Nationale Versorgungsleitlinie Herzinsuffizienz: Was ändert sich?

Im Oktober wurde die neue Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) Herzinsuffizienz veröffentlicht. Wir haben sie in unserem Artikel Chronische Herzinsuffizienz berücksichtigt. Die wesentlichen Neuerungen der NVL, die Sie jetzt in diesem Artikel finden, sind im Folgenden dargestellt.

Bei der Diagnostik wurde in der neuen NVL die Verwendung natriuretischer Peptide klar eingeschränkt. Nur wenn eine Überweisung zur Echokardiografie für betroffene Patienten mit unspezifischen Symptomen, wie Dyspnoe, zu belastend ist, sollen zum Ausschluss einer Herzinsuffizienz BNP oder NT-proBNP bestimmt werden. Eine Nutzung der natriuretischen Peptide zur Therapiesteuerung oder zur Verlaufskontrolle wird hingegen nicht empfohlen.

Im Gegensatz zu dem, was vielen von uns noch beigebracht wurde, hat eine strenge Flüssigkeitsrestriktion unter 1,5 l/d auch bei akuter Dekompensation keine Vorteile und wird nicht empfohlen. Auch für eine kochsalzarme Kost fehlen verlässliche Wirksamkeitsbelege. Eine Kochsalzrestriktion unter 6 g/d sollte nicht empfohlen werden, da eine unzureichende Kochsalzzufuhr das Risiko für Hyponatriämie erhöht. Mögliche Folgekomplikationen sind Sturzneigung, Verwirrtheit, Delir und Hospitalisierung sowie eine erhöhte Mortalität.

Zur Therapie bei Ko- und Multimorbidität wird in der NVL besonders Stellung genommen. Es wird explizit davon abgeraten, die Therapien der Einzelerkrankungen zu addieren. Mit den Patienten gemeinsam soll individuell entschieden werden, welche Therapien durchgeführt werden. Überflüssige Therapie und Diagnostik, die die Situation des Patienten nicht verbessern, soll unterbleiben. Das klingt eigentlich selbstverständlich, wird aber in der Versorgungsrealität oft nicht umgesetzt. Besonders schwierig wird eine sinnvolle Therapie bei Multimorbidität, wenn mehrere Fachgebietsärzte in die Behandlung involviert sind, aber keine hausärztliche Koordination stattfindet. Bei Niereninsuffizienz bis zu einer eGFR ≥ 30ml/min/1,73 m2 gelten die gleichen Therapieempfehlungen bezüglich der Herzinsuffizienz wie bei Gesunden. Bei stärker eingeschränkter Nierenfunktion sollte die Therapie in Absprache mit einem Nephrologen erfolgen.

Auch die psychische Gesundheit von Patienten mit Herzinsuffizienz wird in der NVL stärker thematisiert. Eine Depression, die sich aufgrund einer Herzinsuffizienz entwickeln kann, ist mit einer schlechteren Prognose verbunden. So wird empfohlen, die Betroffenen wiederholt bezüglich psychosozialer Belastung, psychischer oder psychosomatischer Komorbidität und gesundheitsbezogener Lebensqualität zu befragen, so dass bei Bedarf therapeutische Maßnahmen erfolgen können. Hervorgehoben wird in der NVL auch die Empfehlung von ambulanten oder stationären Rehabilitationsmaßnahmen, nicht nur nach Klinikaufenthalten aufgrund akuter Ereignisse. Außerdem wird zu frühzeitigen Gesprächen zu möglichen Krankheitsverläufen geraten, damit gemeinsam mit den Betroffenen das gewünschte Vorgehen auch mit Blick auf eine spätere Palliativversorgung festgelegt und dokumentiert werden kann.

Insgesamt setzt die neue NVL nicht nur auf Diagnostik und Therapie der Herzinsuffizienz selbst, sondern berücksichtigt auch Begleiterkrankungen, psychosoziale und psychische Aspekte, die Lebensqualität der Patienten und eine eventuelle palliativmedizinische Versorgung.

Marlies Karsch, Chefredakteurin

 

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