In der Praxis führt man manche Gespräche immer wieder. Zum Beispiel gibt es die große Gruppe von Patienten, die aufgrund von Bewegungsmangel an gesundheitlichen Problemen leiden, wie Übergewicht oder Adipositas, arterieller Hypertonie, Hyperlipidämie, Fettleber und Typ-2-Diabetes. Auf die Frage „Treiben Sie Sport?", antworten Sie stets ähnlich: „Nein, dazu habe ich neben Arbeit und Familie einfach keine Zeit." Wenn ich dann frage: „Wir kommen Sie denn in die Arbeit?", lautet die Antwort: „Mit dem Auto. Da stehe ich oft im Stau, und das kostet mich dann noch mehr Zeit."
Ich schaue die Patienten dann an und warte, ob sie von selbst darauf kommen. Nein. Also dann: „Wieso fahren Sie nicht mit dem Fahrrad in die Arbeit? Dann stehen Sie nicht im Stau, sparen Zeit und haben auf dem Weg in die Arbeit schon ein gewisses Sportpensum geschafft?" Meistens bekomme ich dann eine ganz erstaunte Reaktion. Darüber habe man noch nie nachgedacht. Aber eigentlich sei das eine sehr gute Idee.
Patienten, die einer ganz anderen Gruppe zuzuordnen sind, kommen in der Großstadt ebenfalls häufig in die Praxis: Es sind junge, berufstätige, eher schlanke und gesunde Menschen. Sie haben gerade einen leichten Unfall mit dem Fahrrad gehabt. Sie seien auf dem Radweg von einem rechtsabbiegenden Auto nur ganz leicht touchiert worden, eigentlich sei gar nichts passiert, aber jetzt habe man doch Schmerzen im Nacken, in der Schulter oder ein aufgeschlagenes Knie. Der Fahrradweg sei zugeparkt gewesen und so ein Gedränge mit den Autos. Meistens wird es in diesen Fällen auch noch verwaltungstechnisch ein bisschen lästig, nämlich „BG-lich". Denn die betroffenen Patienten waren ja auf dem Weg zur Arbeit.
Wenn sich diese Gespräche oft genug wiederholt haben, drängt sich doch folgende Frage auf: Wieso kommen Patienten der ersten Gruppe nicht von selbst auf die Idee, dass sie Ihre eigenen Probleme, die Probleme der Patienten der zweiten Gruppe und die Probleme einer ganzen Großstadt mit einer kleinen Verhaltensänderung lösen könnten? Einfach auf ihr Fahrrad steigen und losfahren!
Marlies Karsch, Chefredakteurin
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