Spinaltrauma

Allgemeine Informationen

Definition

  • Spinaltraumata umfassen Wirbelsäulenfrakturen, Rückenmarksverletzungen, Verletzungen der Cauda equina und Wurzelläsionen.1
  • Einteilung von Spinaltraumata
    • geschlossene vs. offene (inklusive penetrierende)
    • Frakturen mit oder ohne neurologische Ausfallsymptome
    • Ebene der Wirbelsäule
    • stabile vs. instabile Frakturen
    • Hoch- vs. Niedrigenergietraumata
  • Siehe auch das Verfahren zum Umgang mit Patienten mit Verdacht auf eine Fraktur der Halswirbelsäule.

Häufigkeit

  • Wirbelsäulenfrakturen
    • Machen 3 % aller stumpfen Traumata aus.2
    • Die Frakturen sind meist am 1./2. oder 5./6. Halswirbel, in der unteren Brustwirbelsäule oder der oberen Lendenwirbelsäule lokalisiert.
    • Zervikale Verletzungen sind häufig mit Rückenmarksverletzungen verbunden.
  • traumatische Verletzungen des Rückenmarks und der Cauda equina
    • 1 % aller stumpfen Traumata 2
    • klinisch relevante Verletzungen zervikal 50 %, thorakal 33 %, lumbal 18 %
    • Verkehrsunfälle und Stürze machen zusammen 90 % der Verletzungen aus.
  • Laut US-amerikanischen Zahlen verteilen sich dieSpinaltraumata wie folgt:3
    • inkomplette Tetraplegie 30 %
    • komplette Tetraplegie 28 %
    • inkomplette Paraplegie 21 %
    • komplette Paraplegie 19 %

Diagnostische Überlegungen

Leitlinie: Wirbelsäulenverletzungen4

  • Eine gezielte körperliche Untersuchung inklusive der Wirbelsäule und der mit ihr verbundenen Funktionen soll durchgeführt werden.
  • Bei bewusstlosen Patienten soll bis zum Beweis des Gegenteils von dem Vorliegen einer Wirbelsäulenverletzung ausgegangen werden.
  • Beim Fehlen folgender 5 Kriterien soll davon auszugegangen werden, dass keine instabile Wirbelsäulenverletzung vorliegt:
    • Bewusstseinsstörung
    • neurologisches Defizit
    • Wirbelsäulenschmerzen oder Muskelhartspann
    • Intoxikation
    • Extremitätentrauma
  • Akutschmerzen im Wirbelsäulenbereich nach Trauma sollten als ein Hinweis auf eine Wirbelsäulenverletzung gewertet werden.
  • Bei akuter Lebensbedrohung (z.B. Feuer/Explosionsgefahr), die nur durch sofortige Rettung aus dem Gefahrenbereich beseitigt werden kann, soll auch bei Verdacht auf eine Wirbelsäulenverletzung die sofortige und unmittelbare Rettung aus dem Gefahrenbereich erfolgen, ggf. auch unter
    Vernachlässigung von Vorsichtsmassnahmen für den Verletzten.
  • Die Halswirbelsäule soll vor der eigentlichen technischen Rettung immobilisiert werden.
  • Der Transport sollte möglichst schonend und unter Schmerzfreiheit erfolgen.
  • Patienten mit neurologischen Ausfällen und vermuteter Wirbelsäulenverletztung sollten primär und mindestens in ein regionales Traumazentrum mit Wirbelsäulenchirurgie transportiert werden.
  • Schmerzen im Rücken nach einem adäquaten Trauma deuten auf eine Fraktur der Wirbelsäule hin und sollten auch dahingehend behandelt werden, bis der Zustand geklärt ist.
  • Der Schadensmechanismus kann wertvolle Informationen über Art und Ausmaß des Schadens liefern.

