Seit Wochen wird diskutiert, ob und wie mit der Hilfe von regelmäßigen Antigen-Schnelltests nicht nur Schulen und Kitas wieder geöffnet werden können, sondern auch Restaurants, Kinos und andere Orte, an denen Menschen zusammenkommen. Gerade der Schulbesuch kann mit Reihentestungen von Schüler*innen und Lehrpersonal sicherer werden. Derzeit nimmt die Schule meiner Kinder in München an einer Studie teil, bei der die Kinder, die im Wechselunterricht gerade Präsenzunterricht haben, zweimal wöchentlich mittels Klassen-Pooltestungen (PCR) untersucht werden. Obwohl ich anfangs skeptisch war, finde ich es jetzt schon ganz gut, zu wissen, dass die Klassen und die Lehrer*innen meiner Kinder wiederholt negativ auf SARS-CoV-2 getestet wurden und somit höchstwahrscheinlich auch negativ sind.
Nach den Osterferien soll an bayerischen Schulen offiziell mit Antigen-Schnelltests getestet werden und zwar von staatlicher Seite. Die Kinder sollen die Tests selbst in der Schule durchführen. Bei positivem Test sollen die betroffenen Kinder aus der Schule abgeholt werden. Die Benachrichtigung des Gesundheitsamtes liegt dann in der Verantwortung der Familien. Solche Konzepte gibt es an vielen Schulen in Deutschland. Manche Eltern kritisieren das Vorgehen: Das Abholen eines positiv getesteten Kindes sei möglicherweise stigmatisierend oder gar traumatisierend. Abgesehen davon, dass die meisten Kinder durchaus begreifen, dass an einer COVID-19-Erkrankung keiner schuld ist, werden in anderen Bundesländern als Bayern (bisher) auch andere Abläufe gewählt: Kinder werden vor der Schule zuhause getestet und steigen bei positivem Test gar nicht erst in die öffentlichen Verkehrsmittel, um dann wieder nach Hause geschickt zu werden. Berechtigte Kritikpunkte an Antigen-Schnelltests generell sind zum einen, dass die Tests nicht so zuverlässig sind wie eine PCR nach Oropharynx-Abstrich, zum anderen, dass es zur Anwendung bei asymptomatischen Personen kaum Evidenz gibt. Das stimmt natürlich. Aber ist es wirklich besser, gar nicht zu testen, anstatt zumindest eine Orientierung über die Infektionslage an Schulen zu bekommen? Gibt es realisierbare Alternativen? Ohne ein wirkliches Konzept mit regelmäßigen Antigentests wird es schwierig sein, bis zu den Sommerferien zumindest Wechselunterricht zu gewährleisten.
Ein wesentliches Problem bei Präsenzunterricht für alle Schüler*innen zur gleichen Zeit ist nämlich die Zunahme der Quarantänen. Vor dem Lockdown im Dezember waren sehr viele Kinder in Quarantäne, weil in ihrer Klasse ein Fall mit SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde. An der Schule meiner Kinder waren es zeitweise 200 von insgesamt 700 Kindern. Was das bei einer derzeit nicht verkürzbaren Quarantäne von 14 Tagen für die betroffenen Kinder bedeuten würde, ist klar: wieder keine Schule. Je nach Ermessen des Gesundheitsamtes müssen jedoch zumindest größere Kinder nicht in Quarantäne. Bei Wechselunterricht mit der halben Schülerzahl im Klassenzimmer können die Abstandsregeln eingehalten werden. Wenn Kinder und Lehrkräfte außerdem dauerhaft Masken tragen und die Räume gut gelüftet sind, sind sie in der Regel keine Kontaktpersonen der Kategorie I. Könnte das Schulproblem vielleicht so gelöst werden? Anstatt auf Inzidenzzahlen jeweils kurzfristig zu reagieren, ein dauerhaftes Konzept für die Schulen mit Planungssicherheit für Eltern und Kinder zu schaffen? Vielleicht ist Wechselunterricht mit halber Klassengröße bis zu den Sommerferien mit regelmäßigen Testungen und sehr guten Konzepten für den Distanzunterricht auch bei wechselnder Inzidenzlage denkbar. Und das, ohne Tausende Kinder in Quarantäne zu schicken.
Wie sieht es in anderen Bereichen aus? Sollte vor Eintritt in Restaurants, Kinos, Theater und Konzerte ein negatives Schnelltest-Ergebnis nachgewiesen werden? Vielleicht werden so dauerhafte Lockerungen möglich. Aber wie soll das ablaufen? Sollen Gäste vor Eintritt direkt vor Ort getestet werden oder sich selbst zuhause testen? Wer kontrolliert dann die Ergebnisse? Dass der Schulbetrieb weiterläuft und dass die Generation Corona nicht vollständig den Anschluss verliert, ist wichtig, deshalb müssen wir vermutlich die Unzulänglichkeiten der Antigentests bei symptomlosen Kindern und Lehrkräften akzeptieren. Es wäre aber auch schön, wenn es mehr Pilotprojekte zu Testkonzepten für das öffentliche Leben mit wissenschaftlicher Begleitung gäbe. Vielleicht kann so eine dauerhafte Alternative zu Lockdowns geschaffen werden.
Marlies Karsch, Chefredakteurin
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