Vor wenigen Wochen erschien die neue Nationale Versorgungsleitlinie Asthma (NVL). Wir haben sie in allen unseren Artikeln zum Thema Asthma berücksichtigt: z. B. in Asthma, Asthma bei Kindern und Jugendlichen, Asthmaanfall bei Erwachsenen und Asthmaanfall bei Kindern und Jugendlichen. Es gibt einige Neuerungen durch eine Annäherung der NVL an die Empfehlungen der GINA. Unter anderem, weil inzwischen davon ausgegangen wird, dass auch bei Asthma, das mit der Therapiestufe 1 kontrollierbar ist, eine inflammatorische Komponente besteht, die mit niedrigdosierten inhalativen Kortikosteroiden (ICS) behandelt werden kann.
So wird jetzt auch in der NVL auf Stufe 1 und 2 im Stufenschema zur Asthmatherapie für Kinder ab 12 Jahren und für Erwachsene als Alternative zur Bedarfs- und Langzeittherapie eine ausschließliche Bedarfstherapie mit einer Fixkombination aus ICS und Formoterol empfohlen. Diese Fixkombination ist zur Bedarfstherapie in Stufe 1 und 2 nicht zugelassen, also ein Off-Label-Use. Auch für die Therapiestufen 3 bis 5 wird zur Bedarfstherapie eine Fixkombination aus ICS und Formoterol empfohlen, falls diese Fixkombination auch die Langzeittherapie darstellt. Die auf den ersten Blick noch komplizierter als zuvor wirkenden Therapieempfehlungen im Stufenschema mit allen Therapiealternativen kann durch die Verwendung der Fixkombination ICS und Formoterol in den ersten zwei Therapiestufen bei Bedarf und in höheren Therapiestufen für Langzeit- und Bedarfstherapie erheblich übersichtlicher werden. Natürlich vorausgesetzt, diese Therapie führt zu einer guten Asthmakontrolle.
Neben diesen Neuerungen in der Asthmatherapie wird in unserem Artikel Asthma jetzt auch ausführlicher auf Sonderformen des Asthmas eingegangen, wie „Type-2-Asthma“, eosinophiles Asthma, „Cough-Variant-Asthma“, Aspirin Exacerbated Airway Disease (AERD) oder anstrengungsinduzierte Bronchokonstriktion. In der Diagnostik gibt es Änderungen, mit denen sich die NVL auch von der bisherigen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) abhebt: Laut NVL ist der Nutzen der Messung der Stickstoff-Monoxid-Fraktion (FeNo) in der Ausatemluft nicht ausreichend belegt und wird daher nicht empfohlen. Auch für eine Röntgenaufnahme der Lunge sieht die NVL keine Indikation für den routinemäßigen Einsatz in der Asthmadiagnostik. Dies gilt auch für die allergologische Stufendiagnostik, die auch nicht generell, sondern nur bei V. a. allergisches Asthma empfohlen wird. Wir haben die neue NVL auch in unseren Diagnostik-Artikeln Spirometrie und PEF-Messung sowie Reversibilitätstest berücksichtigt, hierfür ergeben sich aber keine wesentlichen Änderungen.
In der Therapie präzisiert die NVL außerdem die Kriterien für die Indikation und Anwendung von Anti-IgE, Anti-IL-5- und Anti-IL-4-Antikörpern. Zusätzlich wird in der NVL die Wichtigkeit von Patientenschulungen und einer Einweisung von Patient*innen in ihr Inhalationssystem hervorgehoben. Zu manchen Methoden der komplementären und alternativen Therapie bezieht die NVL eine klare Position: Akupunktur, Homöopathie und Hypnose sollen nicht empfohlen werden. Allerdings wird eine Substitution von Vitamin D bei nachgewiesenem Mangel empfohlen, weil bei Patient*innen mit häufigen Asthmaanfällen unter systemischen Kortikosteroiden ein präventiver Effekt von Vitamin D für Asthmaanfälle vorliegen „könnte“.
Die neue NVL-Asthma wurde auch in unseren Artikeln Allergietestung, Allergieprävention, Asthmaanfall bei Erwachsenen/Akutbehandlung, Asthmaanfall bei Kindern und Jugendlichen/Akutbehandlung, Anstrengungsbedingter Bronchospasmus und Allergenspezifische Immuntherapie berücksichtigt. Sie bringt insgesamt mehr Klarheit für viele Aspekte in der Diagnostik und Therapie von Asthma und setzt sich teilweise deutlich von der bisherigen Leitlinie der DGP ab. Sowohl die DGP als auch die DEGAM waren an der Erstellung der aktuellen NVL beteiligt.
Marlies Karsch, Chefredakteurin
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