Gemäß gesetzlicher Vorgaben müssen wir Ärzte irgendwie 250 Fortbildungspunkte (CME-Punkte) in 5 Jahren zusammen bekommen. Da scheinen reichlich mit CME-Punkten honorierte Fortbildungsveranstaltungen, die kostenlos sind und auch noch eine Gratisverköstigung in einer noblen Umgebung anbieten, für viele ärztliche Kollegen immer noch praktisch und attraktiv. Man trifft dort viele Kollegen, spart sich Teilnahmegebühren und hat am Ende die Tasche voller Kugelschreiber und einen vollen Bauch. Die meisten Teilnehmer solcher Veranstaltungen sagen von sich, dass sie nicht manipulierbar seien und sich in der Lage fühlen, versteckte Pharmawerbung zu erkennen. Gegen diese Selbsteinschätzung spricht die Höhe der Beträge, die die pharmazeutische Industrie jährlich in derartige Fortbildungsveranstaltungen investiert. Wenn sich das nicht lohnen würde, würden mit Sicherheit keine Millionenbeträge fließen. Betrachtet man die häufig angebotenen Veranstaltungsthemen, so ist bei den Themen Antikoagulation, Diabetes mellitus, Migräne, Asthma, COPD, Schmerzen und Hyperlipidämie offensichtlich besonders viel durch gesponserte Fortbildungen zu erreichen.
Woher kommt die Haltung, dass man bei der eigenen beruflichen Fortbildung am besten auf Gratisangebote setzt? Daran, dass wir uns nichts Besseres leisten können, kann es eigentlich nicht liegen. Trotzdem wird von einigen Kollegen gerne geglaubt, dass gute Fortbildungsveranstaltungen und Kongresse ohne Pharmasponsoring nicht möglich seien. Warum eigentlich nicht? Beispiele, die das widerlegen, sind seit Jahren z. B. die Tage der Allgemeinmedizin, der DEGAM-Kongress und die Veranstaltungen von MEZIS (Mein Essen zahl' ich selbst).
Ärztliche Fortbildungen dürfen eigentlich nur dann eine CME-Zertifizierung der Ärztekammern erhalten, wenn sie frei von kommerziellem Interesse und produktneutral sind. Dass diese Regelung in den letzten Jahren erfolgreich umgangen werden konnte, zeigt ein großes Angebot zertifizierter pharmagesponserter Veranstaltungen, bei denen bezahlte Referenten mit langen Listen an Interessenskonflikten Vorträge im Sinne der Sponsoren halten. So werden nicht nur die in den Fortbildungen vermittelten Inhalte, sondern auch die referierten Fortbildungsthemen stark von der Industrie bestimmt. Das hat in der Regel mit der Versorgungsrealität in der Hausarztpraxis wenig zu tun. Oder gab es jemals pharmagesponserte Fortbildungen zum Thema Multimedikation oder Versorgung von Pflegeheimbewohnern?
Dass die Initiative von MEZIS gegen einen großen Anbieter multipel gesponserter Fortbildungen dazu führte, dass die Landesärztekammer Baden-Württemberg diesen Veranstaltungen die CME-Zertifizierung verweigerte und die Firma sich daraufhin aus Deutschland zurückzog, ist ein großer Erfolg und ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Da sofort ein Folgeanbieter mit dem gleichen Geschäftskonzept auf dem Markt auftauchte, ist klar, dass die industrienahen Veranstalter nicht so schnell aufgeben werden. Auf der MEZIS-Fachtagung am vergangenen Wochenende in Hamburg konnten wir uns an unserem Deximed-Stand mit zahlreichen Kollegen mit kritischer Haltung zu Pharmasponsoring konstruktiv austauschen. Es wird Zeit, dass mehr Kollegen bereit sind, für unabhängige Informationen, werbungsfreie Fortbildungsangebote und ihr Essen selbst zu zahlen.
Marlies Karsch, Chefredakteurin
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