Dass der Klimawandel schon da ist, dürfte in den letzten Tagen und Wochen niemandem entgangen sein. Dass der Klimawandel bekämpft werden muss, auch nicht. Was können wir aber gegen die Folgen des Klimawandels, die bereits manifest sind, wie Hitze, Dürre, Überschwemmungen tun? Was bedeuten diese Wetterlagen für die Gesundheit? Mit welchen Maßnahmen können unsere Patient*innen und wir geschützt werden? Zur Klimaanpassung gehören Maßnahmen, die helfen, mit den Folgen des Klimawandels zu leben.
Im Allgemeinen sind damit zunächst städtebauliche Anpassungsmaßnahmen gemeint. Zur Milderung der Folgen von Hitzewellen sollten unter anderem Kaltluftkorridore geplant werden, also unverbaute Windschneisen in der Stadt, durch die kühle Luft von Wasserflächen und Grünanlagen in durch Sonneneinstrahlung aufgeheizte Gebiete ziehen kann. Grünflächen und Begrünung von Dächern und Fassaden können helfen, diffuse UV-Strahlung zu verringern und für Abkühlung zu sorgen. Verstärkte Baumbepflanzung kann dazu beitragen, Verdunstungskälte entstehen zu lassen, Schattenflächen zu schaffen und beispielsweise Geh- und Radwege zu kühlen. Zur Verbesserung des UV-Schutzes in Innenstädten werden auch in der neuen S3-Leitlinie zur Prävention von Hautkrebs städtebauliche Klimaanpassungsmaßnahmen gefordert. Zum Schutz vor Überschwemmungen bei Starkregenereignissen in Stadtgebieten sind mehr unversiegelte Bodenflächen, also z. B. Grünflächen erforderlich, damit Wasser ablaufen und versickern kann. Das wird als Schwammstadtprinzip bezeichnet.
Besonders sensible Bereiche sind Kitas, Spielplätze und Pflegeeinrichtungen. Kinder und Senior*innen haben ein besonders hohes Risiko für Hitzeschäden. Schattige und kühle Bereiche sowie ausreichende Trinkwasserversorgung sind unverzichtbar. Für den Fall von Unwetterereignissen sollen Frühwarnsysteme etabliert und Evakuierungspläne erarbeitet werden.
Im Praxisalltag sollte selbstverständlich für kühle Räume und Trinkwasser für Patient*innen und Mitarbeiter*innen gesorgt werden. Aber es ist auch zu überlegen, ob der Tagesablauf an Hitze angepasst werden sollte. Auch wenn die Räume gekühlt sind, kann es für Patient*innen eine große Belastung oder sogar gefährlich sein, in der Mittagshitze den Weg zum Praxistermin auf sich zu nehmen. Deswegen kann es sinnvoll sein, Öffnungszeiten in Morgen- und Abendstunden zu verlegen, auch zum Schutz der Mitarbeiter*innen. Außerdem sollte daran gedacht werden, Medikamente, die normalerweise bei Raumtemperatur gelagert werden können, in Hitzeperioden im Kühlschrank aufzubewahren.
Im Thema der Woche 2020-W34 Gesundheitliche Risiken an heißen Tagen habe ich bereits Empfehlungen genannt, die auch als ärztliche Klimaanpassungsstrategien anzusehen sind: Die Medikation sollte an heißes Klima angepasst werden. ACE-Hemmer können das Durstgefühl beeinträchtigen. Trizyklische Antidepressiva, SSRI, Opioide, Betablocker und Anticholinergika können die zentrale Temperaturregulation stören. Diuretika können zu starken Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten führen. Die Schweißproduktion kann beispielsweise durch Kalziumantagonisten beeinträchtigt werden. Weitere Hinweise zu Präventionsmaßnahmen in Hitzeperioden finden Sie in unserem Artikel Hitzeschäden.
Ärztliche Beratung zum Umgang mit Hochwasser- und Flutkatastrophen im Voraus ist nicht so einfach. Traumatisierte Betroffene können ärztliche Hilfe benötigen, dann ist die Aufgabe klar. Es kann aber auch lebensrettend sein, auf Informationen zur Notfallvorsorge hinzuweisen. Anweisungen zur Vorsorge und zum richtigen Verhalten bei Hochwasser liefert beispielsweise das BBK (Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe). Hier finden Sie auch einen Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen. Wir müssen auf die Risiken durch die Folgen des Klimawandels hinweisen, aber Klimaanpassung hat nichts mit Resignation zu tun. Es ist weiterhin unverzichtbar, das Pariser Klimaziel zu erreichen.
Marlies Karsch, Chefredakteurin
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