Schadensmechanismen

  • Halswirbelverletzungen
    • Flexions-/Extensions- und/oder Rotationsverletzungen
      • Sind die häufigsten Verletzungsmechanismen.
      • C5/C6 ist die häufigste Lokalisation.
        • Die Verletzung kann zu einer Subluxation oder Dislokation von C5/C6 führen.
    • Kompressionsverletzung
      • Die Höhe einer oder mehrere Wirbel ist ggf. verringert, Wirbel können gesplittert sein, wodurch es zu Verletzungen des Rückenmarks und der Nervenwurzeln kommt.
    • Hyperextensionsverletzungen
      • häufig bei älteren Betroffenen
      • Knochenverletzungen sind ungewöhnlich.
      • Kann zu einem Vorderseitenstrang-Syndrom (zentromedullären Syndrom) führen, hierbei sind die Lähmungen in den Armen stärker ausgeprägt als an den Beinen.
    • Fraktur des Dens axis
      • Ist instabil.
      • Eine Quetschung des Rückenmarks kann tödlich sein, wenn die Verletzungshöhe oberhalb der Nerven liegt, die das Zwerchfell versorgen. (Atemlähmung).
    • Jefferson-Fraktur
      • bilaterale Fraktur des Atlasbogens infolge eines Axialtraumas
      • Ist instabil.
    • Traumatische Spondylolyse C2 (Hangman‘s-Fraktur)
      • Bruch der Bogenwurzeln von C2 mit Dislokation von C2/C3.
      • Ist instabil.
    • Diskusruptur
      • Ist am häufigsten im Bereich der unteren HWS lokalisiert, und oft mit einer Wirbelkörperfraktur und/oder Fraktur/Luxation der Facettengelenke kombiniert.
  • Verletzungen der thorakolumbalen Wirbelsäule
    • Flexions- und/oder Rotationsverletzungen
      • Sind die häufigsten Verletzungsmechanismen.
      • Die häufigste Lokalisation ist Th12/L1
      • Bei Abriss der hinteren Bänder und einer Dislokation von Th12 gegenüber L1.
      • Häufig liegt gleichzeitig eine Kompressionsfraktur der Wirbelkörper vor.
      • Ist instabil und kann zu neurologischen Ausfallerscheinungen führen
    • Kompressionsfrakturen
      • Stauchung von einem oder mehreren Wirbeln.
      • Tritt am häufigsten am thorakolumbalen Übergang auf, hierbei können Conus und Cauda equina verletzt werden.
      • Die Verletzung ist in der Regel stabil und eher selten mit neurologischen Schädigungen verbunden.
      • Kann zu peripheren Ausfällen mit schlaffen Lähmungen und der Aufhebung der tiefen Reflexe, Reithosenanästhesie sowie Blasen-/Enddarmlähmung führen.

Mögliche Fehldiagnosen

  • Instabile Wirbelsäulenverletzungen
    • Eine Fraktur, die zwei oder drei Säulen betrifft, wird üblicherweise als instabil angesehen.
    • komplizierte Verletzung der Wirbelsäule mit einer Schädigung des Nervengewebes oder, wenn Nervengewebe gefährdet ist
      • Flexionsverletzungen, bei denen der vordere Korpusrand um 50 % oder mehr verringert ist
      • axiale Kompression, wodurch der Pedikelabstand erhöht und der Spinalkanal dadurch verengt ist
  • Läsionen in C1‒C2
    • Eine Kompression der Medulla auf dieser Ebene kann zu einer akuten Ateminsuffizienz führen.

