Rationale Antibiotikatherapie in der Hausarztpraxis

Es ist nicht so einfach, hier den Überblick zu behalten: bei der Antibiotikatherapie in der Hausarztpraxis. Außerdem fällt es schwer, vermeintlich gute alte Gewohnheiten abzulegen. In den letzten Jahren wurden zahlreiche neue Leitlinien, oft von oder unter Mitwirkung der DEGAM, zur antibiotischen Behandlung verschiedener unspezifischer Infekte in der täglichen Praxis herausgegeben. Allen gemeinsam ist, dass man sich von den bisher reichlich verordneten Oralcephalosporinen aufgrund ihrer schlechten Bioverfügbarkeit weitgehend verabschieden muss. Eine große umfassende Leitlinie zur oralen Antibiotikatherapie generell steht allerdings immer noch aus. Auf vielfachen Leserwunsch haben wir reagiert und den neuen Übersichtsartikel Rationale Antibiotikatherapie in der Hausarztpraxis erstellt.

Hier finden Sie eine umfassende Zusammenstellung der leitliniengerechten Antibiotikatherapie bei den häufigsten unspezifischen Infekten in der Hausarztpraxis. Dargestellt wird die antibiotische Therapie, sofern sie indiziert ist, bei Streptokokken-Tonsillitis, Scharlach, akuter Otitis media, akuter Rhinosinusitis, Pneumonie (auch bei Kindern), Pertussis, Zystitis bei Frauen allgemein, bei Schwangeren, bei Männern und bei Kindern, Pyelonephritis, Divertikulitis, Erysipel, Phlegmone und bei Wundinfektionen. Zu besseren Orientierung gibt es hierzu auch eine tabellarische Zusammenfassung im Kitteltaschenformat, die Sie ausdrucken können. Sie enthält die Empfehlungen gängiger Leitlinien zur jeweiligen Therapie der 1. Wahl und die Alternative bei Penicillinallergie für die verschiedenen Krankheitsbilder.

Einige Leitlinien empfehlen die Anwendung von Fluorchinolonen, zumindest als Therapiealternative oder als Therapie der 2. Wahl. Es gab jedoch einen Rote-Hand-Brief mit Hinweis auf ein erhöhtes Risiko von Aortendissektionen und -aneurysmen unter der Einnahme von Fluorchinolonen durch die AkdÄ im Oktober 2018. Darauf folgte im November 2018 eine Information des BfArM zu schweren und langanhaltenden Nebenwirkungen von Fluorchinolonen an Muskeln, Gelenken und Nervensystem mit Empfehlungen der Europäischen-Arzneimittelagentur: Fluorchinolone sollen bei leichten oder mittelschweren Infektionen nicht als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden. Ein besonders hohes Risiko für Sehnenschäden besteht bei älteren Patienten, Nierenfunktionsstörung, nach solider Organtransplantation oder unter Kortikoidtherapie. Deshalb soll keine gleichzeitige Behandlung mit Fluorchinolonen und Kortikosteroiden erfolgen.

Grundsätzlich ist der Einsatz von Antibiotika mit dem Risiko leichter (z. B. antibiotikaassoziierte Diarrhö) oder schwerer Nebenwirkungen (z. B. Clostridium-difficile-Kolitis) und der Zunahme von Antibiotika-Resistenzen verbunden. Antibiotika sollten selbstverständlich nur bei klarer Indikation, also nicht bei banalen Infekten oder „Erkältung" und möglichst entsprechend aktueller Leitlinienempfehlungen verordnet werden.

Marlies Karsch, Chefredakteurin

 

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