Die neue Leitlinie zum Harnwegsinfekt lässt Fragen offen

Die Deutsche Gesellschaft für Urologie hat, unter anderem mit Beteiligung der DEGAM, Ende April dieses Jahres die S3-Leitlinie „Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten" herausgegeben. Im Gegensatz zur abgelaufenen DEGAM-Leitlinie „Brennen beim Wasserlassen", deren Neuauflage Ende des Jahres erscheinen soll, steht hier die abwartende Strategie mit symptomatischer Behandlung bei unkomplizierter Zystitis der Frau nicht gleichwertig neben der antibiotischen Behandlung, sondern kann „alternativ erwogen" werden.

Neu ist, dass vom Gebrauch von Cephalosporinen und Fluorchinolonen als Mittel der ersten Wahl bei der Behandlung unkomplizierter Harnwegsinfekte klarer abgeraten wird. Gründe hierfür sind die Gefahr der Resistenzentwicklung und der Entwicklung einer Clostridium difficile-assoziierten Colitis. Bei der Therapie einer Pyelonephritis werden aber weiterhin Fluorchinolone und Cephalosporine eingesetzt.

Folgende Antibiotika werden nun zur Behandlung einer unkomplizierten Zystitis der Frau empfohlen: Fosfomycin, Nitrofurantoin, Nitroloxin, Pivmecillinam und, wenn die lokalen Resistenzraten kleiner 20 % sind, Trimetoprim. Bei einer Zystitis beim Mann, per definitionem ein komplizierter Harnwegsinfekt, sollten bei jüngeren Männern ohne Begleiterkrankungen und ohne Beteiligung der Prostata empirisch Pivmecillinam oder Nitrofurantoin eingesetzt werden. Für andere Antibiotika gibt es für Harnwegsinfekte beim Mann kaum Studiendaten. Zur Diagnostik sollen Urinstix und Urikult durchgeführt werden. Bei Frauen mit unkomplizierter Zystitis hingegen ist bei typischer Klinik keine mikrobiologische Diagnostik erforderlich.

Bei Schwangeren ist ein generelles Screening auf asymptomatische Bakteriurie nicht mehr empfohlen, da diese bei Niedrig-Risiko-Schwangerschaften nicht behandelt werden muss. Zum Nachweis einer signifikanten Bakteriurie ist aber der zweimalige Nachweis von mindestens 105 Bakterien/ml erforderlich. Zur Behandlung einer Zystitis in der Schwangerschaft werden Pivmecillinam, Cefuroxim oder (als 2. Wahl laut Embryotox) Fosfomycin empfohlen.

Für komplizierte Harnwegsinfekte gibt es keine aktuellen deutschsprachigen Leitlinien. Dies betrifft auch Harnwegsinfekte bei Dauerkatheter, die Behandlung von Harnwegsinfekten in Pflegeeinrichtungen und bei Kindern. Hier gilt es, das Erscheinen der überarbeiteten DEGAM-Leitlinien „Brennen beim Wasserlassen" abzuwarten.

Marlies Karsch, Chefredakteurin

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