ICPC-2

  • L81 Verletzung muskuloskelettär NNB
  • N81 Verletzung Nervensystem, andere

ICD-10

  • S12 Fraktur im Bereich des Halses
    • S12.0 Fraktur des 1. Halswirbels
    • S12.1 Fraktur des 2. Halswirbels
    • S12.2 Fraktur eines sonstigen näher bezeichneten Halswirbels
    • S12.7 Multiple Frakturen der Halswirbelsäule
    • S12.9 Fraktur im Bereich des Halses, Teil nicht näher bezeichnet
  • S22 Fraktur der Rippe(n), des Sternums und der Brustwirbelsäule
    • S22.0 Fraktur eines Brustwirbels
    • S22.1 Multiple Frakturen der Brustwirbelsäule
  • S32 Fraktur der Lendenwirbelsäule und des Beckens
    • S32.0 Fraktur eines Lendenwirbels
    • S32.1 Fraktur des Os sacrum
    • S32.2 Fraktur des Os coccygis
  • S14 Verletzung der Nerven und des Rückenmarkes in Halshöhe
    • S14.0 Kontusion und Ödem des zervikalen Rückenmarkes
    • S14.1 Sonstige und nicht näher bezeichnete Verletzungen des zervikalen Rückenmarkes
    • S14.2 Verletzung von Nervenwurzeln der Halswirbelsäule
  • S24 Verletzung der Nerven und des Rückenmarkes in Thoraxhöhe
    • S24.0 Kontusion und Ödem des thorakalen Rückenmarkes
    • Sonstige und nicht näher bezeichnete Verletzungen des thorakalen Rückenmarkes
    • S24.2 Verletzung von Nervenwurzeln der Brustwirbelsäule
  • S34 Verletzung der Nerven und des lumbalen Rückenmarkes in Höhe des Abdomens, der Lumbosakralgegend und des Beckens
    • S34.0 Kontusion und Ödem des lumbalen Rückenmarkes [Conus medullaris]
    • S34.1 Sonstige Verletzung des lumbalen Rückenmarkes
    • S34.2 Verletzung von Nervenwurzeln der Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeins
  • T09.3 Sonstige Verletzungen der Wirbelsäule und des Rumpfes, Höhe nicht näher bezeichnet
  • Paraparese und Paraplegie, Tetraparese und Tetraplegie
    • G82.0 Schlaffe Paraparese und Paraplegie
    • G82.1 Spastische Paraparese und Paraplegie
    • G82.2 Paraparese und Paraplegie, nicht näher bezeichnet
    • G82.3 Schlaffe Tetraparese und Tetraplegie
    • G82.4 Spastische Tetraparese und Tetraplegie
    • G82.5 Tetraparese und Tetraplegie, nicht näher bezeichnet
  • T14.4 Verletzung eines oder mehrerer Nerven an einer nicht näher bezeichneten Körperregion
  • T91.3 Folgen einer Verletzung des Rückenmarkes

Differenzialdiagnosen

Wirbelsäulenfraktur

  • Kompressions- oder Wirbel-Endplatten-Brüche aufgrund plötzlicher axialer Belastung
    • häufiger bei verminderter Knochendichte
    • Es handelt sich in der Regel um stabile Frakturen.
  • Abriss des Querfortsatzes, wo der M. psoas seinen Ursprung hat
    • Wird in der Regel durch starke Muskelkontraktionen oder ein direktes Trauma verursacht.
    • Obwohl sie harmlos erscheinen, können solche Brüche schwere Einblutungen in den Retroperitonealraum verursachen und zu akuter Anämie und einem Ileus führen.
  • Abriss des Dornfortsatzes (Proc. spinosi)
    • als Folge eines direkten Traumas gegen den Dornfortsatz oder als Folge einer starken Flexion und Rotation
    • Verursacht üblicherweise keine neurologischen Symptome.
  • Fraktur der Pars interarticularis als Folge einer Hyperextension
    • akute traumatische Spondylolisthese

