Unspezifischer Kreuzschmerz ist ein derart häufiger Konsultationsgrund, dass die zugehörige NVL wahrscheinlich eine der wichtigsten Leitlinien für die hausärztliche Praxis ist. Jetzt ist sie mit Beteiligung der DEGAM aktualisiert worden. An den Grundprinzipien von Diagnostik und Therapie hat sich nicht viel geändert. Die so oft geforderte „Spritze, die immer gleich hilft“, wird es nach wie vor nicht geben. Es wurden aber auch einige wichtige Neuerungen eingeführt, die für die hausärztliche Arbeit relevant sind und in unseren entsprechenden Artikeln übernommen wurden:
Auch bei akuten Rückenschmerzen sollen von Anfang an psychosoziale Faktoren beachtet werden. Wenn Anamnese und körperliche Untersuchung keinen Verdacht auf eine gefährliche Ursache ergeben, soll keine weitere Diagnostik erfolgen. Paracetamol wird zur medikamentösen Therapie nicht mehr empfohlen. Dafür gibt es eine neue „Kann“-Empfehlung für Metamizol und Opioiden als Alternative zu NSAR. Muskelrelaxanzien und Antiepileptika sollen und Antidepressiva sollten, ohne nachgewiesene Depression, nicht angewendet werden.
Grundsätzlich sollen Therapien, die die Passivität fördern und/oder nicht evidenzbasiert sind (z. B. Massage), nicht oder nur in Kombination mit aktivierenden Maßnahmen eingesetzt werden. Neuerdings kann Bewegungstherapie auch in den ersten 6 Wochen angewendet werden und wird ab 6 Wochen empfohlen („soll“). Akupunktur wird jetzt auch bei akuten Kreuzschmerzen als „Kann“-Option genannt.
Bei anhaltenden aktivitätseinschränkenden oder progredienten Kreuzschmerzen trotz leitliniengerechter Therapie sollen nach vier Wochen psychosoziale Risikofaktoren mit einem standardisierten Screening-Instrument erfasst und nach vier bis sechs Wochen die Indikation für eine Bildgebung überprüft werden. Von mehrfacher Bildgebung bei unverändertem Beschwerdebild wird abgeraten. Bei chronischen Rückenschmerzen sollten Entspannungsverfahren angewendet werden. Nach sechs Wochen ohne Besserung soll den Patienten nach „multidisziplinäres Assessment“ eine multimodale Therapie angeboten werden. Wie das „Assessment“ in der hiesigen Versorgungsrealität aussehen soll, ist aber weiterhin unklar.
Marlies Karsch, Chefredakteurin
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