Die meisten hängen es nicht an die große Glocke, aber es gibt in allen Hausarztpraxen im städtischen Umfeld einige muslimische Patienten, die im Ramadan fasten. Da hierbei bei bestimmten körperlichen Voraussetzungen oder Grunderkrankungen ärztlicher Rat gefragt sein kann, sollten Hausärzte über die Regeln und Besonderheiten während des Fastens im Ramadan Bescheid wissen. Der Ramadan begann im Jahr 2019 am Abend des 5. Mai, dauert bis zum 05. Juni und endet mit Eid al-Fitr, dem „Zuckerfest“. Während dieser Zeit verzichten gläubige Muslime zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang auf Essen und Trinken. Nach Sonnenuntergang wird das Fasten „gebrochen“ und in der Regel im Kreis der Familie gekocht, gegessen und getrunken. Vom Fasten ausgenommen sind Schwangere, stillende Mütter, Reisende, ältere und kranke Menschen sowie Kinder vor der Pubertät.
Obwohl sie eigentlich vom Fastengebot ausgenommen sind, wünschen oft auch chronisch kranke Patienten zu fasten. Hierzu muss man wissen, dass die Einnahme von Tabletten das Fasten unterbrechen würde, die Inhalation mit beispielsweise Asthmasprays oder Anwendung von Augentropfen hingegen nicht. Hier ist eine offene Kommunikation mit den Patienten wichtig, um ggf. auf eine abendliche Medikamenteneinnahme für die Dauer des Fastenmonats umzustellen oder eine andere individuelle Lösung zu finden.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat Empfehlungen für Patienten mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes zum Fasten während des Ramadans herausgegeben. Zu beachten ist, dass es beim Fasten zu einer deutlichen Verschiebung des zirkadianen Rhythmus kommt, was vereinzelt mit Hypoglykämien, Dehydrierung oder sogar Ketoazidose oder hyperosmolarem Koma einhergehen kann. Im Notfall ist das Unterbrechen des Fastens erlaubt, und dies sollte bei den oben genannten Komplikationen oder bei sehr niedrigen (< 70 mg/dl) oder sehr hohen (> 300 mg/dl) Blutzuckerwerten erfolgen. Wichtig ist eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme bis Sonnenaufgang und besonders bei Patienten mit Typ-1-Diabetes eine regelmäßige Blutzuckerkontrolle. Patienten mit Typ-1-Diabetes, schlecht eingestelltem Diabetes, schwerwiegenden Gefäßkomplikationen und/oder häufigen Hypoglykämien sollte vom Fasten abgeraten werden. Bei Patienten mit einem gut eingestellten Typ-2-Diabetes ist Fasten aus ärztlicher Sicht akzeptabel. Metformin sollte in unveränderter Dosis nach dem Essen nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang eingenommen werden. Eine Insulintherapie sollte im Fastenmonat angepasst werden und z.B. Basalinsulin in reduzierter Dosis nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang verabreicht werden.
Der Deutsche Kinderschutzbund und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte weisen in einer Handreichung zum Ramadan-Fasten auf besondere Aspekte des Fastens bei Kindern und Jugendlichen hin. Bei Kindern und Jugendlichen, die konsequent fasten, besteht die Gefahr für Dehydrierung, Kopfschmerzen, Schwindel oder gar Synkopen, aber auch für Konzentrationsstörungen und Schwierigkeiten bei der Bewältigung von Anforderungen in der Schule. Deswegen wird empfohlen, individuell in gemeinsamer Entscheidung mit den Eltern Formen kindgerechten Fastens zu finden, z. B. nur am Wochenende fasten oder zumindest tagsüber trinken.
Wichtig ist, in der Arzt-Patienten-Kommunikation den Fastenmonat als Teil religiösen Lebens in Deutschland anzusehen und das Fasten nicht aus Unverständnis heraus zu problematisieren. Eine offene und wertschätzende Kommunikation mit muslimischen Patienten führt dazu, dass sie sich auch während des Ramadans hausärztlich gut betreut und angenommen fühlen können.
Marlies Karsch, Chefredakteurin
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