Rückenmarksverletzung

  • Tritt in der Regel als Komplikation einer Wirbelsäulenfraktur auf.
  • Komplette Querschnittslähmung: Alle aufsteigenden und absteigenden Nervenbahnen im subläsionalen Körperbereich sind zerstört.
    • Hierdurch kommt es zum kompletten Verlust der motorischen und sensiblen Funktion unterhalb der Verletzungsstelle.
    • Eine Querschnittslähmung oberhalb von C3/C4 führt zum Atemstillstand.
  • Inkomplette Querschnittslähmung: Hierbei sind einige aufsteigende oder absteigende Nervenfasern intakt.
    • Hierdurch kommt es zu einem Erhalt der Sensibilität oder Restsensibilität bzw. zu einer Restmotorik.
  • Spinaler Schock
    • vorübergehend schlaffe Lähmungen im subläsionalen Körperbereich nach größeren Rückenmarksverletzungen
    • Der spinale Schock kann Tage bis Monate anhalten.
    • Tritt in der Regel im Rahmen einer Querschnittslähmung auf.
  • Spastische Lähmung
    • Entwickelt sich ungefähr nach zwei Wochen nach dem Abklingen des spinalen Schocks.
    • Führt zu Spastizität und überschießenden bis kloniformen Reflexen sowie invertiertem Plantarreflex.
  • Brown-Séquard-Syndrom
    • Wird durch eine halbseitige medulläre Schädigung verursacht, die die dorsale Wirbelsäule, die kortikospinalen Bahnen und die spinothalamischen Bahnen einseitig betrifft.
    • ipsilaterale Parese und Verlust des Vibrationssinns sowie Propriozeption distal der Verletzung (Pyramidenbahn) und kontralateraler Verlust des Schmerz- und Temperatursinns (Seitenstränge)
    • Wird häufig durch eine Stich- oder Schussverletzung verursacht.
  • Spinalis-anterior-Syndrom
    • Hierbei sind rund die vorderen zwei Drittel des Rückenmarks betroffen.
    • Wird in der Regel durch vaskuläre Schäden an der A. spinalis anterior verursacht.
    • Führt zu bilateralen Paresen (Pyramidenbahn) und vermindertem Schmerz- und Temperaturfühlen (Seitenstrang).
    • Positions- und Vibrationssinn sind intakt (Hinterstrang)
  • Zentromedulläres Syndrom
    • Entsteht in der Regel durch Hyperextensionsverletzungen der Halswirbelsäule.
    • Verursacht eine Schwächung vor allem der oberen Extremitäten und ggf. in geringerer Ausprägung auch in den unteren Extremitäten. Typischerweise ist die Bewegungsgeschwindigkeit in den Fingern am stärksten eingeschränkt.
    • normalerweise nur minimale bis leichte Ausfälle (Schmerz- und Temperaturempfinden)
  • Commotio spinalis
    • Aufgrund von Beschleunigungsverletzungen (Distorsion/Akzelerations-/Dezelerationstraumata) wird das Rückenmark vorübergehend außer Funktion gesetzt (vgl. Commotio cerebri).
    • In der Regel regeneriert sich die Funktion im Lauf der ersten sechs Stunden nach der Verletzung.

Anamnese

Besonders zu beachten

Bewertung des Schweregrades

  • Schadensmechanismus: Sturz, Schlag, Schnitt, Schuss usw.
  • Ist die Verletzung durch axiale Flexion, Rotation oder Extension entstanden?
  • Ausmaß des Traumas, hoch- oder niedrigenergetisch?
  • Sind andere Körperteile verletzt?
  • Der Zeitpunkt des Traumas?
  • Möglicherweise schwere Vergiftung oder selbstinduzierter Rausch, der hinzukommt und die Diagnose und Behandlung erschwert?
  • Möglicherweise akute Erkrankung/Verletzung, die zu dem Unfall führten

In Bezug auf den Patienten

  • Symptomentwicklung nach dem Trauma? Hat sich der Zustand verändert?
  • Ist der Patient bei Bewusstsein?
  • Hat der Patient starke Schmerzen? Wo?
  • Sichtbare Wunden oder Blutungen?
  • Hat der Patient eine bekannte Krankheit?
  • Konsum von Alkohol/Medikamenten?

