Chronische Unterbauchschmerzen sind ein weit verbreitetes Symptom, besonders bei jüngeren Frauen. Die eine oder andere wird sich damit auch an ihre Hausarztpraxis wenden, besonders, wenn sie keine gynäkologische Ursache vermutet. Selbstverständlich sollte auch an Ursachen im gastroenterologischen, urologischen und muskuloskelettalen Bereich gedacht werden. Aber eine der häufigsten Ursachen für chronische Unterbauchschmerzen bei Frauen ist die Endometriose. US-amerikanische und skandinavische Daten zeigen eine Prävalenz von 6–11 % aller Frauen. Die Endometriose wird in der Leitlinie als eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen bezeichnet. Wir haben deswegen unsere Artikel Chronische Unterleibsschmerzen bei Frauen und Endometriose überarbeitet und die neue AWMF-Leitlinie Endometriose berücksichtigt. Weil Ärzt*innen, und damit sind nicht nur Gynäkolog*innen gemeint, die Endometriose nicht immer auf dem Schirm haben, dauert es nach Symptombeginn in Deutschland durchschnittlich 10 Jahre, bis die Diagnose bei den betroffenen Frauen gestellt wird.
Endometriose geht zum Teil mit erheblichen Symptomen einher: Unterleibsschmerzen, Dysmenorrhö, Hypermenorrhö, Dysurie, Hämaturie, erschwerte Stuhlentleerung, rektale Blutungen, Dyspareunie und Infertilität können auftreten. Oftmals haben die betroffenen Frauen einen langen Leidensweg mit Konsultation verschiedener Arztpraxen hinter sich, auch wenn sie selbst ihre Beschwerden als zyklisch schildern. Die Rolle von Hausärzt*innen besteht hier darin, bei Patientinnen mit diffusen, vielleicht auf den ersten Blick nicht zusammenpassenden, chronischen Unterleibssymptomen daran zu denken und die Betroffenen zu einer weiteren gynäkologischen Diagnostik mit dieser Fragestellung zu überweisen.
Es gibt zwar einige Hypothesen zur Entstehung, letztendlich ist die Ursache immer noch unbekannt. Vier verschiedene Typen der Endometriose werden unterschieden: peritoneale Endometriose, Adenomyose (endometriumartige Zellverbände im Myometrium), Endometriom (Endometriose von Tube und/oder Ovar) und die tief infiltrierende Endometriose. Obwohl die Endometriose an sich eine benigne Erkrankung ist, kann es zu einem tief infiltrierenden Wachstum kommen. Hier können das Septum rectovaginale, die Fornix vaginae, das Retroperitoneum sowie Darm, Uterus und Harnblase betroffen sein. Diese Form kann ausgedehnte Operationen erforderlich machen. Endometrioseherde können auch in Narben auftreten, z. B. in Sectionarben oder Narben nach Episiotomie und Dammriss. Die Schwere der Symptome und die Ausbreitung der Endometrioseherde korrelieren nicht miteinander. Jede 5. Patientin ist asymptomatisch.
Betroffene mit Endometriose können auch unter einem unerfüllten Kinderwunsch leiden. Die Leitlinie spricht von einer Prävalenz von 50 % für Endometriose bei Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch. Diese Patient*innen sollten möglichst früh an ein spezialisiertes Zentrum überwiesen werden, wo die Indikation für einen chirurgischen Eingriff abgeklärt und ggf. Maßnahmen der assistierten Reproduktion geplant werden können. Die medikamentöse Therapie der Endometriose erfolgt in erster Linie mit Gestagenen. Als Zweitlinientherapie können kombinierte orale Kontrazeptiva (off label) evtl. mit GnRH-Analoga eingesetzt werden. Bei starken therapierefraktären Beschwerden und bestimmten Indikationen, wie tief infiltrierende Endometriose, laparoskopisch diagnostizierter peritonealer Endometriose, Haut-oder Narbendendometriose und Adenomyosis uteri sollte eine operative Therapie erfolgen.
Die Endometriose ist ein sehr häufiges Krankheitsbild, das unterdiagnostiziert und damit untertherapiert ist. Die in der Regel lange verschleppte Diagnosefindung geht häufig mit einer ausgeprägten Morbidität der Betroffenen, umfassenden Funktionseinschränkungen im Alltag und bei manchen mit einer hohen psychischen Belastung durch unerfüllten Kinderwunsch einher. Dieses Krankheitsbild ist trotz seiner Häufigkeit und gesellschaftlichen Relevanz zu wenig erforscht. Daran sollte sich schnellstmöglich etwas ändern. Hilfreich ist jedenfalls eine erhöhte Aufmerksamkeit für Endometriose von Seiten aller beteiligten Ärzt*innen.
Marlies Karsch, Chefredakteurin
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