Bei Patienten, die mit akuten oder subakuten Sehstörungen in die Praxis kommen, bleibt uns meist nichts anderes übrig als der Griff zum Telefonhörer. Doch wen wir anrufen und mit welcher Dringlichkeit wir eine weitere Untersuchung oder therapeutische Maßnahme fordern, ist deutlich abhängig vom vermuteten Krankheitsbild. Deswegen ist es wichtig, verschiedene Differenzialdiagnosen und ihre klinische Präsentation zu kennen. Hier lohnt sich ein Blick in unseren Symptomartikel Sehstörung oder Sehverlust, in dem man sich rasch einen umfassenden Überblick verschaffen kann. So kann eine optimale Koordination weiterführender Schritte schon in der Hausarztpraxis eingeleitet werden.
Bei einem schleichenden, allmählichen Beginn einer Sehstörung über Wochen und Monate, vor allem bei älteren Patienten, liegen meist chronische Erkrankungen, wie eine Makuladegeneration, ein Glaukom, eine Katarakt oder eine diabetische Retinopathie zugrunde. Hier sollte zwar eine baldmögliche Abklärung beim Augenarzt erfolgen, eine notfallmäßige Versorgung ist aber nicht indiziert.
Anders sieht es bei fast allen Ursachen eines plötzlichen Sehverlustes aus: Bei einer Netzhautablösung, die sich oft mit „Lichtblitzen“, „Rußregen“ und einem Gesichtsfeldausfall in Form eines „Vorhangs“ manifestieren kann, ist eine sofortige Einweisung in eine Augenklinik erforderlich. Gleiches gilt bei akuter (oder subakuter) Sehverschlechterung auf einem Auge bei älteren Patienten, der ein akuter Verschluss einer retinalen Arterie oder Vene zugrunde liegen kann. Ein über Stunden bis Tage auftretender einseitiger Sehverlust kann durch eine Optikusneuritis oder eine Arteriitis temporalis verursacht werden. Bei beiden Krankheitsbildern ist eine sofortige ophthalmologische Untersuchung und in der Regel eine stationäre Behandlung erforderlich. Bei Schmerzen und Zeichen einer Entzündung zusätzlich zur einseitigen Sehminderung kann eine Keratitis, eine Iridozyklitis oder eine Endophthalmitis vorliegen. Auch hier sollte eine möglichst rasche Abklärung und Therapieeinleitung beim Augenarzt erfolgen. Ein beidseitiger Visusverlust oder Gesichtsfeldausfall ist in der Regel ein Alarmsymptom, das auf einen intrazerebralen Prozess, wie einen Schlaganfall, eine Hirnblutung oder einen Tumor, hinweisen kann und zu einer sofortigen Klinikeinweisung führen sollte. Ein typisches Flimmerskotom, wie es als Aura bei einem Migräneanfall auftreten kann, ist dagegen eine der wenigen harmlosen Ursachen einer akuten Sehstörung und kann in der Regel durch sorgfältige Anamnese diagnostisch abgegrenzt werden.
Marlies Karsch, Chefredakteurin
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