An der Läsion

Untersuchungen

Ziehen Sie eine Fraktur in Betracht!

  • Schmerzen im Rücken nach einem adäquaten Trauma deuten auf eine Fraktur der Wirbelsäule hin und sollten auch dahingehend behandelt werden, bis der Zustand geklärt ist.
  • Größte Vorsicht ist geboten, um eine Verschlimmerung der Verletzung zu vermeiden: auf korrektes Anheben, eine korrekte Körperhaltung und Stabilisierung der Wirbelsäule achten.
    • Vor der Transportlagerung sollte der Patient am Notfallort möglichst nicht bewegt werden. Der Patient muss durch mehrere Helfer gleichzeitig angehoben werden.
    • Schwere Wirbelsäulenverletzungen sind instabil. Insbesondere auf Flexionen muss geachtet werden.
  • Alle Bewegungen, durch die es zu Achsenverschiebungen an der Läsionsstelle kommen kann, müssen vermieden oder möglichst eingeschränkt werden.
  • Schultern, Hüfte und Beine sollten parallel und gleichzeitig bewegt werden. Ein Helfer sollte zudem immer noch den Kopf stabilisieren und mitdrehen.
  • Bei Verdacht auf Halswirbelverletzungen sollten während des Transports und bei der Bilddiagnostik ein Stiffneck zur Immobilisierung der Halswirbelsäule und ggf. stabilisierende Sandsäcke verwendet werden.

Plan BAAK(Z)

  • Bewusstseinszustand
    • Reagiert der Patient auf Schmerzen oder Ansprache?
  • Atemwege
    • Sind die Atemwege infolge von Erbrechen, Rückfall der Zunge oder Fremdkörper verschlossen?
  • Atmung: Überwachen und unterstützen Sie bei Bedarf.
    • Sehen, fühlen und hören Sie, ob der Patient atmet.
    • Dyspnö, Stridor, Heiserkeit
  • Zirkulation
    • Untersuchen Sie Puls und Blutdruck (in beiden oberen Gliedmaßen).
    • Zyanose

Weitere Untersuchungen

  • einfache neurologische Untersuchung
    • Pupillen
      • Betrachten Sie Größe, Symmetrie und Lichtreaktionen.
    • Extremitäten
      • Überprüfen Sie Stellung, Bewegung, Muskeltonus und Schmerzreaktion.
      • ausstrahlende Schmerzen, beginnender Kraftverlust, Störungen der autonomen Nervenfunktionen, Hauttemperatur, Sensibilitätsverlust?
    • Führen Sie eine Beurteilung des Bewusstseins durch, vorzugsweise nach der Glasgow Coma Scale.
    • Blasenparese?
  • Suchen Sie nach schweren Verletzungen in anderen Organen; Thorax, Abdomen, ZNS, Becken, Extremitäten?
    • Schwere Thoraxverletzungen haben immer Vorrang!

Maßnahmen

  • Die Wirbelsäule muss bei Untersuchung und Transport stabilisiert werden.
  • Vitalfunktionen (Atmung, Kreislauf) stabilisieren.
  • Bei einer Blasenparese muss ein Katheter gelegt werden.
  • Geben Sie dem Patienten nichts zu essen oder zu trinken.
  • Schmerztherapie
  • Überwachen Sie Blutdruck und Sauerstoffsättigung.
  • schneller Transport ins Krankenhaus bei Verdacht auf schwere Verletzungen

