung
ICD-10
- F51 Nichtorganische Schlafstörungen
- F51.2 Nicht organische Störung des Schlaf-wach-Rhythmus
- F51.8 Sonstige nichtorganische Schlafstörungen
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Schlafstörungen (ohne Zeitgefühl) unmittelbar nach einer langen Flugreise, bei der Zeitzonen überquert wurden
- Zunehmende Beschwerden, je höher die Anzahl der Zeitzonen ist
Differenzialdiagnosen
Anamnese
- Der Grad der Beschwerden ist direkt proportional zur Anzahl der Zeitzonen, die überquert werden.
- Reisen in Richtung Westen verursachen weniger Probleme als Reisen in Richtung Osten.1
- Ein Jetlag ist gekennzeichnet durch schlechten Schlaf in Form von Einschlafproblemen und unruhigem Schlaf. Übliche Zusatzbeschwerden sind Müdigkeit während des Tages, verminderte Leistungsfähigkeit, Magen-Darm-Beschwerden und allgemeine Schwäche.3
- Manche Menschen bekommen nur einige der typischen Symptome.
Therapie
Therapieziel
- Schnelle Anpassung an den örtlichen Tagesrhythmus
Allgemeines zur Therapie
- Viele (die meisten) der Betroffenen passen ihren Tagesrhythmus innerhalb weniger Tage an, indem sie sich einfach in den örtlichen Rhythmus hinein begeben.
- Bei Patienten, die Beschwerden haben und damit kämpfen, ihren Rhythmus anzupassen, ist eine Lichttherapie oder eine medikamentöse Therapie indiziert.4
Empfehlungen für Patienten
- Möglichst schnelle Anpassung an den örtlichen Tagesrhythmus
Lichttherapie
- Eine aktive Lichtexposition kann dazu beitragen, den Tagesrhythmus schneller zu verändern.
- Tageslicht oder Tageslichtlampen
- Beispiel: Nach einer Reise in Richtung Osten – von New York nach Norwegen – wird der Tagesrhythmus durch die Lichttherapie ab 12 Uhr nach vorne verschoben.
- Erster Tag: Lichttherapie ab 12 Uhr (bis 12 Uhr wird Licht vermieden)
- Am nächsten Tag: Lichttherapie ab 10 Uhr
- Evtl. Lichttherapie ab 8 Uhr am dritten Tag
Medikamentöse Therapie
- Melatonin
- Kann separat oder in Kombination mit einer Lichttherapie verwendet werden.
- Eine Metaanalyse (Ia) hat gezeigt, dass Melatonin die durchschnittlichen Jetlag-Beschwerden im Vergleich zum Placebo reduziert.2
- Melatonin ist besonders wirksam bei Reisen, die über 5 oder mehr Zeitzonen gehen, kann aber auch bei Reisen über 2–4 Zeitzonen erfolgreich verwendet werden.
- Die beste Wirkung wird bei Reisen in östlicher Richtung erzielt.
- Der Zeitpunkt für die Einnahme des Medikaments ist abhängig vom Tagesrhythmus jedes einzelnen und variiert daher.
- Melatonin 3 mg (Befreiung von der Registrierungspflicht) ist die übliche Dosis und scheint besser zu wirken als Melatonin in Depotform.
- Es wird in der Regel empfohlen, Melatonin 12 Std. nach Beginn der Lichttherapie einzunehmen.
- Separate Anwendung: Einnahme vor dem Schlafengehen am Zielort der Reise.
- Z-Hypnotika
- Haben sich bei Jetlag ebenfalls als wirksam erwiesen (Ib)
- Verbesserung der Schlafqualität gegenüber dem Placebo
- Verbesserte Jetlag-Symptome
- Die Gefahr von Nebenwirkungen ist größer.5-6
- Haben sich bei Jetlag ebenfalls als wirksam erwiesen (Ib)
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Ein Jetlag äußert sich unmittelbar nach dem Flug am stärksten und verschwindet innerhalb von 4–6 Tagen, nachdem die Anpassung an die neue Ortszeit erfolgt ist.2
- Je mehr Zeitzonen überquert werden, desto länger dauert es, bis der Jetlag vorüber geht.
Komplikationen
- Erhöhtes Unfallrisiko
- eingeschränkte Kraftfahreignung bei Tagesschläfrigkeit
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Quellen
Literatur
- Adlakha A. Jet lag and sleep phase disorders. BestPractice, last updated May 13, 2014. .
- Herxheimer A, Petrie KJ. Melatonin for the prevention and treatment of jet lag (Cochrane review). In: The Cochrane Library, Issue 4, 2003. The Cochrane Library
- Herxheimer A, Waterhouse J. The prevention and treatment of jet lag. BMJ 2003;326:296-297. British Medical Journal
- Sack RL. Clinical practice: jet lag. N Engl J Med. 2010;362:440-447. PubMed
- Herxheimer A. Jet lag. Clin Evid 2003; 10: Clinical Evidence
- Suhner A, Schlagenhauf P, Hofer I, et al. Effectiveness and tolerability of melatonin and zolpidem for the alleviation of jet lag. Aviat Space Environ Med 2001;72:638-646. PubMed
- Jamieson AO, Zammit GK, Rosenberg RS, et al. Zolpidem reduces the sleep disturbance of jet lag. Sleep Med 2001;2:423-430. PubMed
- Daurat A, Benoit O, Buguet A. Effects of zopiclone on the rest/activity rhythm after a westward flight across five time zones. Psychopharmacology 2000;149:241-245. PubMed
Autoren
- Ingard Løge, spesialist allmennmedisin, redaktør NEL