Die Seroprävalenz von Zytomegalie liegt in Deutschland bei 46 %. 0,5 % aller Schwangeren infizieren sich während der Schwangerschaft neu mit dem CMV-Virus. In einem von fünf Fällen wird das Virus im ersten Trimenon auf den Fetus übertragen. Bei über der Hälfte der neu infizierten Feten kommt es zu schweren bleibenden Fehlbildungen. Zytomegalie ist hierzulande die häufigste kongenitale Virusinfektion. In der Leitlinie zur Diagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen wird ein CMV-Screening zum Zeitpunkt der Feststellung einer Schwangerschaft empfohlen, das aber bisher noch keinen Eingang in die Mutterschaftsrichtlinien gefunden hat und deswegen weiterhin privat abgerechnet werden muss. Um über diese relevante, aber in den Köpfen von Ärzten und Patientinnen nicht immer entsprechend präsente Infektion umfassend zu informieren, haben wir ein neues Kapitel Zytomegalie verfasst.
In der Hausarztpraxis spielt Zytomegalie am ehesten bei einer CMV-bedingten Mononukleose, als Differenzialdiagnose bei akuter Hepatitis oder bei V. a. akute HIV-Infektion oder als opportunistische Infektion bei Patienten mit HIV/AIDS eine Rolle. In den meisten Fällen verläuft die Erkrankung symptomlos. Unspezifische Symptome eines viralen Infektes, wie Fieber, Halsschmerzen, Husten, können vorkommen. Bei einigen Patienten kommt es zu einem Mononukleose-Syndrom, das klinisch oft nicht von einer EBV-induzierten Mononukleose zu unterscheiden ist. 5–7 % der Patienten mit einem Mononukleose-Syndrom haben eine CMV-Infektion. Auch hier kann es, wie bei einer EBV-Infektion zu einem Exanthem unter Ampicillingabe kommen.
Das CMV persistiert lebenslang im Körper. Durch eine Reaktivierung der Virusreplikation können seropositive Träger intermittierend lebenslang ansteckend sein. Auch konnatal oder postnatal infizierte Kinder können in den ersten Lebensjahren hohe Virusmengen ausscheiden. Dies ist der Grund, warum Schwangere den Kontakt mit Urin, Speichel und anderen Körperflüssigkeiten von Kleinkindern meiden sollten und zu gründlichem Händewaschen nach möglicher Exposition, wie z.B. Windelwechsel oder Füttern, angehalten werden sollen. Bei immunkompetenten Personen ist keine medikamentöse Behandlung notwendig. Jedoch sollten immunkompromittierte Patienten und kongenital infizierte Früh- und Neugeborene virustatisch behandelt werden. Die Behandlung von Schwangeren und Stillenden wird dagegen nicht empfohlen.
Marlies Karsch, Chefredakteurin
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