Im Krankenhaus

Untersuchungen

Neurologische Untersuchung

  • Nachdem der Kreislauf des Patienten stabilisiert wurde, ist eine genauere Untersuchung angebracht.
  • Mentalstatus und Hirnnerven
  • Die Wirbelsäule wird inspiziert und palpiert.
    • Achten Sie nach einer Verletzung auf Hautveränderungen und Fehlausrichtungen der Wirbelsäule. Palpieren Sie, um eventuelle Verletzungen zu lokalisieren.
  • Prüfen Sie die Motorik und die Sensibilität.
    • Z. B. befinden sich die Sehnenreflexe an folgenden Segmenten: Bizeps (C5), M. brachioradialis (C6), Trizeps (C7), Patellasehne (L4), Achillessehne (S1)
    • Hierbei sollte die Maximalkraft nicht getestet werden, da es hierdurch zu einer Verschiebung einer instabilen Wirbelsäule kommen kann.
      • Gute und schnelle Beweglichkeit von Fingern und Zehen ist ebenso aussagekräftig wie Kraft. Prüfen Sie daher die Bewegungsgeschwindigkeit.
  • Sakralwurzel-Funktionen
    • Es ist sehr wichtig, Folgendes zu prüfen: analer Sphinktertonus, perianale Sensibilität, Reflex des M. bulbocavernosus.
    • Bestehende sakrale Funktionen indizieren eine unvollständige Rückenmarksverletzung.
    • Wenn die Sakralreflexe wieder aufleben, indiziert dies, dass der spinale Schock rückläufig ist.
  • Entscheiden Sie, ob es sich um eine zentrale oder eine periphere Verletzung handelt.
  • Hauttemperatur: Schweißgrenze?
  • Paralytischer Ileus oder Urinretention?

Bildgebende Diagnostik

  • Röntgen1
    • Wird heutzutage nicht mehr durchgeführt. 
  • CT
    • Traumascan: kontrastmittelgestützte Ganzkörper-CT mit 3D-Rekonstruktion
    • Wird bei Verdacht auf Instabilität und zervikalen Verletzungen durchgeführt.5
  • MRT
    • geeignet für die Diagnostik von Diskusrupturen, Blutungen im Spinalkanal, Rückenmarksverletzungen und medullären Schäden, sowie von Verletzungen der Gelenkbändern.
  • EMG und urodynamische Untersuchungen
    • Keine Anwendung in der Akutphase. 

Klassifizierungen

  • ASIA-Schema: Klassifikationen der Querschnittsymptomatik
  • ASIA-Schema: neurologische Klassifikation von Rückenmarksverletzungen

Weitere Untersuchungen

  • Zirkulation und Ventilation beobachten.
    • Bei tiefen Rückmarksverletzungen kann es zu einer Hypotonie kommen (neurogener Schock).
      • Bei Hypotonie muss die Möglichkeit schwerer abdominaler Blutungen, Verletzungen von Aorta oder Herz in Betracht gezogen werden.
    • Zu einer schweren Hypertonie kann es aufgrund der autonomen Hyperreflexie bei hohen Läsionen kommen (> Th 6).
    • Bei Verletzungen der Dens axis kann eine akute Ateminsuffizienz aufgrund einer Läsion des N. phrenicus (innerviert das Zwerchfell) auftreten.
  • übliche Blutuntersuchungen

Maßnahmen

Während der Akutphase im Krankenhaus

  • Die Patienten werden direkt nach der Verletzung klassifiziert, Status und Beurteilung werden regelmäßig aktualisiert.
  • Fixierung des Kopfes
    • Instabile Verletzungen der Halswirbelsäule werden in einer stabilen Position fixiert.
    • Die Fixierung mit der Gardner-Wells-Zange ist einfach, nach Lokalanästhesie kann sie direkt unter der Haut in den Schädelknochen eingeschraubt werden. Ein Zugsystem wird verwendet, 4–5 kg Gewicht bei Erwachsenen.
  • Bradykardie und Hypotonie
    • Die Patienten erfordern eine sorgfältige Überwachung und Volumentherapie
  • Schmerzstillende Medikamente
    • Opioidanalgetika
  • Methylprednisolon
    • Eine hochdosierte Steroidgabe bei akuten Rückenmarksverletzungen wird kontrovers diskutiert und wird nicht mehr als Standardbehandlung empfohlen. 
  • Gastrische Retention und paralytischer Ileus
    • Behandlung durch Nahrungsenthaltung und Magensonde
  • Harnretention
    • Wird zunächst mit Dauerkatheter und später mit intermittierender Katheterisierung behandelt.
    • Häufig wird eine Antibiotikaprophylaxe durchgeführt.
  • Tiefe Venenthrombose kommt häufig vor.
    • Thromboseprophylaxe
  • Stressulkusprophylaxe
    • H2-Blocker
  • Es kann leicht zu Druckgeschwüren kommen.
    • Vorbeugende Maßnahmen durch spezielle Matratzen und Schutz von Knochenvorsprüngen.
  • Entscheiden Sie, ob die Behandlung konservativ oder chirurgisch erfolgen soll.
    • Stabile Verletzungen werden konservativ behandelt, während bei instabilen Verletzungen eine Operation erwogen wird.

