Die Diskussion um Patienten, die wegen Banalitäten und ohne Einweisung die Notaufnahme einer Klinik aufsuchen, aber auch darüber, was eine Notaufnahme zukünftig leisten soll, ging durch alle Medien. Man hört von Patienten, die sich dort wegen banaler Kreuzschmerzen als Notfall vorstellen, aber auch von solchen, die im Warteraum reanimationspflichtig werden, weil sie einen akuten Herzinfarkt haben, aber ohne Einweisung gekommen sind. Darüber, ob die lange Wartezeit dann Patienten zuzuschreiben war, die in einer Notaufnahme eigentlich nicht an der richtigen Stelle sind, kann man spekulieren.
Grundsätzlich sind gerade Brustschmerzen, die ambulant in einer Hausarztpraxis behandelt werden können, also nicht kardial bedingt sind, von denen zu unterscheiden, die als Notfall die Klinik gehören, also akut und kardial bedingt sind. In den allermeisten Fällen können das die Patienten nicht selbst leisten. Hier ist der Hausarzt als Lotse besonders gefragt. Die Unterscheidung zwischen Beschwerden mit banaler Ursache und abwendbar gefährlichen Verläufen ist eine ärztliche Aufgabe. Dies betrifft Symptome, wie z.B. Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Husten, Atemnot oder Schwindel.
Was geschieht aber außerhalb der Praxisöffnungszeiten? Eine Bereitschaftspraxis in räumlicher Nähe der Kliniknotaufnahme, die Patienten mit weniger schweren Krankheitsbildern nach einer Triage durch Pflegepersonal versorgen kann, ist eine mancherorts schon gut erprobte Lösung.
Gut funktioniert auch eine Institution, wie sie in Norwegen, dem Ursprungsland von Deximed, seit Jahrzehnten etabliert ist: Eine rund um die Uhr besetzte Akutambulanz (Legevakt), die wie eine Bereitschaftspraxis funktioniert, aber auch die medizinischen Möglichkeiten zur Notfallversorgung bereithält. Hier können sich Patienten mit Erkältung eine Krankschreibung holen, medizinische Notfälle versorgt und bis zu 24 Stunden überwacht werden (z. B. bis das Troponin zweimal negativ war) und, wenn indiziert, eine rasche Klinikeinweisung veranlasst werden. Patienten dürfen eine Klinik nicht direkt aufsuchen. Egal, wie schlecht sie sich fühlen, die Legevakt ist die erste Anlaufstelle. Natürlich gibt es auch eine Rettungsleitstelle, die die Versorgung lebensbedrohlicher Notfälle und Unfälle durch den Rettungsdienst steuert.
Die Legevakt ist leicht zugänglich und offen für alle Patienten. Vielleicht könnte etwas Vergleichbares auch in Deutschland zur besseren Patientenversorgung und Kostenersparnis beitragen.
Marlies Karsch, Chefredakteurin
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