Konservative Therapie

  • Die leichtesten Verletzungen werden nur mit Schmerzmitteln behandelt.
  • in den ersten Tagen Bettruhe, wenn dies nötig ist, danach Rehabilitation der Rücken- und Bauchmuskulatur, sowie Anweisungen zum „richtigen Gebrauch des Rückens“
  • Krankmeldung nach individueller Bewertung
  • Wenn die Verletzung als schwerwiegender angesehen wird und die Schmerzen langfristiger zu sein scheinen, kann über die Verwendung eines Korsetts nachgedacht werden.
  • Dies sollte mit täglichen Trainingsübungen kombiniert werden.
  • Individuelle Kontrollintervalle

Operative Therapie

  • Bei instabilen Verletzungen wird eine Operation erwogen.
  • Kontaktieren Sie ein Universitätskrankenhaus.
  • Methode
    • Die häufigste Methode, eine Wirbelsäulenfraktur zu stabilisieren, ist eine transpedikuläre Verschraubung in den Segmenten oberhalb und unterhalb des Frakturniveaus.
    • Wenn neurologische Symptome oder eine signifikante Verengung des Spinalkanals vorliegen, wird eine spinale Dekompression (Laminektomi) durchgeführt.
    • In einigen Fällen muss auch eine Reposition oder Entfernung von Knochenfragmenten durchgeführt werden, die in den Spinalkanal versetzt wurden.

Weitere Behandlung und Maßnahmen

Videos

Illustrationen

Wirbelsaeule, Querschnitt.jpg
Wirbelsaeule, Querschnitt
Kompression der Wirbelsäule
Kompression der Wirbelsäule

 

  • ASIA-Schema: Klassifikationen der Querschnittsymptomatik
  • ASIA-Schema: neurologische Klassifikation von Rückenmarksverletzungen

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Polytrauma / Schwerverletzten-Behandlung. AWMF-Leitlinie Nr. 012-019, Stand 2011www.awmf.org

Literatur

  1. Chin LS. Spinal cord injuries. Medscape, last updated Jul 07, 2015. emedicine.medscape.com
  2. Kaji A, Hockberger RS. Spinal column injuries in adults: Definitions, mechanisms, and radiographs. UpToDate, last updated Feb 12, 2014 . UpToDate
  3. National Spinal Cord Injury Statistical Center (NSCIS). Spinal cord injury facts and figures at a glance. February 2011.
  4. Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Polytrauma / Schwerverletzten-Behandlung. AWMF-Leitlinie Nr. 012-019, Stand 2011 www.awmf.org
  5. Brown CV, Antevil JL, Sise MJ, Sack DI. Spiral computed tomography for the diagnosis of cervical, thoracic, and lumbar spine fractures: its time has come. J Trauma. 2005 May. 58(5):890-5; discussion 895-6.

Autoren

  • Günter Ollenschläger, Prof. Dr. Dr. med., Internist, Uniklinikum Köln
  • Torstein R. Meling, dr. med., overlege, Nevrokirurgisk avdeling, Rikshospitalet, Oslo

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